Redner(in): Monika Grütters
Datum: 20. März 2017
Untertitel: Kulturstaatsministerin Grütters hat dazu aufgerufen, sich in Kulturerbeprojekten zum europäischen Kuturerbejahr einzubringen und sich über das gemeinsame kulturelle Erbe auszutauschen. "Gerade in Zeiten des Umbruchs, wo vielerorts nationalistische Parolen laut werden, kann die Beschäftigung mit dem gemeinsamen kulturellen Erbe die Augen für den Wert eines geeinten Europas und für unsere gemeinsame europäische Geschichte öffnen."
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): https://www.bundesregierung.de/Content/DE/Rede/2017/03/2017-03-20-bkm-echy.html
Kulturstaatsministerin Grütters hat dazu aufgerufen, sich in Kulturerbeprojekten zum europäischen Kuturerbejahr einzubringen und sich über das gemeinsame kulturelle Erbe auszutauschen."Gerade in Zeiten des Umbruchs, wo vielerorts nationalistische Parolen laut werden, kann die Beschäftigung mit dem gemeinsamen kulturellen Erbe die Augen für den Wert eines geeinten Europas und für unsere gemeinsame europäische Geschichte öffnen."
Schloss Charlottenburg ist nicht nur ein schöner und würdiger, sondern auch ein sehr passender Rahmen, um zur Beteiligung am Europäischen Kulturerbe-Jahr aufzurufen - als Zeugnis einer Zeit, in der ein geeintes Europa noch nicht einmal ferne Utopie war. Als Friedrich II. im Jahr 1740 den preußischen Thron bestieg und es zu seiner Residenz machte, war Preußen ( fast einhundert Jahre nach dem Westfälischen Frieden ) noch immer gezeichnet vom Dreißigjährigen Krieg. Das Heilige Römische Reich Deutscher Nation war in Kleinstaaten zersplittert, umgeben von mächtigen Monarchien und aufstrebenden Handelsnationen. Das ist mehr als 270 Jahre her: Jahrzehnte und Jahrhunderte, in denen Europa vor allem schwere Konflikte und grausame Kriege prägten.
Ob hier in Berlin und Brandenburg, in Sachsen oder Schleswig-Holstein, in Spanien, Frankreich oder Schweden - die bewegte Geschichte Europas ist überall sichtbar im baukulturellen Erbe, das im Mittelpunkt des Europäischen Kulturerbe-Jahres 2018 steht. Das baukulturelle Erbe erinnert uns nicht nur an Zeiten, in denen Fürstenhöfe und selbstbewusstes Bürgertum in den Städten um Architektur und Kunst miteinander wetteiferten, sondern auch an geistige Kämpfe und grausame Kriege - und daran, dass für die Verwirklichung der Idee eines geeinten Europas viel Trennendes überwunden werden, um Verbindendes sichtbar zu machen. So kann man an vielen Häuserfassaden in Berlin beispielsweise noch immer Spuren des Krieges erkennen. Viele dieser "Gesteinsnarben" sind im Laufe der Zeit verschwunden, andere sind geblieben - auch weil es Denkmalschützer gibt, die sie bewusst erhalten und so ein Zeichen gegen das Vergessen setzen.
Ein Zeichen gegen das Vergessen wollen wir auch mit dem Europäischen Kulturerbe-Jahr setzen, erscheint uns Europa doch allzu oft als natürliche Gewissheit: Lange Schlangen vor den Wechselstuben oder Staus bei der Grenzkontrolle ( an die sich viele von uns noch lebhaft erinnern ) sind längst Geschichte. Selbstverständlich ist dagegen heute ein spontaner Wochenend-Trip zur neuen Ausstellung im Louvre oder ein Festivalwochenende an der Polnischen Ostsee.
Die Errungenschaft eines Europas der freiheitlichen Demokratien und des toleranten Miteinanders ist jedoch keine Selbstverständlichkeit, schon gar keine logische Entwicklung der Geschichte. Ganz im Gegenteil!
Gerade in Zeiten des Umbruchs, in denen die europäische Idee an Strahlkraft verliert und vielerorts nationalistische Parolen laut werden, kann die Beschäftigung mit dem gemeinsamen kulturellen Erbe die Augen für den Wert eines geeinten Europas und für unsere gemeinsame europäische Geschichte öffnen.
Sehen wir also hin! Dazu rufen wir im Europäischen Kulturerbe-Jahr Bürgerinnen und Bürger ebenso auf wie öffentlich und privat Engagierte, Vereine und Stiftungen, Museen und Gedenkstätten. Jede und jeder kann sich in Kulturerbe-Projekten engagieren und Teil einer Community werden, die sich unter dem Logo des "ECHY 2018" versammelt und ab Sommer auf der Internetplattform zum Netzwerken und Diskutieren einlädt. Für die Initiative und Begleitung der "SharingHeritage" -Plattform und Ihr Engagement für das "ECHY" danke ich Ihnen, lieber Herr Dr. Koch, und Ihrem Team herzlich!
Auch der Bund wird ausgewählte "Leuchtturm" -Projekte zum Europäischen Kulturerbe-Jahr unterstützen, und ich bin den Kolleginnen und Kollegen des Deutschen Bundestages dankbar, dass sie in meinem Etat bereits für dieses Jahr 3,6 Millionen Euro für bundesbedeutsame Projekte von besonderer, überregionaler Strahlkraft zur Verfügung gestellt haben. Diese Mittel sollen das Engagement von Ländern und Kommunen ergänzen. Sharing Heritage "lautet das Motto des Europäischen Kulturerbe-Jahres 2018 und ich finde, dieses Motto passt in die Zeit: Schließlich teilt man heute nicht nur Musik, Filme und Fotos auf sozialen Plattformen, sondern auch Autos, Apartments und sogar den Arbeitsplatz." Teilen ist das neue Haben ", liest man immer häufiger: Teilen wir also, was wir haben, meine Damen und Herren!
Teilen wir, was uns unsere Vorfahren hinterlassen haben, teilen wir die Vergangenheit mit der Zukunft und begeistern wir auch die junge Generation für unser vielfältiges kulturelles Erbe und für die europäische Idee. Setzen wir dem sich vielerorts regenden Bedürfnis nach Abgrenzung und der Sehnsucht nach einer homogenen Gesellschaft den Stolz auf die vielfältige, im Austausch mit anderen Kulturen gewachsene europäische Kultur entgegen - nicht nur, aber besonders in diesem kommenden Europäischen Kulturerbe-Jahr!
In diesem Sinne hoffe ich, dass auch Sie, meine Damen und Herren, die Idee des Europäischen Kulturerbe-Jahres teilen, in Ihren Ländern dafür werben und sie in Ihren Gremien und Institutionen verbreiten! Vielen Dank.