Redner(in): Angela Merkel
Datum: 03. Februar 2014

Untertitel: in Berlin
Anrede: Sehr geehrter Herr Löscher,sehr geehrter Herr Lienhard,Herr Grillo,Herr Schweitzer,Herr Fitschen,sehr geehrte ehemalige APA-Vorsitzende,meine Damen und Herren,
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): https://www.bundesregierung.de/Content/DE/Rede/2014/2014-02-03-merkel-apa.html


Sehr geehrte Kollegen aus dem Deutschen Bundestag und der Bundesregierung, Exzellenzen,

Deutsche Unternehmer das zeigt auch die Schar der Anwesenden hier haben schon vor vielen Jahren die wirtschaftlichen Potenziale Asiens erkannt. Es blieb nicht bei der Erkenntnis, sondern es folgten auch Taten. Und Sie haben auch ein gemeinsames und damit weithin hörbares wirtschaftspolitisches Sprachrohr, den Asien-Pazifik-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft, geschaffen.

Ich erinnere mich daran, dass, als ich noch junge Ministerin in den 90er Jahren war, das Thema Asien damals auch in der Politik immer mehr Platz griff und wirklich interessante Entwicklungen zu sehen waren. Deutschland gehört aber zu den Ländern, die schon früher darauf gekommen sind, dass die asiatisch-pazifische Region für sie von großem Interesse ist. Wenn man jetzt manchmal etwas über die Hinwendung anderer Wirtschaftsmächte zu Asien liest, sollten wir uns nicht bange machen lassen, sondern sagen: Von den wirtschaftlichen Potenzialen wissen wir eigentlich schon lange.

Den APA gibt es nun seit über 20 Jahren. Er hat sich als Interessenvertreter der im asiatischen Raum engagierten Wirtschaft, als Mittler zwischen Wirtschaft und Politik etabliert. Ich darf auch angesichts der hier vertretenen Botschafter aus Überzeugung sagen: Diese Verantwortungspartnerschaft, von der Herr Löscher soeben gesprochen hat, hat Deutschland gutgetan und hat, glaube ich, auch unseren Partnerländern gutgetan.

In Deutschland gibt es eine breite Diskussion darüber, wie nahe sich Wirtschaft und Politik kommen dürfen. Ich würde sagen: zumindest in der Kooperation mit asiatischen Ländern war es gut, diese Partnerschaft zu haben; und auch in Deutschland kann sie nicht schaden bei aller Distanz, die man aufbringen muss.

Meine Damen und Herren, seine Brückenfunktion macht den APA auch für die Bundesregierung zu einem wichtigen Ansprechpartner. Das heißt nicht, dass es immer Interessengleichheit gibt, aber im großen Ganzen doch eine gemeinsame strategische Ausrichtung.

Sehr geehrter, lieber Herr Löscher, Sie haben den Ausschuss in den vergangenen dreieinhalb Jahren mit viel Herzblut und diplomatischem Geschick geführt. Ich konnte mich davon des Häufigeren persönlich überzeugen. Ihr Einsatz war für den Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen in der letzten Zeit außerordentlich wichtig, Ihr Sachverstand war stets gefragt und zwar bei den Wirtschaftspartnern genauso wie bei den Repräsentanten der Politik in den betreffenden Ländern. Auf unseren Asienreisen haben wir das mit den mitreisenden Wirtschaftsdelegationen, glaube ich, immer zu einem sehr guten Gemeinsamen entwickeln können.

Der APA genießt einen ausgezeichneten Ruf; und deshalb gibt es auch immer wieder offene Türen. Wir haben durch die Dichte der Beziehungen ein hohes Maß an Vertrauen geschaffen wenn ich gerade auch an unsere Reisen nach China und die intensiven, direkt auf den Punkt bringenden Diskussionen mit chinesischen Wirtschaftsvertretern denke. Das waren auch für mich sehr beeindruckende Erlebnisse.

Herzlichen Dank, lieber Herr Löscher, für Ihre Tätigkeit und alles Gute auf dem weiteren Lebensweg.

Sehr geehrter Herr Lienhard, Sie sind bestens für die neue Aufgabe gerüstet. Sie waren schon jahrelang Indien-Sprecher beim Asien-Pazifik-Ausschuss. Ihr Unternehmen ich konnte mich auch bei einem Besuch davon überzeugen kennt die Zusammenarbeit rund um den Globus seit langer Zeit. In der Chronik des traditionsreichen Familienunternehmens Voith ist zu lesen, dass es schon vor rund hundert Jahren Turbinen für das erste Wasserkraftwerk in China lieferte. Es zeigte sich aber, dass für ein solches Geschäft neben vielen tausend Kilometern auch gewaltige kulturelle Unterschiede zu überbrücken waren.

Wenn ich an die vielen tausend Kilometer denke, dann denke ich noch daran, dass wir den Bahnverkehr zwischen Deutschland und China noch effizienter machen müssen. Darüber hatten wir beim letzten Mal gesprochen. Und über die jeweils andere Kultur können wir auch noch viel lernen.

Mir ist in diesem Zusammenhang erzählt worden, dass damals für den von Voith nach China entsandten Ingenieur, der mit über 30 Jahren noch ledig gewesen sein soll, was im China des frühen 20. Jahrhunderts angeblich für Missfallen gesorgt habe, vor Ort kurzerhand eine Ehe arrangiert worden sei. Und damit sei dann alles in bester Ordnung gewesen. Das Wasserkraftwerk konnte gebaut werden. Solche Fälle sind mir aus der heutigen Zeit nicht mehr bekannt. Heute arrangiert sich so etwas von allein.

Meine Damen und Herren, wer auf den Weltmärkten erfolgreich sein will, muss mit verschiedenen Kulturen ebenso zurechtkommen wie mit unterschiedlichen politischen und rechtlichen Systemen. Deshalb ist auch die Kooperation zwischen APA und Politik von großem Wert. Uns Deutschen hat Weltoffenheit immer wieder gutgetan. Diese Weltoffenheit ist wesentlich auch dadurch bestimmt, dass unsere Unternehmen weltoffen sind Großkonzerne genauso wie mittelständische Unternehmen, wobei aber für die Letzteren die Erarbeitung von all dem Know-how, das man haben muss, wenn man in anderen Ländern wirtschaftlich tätig wird, relativ schwierig ist. Auch hierbei gab es immer wieder Unterstützung und Hilfestellung. Ich glaube auch, in den asiatischen Ländern hat man sich daran gewöhnt, dass eine repräsentative Delegation deutscher Unternehmen immer aus größeren und mittelständischen Unternehmen besteht, eben weil die entsprechende Wirtschaftsstruktur die Stärke unseres Landes ausmacht.

Die deutsche Wirtschaft insgesamt exportiert in Länder, die der APA betreut, mittlerweile Güter im Wert von rund 150 Milliarden Euro etwa 14 Prozent aller deutschen Exporte. Die Direktinvestitionen unserer Unternehmen in der Region sind allein zwischen 2008 und 2011 um 50 Prozent gestiegen. Sie belaufen sich mittlerweile auf deutlich über 100 Milliarden Euro. Herr Lienhard und auch Herr Löscher haben soeben darauf hingewiesen.

Wenn man sich fragt, warum in Deutschland so wenig investiert wird, dann zeigt sich natürlich auch, dass Investitionen in unsere Zukunft hier auch in anderen Ländern getätigt werden. Wir müssen aber sicherlich aufpassen, dass bei uns zu Hause ab und zu auch noch etwas erneuert wird. Aber insgesamt ist es schon in Ordnung, dass wir auch andernorts eine Basis für die Zukunft legen.

Die Märkte in Fernost bleiben für deutsche Unternehmen höchst interessant, weil gerade auch Länder dieser Region ihre Industrien und Infrastrukturen modernisieren wollen und müssen. Es besteht erheblicher Investitionsbedarf, natürlich einhergehend mit der Notwendigkeit einer Verbesserung der Lebenssituation der Menschen in diesen Ländern. Und ich denke, auch die Ausrichtung der deutschen Wirtschaft auf Nachhaltigkeitsaspekte hat sich in diesem Zusammenhang als außerordentlich sinnvoll erwiesen.

Das Engagement deutscher Unternehmen ist gefragt. Das liegt daran, dass sie als kompetente, international erfahrene Partner und auch als faire Partner gelten, die sich auch viel damit befassen, zum Beispiel Berufsausbildung und Weiterbildung zu organisieren. Solche Aktivitäten sind langfristig auch für uns von großem Wert. Der Erfolg der Zusammenarbeit hängt auch von außerbetrieblichen Faktoren ab. Deshalb haben wir auch Gesprächsthemen, die wahrscheinlich auch in Zukunft, lieber Herr Lienhard, immer wieder auf der Tagesordnung stehen werden, wie etwa der Schutz des geistigen Eigentums und die strikte Gleichbehandlung in- und ausländischer Unternehmen.

Ich will auch wiederholen, was hier schon gesagt wurde: Investoren aus den asiatisch-pazifischen Ländern sind uns auch in Deutschland herzlich willkommen. Wir brauchen Wettbewerb auch bei uns zu Hause. Wir stellen uns ihm international; und wir können ihn auch zu Hause gut aushalten.

Wir machen uns auch in der EU für Freihandelsabkommen mit ASEAN-Staaten stark. Wenn man sieht, wie viele Freihandelsabkommen heute auf der Welt geschlossen werden, dann weiß man, dass sich Europa sputen muss. Mir ist gerade auch auf meiner Reise nach Indonesien, wo inzwischen ein Freihandelsabkommen mit China existiert, noch einmal deutlich geworden, wie wir zum Teil hinterherhinken. Und wenn ich jetzt das ist ein anderes Thema die Diskussionen über ein Freihandelsabkommen mit den Vereinigten Staaten von Amerika verfolge, dann kann ich nur sagen: Wir sollten das Gesamtziel, dass man ein solches Freihandelsabkommen braucht, nicht aus den Augen verlieren vor lauter kleinen Schwierigkeiten, sondern diese überwinden, denn anderen Regionen auf der Welt gelingt das auch.

Die Verhandlungen mit Singapur sind glücklicherweise schon abgeschlossen. Das könnte vielleicht die Initialzündung für weitere Verhandlungserfolge mit Indien und Japan sein. Mit Japan stehen wir mitten im Verhandlungsprozess. Einfach ist er nicht, aber das war auch nicht überraschend. Bei Indien müssen wir auch vorankommen. Ich bin leider etwas pessimistisch, dass uns das noch vor der Wahl in Indien gelingt. Ich hatte gemeinsam mit dem indischen Premierminister viel Kraft hineinzusetzen versucht, aber die Dinge ziehen sich. Nach der Wahl müssen wir unbedingt weitermachen.

Die multilaterale Ebene hat uns ein wenig Anlass zu Hoffnungen gegeben. Wir sind von Hause aus eigentlich der Meinung, dass multilaterale Abkommen günstiger wären. Aber wenn die gesamte Welt immer mehr bilaterale Handelsabkommen schließt, muss die EU das auch tun. Deshalb ist Deutschland ein Treiber solcher Abkommen.

Deutschland ist eine der weltweit führenden Wirtschaftsnationen. Aber wir haben alles andere als einen Rechtsanspruch darauf, das immer zu bleiben. Deshalb sind die Innovationskraft und die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten und möglichst zu verbessern. Ich kenne all die kontroversen Diskussionen, die wir im Augenblick über manche politische Maßnahmen haben, aber darüber werden wir auch an anderer Stelle noch intensiv reden. Auf jeden Fall hat es uns gutgetan, dass wir gerade im Bereich Forschung und Entwicklung in den letzten Jahren deutlich zugelegt und auch die Verbindung zwischen Wirtschaft und Grundlagenforschung verbessert haben, sodass Deutschland jetzt nahezu drei Prozent seines Bruttoinlandsprodukts für Forschung und Entwicklung ausgibt. Dieses Niveau müssen wir halten. Das haben wir uns auch für die nächsten vier Jahre vorgenommen. Mit drei Prozent ragen wir aber im Vergleich zum asiatischen Raum nicht besonders heraus. Allein Korea gibt rund vier Prozent aus. In China wird auch sehr viel in Forschung, Entwicklung und in Bildung investiert. Das heißt, wir werden uns auch in Zukunft sehr sputen müssen.

Wir haben natürlich auch innenpolitisch unsere Hausaufgaben zu machen. Das sicherlich drängendste Problem der nächsten Jahre wird die Energiewende sein, denn nur mit einer bezahlbaren Energie können wir die Industrie in Deutschland halten. Nur mit einer bezahlbaren Energie werden die Menschen die Energiewende auch weiter unterstützen. Ich habe im Deutschen Bundestag in der letzten Woche gesagt: Wenn sie uns gelingt, kann sie ein großer Exportschlager werden. Man hält dies auch im Ausland für möglich, aber man schaut mit Neugierde auf uns, was wir machen. Deshalb ist es eine der großen Aufgaben der Großen Koalition, hier die Dinge wirklich vernünftig zu gestalten.

Wir wissen, dass wir bei unserer Verkehrsinfrastruktur und anderen Infrastrukturen im Augenblick zum Teil von der Substanz leben. Wir werden in den nächsten Jahren mehr Verkehrsinvestitionen auf den Weg bringen, als das in der vergangenen Legislaturperiode der Fall war. Hier ist ein großer Schritt zu gehen.

Meine Damen und Herren, wir wollen und können nur einen erfolgreichen APA und eine erfolgreiche Verantwortungspartnerschaft haben, wenn Deutschland insgesamt seine Hausaufgaben gut macht. Die Anerkennung in anderen Ländern beruht wesentlich auf der Anerkennung der Unternehmen. Aber sie beruht eben auch darauf, dass man in breiten Teilen der Meinung ist, dass diese Unternehmen auch ein gutes Zuhause haben. Insofern weiß ich auch um die Verantwortung der Politik in diesem Zusammenhang.

Noch einmal ganz herzlichen Dank, lieber Herr Löscher. Sie haben den APA immer mit viel Geschick geleitet und gemanagt, obgleich "die" Wirtschaft auch nicht immer nur eine homogene Interessenvertretung ermöglicht, sondern da soll es auch so etwas wie Wettbewerb und unterschiedliche Interessen geben. Das ist aber bei den Reisen eigentlich nie sichtbar geworden; das ist schon sehr gut. Ich bedanke mich auch dafür, dass wir auf diesen Reisen auch das Gespräch mit der Presse gesucht haben nicht nur seitens der Politik, sondern auch seitens der Wirtschaft. Denn solche Reisen bieten eine sehr, sehr gute Möglichkeit, die es zu nutzen gilt, um auch über die Bedeutung der Wirtschaft in der Sozialen Marktwirtschaft zu sprechen.

Lieber Herr Lienhard, vor dreieinhalb Jahren habe ich im Rahmen meiner Energiereise Ihr Unternehmen Voith besucht. Ich bin noch heute beeindruckt von der Präzision und der Größe Ihrer verschiedenen Gerätschaften, wenn ich das einmal so lax sagen darf, um keine falschen Termini technici zu verwenden. Jetzt können Sie Ihr unternehmerisches Wissen und Geschick auch als APA-Vorsitzender kombinieren und beweisen. Ihre bisherigen Erfahrungen lassen uns sehr hoffnungsvoll sein. Ich freue mich auf die ersten Reisen in die asiatisch-pazifische Region.

In diesem Jahr hat Australien die G20 -Präsidentschaft. Aber wir werden auch viele andere Höhepunkte haben. Der nächste wird der Besuch des chinesischen Präsidenten in Deutschland sein. Er wird viele europäische Länder besuchen. Wir Deutsche werden viel Ehrgeiz darauf verwenden, uns im Konkurrenzkampf und Wettbewerb der europäischen Mitgliedstaaten gut zu präsentieren.

Herzlichen Dank noch einmal denen, die die Arbeit im APA geleistet haben. Alles Gute für die Zukunft. Und herzlichen Dank all denen, die hinter den Kulissen diese Arbeit leisten. Herzlichen Dank den tragenden Verbänden des APA, denn ohne dieses Fundament könnte der APA nicht gut arbeiten.

Herzlichen Dank.