Redner(in): Gerhard Schröder
Datum: 13.06.2001

Untertitel: Meine sehr verehrten Damen und Herren,die Festigung des transatlantischen Verhältnisses ist eine entscheidende Voraussetzung für Frieden und Stabilität.
Anrede: Herr Generalsekretär, Meine sehr verehrten Damen und Herren,
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): http://archiv.bundesregierung.de/bpaexport/rede/54/44354/multi.htm


die Festigung des transatlantischen Verhältnisses ist eine entscheidende Voraussetzung für Frieden und Stabilität.

Unsere euro-atlantische Staatengemeinschaft ist heute der weltweit wichtigste Faktor demokratischer Stabilität und wirtschaftlicher Prosperität.

Aktuell ist die Lage auf dem Balkan erneut besorgniserregend. Stabilität in Südosteuropa bleibt ein Kernanliegen, das enge Abstimmung und gemeinsames Handeln der Partner beiderseits des Atlantiks erfordert. Ich möchte bei dieser Gelegenheit Präsident Bush ausdrücklich dafür danken, dass auch die neue US-Administration die Verantwortung auf dem Balkan gemeinsam mit uns Europäern ( und natürlich auch mit Kanada ) teilt.

Leider haben sich nach dem Regierungswechsel in Belgrad unsere Hoffnungen auf eine friedliche Entwicklung in Südosteuropa noch nicht erfüllt. Der gewaltsame Aufstand albanischer Rebellen in Mazedonien und die Polarisierung der Bevölkerungsgruppen stellen die Zukunft des Landes in Frage. Militärisch lässt sich die Krise in Mazedonien nicht lösen.

Europa und der Balkan brauchen ein rasches Ende der Gewalt und substanzielle Ergebnisse im innenpolitischen Dialog, die Mazedonien als multiethnisches, demokratisches Gemeinwesen erhalten.

Hierauf müssen sich jetzt alle Energien von EU und NATO konzentrieren. Der Hohe Re-präsentant der EU, Javier Solana, braucht bei seinen intensiven Friedensbemühungen in Mazedonien weiter die volle Rückendeckung des Bündnisses.

Meine Damen und Herren,

das Leitmotiv von Partnerschaft und Solidarität ist für die Mitglieder der Europäischen Union auch bei der Entwicklung einer Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik bestimmend.

Wir Europäer wollen die sicherheitspolitische Handlungsfähigkeit der Europäischen Union ausbauen und damit die Allianz stärken. Wir wollen nicht, dass die EU zum Aufbau von Parallelstrukturen zur NATO gezwungen wird.

Daher legt Deutschland besonderen Wert auf eine enge und frühzeitige Abstimmung zwischen Europäischer Union und NATO.

Die Bundesregierung setzt sich mit Nachdruck dafür ein, die europäischen NATO-Mitglieder, die nicht der Europäischen Union angehören, in geeigneter Weise in die Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik einzubeziehen.

Meine Damen und Herren,

mehr als zehn Jahre nach dem Fall der Mauer müssen wir die für die Sicherheit der bipolaren Welt entwickelten Instrumente und Strukturen gründlich überprüfen.

Mögliche neue Bedrohungen durch Massenvernichtungswaffen und ihre Trägersysteme machen aus deutscher Sicht eine umfassende Antwort erforderlich, die Überlegungen zu möglichen Abwehrmaßnahmen ebenso einschließt wie vor allem Eindämmung und Prävention mit dem Ziel, günstige Voraussetzungen für Abrüstung, Rüstungskontrolle und Nichtverbreitung zu schaffen. Wir setzen uns in diesem Zusammenhang nicht zuletzt dafür ein, die rüstungskontrollpolitische Architektur und insbesondere das Trägertechnologie-Kontrollregime zu stärken und die Voraussetzungen für weitere vertragliche nukleare Abrüstungsschritte zu schaffen.

Deutschland begrüßt den umfassenden Dialog, den die amerikanische Regierung unter Präsident Bush mit den Alliierten zur Frage eines Raketenabwehrsystems eingeleitet hat.

Wir haben in diesem Zusammenhang aber noch viele Fragen zu klären und müssen und werden die Gespräche über dieses Thema daher intensiv im Rahmen des Bündnisses fortsetzen.

Meine Damen und Herren,

bei unserem kommenden Gipfeltreffen in Prag werden wir den Prozess der Erweiterung der NATO überprüfen. Die Allianz hat ihre Offenheit für alle europäischen Demokratien bekundet und ein Angebot umfassender Partnerschaft unterbreitet. Dazu steht die Bundesregierung.

Die Fortsetzung des Öffnungsprozesses in Prag wird Teil unserer gemeinsamen Bemühungen um eine stabile gesamteuropäische Friedensordnung sein.

Vier Jahre nach der Unterzeichnung der Grundakte zwischen der NATO und Russland liegt der Bundesregierung sehr daran, dass wir diese Zusammenarbeit zur Stärkung von Frieden und Stabilität in Europa weiter ausbauen.

Wir ermutigen die russische Führung, ihre Politik demokratischer Reformen fortzusetzen und wollen hierbei weiter unsere Zusammenarbeit anbieten.