Redner(in): Angela Merkel
Datum: 26. Februar 2013

Anrede: Meine Damen und Herren,lieber Philipp,liebe Frau Rösler,liebe Töchter,lieber Vater von Philipp Rösler,liebe Familie, die heute noch mit dabei ist,
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Rede/2013/02/2013-02-26-roesler-geb-merkel-rede.html


Sie alle, die dem Jubilar gratulieren,

Ich weiß nicht, was zum 80. von Philipp Rösler passieren soll, wenn zum 40. schon so viele Leute da sind. Ich vermisse aber einen Fachvortrag, lieber Philipp. Als ich meinen 50. feierte, gab es einen Vortrag zur Hirnforschung. Bei dir hätten wir irgendetwas zum Augenlicht oder zur Klarsicht erwartet. Das fehlt. Das muss dann zum 50. nachgeholt werden.

Ich möchte dir, lieber Philipp, im Namen des ganzen Kabinetts ganz herzlich zu deinem 40. Geburtstag gratulieren, dir von Herzen Gesundheit wünschen, Glück in der Familie und Spaß an uns, deinen Kollegen im Kabinett. Ich füge hinzu, falls es dir einmal nicht Spaß machen sollte: Im Alter von 40 liegt das wohl noch an der mangelnden Flexibilität des jüngeren Kollegen und nicht an der Erfahrung der älteren, die mit dir in der Regierung sind.

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Freunde, von Philipp Rösler hatte ich zuerst aus Niedersachsen immer im Zusammenhang mit David McAllister gehört, der heute Abend auch hier ist, und zwar sozusagen als Dream-Team einer christlich-liberalen Koalition in einem Bundesland und als junge, aufstrebende Menschen, die zusammenhalten, die sich gegenseitig besuchen und die ihrem Ministerpräsidenten damals Christian Wulff immer zu Diensten sind. Das hatte mich durchaus interessiert, weil das, wenn man den Berliner Politikbetrieb kennt, ein bisschen wie aus einer anderen Welt erschien.

Eines Tages erschien dann auch Philipp Rösler David McAllister kannte ich schon, bei den Koalitionsverhandlungen für unsere heutige Bundesregierung. Ich weiß nicht, wie es dir ging, Philipp, aber aus meiner Sicht waren die Koalitionsverhandlungen jedenfalls ereignisreich. Sie waren auch nicht immer harmonisch. Während wir miteinander sprachen, stach einer mit Gesundheitskenntnissen aus der FDP hervor. Ich hoffe, ich trete niemandem zu nahe, wenn ich sage: Philipp Rösler war darin richtig gut. Ich war mir nicht sicher, ob jeder in der FDP die gesundheitspolitischen Vorstellungen verstanden hatte, die er im Programm mit verabschiedet hatte. Bei Philipp Rösler allerdings konnte man sich dessen sicher sein. Da ich damit überbringe ich auch einfach einmal implizit die Grüße des CSU-Vorsitzenden in Auseinandersetzungen über Gesundheitsreformen geschult war, war ich, glaube ich, lieber Philipp, neben Ursula von der Leyen doch sozusagen auch ein sachkundiger Gesprächspartner. Damit nahm ein weiteres Stück deines Lebens seinen Lauf. Denn nicht nur Guido Westerwelle war von dir total begeistert, sondern auch ich.

Das führte dazu, weil ihr bei den Bundestagswahlen ja auch erfolgreich abgeschnitten hattet und weitere Ministerposten zu besetzen waren, dass die Wahl auf ein Nachwuchstalent wie Philipp Rösler fiel. Er selbst hatte Anfang 2009 noch mit Blick auf seine Frau gesagt: "Sie würde mir eher den Kopf abreißen, wenn ich jetzt sagen würde: Freunde, ich gehe nach Berlin." Es vollzog sich Ende 2009, also nur ein paar Monate später, dass du nach Berlin gegangen bist. Der Kopf ist aber immer noch dran. Ich möchte Sie, liebe Frau Rösler, hier einfach noch einmal ganz deutlich hervorheben. Ich glaube, ohne Sie könnte Ihr lieber Man die ganze Sache hier in Berlin nicht so richtig durchstehen.

Wir haben intensiv gearbeitet, insbesondere an der Gesundheitsreform. Ich möchte Sie heute Abend nicht mit einem Vortrag über die Gesundheitsreform langweilen. Aber ich muss doch noch einmal den anwesenden Wirtschaftsvertretern sagen: Sie wird immer noch nicht ausreichend vonseiten der deutschen Wirtschaft gewürdigt. Das muss noch nachgeholt werden. Das ist nämlich eine sehr spannende Reform.

Es gab in dieser Legislaturperiode dann ja auch noch eine Vielzahl anderer Veränderungen. Und Philipp Rösler ist heute Wirtschaftsminister und Vizekanzler der Bundesrepublik Deutschland. Man kann sagen: Die letzten Jahre waren eine bewegte Zeit. Man kann damit auch sagen, dass die letzten Lebensjahre vom 37. bis zum 40. Lebensjahr vermutlich außerordentlich spannende Jahre in deinem Leben waren, lieber Philipp. Ich will jetzt aber auch nicht von der Euro-Rettung reden. Ich will auch nicht über die Energieinfrastruktur reden, für die du gemeinhin einstehst. Ich will nicht von den vielen Leistungen für die Wirtschaft reden. Ich will nicht von deinem innigen Verhältnis zum Bundesumweltminister reden, das, sagen wir einmal, schon allein wegen der Konstellation der Ressorts immer innig ist. Meine Beziehung zu Günter Rexrodt war das auch menschlich liebevoll, in der Sache oft etwas kantig. Wenn das so ist, dann machen beide Minister ihren Job gut; und das sage ich als Bundeskanzlerin aus vollem Herzen.

Meine Damen und Herren, Philipp Rösler ist ein Mensch, der, was in Berlin vielleicht nicht jeden Tag zum Ausdruck kommt, Politik aus tiefer Überzeugung gestaltet, auch aufgrund seiner tiefen Bindung an Werte. Er spricht nicht oft, aber manchmal über seinen Glauben, über seine Mitgliedschaft in der katholischen Kirche. Ich finde das aber immer sehr bewegend. Das heißt, ich weiß, dass ich da im atemlosen Alltag einen Partner aus der liberalen Partei habe, den vieles lenkt und leitet, das auch mich lenkt und leitet. Er ist jünger und dadurch manchmal kesser. Er fordert uns manchmal heraus. Er macht manchmal lockere Sprüche, aber zunehmend weniger. Vergiss das aber nicht ganz, lieber Philipp, sonst würden wir dich nicht wiedererkennen.

Er hat uns alle ja schon durch Verschiedenes aufgeschreckt, insbesondere durch Folgendes: "Man muss den Tiger reiten, ohne sich von ihm fressen zu lassen! Deshalb habe ich mir zum Ziel gesetzt, mit 45 Jahren damit aufzuhören." Wenn ich mir das so durchlese, lieber Philipp: Du scheinst es mit Tiervergleichen zu haben und sie sehr ernst zu nehmen. Aber die Sache mit 45 ist nicht so schlimm. Wir wollen die Arbeit fortsetzen, nach dieser Legislaturperiode noch mindestens eine weitere; und dann wirst du kurz vor deinem 45. Geburtstag stehen. Es ist also ausreichend Zeit, um die christlich-liberale Koalition fortzusetzen.

Lieber Philipp, ich weiß, und das sage ich als Parteivorsitzende der Christlich Demokratischen Union, dass das Leben von Parteivorsitzenden wunderschön und dennoch nicht immer einfach ist. Man geht, manchmal täglich, durch ein Wechselbad der Gefühle. Wir haben uns zum Teil auch in unterschiedlichen Konstellationen und mit unterschiedlichen Überzeugungen kennengelernt. Ich darf sagen: Du bist hart im Nehmen, man ist nie ganz vor Überraschungen sicher. Aber unter dem Strich, und das sage ich aus voller Überzeugung, bist du im besten Sinne ein liebenswerter Mensch. Erhalte dir das. Bleib uns erhalten. Danke für die Zusammenarbeit. Alles Gute für die nächsten Jahre.