Redner(in): Angela Merkel
Datum: 10.10.2006

Untertitel: am 10.Oktober 2006 in Dresden
Anrede: Anrede,
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): http://www.bundesregierung.de/nn_914560/Content/DE/Archiv16/Rede/2006/10/2006-10-10-rede-bkin-jugendparlament,layoutVariant=Druckansicht.html


Ich möchte mich von meiner Seite aus dafür bedanken, dass wir hier an dieser Veranstaltung teilnehmen können. Der Jugendaustausch hat in der Tat eine Rolle gespielt, als wir bei den deutsch-russischen Regierungskonsultationen in Tomsk waren. Wir waren der Auffassung, dass hiermit in den deutsch-russischen Beziehungen wirklich eine Investition in die Zukunft stattfinden kann. Zu sehen und zu hören, dass Sie das jetzt in drei Tagen umgesetzt haben, ist natürlich eine große Freude. Dieses Erlebnis wird jedenfalls bei mir den Eindruck verstärken, dass wir den Jugendaustausch stärken sollten, weil daraus langfristige, dauerhafte Beziehungen zwischen unseren beiden Ländern auch jenseits der guten politischen Zusammenarbeit geschmiedet werden.

Sie sind auch recht wissenschaftlich zu Gange gewesen, wenn ich das richtig verstehe. Regeln wurden gefunden, und ich glaube, Sie konnten sich auch darauf verständigen, dass die jungen Menschen in beiden Ländern die gleichen Werte, die gleichen Visionen, die gleichen Hoffnungen und vielleicht auch die gleichen Ängste hinsichtlich der eigenen Zukunft bewegen. Dass ein paar Vorurteile abgebaut werden konnten, ist auch gut und richtig; denn zu oft reden wir übereinander und nicht miteinander. In diesen drei Tagen war es nun möglich, einmal intensiv miteinander zu reden. Ich habe den Eindruck, dass das sehr hilfreich war. Dass Sie etwas machen wollen, was die gegenseitige Information der jungen Menschen fördert, finde ich gut. Das Internet ist die Kommunikationsplattform der Zukunft. Das, womit wir Älteren uns manchmal etwas schwer tun, ist für Sie eine Selbstverständlichkeit, und so können Sie in Kontakt bleiben.

Ich glaube, auch das Thema Pressefreiheit war aus aktuellem Anlass ‑der Ermordung der Journalistin Anna Politkowskaja‑ ein wichtiger Punkt. Die Freiheit der Presse ist etwas, was zu den Grundfesten einer modernen und demokratischen Gesellschaft gehört. Deshalb ist es wichtig, dass gerade auch junge Menschen über die Bedeutung der Pressefreiheit diskutieren.

Sie haben auch einen Punkt angesprochen, der in der Praxis sicherlich nicht so ganz einfach zu lösen ist; das will ich für die deutsche Seite sagen. Sie möchten Visa möglichst einfach erhalten. Das ist verständlich, und das ist auch eine Voraussetzung dafür, um den Reiseverkehr auch wirklich voranzutreiben. Wir müssen auf politischer Seite immer darauf achten, dass zum einen kein Missbrauch betrieben wird, aber dass sich zum anderen unsere Völker auch wirklich kennen lernen können. Deshalb ist das Thema der Visa eines, das natürlich auf der Tagesordnung bleiben wird. Ich verstehe völlig, dass Sie hier darüber miteinander diskutiert haben.

Was Gewalt unter jungen Menschen und die Motive von Gewalt unter jungen Menschen anbelangt, das ist etwas, was uns als Politiker sehr beschäftigt. Manchmal ‑das wissen wir‑ sind die Ursachen Perspektivlosigkeit und Hoffnungslosigkeit. Aber allein damit lässt es sich nicht erklären. Es darf keine Legitimation von Gewalt geben. Man kann nicht sagen: "Weil meine Lebensumstände schwierig sind, berechtigt mich das dazu, Gewalt anzuwenden". Gewalt muss verboten sein. Und deshalb ist es gut, wenn Sie auch genau darüber sprechen. Erforderlich sind die Bekämpfung von Gewalt, die Prävention von Gewalt und nicht zuletzt Zivilcourage; ich glaube, gerade jungen Leuten wird davon heutzutage oft eine ganze Menge abverlangt.

Es gibt manchmal Vorstellungen davon, dass es, weil wir heute vielleicht mehr Wohlstand haben, als es vor 10, 20, 30 oder 50Jahren der Fall war, für die junge Generation eigentlich einfacher sein müsste, ihr Leben zu gestalten. Ich glaube, dass das so nicht stimmt. Jede Generation hat ihre eigenen Herausforderungen und Probleme. Sie haben heutzutage aber auch unglaubliche Chancen, z. B. die, in einem solchen Parlament miteinander zu diskutieren. Sich in einer sehr komplizierten Welt zurecht zu finden, in der es auch viel Wettbewerb gibt, bedarf auch solcher gemeinsamen Kontakte.

Deshalb herzlichen Dank dafür, dass wir einen kleinen Einblick über Ihr umfangreiches Tun bekommen konnten! Sie hatten bestimmt auch noch nette Abendstunden und ein bisschen etwas zu lachen. Insofern, denke ich, sollten wir solche Veranstaltungen wiederholen. Herzlichen Dank, dass ich hier sein darf!