Redner(in): Monika Grütters
Datum: 06. Oktober 2015
Untertitel: "Mit seinen Schätzen und seinen innovativen Vermittlungsansätzen ist das Kleist-Museum ein echtes Kleinod unter den Literaturmuseen", betonte Monika Grütters in ihrer Rede in Frankfurt (Oder).
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): https://www.bundesregierung.de/Content/DE/Rede/2015/10/2015-10-06-gruetters-kleist-ausstellung.html
Mit seinen Schätzen und seinen innovativen Vermittlungsansätzen ist das Kleist-Museum ein echtes Kleinod unter den Literaturmuseen ", betonte Monika Grütters in ihrer Rede in Frankfurt ( Oder ) .
Anrede,
als Hommage an Heinrich von Kleist und seinen berühmten Aufsatz "Über die allmähliche Verfertigung der Gedanken beim Reden" sollte man Ausstellungen im Kleist-Museum eigentlich grundsätzlich nur mit spontan und frei gehaltenen Grußworten eröffnen.
Kleist schreibt dazu, ich zitiere: "Es liegt ein sonderbarer Quell der Begeisterung für denjenigen, der spricht, in einem menschlichen Antlitz, das ihm gegenüber steht; und ein Blick, der uns einen halb ausgedrückten Gedanken schon als begriffen ankündigt, schenkt uns oft den Ausdruck für die ganz andere Hälfte desselben."
Dass ich trotzdem ein Redemanuskript mitgebracht habe, meine Damen und Herren, ist vor allem der erfreulichen Entwicklung des Kleist-Museums geschuldet, die zu würdigen ich heute endlich einmal die Gelegenheit habe.
Eine solche Entwicklung skizziert man am besten anhand konkreter Beispiele und Fakten, auf deren allmähliche Verfertigung beim Reden wohl nicht einmal Heinrich von Kleist vertraut hätte, die ich aber besonders hervorheben möchte. Schließlich beruht darauf ja auch die Förderung des Bundes.
Zunächst aber herzlichen Dank für die Einladung zur Eröffnung der beeindruckenden Ausstellung "Euer Kleist! Spielt Ihr Ihn?" die mich allein deshalb schon sehr interessiert, weil ich als studierte Germanistin ja gewissermaßen "vom Fach" bin - wenn auch der Schwerpunkt meines Studiums ganz klar auf Kleists Zeitgenossen Jean Paul lag. Da passt es gut, dass die Ausstellung uns beide, lieber Herr Dr. de Bruyn, wieder einmal zusammen bringt - denn Ihr Vater, Günther de Bruyn, hat eine Jean-Paul-Biographie verfasst, die mich mein ganzes Studium begleitet hat.
Dank Ihrer Begleitung beim Rundgang eben durch die Dauerausstellung und durch die Ausstellung, die wir heute eröffnen, habe ich jetzt nicht nur einen ungefähren Eindruck, was ich im Germanistik-Studium verpasst habe, sondern auch eine lebhafte Vorstellung, was Ihr Haus so besonders macht. Ich bin schwer begeistert!
Museumsfachleute arbeiten sich ja seit langem an der Frage ab, wie man das doch eher abstrakte Thema "Literatur" und die besondere Qualität einer hochentwickelten Dichtersprache in Ausstellungen erlebbar machen kann. Hier ist Ihnen das ganz wunderbar gelungen - zum Beispiel mit den Leuchtbüchern und dem "sprechenden Stangenwald".
Mit seinen Schätzen und seinen innovativen Vermittlungsansätzen ist das Kleist-Museum ein echtes Kleinod unter den Literaturmuseen. Dazu haben Ihre Arbeit, lieber Herr
Dr. de Bruyn, und die Arbeit Ihres engagierten Teams maßgeblich beigetragen.
Diese Arbeit war und ist nicht immer einfach, ganz im Gegenteil: Die Entwicklung des Kleist-Museums weist ja durchaus Parallelen zur Lebensgeschichte seines Protagonisten auf. Mit dem Titel der neuen Dauerausstellung "Rätsel. Kämpfe. Brüche" könnte man - zumindest temporär - auch die Geschichte des Museums überscheiben.
Zwar waren Sie nie unbehaust, aber viele Jahre mussten Sie sich arrangieren mit unzureichenden Arbeitsbedingungen, bis Sie sich den Erweiterungsbau erkämpft hatten. Und so wie Kleist um Ruhm und Anerkennung gekämpft hat, so müssen auch Sie um Aufmerksamkeit ringen, bedingt durch Ihre Randlage und die Konkurrenz mit der nahgelegenen Großstadt.
Was Sie jedoch - zum Glück - von Ihrem Helden unterscheidet: Ihre Arbeit ist bereits zu Lebzeiten ein Erfolg. Ihre zahlreichen Projekte - das Kleist-Jahr 2011 beispielsweise - , aber auch die kleineren Ausstellungen und Veranstaltungsformate, und vor allem Ihre museumspädagogische Arbeit stoßen auf große Wertschätzung. Dass Sie wie Kleist auf Reisen gehen und sich national wie international präsentieren, finde ich großartig: So waren Sie bereits in der Casa di Goethe in Rom, in Wien, Kaliningrad, Minsk; in Polen sind Sie sogar regelmäßig, und für das Jahr 2016 planen Sie eine Ausstellung in Budapest. Auf diese Weise tragen Sie auch zum interkulturellen Austausch bei.
Auf Bundesebene haben wir diese positive Entwicklung im vergangenen Jahr durch die Wiederaufnahme der institutionellen Förderung gewürdigt. Als Förderer wird der Bund, das kann ich Ihnen versichern, auch in den kommenden Jahren ein verlässlicher Partner bleiben. Wir werden dem Land und der Stadt bei der weiteren Entwicklung der Rahmenbedingungen für die Museumsarbeit konstruktiv zur Seite stehen. Euer Kleist! Spielt Ihr Ihn? ", fragen Sie nun mit der neuen Wechselausstellung, die sich - passend zum 25. Jahrestag der Deutschen Einheit - der zeit- und systembezogenen Interpretation des Kleist ‘ schen Werks, also der Rezeptionsgeschichte in der BRD und der DDR zwischen 1945 und 1990 widmet. Nicht zuletzt um dem Kleist-Museum die Weiterentwicklung und Profilierung als Forschungsmuseum zu ermöglichen, hat mein Haus diese Ausstellung großzügig finanziert.
Was wir heute sehen, bildet denn auch erst den Auftakt zu einem umfassenderen Forschungsprojekt, und ich finde, es steht dem Kleist-Museum mit seiner umfangreichen Sammlung von Zeugnissen zu Leben, Werk und Wirkung des großen Dichters gut zu Gesicht, die Weiterentwicklung und Profilierung als Forschungsmuseum voranzutreiben.
Deshalb drücke ich Ihnen die Daumen, dass es Ihnen auch gelingt, die notwendigen Anschlussgelder einzuwerben - so wie es Ihnen gelungen ist, dem Museum Strahlkraft weit über die Region hinaus zu verleihen.
Diese Leistung ist umso bemerkenswerter, als das Vermächtnis Heinrich von Kleists ja kein leichtes Erbe ist, obwohl seine Themen - Freiheit, Identität, Gerechtigkeit, Gleichheit, Humanität und Wahrheit - von zeitloser Gültigkeit sind."Es ist so schwer", schrieb er selbst im eingangs zitierten Aufsatz - "auf ein menschliches Gemüt zu spielen und ihm seinen eigentümlichen Laut abzulocken, es verstimmt sich so leicht unter ungeschickten Händen."
Vielleicht hat es mit Ihrer Vergangenheit als bester Zierpflanzengärtnerlehrling der DDR zu tun, lieber Herr de Bruyn - jedenfalls haben Sie ein besonders glückliches Händchen bei der Kultivierung und beim Erhalt des Kleist ' schen Erbes bewiesen. Vielen Dank dafür Ihnen und Ihren Mitstreiterinnen und Mitstreitern! Auch Ihnen, lieber Herr Dr. Enderlein, danke ich stellvertretend für den Trägerverein. Ich wünsche der neuen Ausstellung, dem Museum und dem Forschungsprojekt viel Erfolg, Inspiration und Anerkennung und Ihnen allen in diesem Sinne weiterhin ein glückliches Händchen!