Redner(in): Monika Grütters
Datum: 29. September 2016
Untertitel: Beim Art Dinner hat Kulturstaatsministerin Grütters allen gedankt, die sich in der Stiftung engagieren, Kindern und Jugendlichen Bildungs-und Teilhabechancen zu eröffnen. Sie werde sich weiter für politische Rahmenbedingungen stark machen, in denen sich bürgerschaftliches Engagement entwickeln könne. "Dazu gehört nicht zuletzt die öffentliche Anerkennung und Wertschätzung", so Grütters. - Die Rede im Wortlaut
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): https://www.bundesregierung.de/Content/DE/Rede/2016/09/2016-09-20-bkm-artdinner.html
Beim Art Dinner hat Kulturstaatsministerin Grütters allen gedankt, die sich in der Stiftung engagieren, Kindern und Jugendlichen Bildungs-und Teilhabechancen zu eröffnen. Sie werde sich weiter für politische Rahmenbedingungen stark machen, in denen sich bürgerschaftliches Engagement entwickeln könne."Dazu gehört nicht zuletzt die öffentliche Anerkennung und Wertschätzung", so Grütters. - Die Rede im Wortlaut
Wer wie Sie Geld für einen guten Zweck sammelt, tut möglicherweise gut daran, sich zur Erhöhung des Spendenaufkommens mit Erkenntnissen der Evolutionspsychologie zu befassen. Sie könnten sich damit, sagen wir es mal so, gewisse Schwächen des männlichen Geschlechts zunutze machen. Britische Forscher haben nämlich herausgefunden, dass Männer mehr Geld spenden, wenn sie mitbekommen, dass andere Männer sich bereits großzügig gezeigt haben und gleichzeitig eine attraktive Frau als Spendensammlerin auftritt. Das mag politisch nicht korrekt sein, ist aber wissenschaftlich bewiesen. Jedenfalls hat eine große deutsche Tageszeitung entsprechende Erkenntnisse aus dem Fachjournal "Current Biology" zitiert. Im Wettbewerb um den dicksten Geldbeutel will man ( n ) offenbar ganz vorne mit dabei sein. Biologen nennen das "kompetitives Balzverhalten".
Zur Ehrenrettung der Männer sei fürs Protokoll festgehalten, dass es ganz offensichtlich durchaus Alternativen zum evolutionsbiologischen Ansatz gibt: Man lade ein zum "Art Dinner" präsentiere exquisite Fotokunst zum Verkauf und kann für den guten Zweck gleich doppelt Gewinn aus gutem Geschmack ziehen - kulinarisch wie künstlerisch. Jedenfalls wünsche ich eben das der Bürgerstiftung Berlin und habe deshalb gerne die Schirmherrschaft für den heutigen Abend übernommen.
Im Kleinen das Große verändern, wie es auf Ihrer Website so schön heißt, liebe Frau Dr. von Joest: Das ist Ihnen, Ihrem Team und den rund 350 Ehren-amtlichen der Bürgerstiftung Berlin in den vergangenen Jahren immer wieder gelungen, insbesondere mit Ihrer Unterstützung für Kinder und Jugendliche aus bildungsfernen Familien, in denen kein oder kaum Deutsch gesprochen wird.
In Berlin leben viele solche Familien, auch und nicht zuletzt in meinem Wahlkreis, in Marzahn-Hellersdorf: Familien, in denen die Kinder oft die einzigen sind, die morgens das Haus verlassen; Familien, in denen sich niemand dafür interessiert, ob sie gut in der Schule sind - ja, ob sie überhaupt in der Schule sind; Familien, in denen Kinder keine Zukunftsträume und Perspektiven haben, weil sie die Welt jenseits von Hartz IV schlicht nicht kennen. Damit darf eine Gesellschaft, damit dürfen wir uns nicht abfinden! Deshalb bin ich froh und dankbar, dass es Menschen gibt, die sich in der Bürgerstiftung Berlin engagieren, um Kindern und Jugendlichen Bildungs-und Teilhabechancen zu eröffnen: mit glänzenden Projektideen von der "Tomatenparade" bis zum "Interaktiven Bilderbuchkino" - Ideen, die einmal mehr zeigen, wieviel kreatives Potential in unserer Stadt steckt, und zwar durchaus nicht nur in der Kunst- und Kulturszene … . Ein herzliches Dankeschön all jenen, die am Erfolg der Bürgerstiftung Berlin Anteil haben!
Bürgerschaftliches Engagement, meine Damen und Herren, lässt sich natürlich nicht staatlich verordnen oder gar politisch steuern. Die Politik kann dafür aber den Boden bereiten. Sie kann durch geeignete rechtliche Rahmenbedingungen dafür sorgen, dass Menschen sich für den Zustand und die Entwicklung unserer Gesellschaft verantwortlich fühlen und selbst etwas bewegen können.
Aus diesen Überlegungen heraus sind die zahlreichen Privilegierungen des gemeinnützigen Sektors insbesondere im Steuerrecht entstanden. Und aus eben diesen Überlegungen heraus haben Union und FDP in der vergangenen Legislaturperiode das Gesetz zur Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements beschlossen, an dessen Vorbereitung ich damals noch als Vorsitzende des Kulturausschusses intensiv beteiligt war. Seit 2013 treten die Änderungen stufenweise in Kraft; sie entfalten sich also gerade erst vollständig und erleichtern die Stiftungsarbeit, etwa durch die Flexibilisierung der Mittelverwendung oder die Anhebung der Übungsleiter- und Ehrenamtspauschalen. Im aktuellen Koalitionsvertrag haben Union und SPD vereinbart, darüber hinaus auch die Voraussetzungen für ehrenamtliches Engagement weiter zu verbessern. Zu diesen Voraussetzungen gehören nicht zuletzt die öffentliche Anerkennung und Wertschätzung des ehrenamtlichen Engagements. In diesem Sinne setze ich mich dafür ein, dass ehrenamtlich Engagierte über so genannte Ehrenamtskarten ermäßigten Eintritt oder andere Vergünstigungen in öffentlich geförderten Kultureinrichtungen erhalten, so wie beispielsweise in Einrichtungen der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten und der Stiftung Jüdisches Museum Berlin.
Auch Sie, meine Damen und Herren, unterstützen heute mit Ihrer Teilnahme an diesem Art Dinner, mit Ihren Spenden und vielleicht auch mit dem Erwerb einer Fotomappe das ehrenamtliche Engagement in unserer und für unsere Stadt. Herzlichen Dank dafür! Auch Sie tragen heute dazu bei, im Kleinen das Große zu verändern.
Dass es sich lohnt, an die Veränderbarkeit des Großen im Kleinen zu glauben und dafür zu kämpfen, dafür steht gerade Berlin in besonderer Weise - die Stadt, in der die von DDR-Bürgerinnen und Bürgern initiierte und getragene Friedliche Revolution die Mauer zu Fall brachte. Das ist nicht zuletzt deshalb der Erwähnung wert, weil die Fotografien Günther Krügers aus dem Jahr 1962, die heute zum Verkauf stehen, die damals gerade errichtete Mauer zeigen - und weil der heutige 29. September, an dem Sie diese Fotos einmalig und in limitierter Auflage erwerben können, just der Tag war, an dem 1990 der Einigungsvertrag ( - er besiegelte die staatliche Einheit Deutschlands - ) in Kraft getreten ist. Vermutlich nur ein schöner Zufall, der uns aber noch einmal eindringlich vor Augen führt, was der Wille zur Veränderung bewirken kann. In diesem Sinne jedenfalls wünsche ich uns allen einen gewinnbringenden Abend, der die Kasse der Bürgerstiftung klingeln lässt und den Ehrenamtlichen beim Helfen hilft - auf dass auch junge Menschen aus bildungsfernen Familien die Zuversicht entwickeln, in ihrem Leben im Kleinen Großes verändern zu können!