Redner(in): Bernd Neumann
Datum: 17.10.2006

Untertitel: Kulturstaatsminister Bernd Neumann appellierte in seiner Rede zur Wiedereröffnung des Bode-Museums auf der Berliner Museumsinsel an alle Länder und Kommunen, verantwortungsvoll mit unseren Kulturgütern umzugehen: Unsere Kulturschätze müssen an die nachfolgenden Generationen weitergegeben werden.
Anrede: Anrede,
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): http://www.bundesregierung.de/nn_914560/Content/DE/Archiv16/Rede/2006/10/2006-10-17-rede-neumann-bode-museum,layoutVariant=Druckansicht.html


heute ist ein großer Tag für die Kulturnation Deutschland, für die Kulturpolitik des Bundes und für die Hauptstadt Berlin. Das Bode-Museum, das wir wiedereröffnen, gehört zu den wunderbarsten Museen im Lande. In 66 Räumen vereint es neben dem Münzkabinett über 2.000 Kunstwerke von der Antike bis zum Ende des 18. Jahrhunderts, darunter eine der bedeutendsten Skulpturensammlungen der Welt und mit über 1.700 Exponaten die größte in Europa. Es bietet damit einen atemberaubenden Überblick über die abendländische Bildhauerei, daneben aber auch über die Byzantinische Kunst bis zum Ausklang des preußischen Klassizismus.

Das Bode-Museum gibt diesen Werken mit seiner Architektur einen Rahmen, der seinerseits ein einzigartiges Werk der Baukunst darstellt.

Die Sanierung eines solchen Gebäudes erledigt man nicht über Nacht. Seit den ersten Planungen sind zwölf Jahre ins Land gegangen, die eigentlichen Bauarbeiten haben sieben Jahre in Anspruch genommen. Das ist angesichts der Aufgabe eine bewundernswerte Leistung. Und stellvertretend für alle, die mitgearbeitet haben, möchte ich einigen wenigen danken:

den Architekten, den Herren Christoph Fischer und Heinz Tesar, dem Direktor der Skulpturensammlung und des Museums für Byzantinische Kunst, Herrn Professor Arne Effenberger, und dem Chefrestaurator der Skulpturensammlung, Herrn Bodo Budczynski.

Das Bode-Museum kann erst richtig würdigen, wer es im Zusammenhang der Museumsinsel sieht, die 1999 in die Liste des Weltkulturerbes der UNESCO aufgenommen wurde. Auf weniger als einem Quadratkilometer konzentrieren sich fünf Häuser, die mit Abschluss der Sanierungen zum weltweit größten Universalmuseum für Kunst und Kultur werden und 6.000 Jahre Menschheitsgeschichte dokumentieren.

Hier mitten in Berlin befindet sich unser größtes Nationalmuseum, das kostbarste Glanzstück der Kulturgeschichte in unserem Land. Die Museumsinsel ist die Schatzkammer der Kulturnation Deutschland. Hier ist zu erleben, was Europa in seiner Vielfalt und in seinen Traditionen ausmacht.

Die heutige Wiedereröffnung des Bodemuseums ist deshalb nur eine Etappe auf dem langen Weg der Sanierung der durch den Krieg schwer beschädigten Museumsinsel. Nach der Alten Nationalgalerie, die im Jahr 2001 eröffnet wurde, ist das Bode-Museum nun das zweite sanierte Haus in diesem weltweit einmaligen Ensemble.

Im Jahre 2009 soll diesen beiden Häusern das Neue Museum folgen. Ab 2011 wollen wir die Sanierung des Pergamonmuseums in Angriff nehmen, für deren Planung und Finanzierung haben wir in diesem Frühjahr die Weichen gestellt. Die rechtzeitige Errichtung eines Eingangs- und Empfangsgebäudes, um die Besucherströme optimal zu bewältigen, halte ich für unverzichtbar.

Insgesamt sollen 1,2 Milliarden Euro für den sogenannten Masterplan zur Sanierung bereit gestellt werden. Mehr als 453 Millionen Euro sind bereits ausgegeben worden, davon 162 Millionen für das Bode-Museum.

Wie Sie sehen, haben die Summen, von denen wir hier reden, eine atemberaubende Größenordnung. Wem daher die Sanierung dieses Ensembles nicht schnell genug geht, den darf ich daran erinnern, dass wir hier keine Zweckbauten für eine kurzfristige Nutzung renovieren. Die Sanierung der Museumsinsel ist eine nationale Herausforderung. Wir bauen für Generationen in der Zukunft. Und wir können nicht von Heute auf Morgen erneuern, woran in der Vergangenheit über 100 Jahre gearbeitet wurde.

Mit diesem finanziellen Engagement kommt die Bundesregierung in besonderer Weise auch ihrer Verantwortung für die Gesamtpräsentation unseres Landes in der Hauptstadt Berlin nach, so, wie diese ausdrücklich mit der Föderalismusreform im Grundgesetz verankert wurde. Die Stadt Berlin allein wäre damit überfordert. Aus diesem Grunde werden jährlich über 350 Mio. Euro aus meinem Haushalt für die Kultur der Hauptstadt bezahlt, und für die Sanierung der Staatsoper wurden kürzlich 50 Mio. Euro zusätzlich zugesagt. Berlin kann sich also wirklich nicht beklagen! Die Hauptstadtklausel ist im Bereich der Kultur mehr als erfüllt.

Es gibt aber nicht nur in Berlin, sondern in allen Teilen Deutschlands wertvolles Kulturerbe von nationaler Bedeutung, das wir ebenfalls pflegen und erhalten müssen. Auch hier nimmt der Bund vielfach Mitverantwortung wahr insbesondere in den neuen Bundesländern wie zum Beispiel in Weimar. Auch diese Verpflichtungen sind wichtig.

Grundlegend für das Engagement des Bundes für Kulturprojekte von gesamtstaatlicher Bedeutung ist die Zusammenarbeit mit Ländern und Kommunen. Hier wird erfolgreich kooperativer Föderalismus praktiziert.

Die Entflechtung der Kompetenzen von Bund und Ländern ist für Staatsrechtler immer eine reizvolle Aufgabe, in manchen Bereichen ist sie auch sehr sinnvoll. Für die Kultur in Deutschland wäre sie verheerend. Die Bewahrung unserer künstlerischen Traditionen und unseres kulturellen Erbes sollten, ja müssen wir gemeinsam angehen. Schließlich waren Goethe oder Bach nicht nur gebürtige Hessen oder Thüringer. Sie waren Deutsche. Und darum geht die Bewahrung unseres nationalen bedeutenden Kulturerbes nicht nur die Länder und Kommunen an. Allein wären sie damit ohnehin finanziell überfordert. Sie geht uns alle an.

Mit der Sanierung des Bode-Museums hat der Bund gezeigt, dass er sich diesem Ziel verpflichtet weiß. Wir müssen unser Kulturerbe pflegen und erhalten, weil es Teil unserer Identität als Deutsche und Europäer ist, weil es uns zeigt, woher wir kommen, wem wir verpflichtet und wem wir verbunden sind. Unsere Kunstschätze, ganz gleich, ob es sich um Bücher, Denkmäler, Bilder oder Skulpturen handelt, bewahren die Erinnerung und sind das anschauliche Gedächtnis der Nation. Ein Staat, der ohne Bedenken seine kulturellen Schätze veräußert, verliert seine Geschichte. Deshalb beunruhigt es mich, wenn öffentliche Sammlungen aus kurzsichtigen finanziellen Erwägungen dazu angehalten werden, Stücke aus dem ihnen anvertrauten Kulturerbe zu verkaufen.

Ich kann nur an alle Länder und Kommunen appellieren, verantwortungsvoll mit unseren Kulturgütern umzugehen. Kulturgüter sind keine normalen Handelswaren. Einmal verkauftes Kulturgut ist in der Regel für die Öffentlichkeit unwiederbringlich verloren. Die aktuellen Vorfälle sollten uns zur Wachsamkeit mahnen. Wir alle haben hier eine Verantwortung. Wir müssen die Zeugnisse unserer Vergangenheit, unsere Kulturschätze, an die nachfolgenden Generationen weitergeben.

Wilhelm von Bode, der legendäre Gründer dieses Hauses, hat das Sammeln von Kunstschätzen einmal als die "Freude seines Lebens" bezeichnet. Ich bin der Ansicht, dass das Sammeln, Pflegen und Bewahren von Kunstwerken auch Verpflichtung ist gegenüber künftigen Generationen. Aber es ist eine Verpflichtung, die Freude macht.