Redner(in): Angela Merkel
Datum: 13.11.2006
Untertitel: am 13.November 2006 in Berlin
Anrede: Sehr geehrter, lieber Herr Freiberg, sehr geehrter Herr Witthaut, sehr geehrter Herr Sommer, lieber Herr Beck, liebe Kolleginnen und Kollegen aus dem Deutschen Bundestag, sehr geehrter Herr Senator, aber vor allen Dingen Sie, liebe Mitglieder und Delegierte der GdP, meine Damen und Herren,
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): http://www.bundesregierung.de/nn_914560/Content/DE/Archiv16/Rede/2006/11/2006-11-13-rede-bkin-bundeskongress-polizei,layoutVariant=Druckansicht.html
ich bin heute sehr gerne zu Ihrem Kongress gekommen. Wir haben seitens der Bundesregierung, aber auch schon in Oppositionszeiten viele gute Gespräche mit der GdP geführt. Ich bin- das sage ich auch mit Blick auf die anderen Gewerkschaften, Einzelgewerkschaften- heute ganz besonders gern zu Ihnen gekommen, um Ihnen für eines in ganz besonderer Weise zu danken: Für die Arbeit der Polizei während des Ereignisses dieses Jahres, während der Fußballweltmeisterschaft. Unser Motto war: Die Welt zu Gast bei Freunden. Sie, die Polizistinnen und Polizisten, haben es möglich gemacht und einen entscheidenden Beitrag dazu geleistet, dass die Welt das genau so empfunden hat. Deshalb seitens der Bundesregierung ein ganz, ganz herzliches Dankeschön!
Meine Damen und Herren, erinnern wir uns daran, was im Vorfeld alles diskutiert wurde - einmal davon abgesehen, dass die Stadien nicht dafür geeignet waren, dass man in ihnen Fußball spielt. Auch ansonsten war dies ein Ereignis, bei dem man im Vorfeld nicht davon ausgehen konnte, dass alles so reibungslos verlaufen würde. Während dieser Fußballweltmeisterschaft hat sich etwas gezeigt. Das lag ganz wesentlich an der Arbeit der Polizei, an der Art und Weise, wie die Polizei aufgetreten ist, aber es lag auch an den Menschen in diesem Lande. Während dieser Fußballweltmeisterschaft ist es gelungen, zu zeigen, dass es ein Bündnis zwischen den Bürgerinnen und Bürgern dieses Landes- jedenfalls in ihrer Mehrzahl- und den Polizistinnen und Polizisten gibt. Vielleicht hat Ihnen das ja auch gut getan, dass Sie so angesehen waren, dass Sie so zusammenarbeiten konnten.
Für mich war auch eines sehr bewegend. Als ich von 1990 bis 1994 Jugendministerin war, haben wir die Fanprojekte für Fußball gegründet und für gewaltbereite Jugendliche eine bundesweite Koordinierungsstelle geschaffen. Damals hat man im Bundesinnenministerium und bei den Polizistinnen und Polizisten vielleicht etwas argwöhnisch auf das geschaut, was die Jugendministerin und die Länderjugendminister da gemacht haben. Als ich die Vertreter der Fanprojekte jetzt zur Fußballweltmeisterschaft eingeladen habe, habe ich mitbekommen, dass auch Sie Partner geworden sind. Das heißt, dass die Polizei weit hinein in die Gesellschaft auf die Arbeit der ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer aufbaut. Ich wünsche Ihnen auf diesem Weg auch bei anderen Großereignissen alles Gute! Wir wissen, dass dies alles nicht selbstverständlich ist. Wenn wir an die gewaltbereiten Menschen jetzt wieder in der Zweiten und der Dritten Liga denken, wissen wir: Sie haben noch viel Arbeit vor sich. Aber noch einmal ein herzliches Dankeschön für alles, was Sie im Sommer geleistet haben!
Der Film hat uns einen Einblick in das gegeben, was Sie an vielfältiger Arbeit zu leisten haben. Wenn man es abstrakt sieht, so gehört Deutschland zu den sichersten Ländern der Welt. Dies wäre ohne die Polizistinnen und Polizisten nicht denkbar. Wir haben eine Statistik, die uns sagt: Die Straftaten insgesamt gehen zurück. Im Jahre 2005 waren es 241.000 weniger Straftaten als im Jahr davor. Aber, meine Damen und Herren, wir können nicht die Augen davor verschließen, dass wir es auch mit einer Vielzahl negativer Entwicklungen zu tun haben.
Die Zahl der linksextremistischen Straftaten ist im letzten Jahr von 1.440 auf rund 2.300 angewachsen. Aber noch erschreckender, weitaus erschreckender ist die Zahl rechtsextremistischer Straftaten. Sie ist von 12.000 im Jahr 2004 auf 15.300 im letzten Jahr gestiegen. Ich möchte Ihnen auch angesichts der Tatsache, dass die NPD im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern und in einigen Bezirken von Berlin sitzt, ganz deutlich sagen: Es kann nicht allein die Aufgabe der Polizei sein, sich mit solchen Straftaten auseinander zu setzen, sondern dies erfordert ein Engagement der gesamten politischen Kräfte. Dafür setzt sich die Bundesregierung auch voll ein. Wir können es nicht dulden, dass in diesem Lande Raum für rechtsextremistische Straftaten ist. Wir müssen auch darüber nachdenken, ob wir neue Wege finden, demokratische Gemeinsamkeit unter den Parteien zu zeigen, um hier deutlich zu machen: Dies ist mitnichten akzeptabel. Damit werden wir auch die Polizei nicht alleine lassen.
Nun werden viele von Ihnen sagen: Wir sind in der Praxis; das sind schöne Worte; wir kennen die Realität. Deshalb darf ich Ihnen deutlich machen, dass wir in unserem Bundeshaushalt trotz vieler Sparzwänge bei der Bekämpfung der rechtsextremistischen Gewalt ein sehr deutliches Zeichen gesetzt haben. Wir wissen, dass viele Kommunen unter Sparzwängen leiden, dass viele Menschen auch angesichts von Arbeitslosigkeit, angesichts von Hoffnungslosigkeit keinen Ausweg sehen. Das ist keine Entschuldigung. Aber wir müssen uns an vielen Stellen mit der Mutlosigkeit der Bürgerinnen und Bürger auseinander setzen. Deshalb ist es so wichtig, dass wir nicht einfach die Symptome bekämpfen, sondern dass wir eine Politik machen, bei der wir vor allen Dingen das Ziel verfolgen, Menschen wieder in Arbeit zu bringen.
Ich glaube, Sie freuen sich wie wir, dass wir im Augenblick auf positivere Zahlen blicken können, dass das Wachstum der Wirtschaft gestiegen ist und wir in diesem Herbst fast eine halbe Million weniger Arbeitslose und 260.000 sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse mehr als im Vorjahr haben. Aber all das reicht natürlich nicht. Denn bei einer Arbeitslosenzahl von über 4Millionen stehen wir weiter vor der Aufgabe, alles daran zu setzen, dass Menschen durch Arbeit wieder eine Perspektive haben und damit der Spirale von Hoffnungslosigkeit, von nicht vorhandenen Möglichkeiten entrinnen können. Dies will ich sozusagen vor die Klammer setzen, bevor ich über die Dinge spreche, die Sie in Ihrer Arbeit beschäftigen.
Sie können nicht das schaffen, was an anderen Stellen in der Gesellschaft als Fehlentwicklung oder als nicht gelöste Probleme existiert. Das wissen wir. Deshalb sind wir dabei, genau diese Probleme zu bekämpfen: Solide Haushaltsführung, Vorfahrt für Arbeit, sozial ist, was Arbeit schafft- das muss das Credo sein. Das ist das Credo dieser Bundesregierung in dem Dreiklang von Sanieren, Reformieren und Investieren- Investieren in die Menschen und in die Zukunft.
Meine Damen und Herren, Sie brauchen bei Ihrer Arbeit Partner. Die Sicherheitsinstitutionen sind auf Bürgerinnen und Bürger angewiesen, die bei Kriminalität, bei Fremdenfeindlichkeit und bei Gewalt nicht wegschauen- also auf eine starke Zivilgesellschaft. Wir wissen, Herr Freiberg, dass wir Geld nicht nur in die Sicherheitsinstitutionen geben müssen, sondern dass wir auch der Zivilgesellschaft helfen müssen, ihre Kräfte zu stärken, zu bündeln und aufzutreten, weil das für uns alle gut ist.
Eine solche Politik einer starken Zivilgesellschaft kann natürlich nicht einfach von oben verordnet werden. Menschlichkeit und Sozialbewusstsein wachsen letztlich nur im Alltag, in der Familie, im Freundeskreis, im Bekanntenkreis, in der Schule und im beruflichen Umfeld. Dabei kann Politik durch Rahmenbedingungen helfen. Wir fördern Projekte, die sich vor allen Dingen an junge Menschen wenden. Wir fördern Projekte, die Familienkraft stärken. Wir fördern durch Mehrgenerationenhäuser das Zusammenleben der Generationen in unserer Gesellschaft. Wir wissen, dass vieles von der Erziehung abhängt, davon, welche Erfahrungen Kinder, junge Menschen in den frühen Lebensjahren machen. Deshalb ist einer der großen Schwerpunkte dieser Bundesregierung, zusammen mit den Ländern Kinderbetreuungsmöglichkeiten auszubauen und die dazu notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen.
Wir haben mit den Ländern lange darüber gesprochen, in welchem Umfang wir uns im Zusammenhang mit HartzIV an den Kosten der Unterkunft beteiligen können, immer auch im Auge habend, dass der Bund den Kommunen 2, 5Milliarden Euro zusätzlich gibt, um die Kinderbetreuung unter 3Jahren zu stärken. Wir wissen, dass die Frage von Kindergärten und der Möglichkeit der Eltern, ihre Kinder in die Kindergärten zu schicken, ganz wesentlich für die Lebenschancen von Kindern in späteren Jahren ist. Wir wissen im Übrigen auch, dass sich unser Augenmerk nicht nur auf die Kinder richten darf, die Eltern mit ausländischem Hintergrund haben. Wir wissen, auch viele Kinder deutscher Eltern brauchen Zuwendung, brauchen die Kraft von Kindergärten, von Erziehung schon im frühen Alter, um dann in der Schule überhaupt ihre Chancen wahrnehmen zu können. Unser Ansatz heißt: Kein Kind soll in dieser Gesellschaft verloren gehen. Es ist ganz, ganz wichtig, dass die Voraussetzungen dafür in jungem Alter geschaffen werden. Meine Damen und Herren, deshalb werden wir auch alles daran setzen, dass nicht Schlagzeilen wie die über den kleinen Kevin unsere Nachrichten bestimmen, sondern die Jugendhilfeorganisationen und -institutionen in die Lage sind, wirklich alles zu tun, um solche schrecklichen Schicksale zu vermeiden.
Ich habe von der abnehmenden Zahl von Gewalttaten, von Straftaten in unserer Gesellschaft gesprochen. Aber wir wissen auch: Es gibt eine gefühlte Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger. Eine solche gefühlte Sicherheit kennt viele Faktoren. Dieses Sicherheitsgefühl wird gebildet von Erlebnissen, die der einzelne hat, von Vandalismus, von Schmierereien an den Wänden, von der Verschmutzung öffentlicher Straßen und Plätze. Deshalb ist es richtig und wir sollten das auch aufnehmen, wenn eine Vielzahl von Menschen in unserem Land Verwahrlosung im öffentlichen Raum als Zumutung empfindet. Wir dürfen nicht zulassen- das beobachten wir natürlich leider auch- , dass sich eine gewisse Resignation ausbreitet. Deshalb ist es mir sehr wichtig, Ihnen zu sagen: Innere Sicherheit ist nicht alleine die Aufgabe der Polizistinnen und Polizisten, das ist nicht alleine die Aufgabe der Polizei, sondern dies ist eine Aufgabe der gesamten Gesellschaft. Da werden wir Sie auch nicht alleine lassen.
Wenn ich sage, wir lassen Sie nicht alleine, müssen wir allerdings auch die notwendigen Rahmenbedingungen schaffen. Dazu bedarf es zum Teil kontroverser gesellschaftlicher Diskussionen. Dazu bedarf es eines klugen Abwägungsprozesses. Ich bin eigentlich sehr froh, dass wir jetzt manche Schlacht von gestern hinter uns gelassen haben. Ich nenne das Thema Videoüberwachung als ein Mittel, Gefahrenabwehr und Strafverfolgung zu unterstützen. Wir sind uns einig, dass das kein Allheilmittel ist. Aber ich glaube, wir sind uns spätestens nach den Vorgängen um die geplanten Attentate in den Regionalzügen in Dortmund und Koblenz auch einig, dass Videoüberwachung ein wichtiges Mittel sein kann, um Straftaten aufzuklären oder schnelle Erfolge bei der Aufklärung nicht stattgefundener Straftaten zu erlangen.
Deshalb ist es wichtig, dass wir zu solchen Mitteln greifen, dass wir uns darüber nicht streiten und dass wir, wie ich finde, immer ein Credo haben. Und das muss uns leiten. Es muss gelten: Opferschutz vor Täterschutz. Bei aller Achtung vor dem Datenschutz stehen für mich die Opfer im Mittelpunkt. Das wird auch das Sicherheitsgefühl in unserem Lande prägen.
Nun hat sich in den letzten Jahren- Herr Witthaut, Sie haben eben darauf hingewiesen- die Bedrohungslage vollkommen verändert. Überlegen Sie einmal, dass Sie Ihren letzten Kongress vor vier Jahren hatten, ein Jahr nach den Attentaten am 11. September. Die sicherheitspolitische Diskussion hat sich in diesen Jahren erheblich verändert. Wir alle sind heute oft damit konfrontiert, dass wir über die neue Bedrohungslage sprechen müssen- asymmetrische Bedrohung nennen wir das. Diese asymmetrischen Bedrohungen stellen uns im Grunde vor völlig neue Aufgaben. Wir haben es plötzlich mit Menschen zu tun, die Staaten, die Institutionen angreifen, die sozusagen ihr eigenes Leben zur Disposition stellen, um einer vermeintlichen Idee, der sie folgen, zum Erfolg zu verhelfen. Wir haben es mit Staaten auf der Welt zu tun, die diese Gruppen unterstützen. Das hat natürlich die Fragen der inneren Sicherheit und der äußeren Sicherheit verändert.
Ich will nicht dafür sprechen, dass wir die Belange der inneren und äußeren Sicherheit vollkommen vermischen. Aber wir müssen auch zur Kenntnis nehmen- das liegt im Interesse der Polizei- , dass es Bereiche gibt, in denen Bedrohungen im Innern entstehen können, die durch die Polizei nicht zu lösen sind. Deshalb bin ich froh darüber, dass wir am Beispiel der Bedrohung aus der Luft, am Beispiel der Bedrohung von See her nicht mehr den Kampf kämpfen, ob der Bundeswehr eine bestimmte Rolle zugeordnet werden kann, sondern dass wir sagen: Jawohl, hier sind die polizeilichen Mittel nicht in der Lage, diese Bedrohung zu bekämpfen. Hier muss es ein neues Miteinander von innerer und äußerer Sicherheit geben.
Ich glaube, dass die Koalition hier zu einer einvernehmlichen Änderung des Grundgesetzes kommen wird. Wir sind auf einem guten Wege. Es ist in Ihrem Interesse und im Interesse der Bundeswehr, wenn wir an dieser Stelle Rechtssicherheit schaffen. Denn eines möchte ich auch sagen: Nichts ist für Ihre Mitglieder und nichts ist für die Angehörigen der Bundeswehr schlimmer, als wenn man in Grauzonen operieren muss, in denen keine klaren Verhältnisse bestehen.
Eine der Sorgen der Polizistinnen und Polizisten ist, dass die Bundeswehr jetzt klassische Polizeiaufgaben ausführt. Meine Damen und Herren, ich sage ganz eindeutig: Das ist nicht geplant. Ich sage das jetzt einfach auch einmal als CDU-Vorsitzende: Das ist auch von der Christlich Demokratischen Union nicht geplant. Sie brauchen daran nicht zu zweifeln. Das ist so.
Meine Damen und Herren, ich empfehle uns allen eine pragmatische Debatte. Sie, die Sie im täglichen Einsatz stehen, wissen das doch auch: Wir müssen Sicherheit gewährleisten; die Bedrohungslage hat sich verändert. Wir alle wissen: Hundertprozentige Sicherheit gibt es nicht. Aber wir müssen alles versuchen, um nach bestem Wissen und Gewissen Anschläge zu verhindern. Deshalb ist es wichtig, dass auch Polizei und Nachrichtendienste miteinander kooperieren.
Das Terrorismusbekämpfungsergänzungsgesetz- wie immer ein sehr volksnaher Titel- ebnet den Weg dazu. Ich finde es außerordentlich bemerkenswert und richtig, dass es gelungen ist, dass eine gemeinsame Datei von Polizeien und Nachrichtendiensten in Zukunft auch wirklich existieren wird- unter der etwas volkstümlicheren Bezeichnung Antiterrordatei uns allen bekannt. Denn somit kann der Informationsaustausch sachgerecht erfolgen, auch zwischen Bund und Ländern. Die Informationen werden zur Verfügung stehen, die zur Identifizierung von Personen erforderlich sind. Und es kann sichergestellt werden, dass die jeweiligen Behörden miteinander in Verbindung stehen. Das erwarten die Bürgerinnen und Bürger mit Recht. Deshalb ist es gut, dass es gelungen ist, diese Übereinkunft zu erzielen.
Terrorismus arbeitet abgeschottet und konspirativ. Das macht die Ermittlungsarbeit nicht einfacher. Deshalb müssen wir diese abgeschotteten Strukturen durchbrechen können. Das heißt, wir müssen aussagewilligen Beteiligten einen Anreiz zur Kooperation mit den Ermittlungsbehörden geben. Deshalb arbeiten wir daran, eine neue Kronzeugenregelung zu schaffen. Diese soll für alle Deliktsgruppen gelten, also auch im Bereich der organisierten Kriminalität und des Menschenhandels - im Übrigen einer der ganz schrecklichen Bereiche von Verbrechen. Den Kritikern der Kronzeugenregelung will ich versichern: Wir werden wirklich darauf achten, dass sie nicht zu Verwerfungen im Strafrecht führt. Schwerste Straftaten müssen nach wie vor angemessen sanktioniert werden. Ansonsten wäre die Kronzeugenregelung eine falsche Regelung.
Wir haben das gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum. Ich werde es Anfang des nächsten Jahres besuchen. Es hat sich zu einem international beachteten Erfolgsmodell entwickelt. Bei den letzten Anschlagsversuchen im Juli dieses Jahres in Deutschland hat dieses Terrorismusabwehrzentrum seine Leistungsfähigkeit bereits bewiesen.
Wir wissen, die terroristische Bedrohung ist nicht im nationalen Alleingang beherrschbar. Terrorismus kennt keine Grenzen. Deshalb ist es wichtig, dass wir mit unseren Partnern, mit unseren Freunden, mit unseren Verbündeten zusammenarbeiten. Ich möchte deshalb auch die Zusammenarbeit in der Europäischen Union und in der NATO erwähnen und deutlich machen, dass wir sie brauchen.
Deutschland ist international ein verlässlicher Partner der Antiterrorkoalition. Deutsche Polizisten leisten einen Beitrag dazu. Herr Freiberg, ich weiß, dass Sie mit Argusaugen darauf schauen, dass die Polizei nicht der Lückenbüßer für die Bundeswehr, die vielleicht an die Grenzen ihrer Kapazität kommen könnte, sein wird. Das sage ich Ihnen zu. Ich sage Ihnen aber auch: Schauen Sie sich an, mit welcher Bewunderung, mit welcher Akzeptanz die Polizei geholfen hat, zum Beispiel eine eigene Polizei in Afghanistan aufzubauen. Ich glaube, die Polizei wird sich der Aufgabe, beim Aufbau von Institutionen in anderen Ländern zu helfen- dort nicht Sicherheitsaufgaben zu erledigen, sondern dort zu helfen- , nicht verschließen. Ich sage allerdings auch dazu: Zum Nulltarif können Sie das nicht auch noch leisten.
Wir haben in Afghanistan ein Konzept, von dem wir sagen: Wir können nicht nur auf die militärische Komponente setzen; Entwicklungshilfe, Institutionenaufbau und Polizeikräftigung gehören auch dazu. Da hier zwei Staatssekretäre aus dem Bundesinnenministerium sitzen und ich den Bundesinnenminister sehr gut kenne, kann ich Ihnen sagen: Er weist immer wieder auch auf den Finanzbedarf hin. Wenn das woanders auch geschieht, ist das ja gut. Es sind immerhin 230 Polizistinnen und Polizisten des Bundes und der Länder im Rahmen von neuen Friedensmissionen der Vereinten Nationen und der EU im Einsatz. Auch ihnen möchte ich ganz herzlich danken für das, was sie leisten, das nicht immer einfach ist.
Ich glaube, wir können miteinander sagen: Die Sicherheitsarchitektur, die Aufteilung der Aufgaben zwischen Bund und Ländern, hat sich im Grundsatz bewährt. Deshalb sind weitere Kompetenzverlagerungen nicht geplant. Es ist richtig, dass beim Bund die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz für die Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus durch das Bundeskriminalamt liegt. Das war ein wichtiger Erfolg der Föderalismusreform. Dass wir mit der Föderalismusreform jetzt die Kompetenz für das Laufbahnrecht, die Besoldung und die Versorgung der Beamtinnen und Beamten auf die Länder übertragen haben, ist ein Punkt, über den wir viel gesprochen haben- sowohl mit dem Beamtenbund als auch mit Ihnen. Ich weiß, das erfreut sich keiner ungeteilten Zustimmung. - Das war ein norddeutsches Understatement. -
Aber, meine Damen und Herren, eben hat Herr Witthaut so schön gesagt: Warten wir es doch einmal ab. Warten wir doch einmal ab, was jetzt passiert. In Anwesenheit des Ministerpräsidenten Beck würde ich doch nicht davon ausgehen, dass sofort alles schlechter werden muss, wenn etwas vom Bund auf die Länder übergeht. Es kann ja auch einmal etwas besser werden. Aber es gibt auch die Gefahr- ich will das überhaupt nicht in Abrede stellen- , dass es zum Auseinanderklaffen kommen kann, dass es ein Abwerben geben und die Besten sozusagen überall dorthin gezogen werden können, wo die Leistungsstärksten sind. Aber es gibt vielleicht auch die Möglichkeit, dass die föderale Ordnung ein gemeinsames Verständnis der Notwendigkeit von Sicherheit fördert und dass diese Kompetenzverlagerung, was diese Bestandteile anbelangt, nicht zu Ihrem Nachteil ist. Lassen Sie uns in fünf Jahren einfach einmal Revue passieren, was passiert ist. Ich bin jeder Diskussion darüber offen. Ich kann nur sagen: Vielleicht meinen es die Länder mit Ihnen gar nicht schlecht. Sie wissen auch, was sie an der Polizei haben. Wir hören nachher noch einen Beitrag von der Länderseite. Hier wird das wohl bestätigt werden.
Also, meine Damen und Herren, die Frage der Länderkompetenzen wird eine sein, die Sie diskutieren werden, die Sie beobachten werden. Ich bin jederzeit zum Gespräch mit Ihnen bereit. Aber ich will auch einmal darauf hinweisen, dass wir Dinge haben, die wir gemeinsam auf die Reihe kriegen müssen. Es ist ganz wichtig, dass Sie über moderne technische Voraussetzungen verfügen. Dabei ist das Thema Digitalfunk eines, das wir nicht in föderale Zersplitterung entkommen lassen dürfen, sondern bei dem wir eine einheitliche Verständigungsbasis brauchen. Dabei haben Sie zumindest die Unterstützung des Bundes. Ich hoffe, dass die Gespräche in ihrer Endphase zum Erfolg führen. Denn die Modernität von Deutschland wird sich auch an der Frage bemessen, wie die Polizistinnen und Polizisten landesweit miteinander kommunizieren können. Ich hoffe, auf einer Frequenz und mit kompatiblen Geräten. Meine Damen und Herren, wir haben jetzt ein Infrastrukturplanungsbeschleunigungsgesetz verabschiedet. Da war der Digitalfunk nicht dabei. Aber wir können es sozusagen sachgerecht darauf anwenden. Wenn es ein bisschen schneller geht, ist das wirklich kein Fehler. Andere in Europa sind da schon weiter.
Meine Damen und Herren, abschließend möchte ich darauf verweisen, dass wir im nächsten Halbjahr die EU-Präsidentschaft haben. Deutschland wird auf dem Gebiet der inneren Sicherheit versuchen, Beiträge zu leisten, um eine verbesserte Einsatzfähigkeit der europäischen Institutionen zu gewährleisten. Europol und Frontex sind zwei Institutionen, bei denen wir die Dinge vorantreiben wollen. Wir bitten um Ihre aktive Mithilfe.
Auch im Namen des Bundesinnenministers möchte ich Ihnen abschließend ein herzliches Dankeschön sagen. Wir werden jederzeit weiter dialogbereit mit Ihnen sein, das Gemeinsame auch gemeinsam vortragen, das uns Trennende zu überwinden versuchen.
Abschließend noch einmal ein herzliches Dankeschön für Ihre Arbeit! Sie tragen mit dazu bei, dass die Bundesrepublik Deutschland ein lebens- und ein liebenswertes Land ist. Herzlichen Dank!