Redner(in): Gerhard Schröder
Datum: 13.09.2002
Untertitel: Bundeskanzler Schröder zum Finanzplan des Bundes 2002 bis 2006
Anrede: Herr Präsident!Meine sehr verehrten Damen und Herren!
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): http://archiv.bundesregierung.de/bpaexport/rede/10/440810/multi.htm
Lassen Sie mich aufgrund der hier dargestellten Verzerrungen einige Bemerkungen zur internationalen Situation machen.
Es wurde hier darüber geredet, dass Fragen beantwortet werden, die niemand stellt. Ich stelle mir wirklich die Frage, wo die, die so reden, eigentlich leben. Die Fragen der internationalen Politik sowie die Befürchtungen und Sorgen über die Entwicklung speziell im Nahen Osten beschäftigen nach meinem Eindruck ganz viele Menschen in Deutschland. Diese erwarten von der Führung des Landes natürlich, dass sie Antworten auf diese Fragen formuliert.
Ich will mit einigen Bemerkungen zur internationalen Lage und hierbei insbesondere zur gestrigen Rede des amerikanischen Präsidenten George W. Bush beginnen. Seine Forderung, dass das Regime in Bagdad die VN-Resolutionen ohne Ausnahme erfüllen muss, ist gewiss richtig.
Es kann überhaupt keine Frage sein - das war auch nie strittig - , dass die Waffeninspektoren ins Land müssen. Das war nie strittig. Aber strittig war und bleibt, ob anstelle dieses Ziels ein anderes Ziel in den Mittelpunkt der Diskussion gerückt werden darf. Diese Diskussion haben wir doch miteinander geführt.
Ich sage: Wer an die Stelle des Ziels, die Inspektoren ins Land zu bringen, das Ziel der gewaltsamen Beseitigung des Regimes gesetzt hat, hat die Position der Vereinten Nationen in der Vergangenheit und in der Gegenwart falsch dargestellt. So war das.
Deshalb ist es gut, dass dieses Ziel wieder in den Mittelpunkt der aktuellen und, wie ich hoffe, auch der künftigen Diskussion gerückt wird. Dafür werden wir alle politischen, diplomatischen und natürlich auch wirtschaftlichen Möglichkeiten mobilisieren und mobilisieren müssen.
Dass der amerikanische Präsident die Bedeutung des VN-Sicherheitsrates gewürdigt hat, ist zu begrüßen. Wer sich aber einmal mit der Rede im Einzelnen befasst, wird mir zustimmen, wenn ich sage, dass es im Laufe der Verhandlungen nicht leicht sein wird, dafür zu sorgen, dass die alleinige Entscheidungsgewalt des Sicherheitsrates tatsächlich gewahrt bleibt. Ich denke, auch das muss man als Konsequenz dessen, was gesagt worden ist, offen aussprechen.
Wichtige Fragen in diesem Kontext bleiben offen. Der Erfolg im Kampf gegen den internationalen Terrorismus, der in keiner Weise - auch und gerade in Afghanistan nicht; die Vorhut des internationalen Terrorismus ist eben nicht besiegt - beendet ist, hängt auch vom Zusammenhalt der internationalen Koalition gegen diesen Terrorismus ab.
Die Debatte, die in den letzten Tagen und Wochen geführt worden ist und der man auch in Deutschland nicht ausweichen durfte und konnte, beinhaltet natürlich die Gefahr, dass diese internationale Koalition, zu der auch die moderaten arabischen Staaten gehören und gehören müssen, zumindest - so sie nicht zerbricht - in Mitleidenschaft gezogen wird. Das gilt es in dieser ganzen Debatte zu beachten.
Hinzu kommt die Konsequenz der Entscheidungen, die wir im Rahmen der internationalen Koalition getroffen haben. Hinzu kommt also auch die Konsequenz der Entscheidung, in Afghanistan militärisch zu intervenieren. Übrigens, das war eine Entscheidung, die, wenn ich daran erinnern darf, hier im Hohen Hause unter Rückgriff auf die Vertrauensfrage durchgesetzt worden ist. Von Ihnen hat niemand dabei mitgemacht; Sie haben ja dagegen gestimmt.
Die Arbeit, die mit der Konsequenz aus dem 11. September verbunden ist, ist eben nicht zu Ende gebracht. Denn zu dieser Konsequenz gehört, dass wir nicht nur militärisch intervenieren, um die Taliban zu bekämpfen, sondern auch, dass wir vor den Augen der Völker der Welt mit dem wirklich weiterkommen, was im Englischen "nation building" heißt, also mit jener Aufbauarbeit, auf die insbesondere die Völker der Dritten Welt schauen und die es unmöglich macht, dass Ideologen und Fundamentalisten diese Völker für ihre Zwecke einsetzen und damit missbrauchen.
Wenn wir über den Nahen Osten diskutieren, dann müssen wir bedenken, dass es immer auch um regionale Stabilität geht, um die Auswirkungen einer militärischen Intervention in dieser so sensiblen und schwierigen Region. Für das, was nach einer denkbaren, möglichen, ins Auge gefassten militärischen Intervention passiert, hat bislang niemand ein in sich schlüssiges und nachvollziehbares Konzept auf den Tisch gelegt.
Deshalb sage ich: Meine Argumente gegen eine militärische Intervention bleiben bestehen.
Es bleibt ebenfalls klar: Unter meiner Führung wird sich Deutschland an einer militärischen Intervention nicht beteiligen.
Wenn wir uns in dieser Frage, meinethalben aus unterschiedlichen Erwägungen, einig sind, dann ist es gut; aber eines kann man nicht durchgehen lassen: hier den Eindruck zu erwecken, als sei man in dieser Konsequenz der gleichen Meinung wie die Regierung, und im Übrigen draußen etwas völlig anderes zu erzählen. Damit werden Sie nicht durchkommen.
Das, was wir formuliert haben und was wir unseren Partnern in dieser Frage und in anderen Fragen sagen, bedeutet: Bündnissolidarität auf der einen Seite, aber auch Eigenverantwortung auf der anderen. Über die existenziellen Fragen der deutschen Nation wird in Berlin entschieden und nirgendwo anders.
Übrigens, um Solidarität und entsprechende Entscheidungen geht es auch bei einem anderen Thema, das Herr Stoiber angesprochen hat. Ich meine das Thema "Wie werden wir mit den Folgen der Flutkatastrophe fertig?" Ich finde, dass die Alternativen, die es dazu gibt, auf dem Tisch liegen, von den Menschen in Deutschland bewertet werden können und ganz sicher auch bewertet werden.
Wie sehen diese Alternativen aus? Wir haben gesagt: Wir finanzieren die Folgen der Flutkatastrophe, indem wir die Steuerentlastungen um ein Jahr verschieben. Keine Frage, das betrifft viele Menschen. Es betrifft sie im Übrigen unterschiedlich; es betrifft die Menschen mit einem geringeren Einkommen weniger als die mit einem größeren. Wie Sie alle wissen, hat das mit der Progression in unserem Steuerrecht zu tun.
Die andere Position, die der bayerische Kandidat hier eingenommen hat, heißt: Wir finanzieren das auf Pump. Das sind die beiden Möglichkeiten, die hier erläutert worden sind. Ich halte unsere Position für die verantwortliche, weil sie dazu führt, dass die Schäden, die die Flut geschlagen hat, in dieser Generation und von dieser Generation ausgeglichen werden und nicht auf die Schultern unserer Kinder und Enkelkinder gelegt werden. Das ist verantwortliche Politik.
Wir finanzieren das so, dass es keinerlei Auswirkungen auf die notwendigen Investitionen, die wir mit dem Solidarpakt II zur Verfügung gestellt haben, gibt.
Diese Regierung hat, nach wirklich harten Kämpfen mit einer Mehrheit im Bundesrat, zu der Sie, Herr Stoiber, gehört haben, dafür gesorgt, dass der Aufbau Ost weiterhin solide finanziert werden kann, und zwar bis zum Jahr 2019. Das ist der Erfolg dieser Koalition und meiner Regierung.
Wir sorgen mit dem Finanzierungskonzept Fluthilfe dafür, dass beides nicht gegeneinander ausgespielt wird, sondern die zusätzlichen Schäden auch zusätzlich bewältigt werden können. Das ist aktive Solidarität mit den Menschen, die von der Flut betroffen sind.
Vor diesem Hintergrund ist es nicht mehr als gerecht, dass wir auch der Kreditwirtschaft sagen: Euren Anteil müsst ihr erbringen. - Das geht gar nicht anders. Es geht doch nicht an, dass wir die erforderlichen Abschreibungen und die Kosten für das, was realisiert werden muss, allein den Menschen in Deutschland auf den Buckel legen. Es gibt auch eine Solidaritätsverpflichtung derer, die in der Kreditwirtschaft verantwortlich sind. Diese Verpflichtung gilt es - natürlich entsprechend der Leistungsfähigkeit - einzuklagen. Man sollte dies aber nicht ganz außen vor lassen.
Herr Stoiber, Sie haben über die Notwendigkeit der Haushaltskonsolidierung und über das, was wir im Bereich der Steuerpolitik gemacht haben, geredet. Sie haben uns vorgeworfen, wir seien es gewesen, die die soziale Balance in Deutschland nicht hergestellt hätten. Welch ein Vorwurf, ausgerechnet von Ihnen!
Ich komme zu den Tatsachen: In den letzten Jahren, in denen die CDU / CSU und die FDP regierten, lag die Steuerbelastung der Menschen mit geringstem Einkommen bei über 26 Prozent. Das heißt, diejenigen mit dem geringsten Einkommen mussten im Verhältnis den größten Anteil an Steuern zahlen. Das war Ihre Position und Ihre Politik.
Nach unseren politischen Maßnahmen liegt die Steuerbelastung dieser Menschen jetzt bei unter 20 Prozent und wird im Jahre 2005 auf 15 Prozent sinken. Das ist soziale Steuerpolitik. Das ist Hilfe für diejenigen mit den geringsten Einkommen.
Wir sind es gewesen, die ein Unternehmensteuerrecht gemacht haben, das den Unternehmen in Deutschland, und zwar den großen wie den kleinen, eine solide Position im europäischen und internationalen Wettbewerb verschafft hat. Wir sind es gewesen, nicht Sie!
Wir sind es gewesen, die dafür gesorgt haben, dass die Kapitalgesellschaften einen Steuersatz von 25 Prozent zu zahlen haben. Er ist definitiv abzuliefern, und zwar von der ersten Mark an. Der wird für ein Jahr um 1,5 Prozentpunkte steigen. Ich habe vernommen, dass Sie dagegen sind, die freiwillig angebotene Solidarleistung der Unternehmen anzunehmen. Ich weiß gar nicht, warum. Wir können nämlich das Geld für die Finanzierung der Beseitigung der Schäden der Flutkatastrophe ganz gut gebrauchen.
Im Zusammenhang mit der Steuerpolitik komme ich nun auf das zu sprechen, was Sie immer kritisieren. Sie sagen, wir hätten die Kapitalgesellschaften im Vergleich zu den Personengesellschaften, die nach Einkommensteuerrecht besteuert werden, bevorzugt. Nichts davon ist richtig. Der Spitzensteuersatz beträgt zurzeit 48,5 Prozent, aber wir haben dafür gesorgt, dass die in Deutschland im Durchschnitt zu zahlenden 13 Prozent an Gewerbeertragsteuer voll angerechnet werden können. Wir haben das gemacht, nicht etwa Sie. Die Großen, die Körperschaften, müssen übrigens diese durchschnittlich 13 Prozent voll drauflegen.
Dann müssen Sie im Übrigen auch berücksichtigen - hier geht es ja um komplizierte Vorgänge - , dass Kapitalgesellschaften nicht nur diese durchschnittlich 13 Prozent Gewerbeertragsteuer zusätzlich abführen müssen, sondern definitiv besteuert werden, während Personengesellschaften, weil für sie das Einkommensteuerrecht gilt, unter das Einkommensteuerrecht fallen. Sie sollten nämlich wissen, dass im Einkommensteuerrecht Grenzbesteuerung gilt, also nicht schon von der ersten Mark an voll besteuert wird.
Angesichts dessen fällt die Behauptung, die Personengesellschaften in Deutschland seien schlechter als die Kapitalgesellschaften gestellt, vollständig in sich zusammen. Das wissen übrigens auch die, um die es dabei geht.
Deswegen sage ich Ihnen: Mit dieser Art von oberflächlicher Behandlung - man könnte auch sagen: Verlogenheit - kommen Sie nicht weiter. Das spüren Sie ja auch langsam am Stimmungsumschwung in der deutschen Bevölkerung. Denn das, was wir gemacht haben, stabilisiert und stärkt die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Unternehmen in Europa und auf dem Weltmarkt. Zudem handelt es sich um eine sozial ausgewogene Steuerpolitik. Sowohl auf der Angebots- als auch auf der Nachfrageseite haben wir eine vernünftige Steuerpolitik gemacht; die ist mit dem Namen von Bundesfinanzminister Hans Eichel verbunden.
Nicht zuletzt Folge Ihrer Steuerpolitik ist es gewesen, dass in Ihren letzten Amtsjahren von 1994 bis 1998 die reale Belastung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ständig gestiegen ist, ihre Einkommen in diesen vier Jahren um durchschnittlich fünf Prozent gesunken sind. Während unserer Regierungszeit ist dagegen das reale Einkommen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland um über sieben Prozent gestiegen. Das ist sozial verantwortliche Politik; damit müssen Sie sich einmal auseinander setzen.
Unabhängig von der Tatsache, dass wir die Ziele, an denen wir festhalten, nicht erreicht haben, gilt gleichwohl - der Finanzminister hat das gestern eindrucksvoll dargestellt - : Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Deutschland ist in der Zeit, in der wir regieren, um 1,1 Millionen gestiegen.
Der Kandidat hat die Arbeitslosenzahlen für August 2002 mit denen vom August 1998 verglichen. Auch in diesem Bereich wird von Ihnen schlicht gemogelt. Wir hatten im August 2002 77.000 Arbeitslose weniger als 1998. Sie hatten durch Ihre Wahlkampf-AB-Maßnahmen im August 1998 für drei Monate vor der Wahl und drei Monate nach der Wahl den Arbeitsämtern 300.000 Arbeitslose auf die Payroll gegeben. Das war die Art und Weise, wie Sie die Arbeitslosenstatistik geschönt und verpfuscht haben. Das gilt es hier einmal deutlich zu machen.
Es ist wahr - ich habe überhaupt keinen Grund, das nicht zuzugeben - : Wir haben das Ziel, das wir uns gesteckt haben, nicht erreicht. Aber wir sind deutlich unter dem, was Sie erreicht haben. Von Leuten, die ihr Scheitern auch auf dem Arbeitsmarkt bereits bewiesen haben, lassen wir uns ungern Vorschriften machen.
Übrigens halte ich das, was Sie in jüngster Zeit als angebliche Verbesserung auf dem Arbeitsmarkt andeuten, nämlich die Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und ihrer Gewerkschaften entscheidend zu kürzen, für einen gefährlichen Irrweg. Mitbestimmung und gute Betriebsräte, ausgestattet mit eigenen Rechten, auf der einen Seite und auf der anderen Seite kreative Unternehmer, die auf gleicher Augenhöhe Arbeitsbedingungen in Deutschland aushandeln, das hat unser Land stark und nicht schwach gemacht. Das werden wir verteidigen.
Deshalb ist das, was Sie in diesem Sektor ankündigen, nicht nur volkswirtschaftlich gefährlich, sondern es demotiviert auch die Menschen, von deren Arbeit unser aller Wohlergehen in erster Linie abhängt.
Sie haben sich dann über die Vorschläge der Hartz-Kommission - um dies sehr zurückhaltend zu sagen - negativ verbreitet. Ich halte das für falsch und ich prophezeie: Sie werden das, was dort vorgeschlagen worden ist, aus der Opposition heraus noch einmal mit Deutlichkeit unterstützen. Denn da geht es wirklich um das Prinzip, dass Menschen, die ihre Qualifikationen verloren haben, weil sie arbeitslos geworden sind, sie wiederbekommen, dass sie gefördert, aber auch gefordert werden. Fordern heißt, das ihnen und ihren Familien jeweils Mögliche muss getan werden. Aber danach haben sie Anspruch auf die solidarische Hilfe der Gesellschaft. Für die handelt der Staat. Das darf nicht in Vergessenheit geraten.
Früher haben Sie gerne über Familienpolitik geredet - jedenfalls Sie von der CDU / CSU - , aber in Ihrer Regierungszeit - das wird nicht in Vergessenheit geraten - haben Sie nichts dafür getan. Ja, ich muss Sie daran erinnern: Das Bundesverfassungsgericht hat in zwei Entscheidungen festgestellt, dass Ihre Familienpolitik schlicht verfassungswidrig gewesen ist. Das war Ihre Politik. So ist es gewesen; dem kann man nicht widersprechen.
Wir hatten 13 Milliarden Euro allein in dieser Legislaturperiode zu investieren, um Ihre verfassungswidrige Familienpolitik auf einen Stand zu bringen, der unserer Verfassung entspricht. Das war die zentrale Aufgabe, die wir zu machen hatten. Wir haben sie gemacht und 13 Milliarden Euro mobilisiert.
Wir haben heute mit etwa 56 Milliarden Euro die größten Ausgaben in diesem Bereich. Das ist die Leistung der rot-grünen Koalition. Wir haben deutlich gemacht, wie wichtig es uns war, etwas für Familien mit Kindern zu tun, indem wir dreimal das Kindergeld erhöht haben.
In der nächsten Legislaturperiode wird es ein großes Projekt geben - wir haben es uns fest vorgenommen - , das Vorrang vor allen anderen hat. Um unser Bildungssystem auf ein qualitativ höherwertiges Niveau zu bringen und um Chancengleichheit zwischen den Geschlechtern zu realisieren, müssen wir in diesem Land mehr, als das in der Vergangenheit der Fall war, in Ganztagsbetreuung investieren. Wir werden das tun.
Wir werden den Ländern jährlich eine Milliarde Euro zur Verfügung stellen - das ist im Haushalt gerechnet; das ist keine utopische 20-Milliarden-Forderung, die Sie in die Welt setzen - , damit in den Schulen eine Ganztagsbetreuung realisiert werden kann. Das ist gut für die Kinder aus sozial schwachen Verhältnissen, die diese Betreuung brauchen, wenn sie gleiche Chancen haben sollen.
Ganztagsbetreuung ist vor allen Dingen wichtig, um Frauen zu ermöglichen, Familie und Beruf besser als je zuvor unter einen Hut zu bekommen. Wir wollen dafür sorgen, dass Frauen in Deutschland leben können, wie sie wollen, und nicht gesagt bekommen, wie sie leben sollen. Das werden wir durchsetzen. Ganztagsbetreuung ist im Haushalt berücksichtigt und wird von dieser Koalition realisiert werden.
Lassen Sie mich auf das zurückkommen, was die Flut uns auch lehrt. Neben der Notwendigkeit, in dieser Generation die Schäden, die sie geschlagen hat, auszugleichen, lehrt sie vor allen Dingen, künftige Schäden zu verhindern. Da setzt Politik an - auch und gerade Energiepolitik - , wie wir sie in der rot-grünen Koalition gemacht haben.
Das, was wir in den letzten Jahren geleistet haben, setzt an dieser Stelle an. Ich nenne die Förderung erneuerbarer Energieträger, die sehr wichtig sind, wenn man des Klimaproblems wirklich Herr werden will und wenn man mit der Verantwortung der reichen Industriestaaten gegenüber den ärmeren Staaten, insbesondere den Staaten der Dritten Welt, Ernst macht. Wir haben die Verpflichtung, umweltschonende Technologien zu entwickeln und einzusetzen. Die ärmeren Länder haben nicht die notwendigen Ressourcen, um das zu tun. Wenn wir es geschafft haben, müssen wir diese Technologien transferieren, damit die anderen Länder es ebenfalls tun können. Wir sind allen anderen Ländern, auch in Europa, in den letzten vier Jahren weit voraus gewesen, was den Einsatz dieser Technologien und dieser Möglichkeiten angeht.
Ich habe mitbekommen, dass Sie sich anschicken, das rückgängig zu machen, was wir erfolgreich zur Überwindung der Atomenergie in Deutschland mit allen Beteiligten verhandelt haben. Ich halte das für den falschen Weg. Am 22. September wird auch darüber entschieden werden, ob es einen vernünftigen Weg in der Energiepolitik oder einen Rückfall in alte Zeiten gibt.
Zu den 16 energiepolitischen Gesetzen hat die rechte Seite des Hauses vierzehnmal Nein gesagt. Sie haben vierzehnmal Nein dazu gesagt, Umweltgesichtspunkte mit ökonomischen Gesichtspunkten zusammenzubringen. Das ist aber das Gebot der Zukunft. Es wird nämlich keine erfolgreiche Wirtschaft geben, wenn die natürlichen Lebensgrundlagen zerstört sind.
Ich will vier Punkte nennen, die deutlich machen, dass dieser Haushalt, über den wir heute diskutieren, einen richtigen Weg beschreibt, den wir miteinander weitergehen müssen.
Erstens: Ich glaube, es ist wirklich wichtig und macht Deutschlands Erfolg aus, dass wir es nach dem Zweiten Weltkrieg verstanden haben, ein System zwischen Kapital und Arbeit aufzubauen, das tatsächlich in Balance ist. Kreative, mutige Unternehmer auf der einen Seite, selbstbewusste, mit eigenen Rechten ausgestattete Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf der anderen Seite, die auf gleicher Augenhöhe Arbeitsbedingungen aushandeln - das ist der Inhalt des Erfolgsmodells Deutschland. Das verteidigen und entwickeln wir.
Zweitens: Die vor allem von dieser Koalition eingeleitete Vereinbarkeit von Ökonomie und Ökologie in der Praxis, die zum Beispiel in der Energiepolitik und in der Frage des Pfandes deutlich wird, zu der Sie sich immer schwerpunktmäßig verbreiten. Diese Vereinbarkeit von Ökologie und Ökonomie ist Fortschritt in und für Deutschland. Das darf nicht preis-gegeben werden. Auch darum geht es am 22. September.
Drittens: In der Bildungspolitik müssen wir auf Qualität achten, aber all denen misstrauen, die uns sagen wollen: "Die größte Qualität erhaltet ihr dann, wenn ihr das Bildungssystem für die Kinder aus den sozial schwächeren Familien dicht macht." Denen sage ich: Mit mir nicht! Das mag Ihr Weg sein. Mit mir indessen nicht!
Wir wollen ein qualitativ hochwertiges Bildungssystem und werden es durchsetzen, ein Bildungssystem, das allen Begabungen in Deutschland eine Chance gibt und das durch massive Investitionen in Ganztagsbetreuung dafür sorgt, dass über Chancengleichheit zwischen Frauen und Männern in Deutschland nicht nur geredet wird, sondern dass sie gesellschaftliche Wirklichkeit wird. Das ist unser Anliegen.
Viertens: In der internationalen Politik kennen und erfüllen wir unsere Bündnisverpflichtungen ohne Wenn und Aber. Das haben wir in den vier Jahren, in denen wir regiert haben, bewiesen: im Kosovo, in Mazedonien, aber auch bei "Enduring Freedom". Dass es nicht für alle - auch für mich nicht - leicht gewesen ist, diese Entscheidungen zu treffen, ehrt diejenigen, die entschieden haben, weil sie solche Entscheidungen nicht leichtfertig treffen. Aber wir haben entschieden und das hat Deutschlands Ansehen in der Welt gemehrt.
Diese internationale Politik der Bündnisfähigkeit und -bereitschaft, eine internationale Politik des Selbstbewusstseins ohne Überheblichkeit, habe ich in den letzten vier Jahren mit Außenminister Fischer entworfen und durchgesetzt. Wir werden sie auch gemeinsam weiter durchsetzen.