Redner(in): Angela Merkel
Datum: 19. September 2014

Untertitel: in Berlin
Anrede: Sehr geehrter Herr Wollseifer,lieber Handwerkerinnen und Handwerker,meine Damen und Herren,
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): https://www.bundesregierung.de/Content/DE/Rede/2014/09/2014-09-19-merkel-zdh.html


Sie haben dieses Jahr eine neue Imagekampagne mit dem Motto "Die Welt war noch nie so unfertig. Pack mit an." Wie immer ein sehr passendes Motto. Sie wollen damit gerade junge Menschen ansprechen und ihnen sagen: Bewegt etwas in unserer Gesellschaft und für unsere Gesellschaft. Das Handwerk ist auch wirklich ein Bereich, in dem junge Menschen sehr viele Chancen bekommen. Die Botschaft ist deshalb auch glaubwürdig.

Das traditionelle Markenzeichen des Handwerks sind Schaffenskraft, Kreativität und Mut, immer wieder Neues zu wagen. Damit bringen Sie sozusagen zum Ausdruck, was Selbständigkeit ausmacht, was die Bereitschaft ausmacht, auch Risiken einzugehen, und was letztendlich unsere Gesellschaft voranbringt. Dafür ein ganz herzliches Dankeschön. Soziale Marktwirtschaft in Deutschland ohne das deutsche Handwerk ist nicht vorstellbar. Damit sind Sie natürlich auch ein Aushängeschild unseres Landes und eine wichtige Säule der deutschen Wirtschaft.

Deutschland ist einer der Wachstumsmotoren insbesondere im Euroraum. Unser Wachstum wird im Augenblick im Wesentlichen von einer stabilen Binnenkonjunktur angetrieben. Wenn wir addieren, was wir in den vergangenen Jahren an Binnenkonsum hatten, dann stellen wir fest, dass das eine ganze Menge war. Ich weiß, dass Sie nicht jeden unserer konsumfördernden Schritte gutheißen. Aber zum Beispiel etwas wie die Mütterrente ist auch ein Beitrag zu neuen Konsummöglichkeiten und damit auch ein Beitrag zum Wachstum in der gesamten Eurozone.

Das anhaltend hohe Nachfrageniveau deutet darauf hin, dass der Arbeitsmarkt robust ist. Wir können davon ausgehen, dass die Arbeitslosenzahl im Jahresdurchschnitt wieder unter drei Millionen liegen wird. Ich sage allerdings auch: Wir sehen eine Verfestigung der Langzeitarbeitslosigkeit und müssen daher immer und immer wieder wir haben auch entsprechende Programme des Bundesarbeitsministeriums daran arbeiten, dass der Sockel der Langzeitarbeitslosigkeit noch ein wenig stärker abgebaut wird.

Ich will nicht verhehlen, dass bei einem Bundeshaushalt von rund 300 Milliarden Euro deutlich über 30 Milliarden, also mehr als zehn Prozent, die wir für Hartz-IV-Empfänger ausgeben, ein Block im Haushalt sind, den wir ganz anders nutzen könnten, wenn wir die Langzeitarbeitslosigkeit senken könnten. Deswegen stellt mich das nach wie vor nicht zufrieden ganz abgesehen davon, was es für eine größere Erfüllung der eigenen Möglichkeiten bedeutete, wenn Langzeitarbeitslose und ihre Kinder aus der Hilfs- und Unterstützungsbedürftigkeit herauskämen.

Im Handwerk eröffnen Sie gerade auch jungen Leuten viele Chancen. Deshalb leisten Sie auch einen Beitrag dazu, dass die Jugendarbeitslosigkeit in Deutschland die geringste in ganz Europa ist. Wir freuen uns, dass der Trend der Erwerbstätigenzahlen insgesamt weiter nach oben geht. Wir haben jetzt über 42 Millionen Erwerbstätige. Wir haben über 30 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigte. All das sind Rekordzahlen, die in vielerlei Hinsicht sehr gut sind.

Die gute Stimmung im Handwerk freut uns. Es zeigt sich, dass in Ihrem Bereich derzeit Konjunktur herrscht. Das Baugewerbe zum Beispiel weist volle Auftragsbücher und steigende Umsätze auf. Auch die Handwerke des gewerblichen Bedarfs und das Kraftfahrzeuggewerbe verbesserten sich im Vergleich zum Vorjahr deutlich. Zehn Prozent aller Handwerksbetriebe wollen mehr Personal einstellen zusätzlich zu den über 5,3 Millionen Arbeitsplätzen, die das deutsche Handwerk heute schon bietet. 5,3 Millionen ist eine Zahl, die sich wirklich sehen lassen kann. Wenn man an die 30 Millionen sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnisse in Deutschland denkt, zeigt sich, welch großer Block das Handwerk ist.

Die Ausbildungsbereitschaft auch dafür ein ganz herzliches Dankeschön ist ungebrochen hoch. Mehr als ein Viertel aller Auszubildenden in Deutschland das ist deutlich überproportional findet seinen Ausbildungsplatz im Handwerk. Auch hierfür sind wir sehr, sehr dankbar. Deshalb will ich auch noch einmal ganz klar sagen: Wir werden uns nicht nur in Deutschland für den Erhalt des Meisterbriefs einsetzen, sondern auch in Europa. Denn der Meisterbrief ist Ausdruck einer Kultur; und das gesamte lokale Ausbildungssystem ist nicht wegzudenken. Wenn wir alle Regulierungen aufheben und sagen würden "Jetzt herrscht hier freier Wettbewerb und nichts wird mehr reguliert", dann hätten wir keine Industrie- und Handelskammern, dann hätten wir keine Handwerkskammern, dann hätten wir keine Meisterbriefe, dann hätten wir gewissermaßen keine Gesellen. Das würde die gesamte Qualität unserer Berufsausbildung unglaublich schmälern. Das werden wir als Bundesregierung nicht zulassen; darauf können Sie vertrauen, meine Damen und Herren. Als Bundesregierung werden wir dies, wenn die neue Europäische Kommission ab 1. November im Amt sein wird, auch gleich wieder deutlich machen und mit den zuständigen Kommissaren darüber sprechen.

Damit bin ich beim Thema duale Berufsausbildung. Auch ich möchte noch einmal sagen, dass man über die erwähnte OECD-Statistik nur den Kopf schütteln kann, in der bemängelt wird, dass Deutschland einen unterdurchschnittlichen Anteil an Hochschulabsolventen habe. In Europa werden im Augenblick Diskussionen darüber geführt, dass es in einigen Ländern zu viele Hochschulabsolventen gibt, die nicht die Eignung haben, in Bereichen eingesetzt zu werden, in denen dies notwendig wäre, und dass man das duale Berufsbildungssystem in die betreffenden Länder exportieren und dort installieren sollte. Gleichzeitig bezieht man sich einfach auf den Durchschnitt aller Hochschulabsolventen in den OECD-Ländern, um uns zu sagen, wir lägen darunter aber ohne zu berücksichtigen, dass Deutschland eben die duale Berufsausbildung und deshalb sehr viele qualifizierte Personen auch ohne Hochschulabschluss hat. Weil wir deshalb unter dem OECD-Durchschnitt liegen, sind wir zukunftsausgerichtet. Das müsste die Schlussfolgerung sein; und nicht umgekehrt in dem Sinne, dass wir uns anpassen müssten.

Wir haben in den letzten Jahren sehr viel dafür getan, dass mehr junge Menschen an Hochschulen und Fachhochschulen studieren. Mehr als die Hälfte der Schulabsolventen nimmt die Möglichkeit einer Hochschul- oder Fachhochschulausbildung wahr. Damit sind wir aber auch an einem Punkt angelangt, an dem wir die zweite Säule, nämlich die duale Berufsausbildung, wieder entschieden stärken müssen. Denn wenn Sie sich die Abschlüsse an den Hochschulen anschauen, stellen Sie fest, dass wir auch in der Hochschulausbildung in vielen Bereichen Menschen haben, die über keine abgeschlossene Berufsausbildung verfügen. Ich bin sehr dankbar dafür, dass Sie, Herr Wollseifer, hierzu gesagt haben, dass Sie im Handwerk auch offen dafür seien, denjenigen, die ihre Hochschulausbildung abbrechen, eine berufliche Ausbildung zukommen zu lassen. Das halte ich für ganz, ganz wichtig. Deshalb sind wir hierbei mit Nachdruck unterstützend tätig.

Wir arbeiten an einem neuen Ausbildungspakt möglichst unter Mitwirkung der Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften. Das gestaltet sich noch schwierig. Aber ich glaube, gerade auch angesichts der Vielzahl von Aktivitäten, die Gewerkschaften im Bereich der beruflichen Ausbildung unternehmen, ist es sehr, sehr wünschenswert, zu einem neuen Ausbildungs- und Qualifizierungspakt zu kommen. Denn je breiter die Schultern sind, auf denen er ruht, umso besser ist dies für die jungen Menschen.

Wir haben uns auch bereit erklärt, die Mobilität der Arbeitskräfte in Europa zu fördern. Dazu haben wir das Programm "MobiPro-EU" aufgelegt. Diejenigen, die im Bereich Gastronomieausbildung tätig sind, wissen, dass eine Vielzahl von Möglichkeiten genutzt wird. Ich weiß, dass auch das Handwerk zum Beispiel in meinem Wahlkreis auf der Insel Rügen; also in Mecklenburg-Vorpommern, wo inzwischen ein großer Bedarf an Auszubildenden besteht bereit ist und sich öffnen würde für junge Menschen aus anderen europäischen Ländern. Ich glaube, man braucht nicht nur einen Binnenmarkt, sondern es wäre auch sehr gut, eine Binnenbewegung der Arbeitskräfte haben. Das heißt, dass man sein Leben lang nicht nur in Deutschland bleiben muss. Die Wanderschaft von Gesellen war schon in früheren Jahrhunderten etwas, das zum Erfahrungsschatz gezählt und geschätzt wurde. Das könnte auch im heutigen Europa durchaus eine Möglichkeit sein.

Meine Damen und Herren, soweit also ein ganz herzliches Dankeschön. Sie dürfen davon ausgehen, dass die Bundesregierung das duale Ausbildungssystem für sehr geeignet und für einen Exportschlager hält, da wir eben auch die Verknüpfung mit hohen Qualitätsansprüchen sehen. Deshalb sind Meisterbrief, Handwerkskammern und vieles andere mehr eine wesentliche Voraussetzung dafür, dass dieses Engagement auch in der Berufsbildung existiert.

Meine Damen und Herren, wir werden uns in den nächsten Jahren weiter mit der Sicherung der Fachkräftebasis beschäftigen. Wir werden natürlich genauso im Bereich Forschung und Innovation unsere Hausaufgaben machen. Denn wir wissen, dass nur diejenigen, die wirklich Neues entwickeln und erfinden und die auch die Verbindung zwischen Grundlagenforschung und angewandter Forschung gut darstellen, auf den Weltmärkten in Zukunft Chancen haben. Unser hoher Lebensstandard hängt auch davon ab, dass wir innovativ sind. Deshalb geben wir in dieser Legislaturperiode neun Milliarden Euro zusätzlich für Bildung und Forschung aus. Wir unterstützen die Länder in vielfacher Weise insbesondere bei den Aufwüchsen im Bereich der außeruniversitären Forschung und durch den Hochschulpakt. Wir werden als Bund von den Ländern die BAföG-Leistungen vollständig übernehmen. Damit werden in den Ländern Spielräume frei, sodass Fachhochschulen und Hochschulen finanziell besser ausgestattet werden können. Denn für das gesamte Forschungs- und Bildungssystem ist es ganz wichtig, dass nicht nur außeruniversitäre Forschungseinrichtungen wie Fraunhofer-Gesellschaft, Leibniz-Gemeinschaft oder Max-Planck-Gesellschaft finanziell prima ausgerüstet sind, sondern auch die Schlagkraft der Universitäten nicht weiter abnimmt.

Wir können auch durch die Änderung des Grundgesetzes, die wir vornehmen werden, die Kooperation zwischen den Hochschulen und den Forschungsinstitutionen sehr viel besser gestalten. Auch das ist ganz wichtig. Wir wissen aus der internationalen Szene, dass man Cluster braucht und hierbei nicht mit föderalen Grenzen operieren kann. Ich glaube, dass das auch für Sie von großer Bedeutung ist.

Wir haben die Hightech-Strategie weiterentwickelt als eine Strategie, die sich allen Forschungsvorhaben der Bundesregierung zuwendet. Wir achten auch darauf, dass in dieser Hightech-Strategie die Verbindung zur Innovation in mittelständischen Unternehmen deutlicher gezogen wird. Zum Beispiel fördert das "Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand" technologieoffene Forschungs- und Innovationsprojekte von Firmen, die zumeist auch mit Forschungseinrichtungen kooperieren.

Sie haben darauf hingewiesen ich komme später noch einmal darauf zu sprechen, dass es im Bereich Digitalisierung der Fertigung, die mit dem Internet der Dinge zusammenhängt, rund 50.000 Betriebe gibt. Dieser Hinweis zeigt, wie innovativ Handwerksbetriebe sind und wie sehr sie auch auf eine Kooperation mit der Forschung angewiesen sind. Deshalb wollen wir ihnen den Zugang verbessern.

Sie haben das Thema Energieeffizienz angesprochen ein klassisches Innovationsfeld, vom Handwerk seit vielen Jahren hochgehalten. Die steuerliche Vergünstigung will ich heute nicht wieder aufrufen."Ja, doch", sagt Herr Schwannecke. Ja, klar. Ich will Ihnen nur sagen, wir werden im Herbst noch einmal Aktivitäten zur Energieeffizienz entfalten. Wir müssen hierbei auch unsere europäischen Hausaufgaben machen. Das Thema Gebäudesanierung wird in diesem Zusammenhang eine große Rolle spielen. Wir werden auch das KfW-Programm zur energetischen Gebäudesanierung im Rahmen des finanziell Machbaren; das sage ich gleich dazu ausbauen. Wir sehen, dass wir hierbei Nachholbedarf haben. Wir schätzen Ihre Leistungen sehr hoch ein, insbesondere das, was Sie im Baubereich an energie- und ressourcensparenden Konzepten vorlegen, was Sie mit neuen Materialien, mit neuen Technologien im Heizbereich und in vielen anderen Bereichen für mehr Nachhaltigkeit tun. Hierzu gibt es auch die "Forschungsinitiative Zukunft Bau". Damit bündeln wir die Gewinnung neuer Erkenntnisse rund um energieeffizientes und nachhaltiges Bauen.

Wir freuen uns, dass im öffentlichen und im privaten Bau insgesamt kräftig investiert wird. Die Bundesregierung rechnet mit einem Anstieg der realen Bauinvestitionen in Höhe von vier Prozent im Jahr 2014, der also deutlich über dem allgemeinen Wirtschaftswachstum liegt. Die Voraussetzungen für eine solche Konjunkturentwicklung sind gut. Die Realeinkommen sind gestiegen. Die Zinsen bewegen sich auf einem historischen Tiefstand; das hat durchaus Licht und Schatten, aber in diesem Bereich hat es eben auch günstige konjunkturelle Auswirkungen. Die Finanzlage hat sich zwar nicht in allen, aber in vielen Kommunen deutlich verbessert, was auch damit zu tun hat, dass die Bundesregierung die Kommunen ganz bewusst fördert sei es durch die Übernahme der Grundsicherung, sei es durch Zuschüsse, die im Bereich Wiedereingliederung von Behinderten gegeben werden. Damit werden wir unserer Verantwortung gerecht.

Wir haben in vielen Städten Bedarf an neuem Wohnraum. Aber es ist auch anderer Wohnraum gefragt. Auch darauf müssen wir reagieren. Wir sind ein Land im demografischen Wandel. Altersgerechtes Umbauen ist sehr wichtig. Es wird in Zukunft darauf ankommen, bei Sanierungen die Dinge möglichst zusammenzudenken altersgerechter Wohnraum und gleichzeitig energieeffizienter Wohnraum, also nicht darauf, dass man zwei Sanierungswellen initiieren muss, zunächst eine zur Verbesserung der Energieeffizienz und erst anschließend eine zur Umsetzung von altersgerechtem Bauen. Hierzu bedarf es vernünftiger Anreize und Zuschüsse. Zur Zuschussförderung von altersgerechtem Umbauen wird auch ein neues KfW-Programm eingeführt. Wir werden darauf achten, dass sich die KfW-Programme vernünftig ergänzen.

Die Verkehrsanbindung ist natürlich auch ein zentrales Thema. In einigen Teilen Deutschlands leben wir von der Substanz. Deshalb wird auch die Frage der Nutzerfinanzierung eine Rolle spielen. Wir weiten die Lkw-Maut in einem ersten Schritt auf die vierstreifigen Bundesstraßen und später dann auf die Bundesstraßen insgesamt aus. Dabei sollen auch die Luftverschmutzungskosten berücksichtigt und Anreize gesetzt werden, sich schadstoffarme Lkw zuzulegen. Und wir arbeiten an einem Gesetzentwurf, wie Sie wissen, zur Einführung einer Pkw-Maut, die inländische Autofahrer nicht zusätzlich belasten, aber ausländische Autofahrer einbeziehen wird. Das Ganze muss europarechtlich kompatibel ausgestaltet werden. Wir sind, glaube ich, auf einem vernünftigen Weg.

Verkehrsinfrastruktur und Gebäudesanierung sind zwei Investitionsbereiche. Mit dem Energiebereich befassen wir uns auch bereits sehr intensiv. Natürlich sind da neue Netze dringend notwendig. Darauf will ich heute aber nicht vertieft eingehen, sondern stattdessen ein Wort zur Versorgung mit Breitbandanschlüssen im ländlichen Raum sagen, die sich noch als ein riesiges Problem, das uns unter den Nägeln brennt, darstellt. Wir haben jetzt flächendeckend einen Zugang zum Internet mit einem Megabit pro Sekunde. Aber wenn Sie bewegte Bilder brauchen, kommen Sie mit diesem einen Megabit nicht weit. Deshalb ist es wichtig, ja unabdingbar, dass wir unser Ziel erreichen, bis 2018 überall, also für jeden Haushalt, eine Breitbandanbindung mit mindestens 50 Megabit zu haben je schneller, desto besser. Ich kann gut verstehen, dass ein Drittel Ihrer Betriebe sagt: Wir sind mit den Anbindungen bis heute nicht zufrieden.

Es wird darauf ankommen, die Investitionsanreize richtig zu setzen. Es ist klar: Der Run auf die Ballungsgebiete ist groß; es gibt mehrere Anbieter. Daher ist das Thema Verfügbarkeit von schnellem Internet da kaum mehr ein Thema oder wird es in Kürze nicht mehr sein. Doch wie schafft man es, private Investitionen so zu gestalten, dass auch die ländlichen Gebiete erschlossen werden? Daher machen wir uns Gedanken über eine vernünftige Regulierung, damit Investitionen in allen Bereichen erfolgen können.

Ich bin sehr froh ich will das hier ausdrücklich sagen, dass Günther Oettinger das Ressort Digitalisierung in Europa bekommen hat. Denn für ein Industrieland wie Deutschland mit über 20 Prozent Wertschöpfung im industriellen Bereich ist die Frage "Wie schnell schaffen wir die Kombination von Handwerk, Mittelstand, Industrie insgesamt und Digitalisierung?" sehr wichtig. Da müssten europäische Rahmenbedingungen mit dem zusammenspielen, was wir in Deutschland machen. Insofern ist das ein Ressort, das uns geradezu auf den Leib geschneidert ist. Er hat auch eine sehr gute Kompetenzstruktur. Denn bisher hat Europa daran gekrankt, dass auf der einen Seite die digitale Agenda von Kommissarin Kroes und auf der anderen Seite der gesamte Verbraucheraspekt von Kommissarin Reding bearbeitet wurde, was regelmäßig dazu geführt hat, dass man sich zwar um niedrige Preise für die Nutzer gekümmert hat, aber zu wenig um die Frage: Wie viel Kapital ist überhaupt noch für Investitionen in die Zukunft verfügbar? Wenn beides jetzt aus einer Hand gesteuert werden kann, setzen wir sehr große Erwartungen darauf, dass auch der Investitionsaspekt eine viel größere Rolle spielen wird.

Im Vergleich stellen wir fest: Die großen Unternehmen der Telekommunikation in Amerika und Asien haben sehr viel mehr Investitionskapazitäten als die europäischen Unternehmen. Der europäische Markt ist zudem viel zu zersplittert, als dass wir hier wirklich schlagkräftige Weltchampions werden können. Wir müssen also auch schauen, was wir in Europa im Wettbewerbsrecht machen können.

Sie sehen also, wir mühen uns mit der digitalen Agenda, sowohl in den Bereichen Breitbandausbau und digitale Wirtschaft als auch im Bereich Datensicherheit die richtigen Angebote zu machen. Ich denke, auch im Handwerk spielt das Thema Sicherheit der Daten eine große Rolle. Wir brauchen ein vernünftiges Cloud-Management; wir brauchen Angebote, bei denen sich Ihre Unternehmen sicher fühlen. Wir werden sehr schnell dazu kommen müssen, das Management von großen Datenmengen Big Data als Stichwort in Europa möglichst vernünftig zu gestalten, also die richtige Balance von Sicherheit und Freiheit zu finden. Denn die zukünftige Wertschöpfung das werden Sie sehen, wenn Sie mehr und mehr Betriebe haben, die sich im Internet der Dinge tummeln wird vor allem auch aus der Interaktion der Maschinen erfolgen. Es werden Datenmengen entstehen, die wieder zu neuen Produkten führen. Wenn man in dieser Phase der Verschmelzung von digitalem Wirtschaften und realem Wirtschaften nicht mit dabei ist, kann Europa stark ins Hintertreffen geraten. Allerdings haben wir eine gute realwirtschaftliche Ausgangsbasis, um Zukunft mit schreiben zu können. Die nächsten Jahre sind aus meiner Sicht für die weitere Zukunft europäischer Wirtschaftsstärke absolut entscheidend.

Meine Damen und Herren, ich bin dankbar dafür, dass Herr Wollseifer gesagt hat: Es ist richtig, dass wir einen ausgeglichen Haushalt haben. Wir haben dieses Jahr einen strukturell ausgeglichenen Haushalt. Unser Anspruch ist, nächstes Jahr eine schwarze Null zu schreiben. Manchmal wird das, kaum dass es realisierbar erscheint, gleich wieder ein bisschen kleingeredet. Ein Land, das wie Deutschland einen demografischen Wandel hat, das in den nächsten Jahren erfreulicherweise mehr Menschen mit höherem Lebensalter, aber auch sehr viel weniger junge Menschen haben wird mit all den Problemen, die damit verbunden sind, muss dafür Sorge tragen, dass der Schuldenberg nicht immer weiter wächst. Wir machen derzeit nichts weiter wir bauen ja noch keine Schulden ab, als dafür zu sorgen, dass keine neuen Schulden hinzukommen. Wir sind jetzt es wurde auch heute wieder veröffentlicht bei über zwei Billionen Euro Schulden. Deshalb ist der beste Beitrag zur Generationengerechtigkeit, wenn wir unseren jungen Leuten sagen: Wir geben euch die Zusicherung, dass der Schuldenberg wenigstens nicht weiter wächst. Deshalb wird die Bundesregierung hierfür auch weiter eintreten und dies als wirklich wichtigen Beitrag benennen.

Steuerpolitisch, haben Sie gesagt, bleibt die Eindämmung der kalten Progression auf der Agenda. Das ist ein Thema, bei dem es überhaupt keine sachlichen Unterschiede, weder zwischen den Sozialdemokraten noch der CDU und der CSU, gibt. Wir können es aber erst ins Auge fassen, wenn wir auch wirklich sicher sind, dass der ausgeglichene Haushalt damit nicht infrage gestellt wird. Da bitte ich um Verständnis.

Ich bin auf Ihrer Seite, wenn es um die Frage der Erbschaftsteuer geht und wir mit Interesse auf das Bundesverfassungsgericht schauen. Wir erinnern uns an die langen Diskussionen, als wir damals in der ersten Großen Koalition, die ich geführt habe, alles darangesetzt haben, den Übergang von Betrieben von einer Generation auf die andere möglichst attraktiv zu gestalten. Das ist für die Zukunft der Familienunternehmen und der Kultur der Selbständigkeit essenziell. Deshalb hat die Bundesregierung beim Bundesverfassungsgericht auch sehr deutlich gemacht, dass wir die Regelung der Erbschaftsteuer für richtig halten. Jetzt warten wir mit dem gebotenen Respekt dessen Beurteilung ab.

Meine Damen und Herren, Sie haben es am Anfang gesagt, Herr Wollseifer: "Die Welt war noch nie so unfertig." Ihr Motto spricht nicht nur für das, was im Internet der Dinge, in der Digitalisierung usw. vor allem auch von jungen Menschen heute gemacht werden kann, sondern es spricht auch die geopolitische Lage und die damit verbundenen erheblichen Risiken an Herausforderungen, denen wir uns um unserer eigenen Sicherheit willen stellen müssen, wenn ich zum Beispiel an die Terrororganisation Islamischer Staat denke. Wir sehen gerade bei so einer Herausforderung, dass man nicht sagen kann: Ach, das ist doch weit weg von uns. Im Gegenteil, wir müssen sehen, dass ein beträchtlicher Teil der Kämpfer bei der Organisation Islamischer Staat aus europäischen Ländern und eben auch aus Deutschland kommt. Deshalb sind auch wir gefordert, den Kampf gegen diese Terrororganisation zu unterstützen. Wir haben sowohl mit humanitären Hilfen als auch mit Waffenlieferungen reagiert.

Wir haben Auseinandersetzungen mit Russland über die Frage: Darf ein Land wie die Ukraine frei darüber entscheiden, in welchen Bindungen es zur Europäischen Union und zu Russland leben möchte? Wir haben in den vergangenen Monaten bittere Erfahrungen machen müssen. Aber ich glaube, unsere Doppelstrategie ist richtig, einerseits Verletzungen des Völkerrechts mit Wirtschaftssanktionen zu beantworten und gleichzeitig zu sagen, dass militärisches Eingreifen für uns nicht in Betracht kommt, da es aus unserer Sicht keine militärische Lösung dieses Konflikts geben kann, und andererseits die Tür für Gespräche immer offen zu halten, um vernünftige Lösungen zu finden. Diesen Weg wird die Bundesregierung weitergehen. Solche Probleme hätten wir lieber nicht; das ist gar keine Frage. Aber die Welt ist so, wie sie ist; wir müssen die Probleme lösen, die sich ergeben.

Wir haben nicht nur Verhandlungen über Freihandelsabkommen zwischen der Ukraine, Georgien oder Moldau und der Europäischen Union. Die Europäische Union führt eine Vielzahl von Freihandelsverhandlungen, im Augenblick zum Beispiel mit Japan. Die mit Südkorea sind schon abgeschlossen, die mit Indien sind es noch nicht. Ich will darauf hinweisen, dass wir auch mit lateinamerikanischen Ländern bereits Handelsabkommen haben, zum Beispiel mit Peru und Kolumbien. Wir sind in der Endphase, was ein Freihandelsabkommen mit Kanada anbelangt. Und besonders intensiv diskutiert wird über ein Freihandelsabkommen mit den Vereinigten Staaten von Amerika TTIP.

Ich kann auch angesichts der hohen Arbeitslosigkeit in Europa nur sagen: Ein Freihandel zwischen den beiden großen Wirtschaftsräumen der Welt, den Vereinigten Staaten von Amerika und dem europäischen Binnenmarkt, ist von unschätzbarem Wert. Für mich ist klar, dass die Vorteile die vermeintlichen Nachteile weit übersteigen werden. Aber wir sagen den Menschen auch: Rote Linien werden nicht überschritten. All das, was da an Horror- und Schreckensszenarien ausgebreitet wird, wird es nicht geben. Weder wird das Chlorhühnchen Einzug halten noch werden in Zukunft gentechnisch veränderte Lebensmittel in die Europäische Union importiert werden können.

Aber Sie alle wissen, wenn man sich zum Beispiel den gesamten Kfz-Bereich anschaut, was wir teilweise an Zollhandelshemmnissen, aber auch an nichttarifären Handelshemmnissen haben. Alle Tests zur Zulassung von Beleuchtungen, Bremsen, Sicherheitsapparaturen usw. werden doppelt und dreifach durchgeführt. Das kostet und bindet unendlich viel Kapital, das man stattdessen in Forschung und Innovation investieren könnte. Wir wissen doch, in welch intensivem Wettbewerbsfeld wir uns international befinden. Wenn zum Beispiel heute der Börsengang von Alibaba stattfindet, dann zeigt sich doch, dass die Welt nicht schläft, dass große chinesische Unternehmen inzwischen Global Player sind.

Wir haben allen Anlass, wenn wir unseren sozialen Wohlstand erhalten wollen, so viel wie möglich zu tun, um Innovationen und Investitionen in die Zukunft möglich zu machen. Deshalb war und ist es richtig, dass der Bundeswirtschaftsminister einen Beirat zusammengestellt hat, in dem auch gesellschaftliche Gruppen an den Verhandlungen beteiligt und informiert werden, in dem Transparenz soweit man das kann, ohne seine eigenen Verhandlungspositionen zu schwächen angewandt wird. Und ich bitte Sie, uns auch hierbei zu unterstützen und zu sagen: Alles, was der Wirtschaft dient, ist sinnvoll immer auch im Auge habend, dass wir weder Verbraucherschutz noch Umweltschutz abschwächen wollen und da unsere roten Linien liegen. Die Welt war noch nie so unfertig " ein Motto, das von mir als Bundeskanzlerin sofort übernommen werden könnte, aber ich will ja keinen Plagiatsverdacht erzeugen. Insofern: Führen Sie Ihre Kampagne weiter; und ich werde dieses Motto nur auf Ihrem Handwerkstag nutzen und es ansonsten verinnerlichen. Machen wir sie besser, diese Welt. Stellen wir uns dem internationalen und nationalen Wettbewerb. Danke dafür, dass Sie dies jeden Tag mit Ihren Produkten und Leistungen tun. Danke dafür, dass Sie jeden Tag daran arbeiten, Menschen Arbeit und Beschäftigung zu geben. Und ganz besonders danke ich dafür, dass Sie die junge Generation so ins Herz geschlossen haben und sie fit machen für eine Welt, die hoffentlich friedlicher sowie offener und demokratischer wird. Herzlichen Dank und alles Gute.