Redner(in): Thomas de Maizière
Datum: 19.10.2006

Untertitel: am 19.Oktober2006 in Berlin
Anrede: Sehr geehrte Damen und Herren Bundestagsabgeordnete, sehr geehrter Herr Staatssekretär Lütke Daldrup, sehr geehrte Frau Senatorin Junge-Reyer, sehr geehrter Herr Präsident Uhrlau, meine Damen und Herren,
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): http://www.bundesregierung.de/nn_914560/Content/DE/Archiv16/Rede/2006/10/2006-10-19-chefbk-spatenstich-neubau-bnd-zentrale,layoutVariant=Druckansicht.html


Sperrfrist: Redebeginn

der heutige Spatenstich für die neue Zentrale des Bundesnachrichtendienstes fällt in sicherheitspolitisch bewegte Wochen. Ich will hier nur kurz die Stichworte nennen:

Bundeswehreinsätze vor der Küste des Libanon und im Kongo, Atomfragen in Nordkorea und im Iran, weiterhin instabile Lagen im Irak und in Afghanistan und nicht zuletzt die anhaltende Bedrohung durch den internationalen Terrorismus.

Noch vor weniger als zwei Jahrzehnten ließ sich der Auftrag des BND mit einem Begriff einfach und kurz erfassen: Ostaufklärung. Das hat sich allerdings bis zum heutigen Tage fundamental geändert.

Die bipolare Weltordnung ist Geschichte und damit auch das alte Aufgabenprofil des BND. Die Welt hat ihr Gesicht verändert. Sicherer geworden ist sie leider nicht.

Krisen und bewaffnete Konflikte auch in bislang wenig beachteten Regionen treten in immer kürzerer Folge auf. Sie gewinnen teilweise über Nacht internationale Bedeutung. Ein Beispiel ist der Zerfall von Staaten, was dem Terrorismus Entwicklungsräume und Rückzugsgebiete schafft. Die Lage ist insgesamt unübersichtlicher geworden.

Deutschlands Beitrag zur Wahrung und Schaffung des Friedens beschränkt sich nicht mehr auf politische oder materielle Hilfeleistungen. Im Rahmen unserer Bündnisverpflichtungen, als Mitglied der Vereinten Nationen und als eine der leistungsfähigsten Wirtschaftsnationen stehen wir in besonderer Verantwortung.

Mehr Verantwortung führt zu einem höheren Beratungsbedarf für die Bundesregierung. Zeitnahe Unterrichtung ist heute unverzichtbar.

Der BND ist auch ein wesentlicher Teil der deutschen Sicherheitsarchitektur. Eine leistungsfähige Auslandsaufklärung ist für die Bundesrepublik Deutschland überlebensnotwendig.

Wenn der Anspruch an die Leistungen des BND in der Welt von heute hoch ist, muss dieser auch in die Lage versetzt werden, seine Aufgabe gut zu erfüllen. Der Neubau, für den wir heute den ersten Spatenstich vornehmen, schafft dafür eine entscheidende logistische Voraussetzung.

In Sichtweite der Bundesregierung entsteht die modernste Zentrale eines Nachrichtendienstes in Europa. Mit dem Neubau in Berlin wird der nicht mehr tragbare Zustand beendet, dass der BND so weit wie kein anderer Nachrichtendienst der Welt vom Regierungssitz entfernt ist.

Dies ist keine Kritik an der bisherigen Arbeit des BND. Der BND hat zu Zeiten der Ost-West-Konfrontation aus Pullach wesentlich zur Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland beigetragen. Doch die sich mitunter schnell ändernde Lage in der Welt erfordert neue Antworten.

Ich weiß, dass es unter den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des BND auch Skepsis gegenüber der Verlagerung der Behörde nach Berlin gibt. Seien Sie gewiss, das Projekt ist sorgfältig abgewogen worden. Und letztlich können nicht Mitarbeiter über den Dienstsitz entscheiden.

Der Weg von Pullach nach Berlin ist weit. Dies gilt nicht nur geografisch, sondern auch für das Selbstverständnis der Behörde. Der Gedanke der Dienstleistung wird im BND zukünftig noch stärker im Zentrum der Arbeit stehen. So weit es für einen Nachrichtendienst möglich ist, soll die Arbeit auch für die Bürgerinnen und Bürger transparent werden. Deshalb wird im Neubau ein Besucherzentrum eingerichtet.

Der Neubau ist eine der größten baulichen Investitionen in der jüngeren Geschichte der Bundesrepublik. Ich will es hier offen sagen: Angesichts der Situation des Bundeshaltes war dies keine einfache Entscheidung. Ich danke den Abgeordneten des Deutschen Bundestages sehr herzlich für diese Entscheidung.

Sie ist allein gerechtfertigt durch die Bedeutung des Auftrages des BND für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland. Wir alle wollen mit dem zur Verfügung gestellten Geld sorgsam umgehen und werden dem zuständigen Parlamentsgremium darüber regelmäßig Bericht erstatten. Wir wollen hier einen der leistungsfähigsten Nachrichtendienste der Welt schaffen. Die bessere Qualität der Arbeit soll die Antwort und der Dank des BND sein für diese große Investition. Nach dem Einzug in das neue Haus im Jahr 2012 werden hier rund 4000 Mitarbeiter für die Sicherheit unseres Landes arbeiten.

Ich hoffe, dass es gelingt, dieses hochgesteckte Ziel zu erreichen und wünsche allen an diesem Bauprojekt Beteiligten eine erfolgreiche Arbeit, und natürlich dem Projekt selbst einen termin- und kostengerechten Verlauf.