Redner(in): Bernd Neumann
Datum: 24.04.2006

Untertitel: Zur Grundsteinlegung für den Neubau des Lesesaals der Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz Unter den Linden am 24. April 2006 erinnerte Staatsminister Bernd Neumann an den untergegangenen historischen Bau.Die Staatsbibliothek ist für ihn ein exemplarisches Beispiel für eine unverzichtbare Investition in Wissen und Bildung.Dabei erinnerte er daran, dass derBund die Baukosten für die Stiftung Preußischer Kulturbesitz allein trägt.-Es gilt das gesprochene Wort.-
Anrede: Anrede,
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): http://www.bundesregierung.de/nn_914560/Content/DE/Archiv16/Rede/2006/04/2006-04-24-rede-zur-grundsteinlegung-fuer-den-neubau-des-lesesaals-der-staatsbibliothek,layoutVariant=Druckansicht.html


in der historischen Mitte Berlins entsteht wieder eine Bildungs- und Kulturlandschaft Humboldtscher Prägung, die von der Museumsinsel, den Museumshöfen über die Humboldt-Universität bis zur größten wissenschaftlichen Universalbibliothek in Deutschland, der Staatsbibliothek mit ihrem Stammhaus Unter den Linden reicht.

Noch liegt eine lange Wegstrecke vor uns, aber wir alle wissen: Wir setzen heute gemeinsam einen weiteren, wichtigen Meilenstein. Wir legen den Grundstein für den Neubau des zentralen Lesesaals der Staatsbibliothek an ihrem historischen Standort Unter den Linden. Endlich! wird man ausrufen können. Endlich wird man von Provisorien Abschied nehmen können, endlich liegt der Weg vom, wie es heute im Berliner Tagesspiegel heißt,"wilhelminischen Bücherlabyrinth zur funktionalen Forschungsbibliothek" deutlich vor uns.

Der zentrale Lesesaal wird das neue markante Herzstück dieses imposanten Gebäudes bilden, dessen Umfang und Ausmaße sich dem Außenstehen auf den ersten Blick erst gar nicht erschließen. Dabei befinden wir uns hier auf eine der größten Kulturbaustellen Berlins. Planungen und Bauausführung sollen in Respekt vor der Tradition der 1661 gegründeten Bibliothek erfolgen und gleichzeitig modern und funktional sein. Der preisgekrönte Entwurf des Architekturbüros Prof. Merz knüpft in zeitgenössischer Sprache an das Konzept des Hofarchitekten von Ihnen an.

Der neue zentrale Lesesaal wird als weithin strahlender Lichtkörper an der Stelle und in der Dimension des zerstörten Kuppel-Lesesaals neu entstehen. Mit ihm erhält dieses Haus seine Mitte, seine Idee wieder zurück. Im Jahre 2008, so hoffen wir alle, wird er fertig gestellt sein. Mit der parallel dazu stattfindenden Generalinstandsetzung wird die Bibliothek bis zum Jahr 2011 zu einem funktionstüchtigen Gebäude, das den Anforderungen eines modernen Bibliotheksbetriebs entspricht.

Und dann wird hoffentlich auch die lange Leidenszeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beendet sein. Denn das möchte ich an dieser Stelle wirklich hervorheben: Ich finde es bereits jetzt bewundernswert, wie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieser Bibliothek sich trotz widrigster Umstände, die nun einmal mit Umbauarbeiten verbunden sind, mit ihrer Bibliothek verbunden fühlen und den Betrieb nahezu reibungslos aufrecht erhalten. Auch die noch vor Ihnen liegende Zeit wird Ihnen noch viel abverlangen. Aber ich bin sicher, Sie werden dies in bewährter Manier bewältigen. Auch von mir dafür ein herzliches Dankeschön.

Meine Damen und Herren,

liebe Frau Schneider-Kempf, Sie werden heute im Tagesspiegel mit der Frage konfrontiert, ob die Google-Generation denn überhaupt noch Lesesäle benötige, und Sie antworten mit Blick auf den heutigen Anlass pflichtgemäß, dass die Arbeit mit den Quellen dies selbstverständlich auch in Zukunft erfordere. Lassen Sie mich aber noch hinzufügen: Niemand, der Bücher liebt wird auf die Idee kommen, dass sich das Gefühl, ein Buch in der Hand zu halten, die Seiten umzublättern, womöglich die Lesespuren anderer zu entdecken durch einen Computerausdruck ersetzen ließe. Der direkte und unmittelbare Umgang mit Büchern wird, so hoffe ich wenigstens, immer ein vitales Bedürfnis der Menschen bleiben. Und deshalb brauchen wir Bibliotheken, die Bücher und andere Druckerzeugnisse sammeln, bewahren und der interessierten Öffentlichkeit zur Verfügung stellen, und dazu brauchen wir eben auch Lesesäle, auch wenn wir uns sicher einig sind, dass der Lesesaal, zu dem wir heute den Grundstein legen werden, immer etwas besonderes sein wird.

Daran besteht auch ein reges politisches Interesse: Wissen und Bildung werden zu den wichtigsten Ressourcen der Zukunft gehören. Bund. Länder und Gemeinden, müssen in diese Bereiche mehr investieren, wenn wir der Bundesrepublik Deutschland den Rang sichern wollen, der ihr in Europa, in der Welt zukommt. Der Bund tut dies auf vielfältige Weise.

Für meinen Zuständigkeitsbereich sehe ich in der Staatsbibliothek ein exemplarisches Beispiel für eine unverzichtbare Investition in Wissen und Bildung. Ihnen allen wird bekannt sein, dass der Bund die Baukosten für die Stiftung Preußischer Kulturbesitz allein trägt: Die Gesamtkosten für die Generalinstandsetzung der Staatsbibliothek betragen rund 454 Millionen Euro. Hiervon entfallen rund 79 Millionen Euro als reine Baukosten auf den Neubau.

Das ist in Zeiten wie diesen nicht selbstverständlich, aber ich bin der Auffassung: Jeder Euro, den wir in die Staatsbibliothek investieren, ist gut angelegtes Geld. Wir wollen die Staatsbibliothek für die Wissensgesellschaft im neuen Jahrtausend optimal vorbereiten, wir wollen alles tun, damit sie ihren einzigartigen Platz als Archiv und Informationsspeicher, als kulturelles Gedächtnis der Wissensgesellschaft erhält und weiter behaupten kann. Wenn andere Länder sich daran ein Beispiel nehmen, so soll mich das nicht stören.

Meine Damen und Herren,

die Staatsbibliothek birgt in ihren Mauern unermessliche Schätze. Sie bewahrt für uns und die nachfolgenden Generationen Kulturgut von nationaler Bedeutung und von Weltgeltung. Ein einmaliger Druckschriftenbestand, hervorragende Handschriften, Musikalien, Orientalia, Ostasiatica, einmalige Landkarten finden sich.

Wir können stolz darauf sein, dass sie künftig am historischen Standort Unter den Linden so repräsentiert werden können, wie es dem Rang der Staatsbibliothek entspricht. In diesem Sinne ist dies heute für die Staatsbibliothek, für die Stiftung Preußischer Kulturbesitz und die Kulturnation Deutschland ein wunderbarer Tag.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit und wünsche diesem Bau gutes Gelingen!