Redner(in): Angela Merkel
Datum: 02.11.2006

Untertitel: an Franz Beckenbauer im Rahmen der Publisher"s Night am 2. November 2006 in Berlin
Anrede: Lieber Franz Beckenbauer, sehr geehrte Damen und Herren,
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): http://www.bundesregierung.de/nn_914560/Content/DE/Archiv16/Rede/2006/11/2006-11-02-laudatio-bkin-franz-beckenbauer,layoutVariant=Druckansicht.html


es ist mir natürlich eine sehr, sehr große Freude, heute Abend zur Publisher "s Night 2006 die Laudatio zur Verleihung des Ehrenpreises halten zu dürfen. Die" Ehren-Victoria " geht an einen Mann. Dass Franz Beckenbauer dieser Mann ist, versteht sich in diesem Jahr eigentlich von selbst.

Sie haben sich für das schönste Ereignis dieses Jahres in Deutschland

für viele Menschen war es auch eines der schönsten Ereignisse in der ganzen Welt

unermüdlich eingesetzt. Deshalb braucht man nicht zu betonen, dass diese Auszeichnung nun wirklich Ihnen gebührt

wie viele andere vielleicht auch.

Was ist vor der Weltmeisterschaft nicht alles geschrieben worden. Man war froh, dass sie bei uns stattfand. Aber in den Monaten davor waren die Stadien nicht ganz ohne Mängel und die Sicherheitsfrage noch nicht genau geklärt. Die Risikobetrachtungen gingen sozusagen ins Unermessliche. Vielleicht ist es auch gut, dass die Deutschen die Fähigkeit haben, Risiken schon einmal virtuell abzuarbeiten, damit sie dann real nicht mehr so häufig eintreten.

Sie, lieber Franz Beckenbauer, waren immer ruhig, gelassen, konzentriert, weil Sie an das Projekt geglaubt haben. Im Übrigen haben Sie an dieses Projekt schon weit vor seinem Stattfinden geglaubt. Als Sie im Juli 2000 das positive Ergebnis hören konnten, lag wahrscheinlich schon ein Riesenbrocken Arbeit hinter Ihnen. Denn man muss es erst einmal schaffen, die FIFA zu überzeugen. Schon beim Präsidenten ist das nicht ganz einfach, aber auch bei den anderen soll es manchmal schwierig sein. Sie haben es aber geschafft, weil Sie an das Projekt geglaubt haben, weil Sie es für wichtig erachtet haben.

Sie sind dann Präsident eines Organisationskomitees geworden, das viele, viele schwierige Fragen zu meistern hatte und das alles systematisch vorbereitet hat. In der Endphase der Vorbereitung sind Sie auf die vielleicht genialste Idee gekommen. Diese haben wir eben verfolgen können. Sie haben sich eine Reise um die Welt gegönnt. Ich darf Ihnen sagen: Wo immer ich bei meinen Antrittsbesuchen ankam

das waren immer Fußballnationen dann war eigentlich der wichtigste Mann des Landes schon da gewesen."Do you know Franz Beckenbauer? Of course, he is such a nice guy." Und so weiter und so fort. Die Welt schwärmt also von Ihnen. Sie wissen das. Sie haben es ganz toll gemacht.

Die "Welcome-Tour" hat das Motto "Die Welt zu Gast bei Freunden" im Grunde der ganzen Welt nahe gebracht. Ich glaube, Sie haben etwas nach dieser Reise zu uns zurückgebracht

wir haben oft darüber gesprochen was auch etwas über Fußball in anderen Regionen dieser Erde aussagt. Bei uns findet das ja alles unter relativ geordneten Bedingungen und in gut ausgerüsteten Stadien statt. Aber wir durften erleben, welche Faszination in Ländern Fußball mit sich bringt, in denen man froh ist, wenn man überhaupt einen Ball hat, in Ländern, die keine schönen Stadien haben. Sie haben durch Ihre Anwesenheit diesen Menschen gezeigt: Fußball verbindet, Fußball macht vieles möglich. Schaun "mer mal"

das war schon immer Ihr Motto. Das hat sich jetzt auch bewährt. Dass diese Weltmeisterschaft so möglich wurde, ist das Ergebnis eines längeren Lebensweges. Dass Sie die Routine, die Ruhe, die Nerven, das Wissen hatten, hängt damit zusammen; auch dass Sie ein Mann sind, der für und mit dem Fußball in allen Facetten gelebt hat und immer noch lebt. Sie haben uns als Spieler begeistert; alle haben noch Szenen vor Augen. Sie haben uns als Teamchef begeistert. Sie haben damit ein tiefes Verständnis für Fußball entwickelt, das weit über den Fußball hinaus Deutschland geprägt hat.

Manche fragen sich, wenn man Sie so beobachtet

und ich habe das oft gemacht Wie macht der das alles? Ich glaube, es gibt eine Sache, die man Ihnen vielleicht nicht abnimmt, weil man denkt, er muss noch ein ganz besonderes Geheimnis haben. Aber ich glaube, Sie ruhen einfach in sich selbst. Sie haben die Fähigkeit, das in dem Moment zu machen, was Sie gerade machen wollen. Sie haben die Fähigkeit, nicht an das Vorige und an das Übernächste zu denken, sondern einfach in der Zeit an dem Ort zu leben, wo es notwendig ist.

Mit dieser Kraft, genießen zu können, die Dinge zu bedenken, sie dann auch leben zu können, ab und an auch einmal ein sehr hartes Wort zu sagen, was bei Ihnen dadurch so auffällt, weil Sie meistens ganz gelassen und ruhig sind, dann aber auch einstecken zu können, wenn Ihnen einer etwas entgegenhält, habe ich Sie kennen gelernt. Ich wünsche mir, dass Sie so bleiben. Ich weiß: Die Welt erwartet noch manches von Ihnen.

Für Deutschland haben Sie viel getan. Sie engagieren sich in Stiftungen. Ich werde jetzt nicht konkreter. Ich treffe ab und zu Leute auf der Welt, die auch noch einmal etwas in Sachen Fußball bewegen wollen. Sie setzen viele Hoffnungen auf Franz Beckenbauer. Deshalb, lieber Franz Beckenbauer, möchte ich Ihnen ein ganz herzliches Dankeschön sagen - ein Dankeschön im Namen von Millionen Deutschen, die, wenn Sie sie sehen, einfach wissen, dass es klappt, was Sie anpacken. Ich möchte Ihnen ein Dankeschön im Namen von Millionen Menschen sagen, die von Ihrem Engagement profitiert haben.

Eine herzliche Bitte - "there is no free lunch in this world" : Der Preis hier ist auch nicht umsonst. Machen Sie weiter. Seien Sie weiter engagiert. Denken Sie sich neue Projekte aus. Helfen Sie da, wo der Fußball in Not ist, dann wird er für viele Menschen weiter eine Freude sein.

Ich gratuliere Ihnen ganz, ganz herzlich zur "Ehren-Victoria". Wenn ich einmal richtig in der Bredouille bin, dann denke ich immer: Bewahre die Ruhe von Franz Beckenbauer und dann geht es schon weiter.

Herzlichen Dank, dass ich hier heute laudatieren durfte!