Redner(in): Bernd Neumann
Datum: 27. Mai 2013
Untertitel: In seiner Rede gab Staatsminister Bernd Neumann die Fördermaßnahmen der Bundesregierung zum Reformationsjubiläum für das Jahr 2013 bekannt und betonte: "August Herrmann Francke sah vor über 300 Jahren im Halleschen Pietismus die Vollendung der Reformation. Seine Vision hat Entwicklungen angestoßen, die bis heute intensiv nachwirken".
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Rede/2013/05/2013-05-27-neumann-frankesche.html
In seiner Rede gab Staatsminister Bernd Neumann die Fördermaßnahmen der Bundesregierung zum Reformationsjubiläum für das Jahr 2013 bekannt und betonte: "August Herrmann Francke sah vor über 300 Jahren im Halleschen Pietismus die Vollendung der Reformation. Seine Vision hat Entwicklungen angestoßen, die bis heute intensiv nachwirken".
Anrede,
ich nehme sehr gerne hier in der Vertretung des Landes Sachsen-Anhalt in Berlin an der Eröffnung der Wanderausstellung zum Halleschen Pietismus teil. Für mich als Kulturminister und Filmfan ist diese Vertretung hier in der Luisenstraße ein besonderer Ort. Hier wurde 1946 der Berliner Künstlerklub "Die Möwe" gegründet.
Das Haus entwickelte sich als kultureller Treffpunkt in Ost-Berlin mit Gästen wie Carl Zuckmayr, Gustav Gründgens, Hans Albers, Erich Kästner, Hanns Eisler, Klaus Kinski, Sophia Loren, Yves Montand.
Aber auch ein Hauch von Hollywood war in jüngster Zeit präsent. Ich erinnere mich daran, dass die Oscar-Preisträgerin Helen Mirren in diesem Gebäude 2008 das Filmprojekt "The Last Station" vorgestellt hat, das überwiegend an Orten in Sachsen-Anhalt gedreht wurde. Im Übrigen von unserem DFFF mit 1,6 Millionen Euro gefördert.
Wegen ihrer Probleme bei der Aussprache des Landesnamens hat sie dabei einen herrlichen Slogan geprägt: "Sexy-Anhalt". Sicherlich war Helen Mirren dabei auch von der Schönheit des Landes beeinflusst.
Der Reichtum und die Vielfalt der Kulturlandschaft Ihres Bundeslandes, Herr Ministerpräsident Haseloff, bringen es mit sich, dass wir in jedem Jahr mehrfach gemeinsam an kulturellen Highlights teilnehmen, wie zum Beispiel erst im Februar an der Wiedereröffnung des Melanchthonhauses in Wittenberg oder im März im Wörlitzer Schloss anlässlich der Wiederherstellung der Außenfassade; bei beiden war der Bund maßgeblich finanziell beteiligt.
Im Zentrum der Förderungen der letzten Zeit steht zunehmend das Thema Reformation, die von Sachsen-Anhalt, von Wittenberg als Ort des Thesenanschlags, ausging. Die Reformation, deren 500. Jubiläum wir 2017 begehen, war mehr als ein kirchliches Ereignis. Von ihr gingen entscheidende Anstöße zu humanistischen Zielen wie Freiheit und Selbstbestimmung, Aufklärung und Menschenrechte aus, die nicht nur ausschlaggebend für die deutsche Geschichte, sondern von weltweiter Bedeutung sind.
Die Bundesregierung nimmt das Jubiläum zum Anlass, gemeinsam mit der evangelischen Kirche und den Ländern die Reformation mit einer Vielzahl von Aktivitäten zu würdigen.
Die theologische Seite der Reformation ist Sache der Kirche und so soll es auch bleiben. Die kulturellen, gesellschaftlichen und historischen Dimensionen der Reformation aber gehen uns alle etwas an. Darum fördert die Bundesregierung das Reformationsjubiläum mit insgesamt 35 Millionen Euro bis 2017.
Bislang wurden Vorhaben in Sachsen-Anhalt mit insgesamt knapp 2,2 Millionen Euro aus diesem Programm unterstützt. Auch die Wanderausstellung zu August Hermann Francke und dem Halleschen Pietismus, die wir heute hier in Berlin eröffnen, hat davon profitiert.
Es ist mir eine besondere Freude, heute in der Landesvertretung des Landes Sachsen-Anhalt der Region, in der die Wiege der Reformation stand die erste Fördermaßnahme der Bundesregierung zum Reformationsjubiläum für dieses Jahr bekannt zu geben! 22 teilweise mehrjährige Projekte mit einem Gesamtvolumen von 4,6 Millioen Euro haben wir aktuell bewilligt natürlich zuvörderst in den so genannten Kernländern der Reformation wie Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen, aber auch und darauf lege ich besonderen Wert in der gesamten Bundesrepublik.
In Sachsen-Anhalt werden es verschiedene Projekte auch für Kinder und Jugendliche sein, um sie an Luther und an das Erbe der Reformation heranzuführen. So wird es eine Ausstellung zu Cranach geben "Pop-up Cranach", die auch in Wittenberg Station macht, sowie das Luther-Projekt der Landesvereinigung kulturelle Kinder- und Jugendbildung "Tour Luther-Trip".
Erwähnen möchte ich auch das Restaurierungs- und Forschungsvorhaben "Tafelbilder der Familie Cranach" der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland, die "Lüpertz-Fenster" des Fördervereins Gützer Kirche bei Landsberg sowie ein Theaterprojekt in Bad Lauchstädt zu Luthers Leben. Auch die Sanierungsarbeiten an der zum UNESCO-Weltkulturerbe gehörenden Schlosskirche Wittenberg werden weiterhin mit beachtlichen Mitteln unterstützt.
Außerhalb Sachsen-Anhalts möchte ich noch hervorheben: Die nationale Sonderausstellung "Luther und die Fürsten" in Torgau, eine Tagung in Worms zum Thema "Wormser Religionsgespräche" und ein Comic-Wettbewerb zum Themenjahr "Reformation und Toleranz" des Evangelischen Presseverbands Bayern.
Die durch die Reformation ausgelösten Grundfragen haben nichts von ihrer Aktualität verloren, und ich freue mich, dass bundesweit eine solch beeindruckende Fülle und Vielfalt interessanter Projekte gefördert werden kann!
Meine Damen und Herren,
aber mit der Reformation beschäftigen nicht nur wir uns jetzt anlässlich des 500. Jubiläums, sondern jede Epoche der vorangegangenen Jahrhunderte versuchte, ihren eigenen Zugang dazu zu finden. August Herrmann Francke sah vor über 300 Jahren im Halleschen Pietismus die Vollendung der Reformation. Seine Vision hat Entwicklungen angestoßen, die bis heute intensiv nachwirken, insbesondere im Hinblick auf Erziehung und soziale Verantwortung. Ministerpräsident Haseloff hat dazu Stellung genommen. Franckes Schöpfung, die Stiftungen in Halle, sind ein geschichtsträchtiger, wirkungsvoller kultureller Leuchtturm unseres Landes.
Nach Jahren des Verfalls ist das weltweit einzigartige Ensemble glanzvoll wiedererstanden für mich in der Tat einer der bedeutendsten Kandidaten für das UNESCO-Weltkulturerbe. Das wäre dann die fünfte UNESCO-Weltkulturerbe-Stätte in Sachsen-Anhalt, das schon jetzt in dieser Hinsicht an vorderster Stelle in Deutschland liegt!
Der Bund ist und bleibt ein verlässlicher Partner der Franckeschen Stiftungen. Mein Haus fördert sie jährlich mit 822.000 Euro, über 5,2 Millioen Euro sind bislang in die Sanierung geflossen und es werden noch mehr. Erst vor drei Wochen habe ich entschieden, dass 275.000 Euro für Sanierungsarbeiten am historischen ehemaligen Kinderkrankenhaus zur Verfügung gestellt werden immerhin geht es um das älteste seiner Art weltweit!
Nicht zu vergessen: Die Kulturstiftung des Bundes hatte jahrelang in den historischen Räumen der Frankeschen Stiftungen Unterkunft gefunden, bis sie ihr neues Domizil auf dem Areal beziehen konnte, das im Oktober letzten Jahres durch die Bundeskanzlerin und uns, lieber Herr Haseloff, eingeweiht wurde.
Meine Damen und Herren,
der Bund unterstützt Sachsen-Anhalt jedes Jahr durch die Förderung so unterschiedlicher Einrichtungen wie das Händel-Haus in Halle, die Gedenkstätte Deutsche Teilung Marienborn, die Stiftung Luthergedenkstätten, das Gartenreich der Kulturstiftung Dessau-Wörlitz oder das Bauhaus Dessau. Zudem hat die auch international überaus angesehene Koordinierungsstelle für Kulturgutverluste ihren Sitz in Magdeburg.
Mir ist bewusst, dass ein so reiches kulturelles Erbe wie in Sachsen-Anhalt auch eine Bürde sein kann. Doch es kann das falsche Signal sein, in Krisenzeiten im Bereich der Kultur an Kürzungen zu denken. Der Abschlussbericht des 2011 in Sachsen-Anhalt eingesetzten Kulturkonvents bestätigt, was ich immer wieder betone: Es kann keine Frage sein, ob wir uns eine umfangreiche öffentlich finanzierte Kulturinfrastruktur weiterhin leisten können wir müssen es sogar!
Kulturelles Erbe schafft Identität, es gibt uns Heimatgefühl und bildet gleichzeitig die Basis, mit der wir anderen Kulturen begegnen. Die kulturelle Vielfalt in Deutschland ist ein Teil unseres historischen Erbes, das wir pflegen müssen.
Gerade das Vorbild August Hermann Franckes macht uns allen deutlich, dass Kultur und Bildung die Weichen für die Zukunft der Gesellschaft stellen. Ich wünsche der Wanderausstellung über diesen visionären Reformer als ein Aushängeschild für unsere Kulturnation viel Erfolg!