Redner(in): Monika Grütters
Datum: 31. Mai 2017
Untertitel: Beim Festkonzert der Deutschen Stiftung Musikleben hat Kulturstaatsministerin Grütters den Verantwortlichen gedankt, dass sie junge Musiktalente auch über die bloße finanzielle Förderung hinaus so engagiert unterstützen, vor allem mit der Möglichkeit, auf historische Instrumenten musizieren zu können. Zwischen Könnern und Gönnern gebe es " eine außergewöhnliche, enge Verbundenheit", so Grütters.
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): https://www.bundesregierung.de/Content/DE/Rede/2017/05/2017-05-31-bkm-stiftung-musikleben.html
Beim Festkonzert der Deutschen Stiftung Musikleben hat Kulturstaatsministerin Grütters den Verantwortlichen gedankt, dass sie junge Musiktalente auch über die bloße finanzielle Förderung hinaus so engagiert unterstützen, vor allem mit der Möglichkeit, auf historische Instrumenten musizieren zu können. Zwischen Könnern und Gönnern gebe es "eine außergewöhnliche, enge Verbundenheit", so Grütters.
Wer wie die Deutsche Stiftung Musikleben auf finanzielle Zuwendungen und damit auf die Großzügigkeit anderer Menschen angewiesen ist, tut möglicherweise gut daran, sich zur Erhöhung des Spendenaufkommens mit Erkenntnissen der Evolutionspsychologie zu befassen. Sie könnten sich damit, liebe Frau Schulte-Hillen, - sagen wir es mal so … - , gewisse Schwächen des männlichen Geschlechts zunutze machen. Britische Forscher haben nämlich herausgefunden, dass Männer mehr Geld spenden, wenn sie mitbekommen, dass andere Männer sich bereits großzügig gezeigt haben, und wenn gleichzeitig eine attraktive Frau als Spendensammlerin auftritt. Das mag politisch nicht korrekt sein, ist aber wissenschaftlich bewiesen. Jedenfalls hat eine große deutsche Tageszeitung entsprechende Erkenntnisse aus dem Fachjournal "Current Biology" zitiert. Im Wettbewerb um den dicksten Geldbeutel will man ( n ) offenbar ganz vorne mit dabei sein. Biologen nennen das "kompetitives Balzverhalten".
Zur Ehrenrettung der Männer sei aber festgehalten, dass es ganz offensichtlich durchaus Alternativen zum evolutionsbiologischen Ansatz gibt: Man lade ein zu einem fulminanten Konzert und präsentiere ein exquisites Programm mit herausragenden Künstlerinnen und Künstlern. So kann man für die künstlerische Nachwuchsförderung Gewinn aus musikalischem Genuss ziehen. Jedenfalls wünsche ich genau das der Deutschen Stiftung Musikleben und habe deshalb gerne die Schirmherrschaft für den heutigen Abend übernommen. Könner brauchen Gönner ", so fasst die Stiftung ihr Anliegen kurz und prägnant zusammen, und Könner und Gönner zusammen zu bringen, ist wiederum eine ganz eigene Kunst. Schließlich gibt es eine Menge Institutionen, die für gemeinnützige oder mildtätige Zwecke um Spendengelder konkurrieren. Ein unterstützenswertes Anliegen zu haben, reicht also nicht. Es braucht die Kreativität eines Komponisten, es braucht das Takt- und Fingerspitzengefühl eines Dirigenten, es braucht das Miteinander eines Orchesters, aber auch die Strahlkraft eines Solisten, und dazu die ganze Klaviatur der Kommunikation,
um ein verlässliches Netzwerk aus Unterstützern aufzubauen und ein Umfeld zu schaffen, in dem junge Talente wachsen und gedeihen können. Die Deutsche Stiftung Musikleben hat es in dieser Kunst zu wahrer Meisterschaft gebracht: Dafür stehen nicht nur die rund 600 Mäzene und Förderer, deren großzügige finanzielle Zuwendungen neben den - bei Konzerten eingeworbenen - Spenden die Stiftung finanzieren und denen ich dafür von Herzen danke. Dafür steht auch und insbesondere die eindrucksvolle Reihe der über die Jahrzehnte geförderten Künstlerinnen und Künstler, deren Karriere die Deutsche Stiftung Musikleben begleitet und beflügelt hat - klingende Namen wie Tabea Zimmermann, Christoph Eschenbach, Sabine Mayer, Gerhard Oppitz, Julia Fischer und Igor Levit, der heute Abend mit dabei ist - zusammen mit zahlreichen anderen jungen und vielversprechenden Interpretinnen und Interpreten, auf deren Vortrag ich mich sehr freue.
Sie alle profitieren als Stipendiaten der Deutschen Stiftung Musikleben von einem individuellen, ganz auf ihre Bedürfnisse zugeschnittenen Angebot an Stipendien, Patenschaften, Preisen und Auftrittsmöglichkeiten - und darüber hinaus von einer Chance, von der jeder junge Musiker nur träumen kann: von der Möglichkeit nämlich, sich eines der überwiegend historischen Streichinstrumente aus dem Deutschen Musikinstrumentenfonds als Leihgabe zu erspielen und die eigene Ausdruckskraft mit den außergewöhnlichen Klangnuancen dieser charakterstarken Instrumente zu schärfen und weiter zu entfalten. Wir als Zuhörer, meine Damen und Herren, wir als stille Genießer können möglicherweise nur erahnen, welche neuen Welten, welche Entwicklungs-möglichkeiten sich für Künstlerinnen und Künstler mit einem Instrument auftun, das ihrem Potential entspricht. Aber man muss kein Profimusiker sein, um zu wissen, dass solche Instrumente für junge Musiker unerschwinglich sind. Deshalb bin ich schon von Amts wegen, als Kulturstaatsministerin, aber auch als leidenschaftliche Liebhaberin klassischer Musik, froh und dankbar, das sich aus dem kleinen, anfangs nur mit 16 Instrumenten ausgestatteten Deutschen Musikinstrumentenfonds, den die Bundesregierung und die Deutsche Stiftung Musikleben 1993 gemeinsam gegründet haben, längst einer der größten seiner Art in ganz Europa entwickelt hat - und damit nebenbei auch eines der erfolgreichsten Projekte privater und öffentlicher Partnerschaft. Denn es sind vielfach private Treugeberinnen und Treugeber, aus deren Besitz die heute rund 200 Instrumente im Deutschen Musikinstrumentenfonds stammen - Menschen, die ihre wertvollen Instrumente einerseits in besten Händen wissen wollen und andererseits Freude daran haben, mit dieser Leihgabe die Entwicklung junger Künstlerinnen und Künstler zu fördern.
Das zeichnet Sie, verehrte anwesende Treugeberinnen und Treugeber, als wahre Liebhaber und damit auch als würdige Besitzer solcher Schätze aus, die ja leider mittlerweile als Spekulationsobjekte begehrt sind und für hohe Summen als Geldanlage gekauft werden, um dann, ihrer Stimme beraubt, in irgendeinem Tresor zu verstauben … . Ein herzliches Dankeschön Ihnen allen, die Sie den Wert eines klangvoll lebendigen Instruments höher schätzen als den Preis, der sich mit totem Kapital erzielen lässt! Ein herzliches Dankeschön auch allen Mäzenen, Paten und Spendern, allen engagierten ehrenamtlichen Mitstreitern, Mitarbeitern und Wettbewerbsjuroren, für die Chancen und Perspektiven, die Sie jungen Ausnahmetalenten mit Ihren Zuwendungen eröffnen - vor allem mit Ihrer wertschätzenden Zuwendung, die offenbar weit über die bloße Förderung mit Geld- und Sachwerten hinausgeht. Denn immer wieder höre ich, dieses einmalige Netzwerk aus Unterstützern sei wie eine große Familie, die zusammenhält und auf deren Hilfe man sich als Musiker, wo immer nötig, ebenso verlassen kann wie auf den nötigen Freiraum zur persönlichen Entfaltung. Was für ein schönes Kompliment!
Diese außergewöhnliche, enge Verbundenheit zwischen Könnern und Gönnern ist der immaterielle Kapitalstock der Deutschen Stiftung Musikleben, und er ist vor allem Ergebnis Ihres unermüdlichen Engagements, liebe Frau Schulte-Hillen. Sie sind, auf gut berlinerisch,"Die Mutter von dit Janze"; oder hanseatisch vornehmer formuliert: treibende Kraft und geschickte Strippenzieherin. Und das ehrenamtlich, seit mehr als 25 Jahren! Zusammen mit dem ganzen Vorstand, mit Ihrer Geschäftsstellenleiterin Saskia Egger und dem Geschäftsstellenteam sind Sie mit Leib und Seele für "Ihre" Stipendiaten da und leisten großartige Arbeit - mit einer Überzeugungskraft, die nur aus wahrer Leidenschaft erwächst und der man sich schlicht nicht widersetzen kann. Ich weiß das sehr zu schätzen und danke Ihnen herzlich für Ihr Engagement und für die gute Zusammenarbeit mit meinem Haus! Vor allem aber hoffe ich, dass auch wir - Ihre Partner in der Kulturpolitik - Teil der "Familie" bleiben und unseren Teil zur musikalischen Nachwuchsförderung beitragen können - ganz nach dem Motto, unter dem der heutige Abend begann, ganz nach dem Motto "So klingt die Zukunft". So klingt die Zukunft " : Diese Worte, meine Damen und Herren, dürfen wir sicherlich nicht nur als musikalische Verheißung verstehen. Diese Worte eignen sich durchaus auch als gesellschaftspolitische Vision. Schließlich bringt die Deutsche Stiftung Musikleben nicht nur Könner und Gönner zusammen, sondern auch Könner und Könner: Musiker, die aus ganz Europa nach Deutschland kommen, weil es hier - nicht zuletzt dank einer Kulturförderung, die weltweit ihresgleichen sucht - exzellente Orchester, Konzerthäuser und Hochschulen gibt; aber auch Musiker, die von Deutschland aus mit ihrem Können die Welt erobern und in der Ferne das Interesse an Deutschland wecken. Ich bin überzeugt: Gerade in Krisenzeiten braucht Europa den Enthusiasmus der Kunst! Gerade in Krisenzeiten können junge Musikerinnen und Musiker auch andere Menschen für den interkulturellen Austausch begeistern. Musik kann gemeinsame Sprache sein, wo unterschiedliche Begriffe Schweigen oder Missverstehen provozieren. Musik kann gemeinsame Erfahrungen bescheren, wo unterschiedliche Herkunft ab- und ausgrenzt. Musik verbindet über Sprach- und Kulturgrenzen hinweg. Und im Übrigen verdanken wir den kulturellen Reichtum, auf den wir in Deutschland und Europa so stolz sind, nicht zuletzt der Neugier, der Weltoffenheit und dem weiten Horizont der Künstlerinnen und Künstler, die schon zu einer Zeit Inspiration im interkulturellen Austausch fanden, als der europäische Gedanke, wie wir ihn heute kennen und leben, noch nicht einmal als Utopie am politischen Horizont erkennbar war. Daran kann man angesichts des vielerorts wieder aufkeimenden Nationalismus nicht oft genug erinnern - und daran erinnert klangvoll auch das heutige Programm.
Ja, so klingt Weltoffenheit, so klingt kulturelle Vielfalt - und so klingt auch die Zukunft, wenn die Deutsche Stiftung Musikleben bleibt, was sie ist: ein Kraftzentrum der Musikkultur, weit über Deutschland hinaus. Dafür verdient und dafür braucht sie unser aller Unterstützung, meine Damen und Herren! Lassen wir uns also heute Abend nicht nur vom musikalischen Können begeistern, sondern vielleicht auch zum großzügigen Gönnen verführen! In diesem Sinne wünsche ich Ihnen allen viel Freude beim Zuhören und der Deutschen Stiftung Musikleben auch weiterhin zahlreiche Spender und Unterstützer!