Redner(in): Monika Grütters
Datum: 03. September 2015
Untertitel: Kulturstaatsministerin Grütters würdigte in ihrer Rede Mondrians herausragende Werkschau und ging auf die "reichen Früchte der engen deutsch-niederländischen Kulturbeziehungen" ein.
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): https://www.bundesregierung.de/Content/DE/Rede/2015/09/2015-09-03-gruetters-mondrian.html
Kulturstaatsministerin Grütters würdigte in ihrer Rede Mondrians herausragende Werkschau und ging auf die "reichen Früchte der engen deutsch-niederländischen Kulturbeziehungen" ein.
Anrede,
Von einem Künstler, der sich selbst als Landschaftsmaler versteht, erwartet man üblicherweise im weitesten Sinne - Landschaften. Dass Piet Mondrian diese Erwartung - selbst bei großzügiger Auslegung des Begriffs "Landschaft" - nach seinen frühen Schaffensphasen offensichtlich nicht mehr erfüllte, hat ihn nicht davon abgehalten, sich weiterhin beharrlich als Landschaftsmaler zu bezeichnen. So dürfen wir uns heute nicht nur auf eine herausragende Werkschau dieses Wegbereiters der Moderne freuen. Wir dürfen auch gespannt sein zu erfahren, wie Piet Mondrian zu seiner Linie fand und inwiefern seine berühmten abstrakten Gemälde in einer Linie mit seiner frühen impressionistischen Landschaftsmalerei stehen.
Schön, dass wir die Ausstellung "Piet Mondrian. Die Linie" gemeinsam eröffnen, liebe Frau Ministerin Bussemaker. Es ist nach der Unterzeichnung des deutsch-niederländischen Filmabkommens bei der Berlinale im Februar schon das zweite Mal in diesem Jahr, dass wir zusammen die reichen Früchte der engen deutsch-niederländischen Kulturbeziehungen ernten. Austausch und Zusammenarbeit zwischen niederländischen und deutschen Kultureinrichtungen haben Tradition - man denke an Kooperationen beispielsweise zwischen unseren Nationalbibliotheken, man denke an die Leiterinnen und Leiter bedeutender Museen in beiden Ländern - der Niederländer Rein Wolfs leitet die Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland in Bonn, Klass Ruitenbeek das Museum für Asiatische Kunst in Berlin und der Deutsche Axel Rüger das Van-Gogh-Museum in Amsterdam. In bester Erinnerung sind uns auch die regelmäßigen Auftritte des Royal Concertgebouw Orchesters in den vergangenen Jahren beim Musikfest hier in Berlin.
Mit der Mondrian-Ausstellung setzen wir diese für beide Länder bereichernde Tradition fort. Es ist das erste Mal seit der Eröffnungsausstellung der Neuen Nationalgalerie 1968, dass Mondrians Werk wieder umfangreich in Berlin zu sehen ist. Was für eine wunderbare Geburtstagsfeier anlässlich der Gründung des Königreiches der Niederlande vor 200 Jahren, zu der Ihr Land uns damit einlädt, liebe Frau Bussemaker! Für die großzügige Leihgabe des Gemeentemuseums Den Haag sind wir sehr dankbar!
Nach meinem Rundgang durch die Ausstellung kann ich Ihnen schon einmal eines verraten, meine Damen und Herren: Es ist faszinierend nachzuvollziehen, wie Mondrian zu seiner eigenen künstlerischen Sprache, zum Neoplastizismus, gefunden hat. Mondrian wollte durch Reduktion auf das Wesentliche - Farbe, Form, Linie, Raum - zum Wesentlichen, zur universalen Struktur des Lebens vordringen. Seine Kunst sollte universal sein und damit eine völlig neue, unmittelbare, kulturelle Grenzen überschreitenden Verständlichkeit eröffnen.
Bescheidenheit gehörte dabei ganz offensichtlich nicht zu seinen Stärken - nicht weniger als "das Erleuchten der Menschheit durch Schönheit und Reinheit" war sein Ziel- aber genau mit dieser Kühnheit hat er Ikonen der klassischen Moderne geschaffen, die uns bis heute in ihren Bann ziehen. Lieber Herr Tempel, lieber Herr Professor Sievernich, Sie haben hier mit Ihren Teams und mit Hans Janssen als Kurator großartige Arbeit geleistet! Vielen Dank!
Damit fügt sich diese Ausstellung zur Linie im Werk Piet Mondrians nicht zuletzt auch in die Linie des Martin-Gropius-Baus, der Berlin in den vergangenen Jahren immer wieder beeindruckende Ausstellungen beschert hat -die Ai Weiwei-Ausstellung und Frida-Kahlo-Ausstellung beispielsweise. Gereon Sievernich und sein Team haben den Martin-Gropius-Bau damit in die Champions League der Berliner Museen befördert. Deshalb freue ich mich, Ihnen heute mitteilen zu dürfen, dass der Martin-Gropius-Bau, seit 2001 eine bundesgeförderte Einrichtung, ab 1. Januar 2016 vorbehaltlich der Zustimmung des Deutschen Bundestages institutionell gefördert wird.
Bleibt mir nur noch, auch dieser neuen Ausstellung viele Besucherinnen und Besucher zu wünschen und Ihnen, meine Damen und Herren, einen schönen und inspirierenden Abend! Den haben wir ganz bestimmt, wenn wir den Hinweis des BBC-Kunstkorrespondenten Will Gompertz beherzigen, wonach "der erste Preis für Verwirrung erzeugende Erklärungen der eigenen abstrakten Kunst" an Piet Mondrian gehen müsse. Lesen Sie also keinesfalls, was Mondrian über Mondrian gesagt hat. Lassen Sie sich einfach nur ein auf seine zeitlose Bildsprache für die Welt!