Redner(in): Angela Merkel
Datum: 25.10.2006
Untertitel: Die Deutsch-Atlantische Gesellschaft bemüht sich seit 50 Jahren um die Verankerung der Nato in der Gesellschaft. Beim Festakt in Berlinsprach Bundeskanzlerin AngelaMerkel über die Zukunftsaufgaben destransatlantischen Bündnisses: Stabilisierung Afghanistans, Kampf gegen dieWeiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen,Zusammenarbeit mitRussland und der EU.
Anrede: Anrede,
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): http://www.bundesregierung.de/nn_914560/Content/DE/Archiv16/Rede/2006/10/2006-10-24-rede-bkin-dt-atlantische-gesellschaft,layoutVariant=Druckansicht.html
Sehr geehrter Herr Kollege, lieber Ruprecht Polenz,
liebe Kolleginnen und Kollegen aus dem Deutschen Bundestag,
sehr geehrter Herr Generalsekretär,
Herr Ricke,
meine Damen und Herren Exzellenzen,
Herr Staatssekretär
und die große Festversammlung im Allgemeinen!
Ich gratuliere ganz herzlich zu 50Jahren Deutsche Atlantische Gesellschaft. Ich freue mich, dass wir hier so zahlreich auf diese 50Jahre blicken und dass wir vor allen Dingen auch ein Stück in die Zukunft blicken können.
Seit Jahrzehnten leistet die Deutsche Atlantische Gesellschaft einen wichtigen Beitrag zur Verankerung der NATO in der Gesellschaft. Sie informiert die Öffentlichkeit über ihre Politik. Sie erläutert interessierten Bürgerinnen und Bürgern immer wieder ihre Zielsetzungen und Instrumente. Wenn wir auf die 50Jahre zurückblicken, dann war das nicht immer nur einfach.
Heute wird die NATO in Deutschland und auch weltweit von sehr vielen als Garant von Frieden, Sicherheit und Stabilität wahrgenommen? ein Garant, der auf der Grundlage von Freiheit und Demokratie, Menschenrechten und Rechtsstaatlichkeit steht. Wir müssen auch der Tatsache ins Auge sehen, dass es Gegenden auf der Welt gibt, wo diese Akzeptanz verbessert werden muss. Auch das wird eine Aufgabe für die Zukunft sein.
Die positive Wahrnehmung von einem großen Teil der Deutschen hat auch etwas mit der Deutschen Atlantischen Gesellschaft und ihrer Informations- und Kommunikationsarbeit zu tun. Deshalb möchte ich all denen, die sich hierbei verdient gemacht haben, ein ganz herzliches Dankeschön sagen.
Meine Damen und Herren, die Sicherheit in Europa und der Welt? darüber hat eben auch der NATO-Generalsekretär gesprochen? steht heute vor einer Vielzahl völlig neuer, vor allen Dingen auch asymmetrischer Bedrohungen. Es ist heute ein gutes und wichtiges Zeichen gewesen, dass die Bundesregierung nach 12Jahren wieder ein Weißbuch verabschiedet hat, das sich einem neuen Sicherheitsbegriff stellt, das die neuen Bedrohungen ins Auge nimmt und das vor allen Dingen auch die Notwendigkeit einer vernetzten Arbeit betont, um Sicherheit herzustellen. Die militärische Komponente ist eine dabei. Die politische, die zivilrechtliche, die Nicht-Regierungsperspektive und der Aufbau von Institutionen? all das gehört dazu, wenn es um die Bewältigung asymmetrischer Bedrohungen geht.
Der internationale Terrorismus, die Proliferation von Massenvernichtungswaffen, regionale Konflikte, instabile Staaten oder gar der Zerfall staatlicher Ordnungen haben heute für uns oft kaum vorhersehbare und schwer abzuwägende Folgen. Wenn sich die Bedrohungslage auch gegenüber der Zeit des Kalten Krieges verändert hat, steht dennoch eines fest: Die NATO ist und bleibt der Anker der deutschen Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Sie ist und bleibt der zentrale Ort des transatlantischen sicherheitspolitischen Dialogs.
Dass ich sagen kann "das bleibt so", hat auch etwas damit zu tun, dass die NATO, wie ich finde, auf eindrucksvolle Weise bewiesen hat, dass sie sich der veränderten Weltlage gestellt hat. Die Bedrohung der eigenen Sicherheit lässt sich heute nicht mehr geographisch eingrenzen. Dem tragen die friedensunterstützenden Maßnahmen der Allianz Rechnung.
Meine Damen und Herren, ich habe vorhin mit dem Generalsekretär der NATO in einem kurzen Gespräch auch über die Vorbereitung des Gipfels in Riga Ende November gesprochen. Ich glaube, dieser Gipfel wird eine hervorragende Gelegenheit bieten, eine Zwischenbilanz zu ziehen. Denn das Gesicht der NATO hat sich durch die Aufnahme von zehn Staaten des ehemaligen Ostblocks stark gewandelt. Hier liegt eine unglaubliche Integrationsarbeit hinter uns und wird auch noch geleistet.
Auf den letzten NATO-Gipfeln in Prag und in Istanbul wurde die politische und militärische Transformation des Bündnisses auf einen guten Weg gebracht. Seither wurden einige Fortschritte erzielt, so z. B. bei der Einsatzbereitschaft der "NATO Response Force". Die Handlungsfähigkeit der NATO soll nun in Riga? und dazu werden unsere Unterredungen dienen? weiter gestärkt werden. Natürlich beweist sich die Handlungsfähigkeit der NATO vor allen Dingen auch in den einzelnen Missionen.
Deshalb wird im Zentrum der einzelnen Diskussion in Riga auch das Thema Afghanistan stehen. Ich glaube, sagen zu können? und darin sind wir uns einig? , dass die Stabilisierung Afghanistans derzeit eine der größten Herausforderungen für die NATO und ihre Mitgliedstaaten ist. Sie ist gleichsam so etwas wie ein Lackmustest für ein erfolgreiches Krisenmanagement und für eine handlungsfähige NATO.
Wenn ich das an diesem Tag sage, dann muss ich eine Bemerkung zu einem aktuellen Ereignis machen. Wir haben heute Bilder gesehen oder mussten Bilder sehen, die schockierend sind, die abscheulich sind und die durch nichts zu entschuldigen sind. Die Bundesregierung wird gegen die Soldaten, die dabei eine Rolle spielen, ermitteln und mit aller Härte durchgreifen. Ein solches Verhalten ist durch nichts zu entschuldigen.
Die Missionen in Afghanistan sind aber notwendig. Deutschland hat bewiesen, dass es bei diesen Missionen in Afghanistan um seine Verantwortung weiß; sowohl im Zusammenhang mit ISAF als auch im Zusammenhang mit "Enduring Freedom" und auch darüber hinaus.
Aber wir wissen inzwischen auch: Militärische Maßnahmen allein reichen zur Stabilisierung Afghanistans nicht aus. Deshalb haben wir als Bundesregierung in einem sehr umfassenden Konzept für Afghanistan Akzente gesetzt, die weit über die militärische Komponente hinausgehen. Ich glaube, wir sind es unseren Soldatinnen und Soldaten auch schuldig, dass wir die militärische Komponente in andere Bereiche einbauen, um zum Schluss auch wirklich politischen Erfolg erzielen zu können.
Dabei leitet uns der schon von mir genannte umfassende Sicherheitsbegriff, den wir jetzt auch im Weißbuch verankert haben: Nur im Verbund mit zivilen Bemühungen kommt es zu einem vernünftigen Wiederaufbau. Ich glaube, es kommt auch darauf an, dass wir an vielen Stellen einen längeren Atem haben müssen, als wir uns das manchmal am Beginn einer Mission vorstellen.
Wir müssen aus der Perspektive der Menschen in Afghanistan denken. Die Menschen müssen dort vor allen Dingen die Änderung hin zum Besseren verspüren. Sie müssen erkennen, dass es sich lohnt, sich mit der internationalen Gemeinschaft auf einen Weg zu mehr Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zu machen. Das muss dort, wo es nicht unmilitärisch geht, natürlich auch durch militärische Komponenten durchgesetzt werden. Aber dazu gehört auch sehr viel Überzeugungsarbeit. Dazu gehört sehr viel Kenntnis der dortigen Kultur. Dies sage ich nur exemplarisch für viele andere Missionen, die auch vor uns liegen oder die wir bewältigen.
Meine Damen und Herren, die Erweiterung der NATO hat die Sicherheit und Stabilität in Europa gefestigt. Mehr noch: Sie hat auch wichtige Anreize zur Demokratisierung sowie für wirtschaftliche und gesellschaftliche Reformen in anderen beitrittswilligen Ländern geschaffen. Dieser Prozess sollte und wird auch fortgesetzt werden.
Albanien, Kroatien und Mazedonien haben auf ihrem Weg in die Allianz Fortschritte gemacht. Aber es liegt auch noch ein Stück Weg vor ihnen. Die Stabilität des westlichen Balkans bleibt unverzichtbar für die Stabilität in Europa insgesamt. Ich glaube, dies haben wir in den 90er Jahren leidvoll erfahren müssen. Daher möchte ich diese Länder ermutigen, in ihren Reformanstrengungen auf gar keinen Fall nachzulassen.
Die Annäherung an das Bündnis hängt von sichtbaren und messbaren Erfolgen ab und natürlich? und das war für die NATO immer von entscheidender Bedeutung? von der Übereinstimmung mit den Werten der Allianz. Dazu gehört auch die Fähigkeit und der Wille zur friedlichen Lösung von Konflikten. In diesem Sinne wird die NATO ihren so genannten "Intensivierten Dialog" mit der Ukraine und Georgien auch weiterführen.
Meine Damen und Herren, seit 1990 bildet das Netz der NATO-Partnerschaften ein ganz wesentliches Kapitel der Erfolge der "neuen" NATO. Diese Partnerschaften sind nicht nur Ausdruck unseres Bekenntnisses zu gesamteuropäischer Stabilität und zu kooperativer Sicherheit. Diese Partnerschaften haben auch die Grundlage dafür geschaffen, dass sich die NATO heute globalen Herausforderungen erfolgreich stellen kann. Wir setzen dabei immer wieder auf die bewährte praktische Zusammenarbeit im Rahmen von Operationen. Neue Strukturen zu schaffen? davon bin ich überzeugt? wäre dagegen der falsche Weg.
Besondere Bedeutung kommt der stärkeren Einbindung Russlands zu. Ich finde, wir sollten den NATO-Russland-Rat noch intensiver als bisher nutzen: Zur Vertrauensbildung, zur Vorbereitung auf gemeinsame Einsätze und letztlich auch zur Zusammenarbeit beim Schutz vor Gefahren und Bedrohungen. Das Miteinandersprechen, auch das offene Miteinandersprechen über unterschiedliche Sichtweisen, ist allemal besser als das Ignorieren oder das Reden übereinander.
Wir setzen uns für eine engere Zusammenarbeit mit regionalen und internationalen Organisationen ein? etwa mit den Vereinten Nationen oder, wie im Falle Darfurs, mit der Afrikanischen Union.
Ein besonderes Anliegen der Bundesregierung ist es? auch darüber haben wir beide eben gesprochen? , die Zusammenarbeit zwischen NATO und EU zu intensivieren. Dazu müssen und werden wir auch schnell kommen, wie das Beispiel Kosovo zeigt. Dort möchte die EU nach Abschluss der Statusgespräche die Verantwortung für den Polizei- und Justizbereich übernehmen. Die NATO wird auch weiterhin für die Gewährleistung der Sicherheit unverzichtbar sein. Aber dann arbeiten EU und NATO Seite an Seite. Das muss funktionieren. Deshalb werden wir im Rahmen unserer deutschen Präsidentschaft im ersten Halbjahr 2007 alle Kraft daran setzen, hierfür auch die Voraussetzungen zu schaffen. Es kann nicht sein, dass Reibungsverluste immer wieder dazu führen, dass letztendlich diese Kooperation nicht zufriedenstellend ist. Man muss sagen: Sie ist heute nicht zufriedenstellend.
Meine Damen und Herren, die transatlantischen Beziehungen bleiben neben der europäischen Integration unverrückbarer Pfeiler der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik. Das vertrauensvolle und freundschaftliche Verhältnis mit den Vereinigten Staaten von Amerika hat aus der Vergangenheit für uns Deutsche eine ganz besondere Bedeutung. Aber dies wird auch in Zukunft so bleiben.
Ein verlässliches transatlantisches Bündnis ist für uns absolut unverzichtbar. Ich bin davon überzeugt, dass es nicht nur für uns unverzichtbar, sondern auch für die Vereinigten Staaten von Amerika unverzichtbar ist. Schließlich dient das transatlantische Bündnis europäischen Interessen genauso wie amerikanischen Interessen. Wir stehen für die gemeinsamen Werte Freiheit und Demokratie, für Frieden und Freundschaft.
Über Jahrzehnte hinweg haben die Vereinigten Staaten gemeinsam mit anderen europäischen Partnern die Hoffnung auf eine deutsche Wiedervereinigung in Frieden und Freiheit aufrechterhalten. Nicht nur der Traum dieser Wiedervereinigung ist Wirklichkeit geworden, sondern auch ganz Europa findet immer weiter zueinander. Viele Millionen Europäer haben wie ich nach 1989 auch ganz persönlich erfahren, was es bedeutet, zu dieser transatlantischen Wertegemeinschaft zu gehören. Demokratie, Freiheit, Achtung der Menschenrechte, rechtsstaatliche und demokratische Kontrolle der staatlichen Gewalt, das Bekenntnis zum friedlichen Zusammenleben der Völker diese Werte der atlantischen Allianz waren und bleiben Grundlage auch beim Bau eines freien und gemeinsamen Europas.
Ich glaube, man kann sagen - manches ist für uns schon so selbstverständlich, dass man es nur noch selten ausspricht: Die Einigung Europas in Freiheit wäre ohne die Präsenz und das Engagement Amerikas auf unserem Kontinent nicht möglich gewesen. Deshalb geht es für mich auch in einem geeinten Europa nicht darum, ein Gegengewicht zu den Vereinigten Staaten von Amerika darzustellen, sondern Partnerschaft und Freundschaft zu demonstrieren, die nicht ausschließen, dass man in bestimmten Punkten auch unterschiedlicher Auffassung ist oder sich freimütig die Meinung sagt.
Ein starkes Amerika liegt im Interesse Europas. Eine starke EU mit aktivem politischen Gestaltungswillen und der Bereitschaft und Fähigkeit, diesen auch umzusetzen, liegt im Interesse Amerikas. Angesichts der neuen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts gilt es? vor allen Dingen angesichts der vielen Herausforderungen jenseits Europas und der Vereinigten Staaten von Amerika? , die Kräfte von uns allen zu bündeln. Wir wissen, dass die Kernaufgabe noch für eine längere Zeit der Kampf gegen den internationalen Terrorismus bleiben wird. Terrorismus unterscheidet nicht zwischen Nationalität, Herkunft, Hautfarbe oder Religion. Der NATO-Generalsekretär hat eben gesagt, Terrorismus habe kein Gesicht. Er ist menschenverachtend und bedroht uns alle. Entscheidend für den Erfolg von Gegenmaßnahmen ist und bleibt eine funktionierende Zusammenarbeit der internationalen Staatengemeinschaft.
Auch hier gilt wieder: Wir werden diesen Kampf nicht allein mit militärischen Mitteln gewinnen, sondern wir müssen die Herzen und Köpfe der Menschen gewinnen. Daher gilt es gerade bei der Bekämpfung des Terrorismus, grundsätzliche Werte zu beachten und zu stärken: Bildung, Informations- und Meinungsfreiheit ebenso wie Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Einhaltung der Menschenrechte insgesamt.
Meine Damen und Herren, der Nahost-Friedensprozess steht im Zentrum internationaler Bemühungen. Wir haben das in diesem Sommer in ganz besonderer Weise erfahren. Unsere Entscheidung für einen militärischen Beitrag Deutschlands zur Stabilisierung des Libanon ist uns nicht leicht gefallen. Wir haben sie umfassend diskutiert. Es ist für Deutschland ein völlig neuer Schritt, Engagement in einer Region zu übernehmen, die sehr stark mit unserer eigenen Geschichte verwoben ist.
Aber wir sind davon überzeugt: Eine gute Zukunft des Nahen Ostens ist auch für unsere eigene Sicherheit in Europa von hohem Interesse. Als verantwortliche europäische Partner bringen wir uns daher in die Mission der Vereinten Nationen ein. Aber genauso, wie wir uns in die UNIFIL-Mission einbringen, engagieren wir uns auch im politischen Prozess. Denn auch hier gilt das, was überall gilt: Militärische Stabilisierung allein wird es nicht schaffen, sondern politische Prozesse gehören dazu. Das eine kann ohne das andere nicht gelingen. Auch hier wird wieder eine ganz enge Kooperation zwischen der Europäischen Union und den USA notwendig sein. Ich denke, dass z. B. das Nahost-Quartett eine Voraussetzung bieten könnte, um zumindest im israelisch-palästinensischen Konflikt endlich wieder Fortschritte zu erzielen.
Ich sage das mit einer gewissen Sorge: Wir dürfen nicht aus der Tatsache einer Waffenruhe im Augenblick und der Arbeit in der UNIFIL-Mission die Schlussfolgerung ziehen, dass wir uns deshalb um den politischen Prozess nicht zu kümmern haben. Deshalb wird es notwendig sein - Deutschland will auch hier in seiner Ratspräsidentschaft versuchen, aktiv zu sein - , diesen Konflikt schrittweise einer Lösung zuzuführen. Wir wissen alle, wie schwierig das ist.
Gegenüber dem Iran ist unsere gemeinsame Linie unmissverständlich: Es darf kein iranisches Atomwaffenprogramm geben. Auch hier hat sich wieder gezeigt: Wenn es überhaupt Fortschritte geben soll, dann geht dies nur in einer internationalen Gemeinschaft, die in diesem Fall übrigens über die Europäische Union und Amerika hinausreicht. Es ist bedauerlich, dass der Iran bisher keine Bereitschaft zur Erfüllung der Forderungen der internationalen Gemeinschaft erkennen lassen hat. Daher blieb uns auch keine Wahl, als den Weg über eine Sanktionsresolution im UN-Sicherheitsrat zu gehen. Auch hier ist wieder sehr erfreulich, dass dieser Weg bisher gemeinsam von den Ständigen Mitgliedern des Sicherheitsrates gegangen wird. Die Autorität des Sicherheitsrates? und auch das ist in dem Zusammenhang ganz wichtig? muss gewahrt bleiben. Die iranische Regierung weiß, dass die Tür zu Verhandlungen offen bleibt. Aber es kann nicht sein, dass über Monate hinweg keinerlei Reaktion erfolgt.
Meine Damen und Herren, die Bundesregierung ist entschlossen, den transatlantischen Dialog auf allen Ebenen zu intensivieren. Nicht nur Entscheidungsträger sollen miteinander im Gespräch sein. Genauso wichtig - das sage ich mit allem Nachdruck, insbesondere nach dem Ende des Kalten Krieges - ist der Dialog der Zivilgesellschaft, vor allem der jungen Menschen. Gerade der Jugend- und Studentenaustausch prägt das Verständnis füreinander und das gedeihliche Miteinander offener Gesellschaften.
Deshalb freut es mich auch ganz besonders, dass die Deutsche Atlantische Gesellschaft heute "Nachwuchs" bekommen hat. Vor wenigen Stunden wurde die "Youth Atlantic Treaty Organisation Germany" gegründet. Damit wird unterstrichen: Auch junge Menschen engagieren sich in einem so wichtigen Bereich wie der Sicherheitspolitik. Dass Sie so viele junge Mitglieder haben, zeigt auch, dass junge Menschen heute ein klares Empfinden dafür haben, dass mit dem Ende des Kalten Krieges sicherheitspolitische Fragen nicht etwa keine Rolle mehr spielen, sondern dass wir vor vollständig neuen Aufgaben stehen. Deshalb wünsche ich all denen, die in der "Youth Atlantic Treaty Organisation Germany" mitmachen, viel Erfolg, viel Freude, viel Kraft und viel Kreativität.
Meine Damen und Herren, hier in diesem Kreise sitzen viele, die sich ganz selbstverständlich um die transatlantische Partnerschaft verdient gemacht haben. Ich kann hier leider nicht alle nennen, auch nicht alle Unternehmen, von denen sich auch einige im Atrium präsentieren. Aber die wirtschaftliche Kooperation ist natürlich auch einer der großen Pfeiler transatlantischer Beziehungen. Deshalb werden wir auch versuchen, alles Notwendige zu unternehmen, um die wirtschaftlichen Verflechtungen zu intensivieren und hierzu politisch vernünftige Rahmenbedingungen zu schaffen.
Über 3.000 deutsche Unternehmen sind in den Vereinigten Staaten aktiv. Sie sichern damit fast eine dreiviertel Million Arbeitsplätze. Umgekehrt sind die Vereinigten Staaten der größte ausländische Investor in Deutschland und beschäftigen hier über eine halbe Million Menschen. Das gemeinsame Handelsvolumen beläuft sich auf rund 100Milliarden Dollar. Auch das ist interessant: Jedes Jahr reisen über 8Millionen Menschen zwischen den USA und Deutschland hin und her. Täglich werden anderthalb Millionen E-Mails zwischen unseren Ländern gewechselt. Sie sehen also: Es gibt eine ganz enge Verflechtung.
Aber wir in Europa wissen auch: Wir müssen darum kämpfen, weiter ein Partner der Vereinigten Staaten von Amerika zu sein. Deshalb freue ich mich, dass gerade in Fragen von Innovation und Forschung große amerikanische Unternehmen auch wieder ihren Platz in Deutschland sehen. Darum wollen wir auch werben. Wir brauchen dazu einen freien Handel. Ein Bekenntnis zum freien Handel ist wichtig. Hier steht auch die Europäische Union in der Pflicht. Denn wenn wir die Herausforderungen der Globalisierung mit Protektionismus beantworten würden, dann wäre dies genau der falsche Weg.
Meine Damen und Herren, ich darf sagen: Unsere Partnerschaft steht auf einem soliden Fundament. Dieses Fundament hat auch immer wieder seine Belastbarkeit gezeigt - gerade auch im Umgang mit schwierigen Themen, wenn ich an den Umweltschutz denke, an das Kyoto-Abkommen oder auch an angemessene Mittel im Kampf gegen den Terrorismus.
Ich darf Ihnen mit meiner Erfahrung als Bundeskanzlerin versichern, dass unsere Gespräche immer vom gegenseitigen Vertrauen und dem Bemühen geprägt sind, in einem politischen Dialog zu gemeinsamen Positionen zu kommen und sehr offen und redlich miteinander zu diskutieren. Wir müssen diesen transatlantischen Dialog auf allen Ebenen weiter intensivieren. Nichts wäre schlimmer, als sich voneinander abzuwenden, wenn man einmal nicht der gleichen Meinung ist. Dieser Dialog wird vor allem dann erfolgreich sein, wenn er über die politischen Entscheidungsträger hinaus in alle Teile der Gesellschaft getragen wird. Sie hier repräsentieren das. Das ist auch der Grund, warum ich sehr froh bin, heute zum Jubiläum der Deutschen Atlantischen Gesellschaft sprechen zu dürfen.
Ihre vielzählige Anwesenheit heute zeigt: Wir müssen uns keine Bange machen, dass Sie nicht motiviert sind, die nächsten fünfzig Jahre der Deutschen Atlantischen Gesellschaft in Angriff zu nehmen. Ich danke dem Präsidenten, dem Vizepräsidenten, allen Verantwortlichen und allen Mitgliedern und wünsche Ihnen viel Kraft und Elan und heute eine gute Feierstunde.