Redner(in): Bernd Neumann
Datum: 22. Mai 2012

Untertitel: In seiner Rede im Konrad-Adenauer-Haus in Berlin gibt Staatsminister Bernd Neumann einen Überblick über die Medienpolitik der Bundesregierung. Besonders betont er die Bedeutung der digitalen Medien und die erforderlichen Anpassungen des Urheberrechts.
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Rede/2012/05/2012-05-22-neumann-medianight.html


In seiner Rede im Konrad-Adenauer-Haus in Berlin gibt Staatsminister Bernd Neumann einen Überblick über die Medienpolitik der Bundesregierung. Besonders betont er die Bedeutung der digitalen Medien und die erforderlichen Anpassungen des Urheberrechts.

Anreden,

die Media-Night der CDU Deutschlands ist eine der wenigen Konstanten in der deutschen Medienpolitik, deren Koordinaten ansonsten zunehmend verblassen. Die Medien befinden sich durch Digitalisierung und Internet in einem einschneidenden Umbruch, umso wichtiger ist es, dass mindestens die CDU einen medienpolitischen Kompass hat und Orientierung geben kann. Die heutige Tagung wird einen Beitrag dazu leisten.

Leider findet Medienpolitik als breit angelegtes Politikfeld kaum noch statt; es scheint, als will sich ihr niemand mehr so recht annehmen. Angesagt hingegen ist Netzpolitik! Natürlich ist diese wichtig und verdient unsere besondere Aufmerksamkeit, aber sie ist eben nur ein Teil der Medienpolitik.

Nach wie vor werden Radio und Fernsehen wie auch die Printmedien ihre Rolle spielen; sie sind insbesondere für politische Information und Aufklärung und damit für die Demokratie unverzichtbar. Hier ist die ausgewogene Balance zwischen privatem und öffentlich-rechtlichem Rundfunk, also ein funktionierendes duales System, nach wie vor die Zielsetzung der Union. Ebenso sollten die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten mit den Verlagen, also den Printmedien, zu einem Interessenausgleich kommen, denn unsere Demokratie bedarf auch einer vielfältigen Zeitungslandschaft ganz abgesehen davon, dass es sicherlich ein gemeinsames Interesse beider Seiten im Hinblick auf andere gigantische Wettbewerber gibt. Ein arbeitsteiliges Vorgehen von öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und Verlagen bei den Telemedien ist angesagt, d. h. die ersteren sollten ihren Schwerpunkt bei Video- und Audio setzen also ihrer eigentlichen Kernkompetenz und die Verlage bei den Texten.

Es bestand die große Hoffnung, dass mit der sogenannten "Gemeinsamen Erklärung" eine Einigung untereinander zustande kommt, damit nicht wieder die Politik regulierend eingreifen muss. Ich habe die Hoffnung noch nicht aufgegeben. Deshalb fordere ich insbesondere die ARD-Seite auf, kompromissbereiter zu sein, damit die Verhandlungen nicht endgültig platzen. Das ZDF ist hier nicht das Problem im Gegenteil, es spielt eher eine hilfreiche Rolle.

Zum Erhalt der publizistischen Vielfalt in der deutschen Presselandschaft gehört unbedingt auch ein neutraler Vertrieb durch das Presse-Grosso; dafür setzen sich Bundesregierung wie auch CDU / CSU nach wie vor uneingeschränkt ein. Dies gilt auch nach der Entscheidung des Landesgerichts Köln im Rechtsstreit zwischen dem Bauer-Verlag und dem Bundesverband Presse-Grosso.

Die Bundesregierung hat allerdings auch immer betont, dass sie freiwillige Vereinbarungen in diesem Bereich einer gesetzlichen Reglementierung vorzieht. Daher sind weiterhin zunächst die Beteiligten am Zug, hier eine Lösung zu finden, die von beiden Seiten akzeptiert wird. Wir werden den Fortgang des Gerichtsverfahrens und die Entwicklung außergerichtlicher Gestaltungsmöglichkeiten aufmerksam beobachten. Aber unser eindeutiges Ziel bleibt der Erhalt des Presse-Grosso notfalls auch durch gesetzliche Absicherung!

Die Medienpolitik ist zunehmend Thema auf den EU-Ministerratskonferenzen; die endgültigen Entscheidungen werden mittlerweile ohnehin fast nur noch dort getroffen. In den Ratssitzungen der europäischen Kultur- und Medienminister in Brüssel spielt Deutschland eine aktive Rolle. Dazu gehört das Engagement gegen weitere Werbeverbote, die die privaten Rundfunkanbieter besonders hart träfen. Wir haben ja ohnehin bereits zu viele Werbebeschränkungen auf europäischer Ebene!

Zurzeit diskutieren wir den von der EU-Kommission für die Jahre 2014 bis 2020 vorgelegten Entwurf für das Kultur- und Medienprogramm unter dem neuen Titel "Kreatives Europa". Das darin verfolgte Ziel verstärkter Bündelung der Aktivitäten ist zu begrüßen, sofern es mit Bürokratieabbau und Synergie-Effekten einhergeht.

Zu begrüßen ist auch die von der EU-Kommission vorgeschlagene deutliche Erhöhung des Budgets um 37 % , um einen zusätzlichen Fonds für Bürgschaftsgarantien für den Kultur- und Kreativsektor einzurichten eine wichtige Stärkung der Kulturwirtschaft in Europa.

Andererseits gibt es eine Reihe von Kritikpunkten, bei denen wir durch unser Engagement im Rat Korrekturzusagen erreichen konnten: Im Programm wird nun die Doppelnatur kultureller Werke stärker verankert und eine bislang zu einseitig ökonomische Betrachtung der Kultur korrigiert.

Auch wird die Bedeutung der kulturellen Bildung für neue, bislang unterrepräsentierte Zielgruppen besser betont und die Mitwirkungsrechte der Mitgliedstaaten im Programmausschuss gestärkt. Schließlich konnten wir eine größere Flexibilität der Mitgliedstaaten bei der Organisation von nationalen Beratungsstellen durchsetzen. All dies war wichtig, auch, um die Eigenverantwortung der Mitgliedstaaten gerade im sensiblen Kultur- und Medienbereich soweit wie möglich zu erhalten.

Meine Damen und Herren,

ein Panel beschäftigt sich heute mit dem weltweiten Medienbild Deutschlands.

Hierzu leistet die Deutsche Welle, die in meinem Ressort angesiedelt ist und von uns finanziert wird, den entscheidendsten Beitrag: 24 stündiges Fernsehprogramm in verschiedenen Sprachen; hochqualifizierte Internetangebote in 30 Sprachen und Hörfunkprogramme in 10 Sprachen in Afrika und Teilen Asiens.

In diesem Jahr sind rund 288 Millionen Euro für die Deutsche Welle im Bundeshaushalt verankert. Dagegen sind die finanziellen Möglichkeiten und Mittel für ARD, ZDF und Deutschlandradio um ein Vielfaches besser. Es ist das Ziel einer Strukturreform, das Programm der Deutschen Welle zielorientierter zu gestalten und vor allem auch die Programmqualität zu verbessern. Deshalb soll die Kooperation von ARD, ZDF und Deutschlandradio mit der Deutschen Welle deutlich verstärkt werden. Dies habe ich gemeinsam mit den Ländern Mitte letzten Jahres angestoßen. Die dafür eingesetzte AG von ARD, ZDF und Deutsche Welle wird noch im Juni ein entsprechendes Papier vorlegen und die Realisierung dieses Kooperationsvorhabens weiter forcieren.

Meine Damen und Herren,

und jetzt abschließend noch einige Bemerkungen zur Netzpolitik. Das Internet hat die Welt revolutioniert und tut dies weiter. Die unglaublichen Chancen ich denke auch an e-health, e-learning, e-government müssen wir beim Schopfe packen. Das gilt gerade auch im Bereich der Kultur.

Via Internet können wir breiteren Kreisen der Bevölkerung Kultur zugänglich machen. Das gilt aber auch für Social Media. Die Mitgliederzahlen beispielsweise von Facebook sprechen für sich. Wirtschaft, Politik und natürlich die private Kommunikation sind ohne die sozialen Netz-werke kaum noch vorstellbar. Deshalb muss sich die Politik dieser Diskussion stellen, was wir auch nachher auf einem Panel tun werden.

Die größte kulturpolitische Herausforderung dieser Zeit ist der Schutz des geistigen Eigentums auch im Internet. Denn noch nie waren Inhalte so verletzlich wie heute. Per Knopfdruck können Werke heute massenhaft und verlustfrei in der ganzen Welt verbreitet werden. Und das obendrein auch noch anonym!

Es ist bedauerlich, dass Nutzer zwar bereit sind, viel Geld in die neueste Hardware und die schnellste Internetverbindung zu investieren, Inhalte aber möglichst wenig oder gar nichts kosten sollen. Dabei sind es doch gerade die Inhalte, die das Netz interessant machen und ohne die das Netz nichts weiter wäre als eine Ansammlung von Rechnern und Kabeln. Was manche mit einem verharmlosenden Unterton als "Internetpiraterie" abtun, betrifft im Kern das Schicksal von hunderttausenden Kreativen! Kreative Arbeit ist keine Freizeitbeschäftigung, sondern "Broterwerb" für Künstler, Journalisten, Autoren, Filmschaffende, Fotografen und viele, viele mehr. Die weitverbreitete Gratis-Mentalität im Internet bedroht letzten Endes auch unsere kulturelle Vielfalt.

Große Hoffnungen setze ich daher in die Stärkung des Bewusstseins für den Wert kreativer Leistungen. Politik und Unternehmen müssen noch besser werden in der Vermittlung, dass auch geistige Leistungen einen Wert haben. In einem Land, das sich als Land der Ideen ver-steht und dessen wichtigste Ressource die Kreativität seiner Bürger ist, sollte das eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein. Die Verwerter sind aufgerufen, die Chancen des Internets noch stärker als bisher zu nutzen und vor allem weitere neue Vertriebswege zu eröffnen.

Hier gilt es, auf die Nutzer zuzugehen und attraktive Technologien und Geschäftsmodelle für die digitale Nutzung von Werken zu entwickeln, die neue Zielgruppen erreichen und neue Einnahmequellen erschließen. Bei meinem Besuch auf der diesjährigen MIDEM habe ich festgestellt, dass es hierfür in der Musikindustrie bereits gute Beispiele gibt, die dazu geführt haben, dass die durch illegale Downloads verursachten, massiven Umsatzrückgänge der letzten Jahre gestoppt werden konnten.

Selbst die innovativsten Geschäftsmodelle werden jedoch an ihre Grenzen stoßen, solange illegale Gratis-Angebote nur einen Mausklick entfernt sind. Daher kann der rechtliche Rahmen nicht so bleiben, wie er ist.

Es hat sich allerdings gezeigt, dass sich die Regeln der analogen Welt nicht eins-zu-eins auf die digitale Welt übertragen lassen. Nicht immer hat das geltende Recht mit den technischen Entwicklungen Schritt gehalten. Aber nicht nur die Internetnutzer brauchen mehr Klarheit darüber, was im Internet zulässig ist und was nicht. Ich habe bereits vor zwei Jahren ein 12-Punkte-Papier zur Novellierung des Urheberrechts vorgelegt. Gestern hat die SPD ebenfalls 12 Punkte vorgestellt. Immerhin! Es ist nie zu spät! Die dafür federführend zuständige Bundesjustizministerin befindet sich leider, seit dem sie im Amt ist, auf Tauchstation, obwohl die Koalitionsvereinbarung eine Anpassung des Urheberrechts zwingend vorsieht.

Hier ist es an Frau Leutheusser-Schnarrenberger, Leitplanken zu ziehen und ihren Ankündigungen des Dritten Korbs endlich Taten folgen zu lassen. Es darf nicht der Eindruck entstehen, als würde sich der Staat gegenüber den Urhebern aus seiner Verantwortung stehlen.

Gott sei Dank hat sich jetzt eine beeindruckende Zahl fast aller Künstlerinnen und Künstler zusammengetan, um in Erklärungen und Protestaktionen für ihr Recht am geistigen Eigentum zu kämpfen. Sven Regener hat meine volle Unterstützung und die Künstler und Kreativen unsere volle Solidarität.

Es ist schlichtweg unanständig und kriminell, wenn jetzt diejenigen, die sich lediglich für ihr Recht als Kreative und Urheber stark machen, dafür von anonymen sogenannten Internetaktivisten feige bedroht werden. Hierzu kann und darf die Politik nicht schweigen. Wir müssen handeln! Die heutige Veranstaltung wird dazu einen Beitrag leisten.