Redner(in): Monika Grütters
Datum: 09. Oktober 2016

Untertitel: Der international gefeierte Pianist Alfred Brendel wurde für sein Lebenswerk mit dem ECHO Klassik geehrt. Er gehöre zweifellos zu den kühnen Meistern, "die Handwerk und Charakter, Metier und Magie zu genialem Klavierspiel vereinen und uns damit immer wieder in ihren Bann ziehen", stellte Kulturstaatsministerin Grütters in ihrer Laudatio fest.
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): https://www.bundesregierung.de/Content/DE/Rede/2016/10/2016-10-10-gruetters-echo-klassik.html


Der international gefeierte Pianist Alfred Brendel wurde für sein Lebenswerk mit dem ECHO Klassik geehrt. Er gehöre zweifellos zu den kühnen Meistern,"die Handwerk und Charakter, Metier und Magie zu genialem Klavierspiel vereinen und uns damit immer wieder in ihren Bann ziehen", stellte Kulturstaatsministerin Grütters in ihrer Laudatio fest.

Mit Tönen und Worten, mit Musik und Poesie gleichermaßen zu begeistern und zu berühren - das ist nur wenigen vergönnt. Robert Schumann hatte diese literarisch- musikalische Doppelbegabung. Und einer seiner berühmtesten Interpreten hat sie auch. Wir ehren ihn heute mit dem ECHO Klassik für sein Lebenswerk.

Rund 60 Jahre lang hat Alfred Brendel die überwältigende Schönheit der Klavierkompositionen Schumanns, Beethovens, Schuberts, Mozarts, Haydns, Brahms ‘ und Liszts mit seinem einfühlsamen und nuancenreichen Klavierspiel in ihrer ganzen Fülle und Tiefe erstrahlen lassen. Seine zu Recht als "epochal" gerühmten Interpretationen machten ihn zu einem weltweit verehrten Meister des klassisch-romantischen Klavierrepertoires. Die "Poesie seines Spiels", seine Art des "Musik-Erzählens am Klavier" - wie es in der Jury-Begründung heißt lassen schon erahnen, dass seine musikalische Kunstfertigkeit nicht nur auf den Tasten eines Klaviers, sondern auch auf der Klaviatur der Sprache ihren Ausdruck findet.

So hat Alfred Brendel sich als brillanter Essayist und profunder Kritiker, als feinsinniger Dichter und souveräner Stilist einen Namen gemacht.

Nicht zuletzt seine ausgeprägte Vorliebe für feine Ironie und subtile Komik machen selbst musiktheoretische Abhandlungen zum sinnlichen Lesevergnügen. So erfahren wir in einer "Anmerkung zum vierhändigen Schubertspiel" beiläufig, dass Alfred Brendel sich einmal bei der Aufführung von Beethovens Großer Fuge im Frack Daniel Barenboims verhakte. Und in der Auseinandersetzung mit großen Komponisten und ihren Werken fasst Alfred Brendel in prägnante Worte, was einen guten Interpreten, was geniales Klavierspiel ausmacht."Es gibt Pianisten", schreibt er,"die parasitär auf den Stücken leben oder als Podiumshyänen Meisterwerke wie Aas verzehren." Geniales Klavierspiel hingegen sei eines, das - ich zitiere weiter - "richtig und kühn zugleich ist. ( … ) Richtiges ist auch dem Könner erreichbar. Zur Kühnheit aber gehört jene Übertragung, die das Publikum in den Bann der Persönlichkeit zieht."

Alfred Brendel selbst gehört zweifellos zu den kühnen Meistern, die Handwerk und Charakter, Metier und Magie zu genialem Klavierspiel vereinen und uns damit immer wieder in ihren Bann ziehen. Von den Bühnen und Konzertsälen hat er sich vor acht Jahren verabschiedet. Doch in unseren Wohnzimmern - oder wo auch immer Sie privat Ihrer Leidenschaft für klassische Musik frönen, meine Damen und Herren - wird er mit seinen Konzertmitschnitten und Studioaufnahmen immer gern gehörter Gast, geliebter Interpret, verehrter Künstler bleiben. Damit darf ich mich der Jury anschließen: Wir verneigen uns vor Ihnen, lieber Alfred Brendel, und danken Ihnen, dass Sie für uns einzigartige, unvergessliche Momente der Musik geschaffen haben.

Herzlichen Glückwunsch zum ECHO Klassik für Ihr Lebenswerk!