Redner(in): Angela Merkel
Datum: 02. Juli 2014

Anrede: Sehr geehrter Herr Professor Strohschneider,sehr geehrte Frau Ministerin Ahnen,sehr geehrter Herr Minister Rhein,sehr geehrter Herr Professor Müller Essel,
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): https://www.bundesregierung.de/Content/DE/Rede/2014/07/2014-07-03-merkel-dfg.html


Und meine Damen und Herren, werte Festversammlung,

Morgen werden wir im Deutschen Bundestag an den Beginn des Ersten Weltkriegs in einer Gedenkveranstaltung erinnern. Vor 100 Jahren herrschte in Europa ein explosives Gemisch aus nationaler Überheblichkeit, diplomatischer Sprachlosigkeit und verheerender Kriegslust. Die folgenden Kriegserklärungen setzten eine unsägliche Gewaltmaschinerie in Gang, die Millionen Opfer forderte. Europa ein Ort der Aufklärung, der Bildung, der Wissenschaft und Kultur führte sich damals selbst ad absurdem.

Diese historischen Ereignisse bildeten gleichsam die politische und gesellschaftliche Kulisse, vor der sich die Bürgerinnen und Bürger von Frankfurt am Main ihren großen Traum von ihrer eigenen Universität erfüllten. Im Oktober 1914, als Europa im Krieg versank, eröffneten sie feierlich die erste deutsche Stiftungsuniversität. Heute zählt die Universität Frankfurt zu den größten Hochschulen Deutschlands. Sie hat viele Biografien und Generationen junger Menschen geprägt. Sie hat zur Geistes- und Wissenschaftsgeschichte unseres Landes bedeutsame Kapitel beigesteuert. Sie hat sich und der Stadt Frankfurt, zum Beispiel auch über die Frankfurter Schule, auch weit über die Landesgrenzen hinaus einen Namen gemacht.

Zum Jubiläum der Universität Frankfurt gratuliere ich deshalb von Herzen. Ich wünsche den Studierenden, den Lehrenden und allen Hochschulangehörigen weiterhin viel Erfolg. Die Zeichen stehen gut, dass sich dieser Wunsch erfüllt. Denn die Universität will ja auch räumlich beste Voraussetzungen für Lehre und Forschung schaffen oder hat dies schon getan. Hier am Campus Westend, aber auch an anderen Standorten, kann man das sehen. Als ich hier hereinkam, wäre ich fast geneigt gewesen, zu sagen, auch selbst nochmals studieren zu wollen. Allerdings ist es zumindest hier nicht möglich, Physik zu studieren.

Meine Damen und Herren, Sie bauen hier auf Exzellenz im wörtlichen wie im übertragenen Sinne. Das zeigen auch die drei Exzellenzcluster, mit denen die Universität aus der Exzellenzinitiative erfolgreich hervorging. Lieber Herr Professor Müller-Esterl, Sie selbst haben Ihren Anteil daran. Und Sie stecken die Ziele noch deutlich höher. Sie wollen, dass sich die Universität Frankfurt zum wie Sie sagen "Harvard am Main" entwickelt. Sie rechtfertigen diesen hohen Anspruch weniger mit der Frage als vielmehr mit der Feststellung ich zitiere: "Aber wo, bitte, soll es noch Visionen geben, wenn nicht an einer Universität!"

Ohne Zweifel sind die Universitäten und anderen Forschungsinstitutionen so etwas wie die Denkfabriken unseres Landes. Damit bieten sie auch Raum für Visionen. Forschung und Wissenschaft bilden das Fundament ständiger Innovationsfähigkeit unserer Wirtschaft. Sie schaffen die Grundlagen unseres Wohlstands. Leichter gesagt, als getan. Jedenfalls hat Deutschland ein leistungsfähiges und international wettbewerbsfähiges Wissenschafts- und Forschungssystem. Und daher ist es die Deutsche Forschungsgemeinschaft, die als eine der größten Förderorganisationen der Wissenschaft und als Selbstverwaltungsorganisation die Idee wissenschaftlicher Freiheit, Selbständigkeit und Exzellenz geradezu verkörpert. Und deshalb bin ich gerne heute hier. An dieser Stelle gratuliere ich auch den drei neugewählten Präsidiumsmitgliedern und freue mich auch über die weibliche Präsenz.

Die DFG denkt nicht allein oder vorrangig in Kategorien wirtschaftlicher Verwertbarkeit von Forschungsergebnissen obwohl das Wort "Werte" ja eine Rolle hier heute spielt. Sie stellt vielmehr das Erkenntnisinteresse in den Mittelpunkt der Arbeit. Und so verschafft sie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern Freiräume und öffnet Wege für Neues. Grundlagenforschung braucht Unabhängigkeit und Zeit. Nicht immer geht es geradlinig voran. Auch Rückschritte und Sackgassen sind nicht ausgeschlossen. Und deshalb braucht es auch immer wieder einigen Mut, sich auf ein solches Wagnis einzulassen.

Der englische Historiker Henry Thomas Buckle stellte im 19. Jahrhundert einmal fest ich zitiere: "Der größte Feind des Fortschritts ist nicht der Irrtum, sondern die Trägheit." Dieser Satz gilt bis heute. Das sollten wir uns auch in unserer gut entwickelten Gesellschaft immer wieder vor Augen führen. Die DFG ist selbstverständlich eine Organisation, die sozusagen per definitionem der Trägheit entgegenwirkt oder ihr zumindest entgegenwirken sollte, falls es leichte Anflüge von Trägheit geben sollte, was ich mich schon allein wegen der Selbstverwaltung nicht zu behaupten trauen würde. So, jetzt könnten wir noch ein Seminar über Konjunktive abhalten.

Jedenfalls spornt die DFG zur Höchstleistung an. Sie geht auch selbst mit höchstem Qualitätsanspruch ans Werk. Und dazu gehört die besondere Sorgfalt bei Begutachtungs- und Auswahlverfahren. Ich will an dieser Stelle auch einmal all denen, die an diesen Begutachtungs- und Auswahlverfahren mitwirken, ein herzliches Dankeschön sagen. Die Selbstverwaltung würde nicht so gut funktionieren, wenn es nicht viele Menschen gäbe, die so an sie glauben, dass sie auch viel Zeit und Leidenschaft investieren. Herzlichen Dank dafür den Gutachtern ebenso wie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Geschäftsstelle und den Gremienmitgliedern. Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei " so heißt es in Artikel 5 unseres Grundgesetzes. Diese Freiheit mit Leben zu erfüllen, das ist die Aufgabe der Wissenschaft. Aufgabe der Politik ist es, dafür zu arbeiten, dass die Wissenschaft dieser Aufgabe gerecht werden kann, dass diese Freiheit gewahrt wird und nutzbar bleibt. Um die Weichen richtig zu stellen, bedarf es daher eines engen Austauschs zwischen Wissenschaft und Politik. Und auch hierbei nimmt die Deutsche Forschungsgemeinschaft wieder eine zentrale Rolle ein. Diese Rolle nimmt sie auch deshalb so überzeugend wahr, weil sie sich auch selbst in der Verantwortung für das Wissenschaftssystem sieht. Dies zeigt sie zum Beispiel mit ihren Initiativen zur Gleichstellung von Frauen und Männern in der Wissenschaft, zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis oder zur Zukunft des Wissenschaftssystems insgesamt.

Mit ihren klaren Positionen bietet die DFG der Politik unverzichtbare Orientierungshilfen. Umgekehrt macht die Bundesregierung deutlich Frau Ahnen hat das Gleiche bereits für die Länder gesagt, dass Bildung, Forschung und Wissenschaft für uns Priorität haben. Wir haben in der letzten Legislaturperiode 13 Milliarden Euro mehr im Vergleich zur vorangegangenen Legislaturperiode bereitgestellt. Dazu haben wir haushaltspolitische Freiräume genutzt, ohne unseren Konsolidierungskurs zu verlassen. Das heißt, wir haben hier also wirklich Schwerpunkte gesetzt. Das Ziel, drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts in Forschung und Entwicklung zu investieren, haben wir so gut wie vollständig erreicht. Zwei Drittel dieser Investitionen werden von der Wirtschaft aufgebracht, ein Drittel von der öffentlichen Hand. Deutschland gehört damit zur Spitzengruppe unter den Ländern auf der Welt. Aber es finden sich eben auch Länder, die mehr ausgeben zum Beispiel Südkorea oder auch Israel.

In der Tat aber hat Deutschland als Wissenschafts- und Forschungsstandort an Attraktivität gewonnen. Die Quote der Studienanfänger liegt auf Rekordniveau, ebenso die Zahl der Studierenden insgesamt. Wir treffen damit auch Vorsorge für die Zeit, in der der demografische Wandel noch stärker spürbar sein wird. Deutschland ist inzwischen auch eines der beliebtesten Zielländer ausländischer Studierender. Dass das nicht ganz einfach zu erreichen ist, kann man sich vorstellen, wenn man schon allein an die Sprachbarrieren denkt. Deshalb will ich auch hier ein deutliches Dankeschön dafür sagen, dass sich viele Universitäten und Hochschulen geöffnet haben auch was die Curricula anbelangt und damit die Attraktivität des Studienortes Deutschland verbessert haben. Auch bei Spitzenforscherinnen und Spitzenforschern aus aller Welt genießen wir einen guten Ruf. Ich glaube, das hat auch wesentlich mit der Planbarkeit der Wissenschaftsfinanzierung zu tun, natürlich auch mit den Angeboten und der Exzellenz unserer Organisationen.

Aber wir stehen in einem starken Wettbewerb. Und deshalb dürfen wir nicht nachlassen, unser Profil zu schärfen. Ich glaube, eine besondere Stärke, auf die wir bauen können, ist ein Wissenschaftssystem mit sehr unterschiedlichen Einrichtungen und Organisationen. Diese sind jeweils einzigartige Bausteine, die zusammen aber ein in sich schlüssiges Gesamtgefüge des Forschungssystems bilden. Daraus ergibt sich allerdings eine besondere Herausforderung für die Zusammenarbeit, die natürlich nicht immer völlig spannungsfrei verlaufen kann; wie sollte sie das auch? Es ergibt sich aber auch ein hohes Maß an Flexibilität. Das heißt, Fehler und Irrtümer, die nicht ausbleiben, sind sozusagen nicht gesamtsystemisch, sondern können immer wieder ausbalanciert werden. Auch deshalb brauchen wir Kooperationen. Es ist deshalb durchwegs zu begrüßen, wenn Einrichtungen auch über ihre angestammten Disziplinen und Forschungsbereiche hinweg immer wieder Brücken schlagen.

Förderlich hierfür ist aus meiner Sicht nun auch die avisierte Änderung des Artikels 91 b des Grundgesetzes. Dazu haben wir jetzt einen Gesetzentwurf in der Abstimmung. Wir wollen neue Kooperationsmöglichkeiten zwischen Bund und Ländern schaffen, aber eben auch zwischen Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen. Wenn man sich die Clusterbildung in anderen Ländern anschaut, dann weiß man, dass es unbedingt notwendig ist, auch selbst Synergien zwischen Universitäten und anderen Forschungseinrichtungen außeruniversitärer Art zu haben.

Wir kommen also nicht nur zu neuen Möglichkeiten der Kooperation zwischen Bund und Ländern, sondern eben auch zwischen verschiedenen Einrichtungen. Wir haben damit ja schon erste Erfahrungen gesammelt. Das Karlsruher Institut für Technologie und das Berliner Institut für Gesundheitsforschung sind sozusagen erste Bausteine. Frau Ahnen kuckt gerade ganz streng, weil wir das einfach schon vor einer Grundgesetzänderung angefangen haben. Trotzdem ist kein Skandal daraus entstanden. Aber für die Zeit nach der Exzellenzinitiative müssen wir das sicherlich auf felsenfeste rechtliche Grundlagen stellen. Und deshalb sind wir jetzt auf dem richtigen Weg.

Für die Hochschulen sind vorrangig die Länder zuständig, aber der Bund wird im Rahmen seiner rechtlichen und finanziellen Möglichkeiten weiter gezielt herausragende Forschung und Lehre fördern. Wir wollen Akzente dort setzen, wo wir Deutschland insgesamt voranbringen können. Und deshalb brauchen wir auch einen intensiven Dialog zwischen Bund und Ländern. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft hat ja mit ihrem Positionspapier von 2013 bereits konkrete Anregungen gegeben.

Wichtig ist, dass wir in der Exzellenzinitiative das Erreichte sichern und auch entsprechend einschlägiger Gutachten in eine dauerhafte Förderung überführen. Und wichtig ist, welche neuen Formen der Förderung mittel- und langfristig zum Tragen kommen. Wir müssen auch aufpassen, dass der Bürokratieaufwand möglichst gering ist. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wollen sich in der Regel auf ihre eigentliche Arbeit konzentrieren. Wenn man nur noch zwischen Begutachtung und Selbstbegutachtung sein Tagwerk vollbringt, dann fehlt natürlich Zeit für Forschung. Das heißt, auch hier muss eine gewisse Balance gefunden werden. Das gilt auch mit Blick auf die hier schon genannte Programmpauschale, die etwas mit Overheadkosten zu tun hat. Auch hier darf der Bürokratieaufwand nicht beliebig anwachsen, sondern muss im Zaum gehalten werden.

Wir haben bereits beschlossen, dass der Bund die Länder dauerhaft entlastet aber erst nach langem Ringen. Auch ich persönlich war am Anfang nicht ganz begeistert davon, dass der Bund nun auch noch die BAföG-Leistungen ganz übernehmen soll. Ich glaube allerdings, dass wir uns keinen Gefallen täten, wenn wir immer wieder neue Formen der Mischfinanzierung finden würden, sondern dass es besser ist, ganze Blöcke eben auch im Zusammenhang zu sehen. Die Neuregelung entlastet die Länder um jährlich fast 1,2 Milliarden Euro. Das ist ein erheblicher Betrag. Daran ist natürlich die Erwartung geknüpft, dass dies auch den Hochschulen deutlich zugutekommt. Daher will ich Herrn Staatsminister Rhein dafür loben, dass Hessen das sozusagen im Geiste dieser Vorstellungen macht. Ich habe auch aus Rheinland-Pfalz einiges gehört. Schauen wir mal, wie es wird. Jedenfalls wollen wir gerne, dass die freiwerdenden Gelder den Hochschulen zugutekommen. Es ist auch weitgehend unstrittig, dass das notwendig ist.

Der Bund steht auch zu den Zusagen aus den sogenannten Pakten, die wir mit den Ländern geschlossen haben. Da ist zum Beispiel der Hochschulpakt zu nennen eine wirklich sehr erfolgreiche Kooperation von Bund und Ländern, mit der wir rund 625.000 zusätzliche Studienplätze bis 2015 schaffen. Aber jetzt werden wir fast schon wieder ein bisschen ängstlich. Als ich Bundeskanzlerin wurde, haben rund 37 Prozent eines Jahrgangs ein Studium begonnen. Jetzt sind es weit mehr als 50 Prozent. Das heißt, wir bewegen uns auf einen Zustand zu, bei dem wir aufpassen müssen, dass die Attraktivität der dualen Ausbildung nicht leidet. Denn Deutschlands Erfolge in der Bildungspolitik beruhten immer auch darauf, dass wir eine gute Balance hatten. Das müssen wir auch weiter im Auge behalten. Der Bund hat für den Hochschulpakt jedenfalls erheblich Mittel bereitgestellt. Und das hat auch erheblich Wirkung gezeigt.

Es gibt auch den Qualitätspakt Lehre und außerdem den Pakt für Forschung und Innovation, mit dem wir den Forschungsorganisationen einen jährlichen Aufwuchs der Fördermittel sichern und damit ein hohes Maß an Berechenbarkeit und Planbarkeit bieten. In Zukunft werden wir diese Aufwüchse allein aus Bundesmitteln bestreiten und damit den Ländern wiederum eine gewisse Entlastung zukommen lassen, ohne dass wir die doppelte Verantwortung aufheben. Ich finde, das ist auch ganz wichtig. Ich hatte mal testweise einigen Ländern vorgeschlagen, dass der Bund statt der BAföG-Leistungen die Max-Planck-Finanzierung ganz übernehmen könnte. Das ist aber nicht auf viel Zustimmung gestoßen. Ich hatte dabei zum ersten Mal einen großen Stolz der Länder wahrgenommen, dass wir das gemeinsam machen.

So leisten wir also einen Beitrag dazu, dass bei den Gesamtausgaben für Forschung und Entwicklung der Drei-Prozent-Anteil am Bruttoinlandsprodukt gesichert wird. Wir wollen auch die außeruniversitäre Forschung weiter stärken. Wir dürfen aber keine Entwicklung haben, in der die Forschungskapazität der Universitäten stagniert oder vielleicht sogar zurückgeht, während die außeruniversitäre Forschung immer besser dasteht. Denn wenn wir Artikel 91 b ändern, dann wollen wir ja, dass beide Säulen leistungsfähig bleiben.

Der jüngste Monitoring-Bericht zum Forschungs- und Innovationspakt zeigt, dass allein zwischen 2009 und 2013 die Zahl der Beschäftigten in außeruniversitären Forschungseinrichtungen um 23 Prozent gestiegen ist. Das ist ein wichtiger Erfolg. Allerdings komme ich an diesem Punkt nochmals auf das Thema Gleichstellung von Frauen und Männern zu sprechen. Frauen stellen zwar gut die Hälfte der Hochschulabsolventen. Noch über 45 Prozent der Promotionen werden von Frauen erreicht. Bei den Habilitationen aber sind wir nur noch bei gut einem Viertel, bei den Professuren bei einem Fünftel. Im außeruniversitären Bereich sieht es noch schlechter aus. Nun freue ich mich ja, dass wir heute eine Vortragende haben. Wir sind durchaus auf einem vernünftigen Pfad. Aber wenn es darum geht, die gesamte Leistungsfähigkeit des deutschen Wissenschaftssystems zu erschließen, dann kann und darf das an den Frauen nicht vorbeigehen. Das sage ich auch als ehemalige Physikerin.

Wenn Innovationsfähigkeit unsere wichtigste Wohlstandsquelle ist und ich bin davon überzeugt, dass dies so ist, dann müssen wir unsere Stärken stärken; und zwar in personeller wie auch in fachlicher Hinsicht. Deshalb konzentrieren wir uns mit der Hightech-Strategie auf besonders erfolgversprechende Innovationsbereiche. Wir nehmen dabei immer wieder sehr ehrliche Analysen vor, welche Rolle wir auch im internationalen Konzert spielen. Wir verfolgen einen ressortübergreifenden Ansatz, um die Kräfte aus Wissenschaft und Wirtschaft noch besser zu bündeln. Wir wollen natürlich auch daran arbeiten, Ergebnisse der Wissenschaft möglichst schnell in marktfähige Lösungen zu überführen.

Die Hightech-Strategie und ihre Weiterentwicklung sind nur ein Beispiel dafür, dass wir gleichermaßen auf Kontinuität und Aufbruch setzen. Das muss natürlich auch finanziell auf sicheren Füßen stehen. Deshalb haben wir uns vorgenommen, in dieser Legislaturperiode für den Bereich Bildung und Forschung insgesamt neun Milliarden Euro mehr auszugeben; das heißt, drei Milliarden Euro mehr für Forschung, sechs Milliarden Euro insgesamt mehr für Bildung. Der Bund steht damit zu seiner gesamtstaatlichen Verantwortung. Wir brauchen eine starke Wissenschaft. Schließlich schafft sie und das entspricht ja auch dem Motto Ihrer Jahresversammlung in vielerlei Hinsicht "ErkenntnisWerte".

In diesem Sinne steht Deutschland auch zu seiner europäischen Verantwortung. Wir haben längst eine sehr produktive Zusammenarbeit innerhalb der Europäischen Union in Wissenschaft, Forschung und Entwicklung. Und ich glaube, man sieht manchmal gar nicht, wie sehr das bereits ein Ausdruck gelungener europäischer Integration ist.

Wir sprechen auf europäischer Ebene oft über viele Bereiche, aber vielleicht nicht oft genug über den Forschungsbereich. Aber das, was man in der Europäischen Union "Horizont 2020" nennt, ist ein Forschungsprogramm mit insgesamt 77 Milliarden Euro. Ich bin sehr froh, dass wissenschaftliche Exzellenz in Europa an Bedeutung gewonnen hat. Früher hat man ja noch viel nach dem Regionalprinzip gemacht, heute ist vielmehr wissenschaftliche Exzellenz das Leitprinzip. Der Europäische Forschungsrat hat doch Maßstäbe gesetzt, die wir viele Jahre in Europa nicht hatten. Das ist aus meiner Sicht ein riesiger Fortschritt.

Wir arbeiten im Übrigen auch an der Vollendung des europäischen Forschungsraums. Wir wollen mehr Mobilität, mehr offenen Austausch von Forscherinnen und Forschern erreichen. Denn Forschung kennt keine Grenzen; oder um hier an dieser Universität Goethe zu zitieren: "Es gibt keine patriotische Kunst und keine patriotische Wissenschaft. Beide gehören, wie alles hohe Gute, der ganzen Welt an."

Meine Damen und Herren, Wissenschaft und Forschung zum Wohle der Menschen zu fördern, ist auch und gerade im Zeitalter zunehmender Globalisierung eine höchst ehrenvolle, eine höchst wichtige Aufgabe. Dafür, dass sich die Deutsche Forschungsgemeinschaft mit ihrer Kompetenz und ihrem Sachverstand dieser Aufgabe widmet, bin ich sehr dankbar.

Uns allen, die wir in Deutschland, Europa und anderswo vom Erkenntnisgewinn zehren und profitieren, wünsche ich, dass die Deutsche Forschungsgemeinschaft auch weiterhin auf Erfolgskurs bleibt. Tagen Sie gut, streiten Sie sich manchmal, seien Sie ehrlich in der Einschätzung von Stärken und Schwächen, dann werden Sie dem Auftrag der Selbstverwaltung am besten gerecht; dann muss sich die Politik auch gar nicht viel um Sie kümmern. Dennoch danke dafür, dass ich heute eingeladen war.