Redner(in): Angela Merkel
Datum: 06.11.2006

Untertitel: des Bundesverbandes der Deutschen Tourismuswirtschaft
Anrede: Sehr geehrter Herr Präsident Laepple, meine Damen und Herren,
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): http://www.bundesregierung.de/nn_914560/Content/DE/Archiv16/Rede/2006/11/2006-11-06-rede-bkin-tourismusgipfel,layoutVariant=Druckansicht.html


ich bin heute gerne zu Ihnen gekommen nicht, weil ich von Ihnen hören wollte, dass Sie manchmal drei Tage lang nach Berlin kommen müssen und dass Düsseldorf auch schön ist. Ich könnte Ihnen die Ostsee empfehlen, wo ich meinen Wahlkreis habe. Wenn Ernst Hinsken im Raum ist, darf man den Bayerischen Wald nicht vergessen; sonst bekommt man hinterher gleich zehn Aufforderungen, dorthin zu kommen.

Lieber Herr Präsident Laepple, Sie haben darüber gesprochen, dass Sie sich einen Parlamentarischen Staatssekretär für Tourismus hätten vorstellen können. Aber ich sage Ihnen aus meiner Erfahrung: Einen solchen Vertreter des deutschen Tourismus wie Ernst Hinsken bekommen Sie sowieso nicht wieder. Dass er diese Aufgaben wahrnimmt, ist das Allerwichtigste egal, in welcher Anbindung. Er tut es mit Leidenschaft und mit großer Verve. Das schmälert die Leistung der Kollegin Mortler natürlich überhaupt nicht. Uns muss nur etwas misstrauisch stimmen, dass sie beide aus Bayern kommen. Das macht mich dann doch etwas unruhig. Wenn wir sie zu etwas mahnen müssen, dann allenfalls zu gesamtdeutschem Engagement. Aber auch da weiß ich, dass Ernst Hinsken Deutschland insgesamt vertritt.

Meine Damen und Herren, Sie vertreten eine Branche, die etwas über unser Land sagt und die etwas aus unserem Land in andere Teile der Welt hineinbringt. Wir wissen Ihre Arbeit und auch das Zusammenwirken mit Ihnen natürlich nicht nur zu schätzen, sondern sind uns auch bewusst, dass dies immer in einem konstruktiven Dialog stehen muss. Denn wenn wir daran denken, dass bereits jeder dritte Gast in Berlin aus dem Ausland stammt in Frankfurt ist es schon jeder zweite, oder wenn wir daran denken, dass die Deutschen Reiseweltmeister sind und in vielen anderen Regionen der Welt unser Land auch vertreten, so wissen wir, dass Tourismus einfach eine lebendige Branche ist eine Branche, die etwas mit Menschen zu tun hat, eine Branche, die angesichts des Wandels der Lebenswirklichkeiten der Menschen natürlich auch selbst einem unglaublichen Wandel unterworfen ist.

Nichts ist sensibler als die Wünsche von Menschen. Wie verbringe ich meine Freizeit? Wo wähle ich mir ein Angebot während meiner Geschäftsreisen aus? Auf welche Arten und Weisen verbringen Menschen gerne Zeit woanders? Wofür interessieren sie sich? Insofern muss die gesamte Branche das Ohr unglaublich nah bei den einzelnen Bürgerinnen und Bürgern haben. Sie muss einerseits sehr kurzfristig entscheiden wir wissen, wie kurzfristige Störungen auf Ihre Branche wirken können, verbunden mit erheblichen wirtschaftlichen Risiken, und sie muss andererseits strategisch langfristige Entscheidungen treffen, um sich interessante Urlaubsgebiete zu sichern, um Investitionen hier in Deutschland durchzuführen.

Wenn man dann noch weiß, dass vieles in diesem Bereich mittelständisch geprägt ist, dass vieles unter Unsicherheiten leidet ob man etwa genügend Eigenkapitalausstattung hat, ob Kreditlinien erfüllt werden, dass viele Kreditinstitute gerade bei Ihrer Branche oft sehr zurückhaltend agieren, weil man auch die Volatilität kennt, dann sage ich Ihnen allen einfach ein ganz herzliches Dankeschön für das, was Sie machen, was Sie vertreten, wofür Sie einstehen und womit Sie unserem Land auch helfen und etwas Gutes tun.

Meine Damen und Herren, wenn wir darüber reden, wie wir Ihnen durch politische Rahmenbedingungen helfen können, sind wir, glaube ich, erst einmal immer noch ein kleines Stück im Bann dieser Faszination, die Deutschland während der Fußballweltmeisterschaft ausgestrahlt hat. Wir haben gesehen

Sie haben das Motto noch einmal erwähnt: "Die Welt zu Gast bei Freunden", dass sich unser Image, das Ansehen Deutschlands in der Welt, wirklich verbessert hat. Wo immer ich hinkomme, hat sich das Deutschlandbild in diesem Jahr wesentlich verändert. Das ist dem Beitrag der deutschen Tourismuswirtschaft zu den Ereignissen im Sommer zu verdanken natürlich auch neben dem vieler anderer; die Fußballspieler wollen wir nicht vergessen.

Jetzt können wir daraus etwas machen. Jetzt können wir dafür sorgen, dass diese Branche auch wie andere Branchen eine Wachstumsbranche wird. Sie muss sich natürlich im internationalen Wettbewerb behaupten einerseits auch angesichts der Tatsache, dass wir in Deutschland nicht automatisch wachsende Realeinkommen haben. Das heißt, das den Menschen zur Verfügung stehende Geld wächst nicht unmittelbar mit den Wachstumsraten in der Wirtschaft. Angesichts steigender Sozialausgaben und steigender Aufwendungen in anderen Bereichen müssen Sie sich immer wieder fragen: Wie kann ich preisgünstige und vernünftige Angebote machen? Auf der anderen Seite wissen wir, dass natürlich auch Menschen anderswo auf der Welt daran arbeiten, Kunden zu finden und Angebote zu machen. Sie müssen darauf achten, in diesem internationalen Wettbewerb mithalten zu können.

Deshalb ist es wichtig, sich noch einmal vor Augen zu führen, dass heute 2,8 Millionen Menschen im Tourismusgeschäft arbeiten, hier ihren Arbeitsplatz haben, ihren Broterwerb haben und dass Sie über 100.000 Ausbildungsplätze zur Verfügung stellen. Auch dafür möchte ich Ihnen ein ganz deutliches Dankeschön sagen. Denn wir wissen, dass die Ausbildung so etwas ist wie die Pforte zur eigenen Lebensgestaltung nach der Schulzeit. Jeder, der in diesem Bereich eine Ausbildungschance bekommt, bekommt auch einen interessanten und, wie ich sagen würde, zukunftsfähigen Ausbildungsplatz. Deshalb möchte ich Sie alle ermuntern, an dieser Stelle nicht nachzulassen.

Lassen Sie uns überlegen: Wo stehen wir und was macht diese Branche aus? Sie haben eben gerade den Innovationspreis verliehen. Ein Glückwunsch dem Preisträger, der heute hier ausgezeichnet wurde! Ich glaube, dass hier auch wieder wichtige Akzente für die Innovationsfähigkeit Ihrer Branche gesetzt wurden. Dabei möchte ich einmal ausdrücklich den gesamten Bereich des umweltfreundlichen Tourismus nennen. Ich möchte Sie ermutigen, beim umweltfreundlichen Tourismus weiterzumachen. Denn ich glaube, dass hier eine ganz wichtige Grundlage gelegt wird, um Zukunftsfähigkeit deutlich werden zu lassen. Was wir schaffen müssen, ist, wirtschaftliche Vernunft und Umweltverträglichkeit zusammenzubringen. Es nützt Ihnen nichts, wenn man nur immer wieder Auflagen macht. Aber es nützt auch uns allen nichts, wenn zum Beispiel ganze Gebiete der Erde in Zukunft unter dem Klimawandel leiden oder Artenvielfalt verloren geht und damit die Attraktivität von Reisezielen nicht mehr gegeben ist. Insofern erinnere ich mich noch sehr gut an meine Zeit als Umweltministerin, als die Tourismusbranche auch immer ein Verbündeter bei den Anstrengungen war, internationale Artenvielfalt und Klimaschutz zu sichern und durchzusetzen. Wir werden auch in Zukunft miteinander sehr intensiv im Gespräch darüber bleiben müssen, welche Anreize wir schaffen können, ohne gleichzeitig Branchen zu strangulieren. Ich glaube, das Thema, welche Instrumente die richtigen sind, um Umweltschutz und Wirtschaftlichkeit zusammenzubringen, ist das wesentliche Thema, über das wir zu reden haben. Damit komme ich auch zu vielen Herausforderungen, vor denen Sie stehen, vor denen wir stehen.

Die Deutsche Zentrale für Tourismus ist eine Zentrale, die umfassend informiert, die dem Tourismus in unserem Lande eine unglaubliche Arbeit ermöglicht. Deshalb hat die Bundesregierung auch immer wieder Geld in die Deutsche Zentrale für Tourismus investiert. Wir sagen, es ist gut investiertes Geld. Nicht immer sind Sie mit den Summen vollkommen zufrieden. Aber dass wir inzwischen 25 Millionen Euro jährlich ausgeben, um die Tätigkeiten auf hohem Niveau zu sichern, ist, glaube ich, ein gutes Bekenntnis der Bundesregierung zur gesamten Tourismuswirtschaft.

Nun haben wir die Frage: Was können wir seitens der Bundesregierung an Rahmenbedingungen vorsehen, um Ihnen zu helfen? Nun habe ich heute schon Kritik vernommen. Ich erwarte, ehrlich gesagt, von Ihrer Branche auch alles andere als Jubelstürme bei einer Erhöhung der Mehrwertsteuer. Aber ich sage Ihnen auch: Die Frage der staatlichen Finanzen, die Frage, ob wir von der Zukunft leben, ob wir von der Substanz leben oder ob wir es wieder schaffen, auch für zukünftige Generationen eine vernünftige Basis zu bekommen, diese Frage ist auch für die Zukunft Ihrer Branche entscheidend. Im Rahmen der Mehrwertsteuererhöhung das werden Sie auch spüren gibt es ja ab dem 1. Januar 2007 auch eine Entlastung bei den Lohnzusatzkosten. Das ist ein wichtiges Signal.

Ich glaube, die Bundesregierung hat es richtig gemacht, indem sie nicht einfach nur einen rigiden Sparkurs gefahren hat, sondern drei Dinge auf einmal ins Auge gefasst hat: Sanieren, gleichzeitig reformieren und investieren. Dieser Dreiklang, klug auch in die nächsten Jahre hineingetragen, kann ein wichtiger Beitrag zu einem sich verstetigenden Wachstum sein. Wir alle wissen: Wachstum ist der Schlüssel für die Frage, ob wir gerade in einer Branche wie der Ihren auch wieder Zuwächse erleben können oder nicht.

Natürlich kommen die Menschen nicht nur deswegen aus dem Ausland zu uns, weil sie Deutschland für einen attraktiven Wirtschaftsstandort halten. Aber ein Land, das keine Innovationskraft ausstrahlt, das keine Reformfreudigkeit ausstrahlt, ein Land, das in seinem Haushalt die Zinsausgaben immer mehr steigen lässt und gleichzeitig immer weniger in die Zukunft investieren kann, ein solches Land verliert an Attraktivität. Dessen bin ich mir sehr, sehr sicher.

Deshalb, meine Damen und Herren, bitte ich Sie, das, was wir beschlossen haben, wenigstens zur Kenntnis zu nehmen mit abschwellender Kritikdichte, würde ich der Bitte noch hinzufügen und gleichzeitig das Ganze in einem Paket zu sehen; in einem Paket von Anstrengungen, weil wir sagen: Wenn wir auf einem Kontinent leben, der demographische Veränderungen zuungunsten der jungen Menschen aufweist glücklicherweise mit einer verlängerten Lebensdauer, dann ist das eine Aufforderung an uns, mit den Finanzen zukunftsfähig umzugehen und wieder Haushaltssolidität einziehen zu lassen.

Zweitens: Wenn wir über 4 Millionen Arbeitslose haben, dann ist es wichtig zu überlegen: Wie können wir Arbeit in unserem Lande wettbewerbsfähig machen? Dabei spielen die Lohnzusatzkosten eine große Rolle, natürlich auch die Flexibilität auf dem Arbeitsmarkt. Ich glaube, mit den 400-Euro-Beschäftigungsverhältnissen haben wir auch einen Beitrag dazu geleistet, dass viele Flexibilitäten in Ihren Bereichen einfacher zu bewerkstelligen sind. Ich bitte Sie auch um Unterstützung dabei, dass wir Anreize richtig setzen. Denn wir müssen aus der Schwarzarbeit herauskommen. Wir müssen möglichst viele Menschen in Arbeit bringen, um gerade auch unsere sozialen Sicherungssysteme wieder auf gute Füße zu stellen. Das heißt, Ja zu 400-Euro-Jobs, aber wir können nicht zulassen das wird eine der Diskussionen in den nächsten Wochen sein, dass sich Menschen in einer Situation einrichten und sagen: Wir nehmen erst einmal HartzIV in Anspruch und dann ist ja der Hinzuverdienst nur so lange notwendig, bis mir von den Transferleistungen Geld abgezogen wird.

Wir müssen Menschen wieder in den ersten Arbeitsmarkt bringen. Das ist eine der großen Aufgaben, die die Politik hat. Deshalb bitte ich um Unterstützung, die richtigen Anreize für Beschäftigung in unserem Land zu setzen. Denn Sie verstehen, dass die, die im ersten Arbeitsmarkt sind, natürlich auch Ihre Kunden sind, werden oder bleiben können, die mehr für Urlaub ausgeben können, als wenn man in der schwierigen Situation ist, nur von ArbeitslosengeldII leben zu müssen. Das heißt, es ist unser gemeinsames Anliegen.

Wenn wir über die Frage des Arbeitsmarktes sprechen, dann habe ich heute zur Kenntnis genommen, dass Sie sich mehr Flexibilität im Zusammenhang mit dem Kündigungsschutz wünschen. Darüber gibt es eine Vielzahl von Auffassungen. Ich glaube nur, dass wir an einigen Stellen schon heute Flexibilitäten haben, die Sie ja sicherlich auch nutzen werden. Aber ich habe das zur Kenntnis genommen und aufgenommen. Allerdings kann ich Ihnen dabei nicht sofortige Umsetzung versprechen. Das gehört auch zur Ehrlichkeit, wenn wir hier miteinander reden.

Aber was ich Ihnen versprechen kann, das betrifft den gesamten Bereich des Bürokratieabbaus. Wir haben einen Normenkontrollrat geschaffen. Dieser Normenkontrollrat im Übrigen unter der Aufsicht des Bundespräsidenten, damit die Politik sich nicht selbst kontrolliert geht jetzt sämtliche Gesetze in Deutschland durch und wird nach dem holländischen und britischen Vorbild schauen, wo es Statistikpflichten, Informationspflichten und sonstige Pflichten gibt, die Sie nur Zeit kosten, die aber eigentlich unnötig sind. Unser Ansatz ist dann, 25 Prozent dieser Berichts- , Statistik- und Informationspflichten abzuschaffen, nachdem wir uns erst einmal den gesamten in der Bundesrepublik Deutschland aufgehäuften Bestand dazu angeschaut haben. Wir haben damit Experten beauftragt. Wir wissen von unseren holländischen Freunden und von den Briten, dass genau dies zu sehr, sehr großen Erfolgen geführt hat. Wir haben durchgesetzt damit werden wir uns auch in unserer europäischen Präsidentschaft beschäftigen, dass wir genau dieses Prozedere eines solchen Normenkontrollrats und einer Durchsicht aller verabschiedeten Richtlinien auch auf der europäischen Ebene durchführen werden. Denn wir wissen natürlich, dass heute vieles aus Brüssel kommt, das national nur noch umgesetzt wird und bei dem wir uns aber fragen müssen: Ist das alles für Europa wirklich notwendig? Ich sage: Vieles davon ist nicht notwendig. Andere Dinge sind in Europa viel notwendiger. Es ist viel wichtiger, dass wir eine gemeinsame Außenpolitik machen, dass wir eine gemeinsame Sicherheitspolitik machen, dass wir unsere Interessen im Welthandel gemeinsam vertreten. Wir müssen uns in Europa wirklich auf das konzentrieren, was zählt. Auch hier, glaube ich, sind wir Verbündete in der gesamten Auseinandersetzung.

Wenn wir über das Reformieren reden, dann darf ich Ihnen auch sagen, dass wir bereits ein Mittelstandsentlastungsgesetz beschlossen haben Ich sehe hier ja nicht nur einen Vertreter des Wirtschaftsministeriums, sondern mehrere. Wir werden das fortsetzen. Ich bitte Sie auch seitens Ihrer Branche, uns immer wieder Hinweise zu geben, was Sie im Zusammenhang mit Mittelstandsentlastung für wichtig halten. Denn wir machen auch immer wieder die Erfahrung, dass des einen Leid natürlich des anderen Geschäft ist. Das heißt, Bürokratie abzuschaffen ist meistens gar nicht so einfach, weil sich jeder in der Regelungsdichte, die wir in Deutschland haben, auch seine Nische geschaffen hat. Verfolgen Sie einmal die Kämpfe zwischen den kleinen Gaststätten und den größeren Gaststätten; auch bei der Frage, ob kleine Hotels von bestimmten Dingen entlastet werden sollen und wo Sie die Schwellenwerte festlegen. Dazu hatten wir schon intensivste Diskussionen. Bürokratieabbau ist dann plötzlich viel, viel schwieriger, als wenn man das nur einmal als große Überschrift in den Raum hineinstellt.

Meine Damen und Herren, viele Ihrer Betriebe sind mittelständische und auch familiengeführte Unternehmen. Deshalb darf ich Ihnen sagen: Wir haben in den letzten zehn Tagen wesentliche Entscheidungen getroffen, auch was die Veränderung der Erbschaftsteuer anbelangt. Das ist ein Punkt, den ich auch psychologisch für ausgesprochen wichtig halte in einer globalen Welt, in der man mit seinem Geld vieles tun kann, und bei dem wir sagen: Wenn Familienunternehmen das Geld im Betrieb halten, und das über einen Zeitraum von zehn Jahren, dann muss keine Erbschaftsteuer gezahlt werden. Ich halte diesen Schritt für ganz, ganz wichtig. Denn wenn wir uns einmal fragen, wie wir Stabilität und ein Stück Berechenbarkeit in das Wirtschaftsleben hineinbringen, dann ist ein bisschen Tradition beim Wirtschaften bei aller Innovation etwas durchaus Schützenswertes.

Wir wissen gleichzeitig, dass viele Unternehmen international agieren. Deshalb haben wir uns jetzt im Wesentlichen wir werden das noch weiter diskutieren, aber das kann schon als wesentliche Einigung genannt werden auf die Eckpunkte einer Unternehmensteuerreform verständigt, die, wie ich finde, zum ersten Mal einem Ziel ganz nahe kommen, das wir alle miteinander immer hatten, nämlich: Es kann nicht die Rechtsform in Deutschland darüber entscheiden, wie viel Steuern jemand zahlt. Wir werden bei Personengesellschaften und Körperschaften eine ähnliche Steuerbelastung haben, die im Mittel bei knapp unter 30 Prozent liegt, womit wir dann im internationalen Vergleich wirklich gut dastehen. Das ist für die Kapitalgesellschaften wichtig, das ist für die international Agierenden wichtig und das ist genauso für die kleineren Unternehmen wichtig. Insofern glaube ich: Auch hier haben wir einen ganz, ganz wichtigen Schritt getan.

Wenn wir uns anschauen, was für Sie des Weiteren von Belang ist, dann glaube ich, dass für Sie natürlich die Frage der Infrastruktur, die Frage der Baumöglichkeiten ein Riesenthema ist. Durch die Tatsache, dass man zum Beispiel Handwerkerrechnungen in Haushalten inzwischen steuerlich absetzen kann, ist Ihnen zwar nicht direkt gedient. Aber wir haben eine Belebung im Handwerkerbereich erreicht, die natürlich gar nicht hoch genug zu schätzen ist und die immer wieder Auswirkungen hat, gerade auch auf Handwerksbetriebe in den ländlichen Räumen, in denen natürlich auch viel Tourismus stattfindet und wo wir die Infrastruktur so erhalten wollen, dass sie vielfältig ist, was eine der ganz großen Attraktionen von Deutschland ist. Aber für Sie ist natürlich auch wichtig, dass es der Baubranche wieder besser geht. Wir haben ein Programm initiiert, bei dem es wieder um Umweltfreundlichkeit geht, nämlich um Wärmeisolierung von Bauten, was auch zu einer erheblichen wirtschaftlichen Belebung geführt hat.

Ganz besonders wichtig sind für Sie natürlich alle Dinge, die etwas mit Verkehrsinfrastrukturen zu tun haben. Da möchte ich Sie nur darauf hinweisen, dass wir in dieser Bundesregierung völlig raus aus dem jahrelangen Streit sind: Welcher Verkehrsträger ist eigentlich der richtige Verkehrsträger? Ich sage Ihnen: Im 21. Jahrhundert wird Mobilität ein Schlüssel sein. Das brauche ich Ihnen nicht zu sagen, weil Ihnen Herr Mayrhuber das heute schon gesagt hat und weil Sie es im Übrigen auch schon vorher wussten.

Aber die Frage, wie Deutschland mit Mobilität umgeht, ist natürlich eine der entscheidenden Fragen. Deshalb haben wir gesagt: Wir werden mehr in die Verkehrsinfrastruktur investieren. Da gibt es nicht diesen kleinkarierten Streit: Soll es die Bahn sein, soll es die Straße sein, sollen es die Flughäfen sein? Wo die Notwendigkeiten liegen, muss natürlich in einem Nachfragewettbewerb entschieden werden. Für mich ist ganz wichtig, dass wir auch auf dem Weg zu mehr Public Private Partnership vorankommen, denn der Staat alleine wird gerade die Finanzbedürfnisse für die Infrastruktur in Zukunft nicht ausfüllen können.

Wir haben ein Zweites auf den Weg gebracht das, finde ich, ist in diesem Zusammenhang noch viel wichtiger, nämlich das so genannte Infrastrukturplanungsbeschleunigungsgesetz. Wir hatten bisher ja nur das Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetz. Das hat nur für die neuen Bundesländer gegolten und führte zum Beispiel dazu, dass die Insel Rügen heute einigermaßen erquicklich zu erreichen ist, was in den letzten 15 Jahren nicht immer der Fall war. Aber wir haben uns entschieden, dass wir solche tollen Sachen nicht nur den neuen Bundesländern vorbehalten wollen, sondern dass wir sie ganz Deutschland zur Verfügung stellen wollen. So werden vorerst 89 Projekte im Übrigen nicht nur Straßenbauprojekte, sondern auch Schienenprojekte und Elektrizitätsleitungsprojekte, im Zweifelsfalle auch Flughafenausbauprojekte in einem beschleunigten Verfahren planbar sein.

Sie wissen am besten, dass es nicht egal ist, ob man in Frankfurt für eine neue Landebahn fünfzehn Jahre, zehn Jahre, fünf Jahre oder vielleicht, wie in Spanien, nur drei Jahre braucht, denn davon hängt ab, ob 10.000, 12.000, 14.000 Leute einen Arbeitsplatz bekommen. Wir freuen uns ja alle, dass Berlin bald einen richtigen überregionalen Flughafen haben soll, aber schnell wird es nicht möglich gewesen sein. So viel kann man schon sagen. Da ich gerade in die Augen von Herrn Hunold gucke, wird er mir das sofort bestätigen.

Meine Damen und Herren, wir müssen in vielem schneller werden, um wettbewerbsfähig zu sein. Es ist nicht nur eine Frage des Geldes, sondern es ist auch eine Frage der Schnelligkeit, der Sie sich als Anbieter gegenübersehen. Wenn wir uns anschauen, was in den Golfregionen passiert, was in anderen Regionen passiert, was dort an Infrastruktur gebaut wird, dann müssen wir unglaublich darum kämpfen, dass Deutschland ein attraktiver Standort für Flüge, für Zugverbindungen und vieles andere bleibt. Deshalb ist für mich das Thema Infrastruktur von ganz besonderer Bedeutung.

Meine Damen und Herren, wenn wir über die Frage reden, was noch auf der Tagesordnung steht, so will ich Ihnen sagen, dass wir natürlich in den nächsten Jahren weiter daran arbeiten müssen, Arbeit in Deutschland bezahlbar zu halten; und das nicht um den Preis immer weiter sinkender Löhne, sondern um den Preis solcher Löhne, mit denen anschließend Menschen auch wieder ihre Freizeit gestalten können, denn das sind Ihre Kunden. Das heißt, dass wir uns mit dem Thema Lohnzusatzkosten immer wieder zu beschäftigen haben.

Nun möchte ich Ihnen hier sicherheitshalber keinen Vortrag über die Gesundheitsreform halten das tue ich anderswo lieber. Aber ich sage Ihnen das meine ich sehr, sehr ernst; und ich bin auch jederzeit bereit, mich dazu gegenüber jedem zu äußern: Wir werden darum ringen müssen, in diesem Lande gerade beim Thema Gesundheit, das viel mit Tourismus zu tun hat, das viel mit dem ganzen Bereich Wellness und vielem anderen zu tun hat, bei den Menschen das Gefühl zu schaffen, dass Gesundheit für jeden zugänglich ist und dass der Gesundheitsbereich gleichzeitig wirtschaftlich ist. Eines sage ich Ihnen dazu nur fast verschlüsselt: Nicht alle in diesem Markt sind bereits voll auf den Wettbewerb eingestellt, in dem Sie sich täglich bewegen.

Nicht jede gesundheitliche Entscheidung kann ein Mensch alleine fällen das wissen wir. Aber es gibt Bereiche, in denen Menschen auch zwischen Anbietern entscheiden und wählen können müssen. Wenn wir dadurch Kostensenkungspotenziale nutzen und Geld freisetzen, das wir in anderen Bereichen ausgeben können oder um damit das Ansteigen der Gesundheitskosten zu dämpfen, dann ist das den Schweiß des Edlen wert, weil davon sehr, sehr viel für unsere Gesellschaft abhängt sowohl, was den Wohlstand anbelangt, als auch, was ganze Entwicklungsbranchen anbelangt, sowie die Frage, ob Arbeit in unserem Lande bezahlbar bleibt und Deutschland ein attraktiver Tourismusstandort sein kann, zumal bei Ihnen bei den Kunden ja nun wirklich auch an jeder Stelle genau gerechnet wird.

Ich habe neben Mehrwertsteuer und Kündigungsschutz als dritten Kritikpunkt heute noch die Bahnprivatisierung gehört. Da war ich zuerst etwas irritiert, aber nun habe ich natürlich verstanden, dass die Bahn auch ein intensiver Tourismusanbieter ist, zumindest ein "Tourismus-Hinbringer" oder so ähnlich. Dazu darf ich Ihnen sagen, dass ich es gut finde, dass Sie ein Verbündeter der Bahn sind und dass sich die Koalition mit diesem Thema auch sehr intensiv auseinandersetzen wird. Die Bahn hat wesentliche Fortschritte erzielt, genauso wie alle anderen Mobilitätsbranchen. Aber ich sage auch: Wir müssen die Schritte der Privatisierung sehr, sehr gut miteinander überlegen. Denn wir müssen natürlich darauf achten, dass Infrastruktur langfristig, dauerhaft und vernünftig verfügbar ist. Deshalb gebe ich lediglich zu bedenken, dass die Art und Weise der Privatisierung der Bahn wobei man wissen muss: 51 Prozent bleiben auf jeden Fall beim Staat; das ist eine grundgesetzlich festgelegte Größe schon sehr stark über die Frage entscheidet, ob wir Dinge erleben, wie wir sie zum Beispiel in Großbritannien gesehen haben, die wir auf gar keinen Fall wollen, oder ob wir es schaffen, durch unsere Schritte wirklich eine langfristig verlässliche Infrastruktur zu gewährleisten.

Dass sich Abgeordnete des Deutschen Bundestages eine solche Entscheidung natürlich spielen da regionale Vorstellungen manchmal auch eine Rolle, keine Frage; sonst wären es ja keine guten Abgeordneten nicht ganz leicht machen wie viel Verkehr brauchen wir eigentlich in den ländlichen Räumen, inwieweit können wir uns auf die großen Strecken mit hohem Aufkommen konzentrieren, was ist unsere Vorstellung von einem lebens- und liebenswerten Deutschland? , bitte ich Sie einfach ein Stück weit im Hinterkopf zu behalten. Denn die Frage der Entwicklung der urbanen Zentren und die Frage der Entwicklung der ländlichen Räume ist eine Frage, die nicht rein unter Effizienzgesichtspunkten entschieden werden kann.

Sie haben auch Kunden, die gerne einmal dorthin fahren, wo die Menschen nicht alle auf einer Stelle sind, und es gibt Menschen, die sehr schnell und sehr effizient von einem Zentrum ins andere gelangen wollen. Heute lebt in Deutschland die Hälfte der Menschen noch in den ländlichen Räumen, die für viel touristische Infrastruktur sorgen. Die andere Hälfte lebt in den städtischen Ballungsgebieten, die wieder ganz andere Anforderungen haben.

Von der Verteilung der Dichte der Krankenhäuser, der Verkehrsausstattung, der Zugänglichkeit zu Post- und Telekommunikationsleistungen und vielem anderen mehr wird es abhängen, ob wir uns klug entwickeln. Deshalb sage ich: Gerade für eine Branche wie die Ihre sind die harten Wirtschaftsfaktoren von außerordentlicher Bedeutung. Da können wir uns auch nicht vor dem internationalen Wettbewerb drücken. Aber wenn wir in den harten Faktoren einigermaßen wettbewerbsfähig sind, geht es plötzlich um die weichen Standortfaktoren. Zu denen kann die Tourismusbranche einen ganz wesentlichen Beitrag leisten.

Deshalb, meine Damen und Herren, schließe ich mit einem ganz, ganz herzlichen Dankeschön für Ihr Engagement für dieses Land und für die Vertretung Deutschlands in anderen Bereichen. Ich sage Ihnen zu, dass wir die internationale Entwicklung im Auge haben was Steuern anbelangt, was Flexibilitäten anbelangt, was Bürokratie anbelangt. Wir werden uns in Europa auch während unserer EU-Präsidentschaft dafür einsetzen, dass sich Europa auf das Wichtige und Richtige konzentriert und nicht auf die Besatzdichte von Sonnenschirmen in deutschen Gaststätten oder Biergärten. Wir werden auf der anderen Seite dafür kämpfen, dass dieses Land auch nicht jeden Modetrend mitmacht, sondern sich ab und zu auf seine Kultur und Tradition besinnt, um den Menschen, die in der Kultur und Tradition verwurzelt sind, auch in der Globalisierung ein kleines Stück Halt zu geben.

Das alles ist fast wie die Quadratur des Kreises, das weiß ich. Das wird niemals auf ungeteilten Zuspruch stoßen, aber das alles kann sich langfristig, wenn man eine gute Mischung hinbekommt, als etwas herausstellen, bei dem Herr Hinsken dann weiter sagen kann: Deutschland ist ein toller Ort, in den man reisen soll. Die Deutschen sollen auch wieder mehr in Deutschland Urlaub machen; auch das, finde ich, ist ein Ziel, das man vertreten kann. Das heißt aber nicht, dass ich gegen Auslandsreisen bin.

In diesem Sinne: Lassen Sie uns konstruktiv zusammenarbeiten. Wir wollen dieses Land nach vorne bringen. Wir wollen, dass hier noch mehr Menschen Arbeit und Ausbildung bekommen, und wir wollen, dass die Menschen sich freuen können. Dabei spielt die Tourismusbranche eine ganz wichtige Rolle. Herzlichen Dank, dass ich hier sein darf. Auf gute Zusammenarbeit!