Redner(in): Bernd Neumann
Datum: 04.05.2007

Untertitel: Kulturstaatsminister Bernd Neumann freut sich auf die Verleihung des Deutschen Filmpreises. In seinem Grußwort äußert er sich zu den Erfolgenvondeutschen Filmen und dem Auswahlverfahren, das zum dritten Malvon der Deutschen Filmakademie durchgeführt wurde.
Anrede: Anrede,
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): http://www.bundesregierung.de/nn_914560/Content/DE/Archiv16/Rede/2007/05/2007-05-04-rede-neumann-deutscher-filmpreis,layoutVariant=Druckansicht.html


es ist wieder so weit. Wir haben uns am Fuße des Berliner Funkturms zur Verleihung des Deutschen Filmpreises 2007 versammelt. Der Ort ist mit Bedacht gewählt und passt zu dem Ereignis: Hier war es, wo vor mehr als 70 Jahren die ersten Fernsehbilder laufen lernten. Von hier aus wurden sie gesendet. Hier begann die technische und kulturelle Revolution, die auch für den Film später ganz unverzichtbar wurde. Hier also feiern wir heute den deutschen Film: Er lebt. Es geht ihm so gut wie lange nicht mehr. Er ist weltweit geachtet, und er feiert immer neue, überraschende Erfolge.

Ich freue mich sehr, dass Sie heute Abend hier dabei sind und wie auch die Fernsehzuschauer mit ansehen können, wie die besten Filmschaffenden des vergangenen Jahres mit ihren Produktionen vorgestellt und ausgezeichnet werden. Der Deutsche Filmpreis ist die mit nahezu drei Millionen Euro höchst dotierte Auszeichnung für den deutschen Film. Er wird heute zum 57. Mal vergeben.

Nur wenige werden heute geehrt. Aber Tausende haben zum Erfolg beigetragen: Autoren, Produzenten, Regisseure, Schauspieler, Kameraleute, Musiker, Beleuchter, Bühnenbauer, Maskenbildner, Kabelträger, Ausstatter, Location-Scouts und ganze Heerscharen von Technikern, Helfern und Assistenten - sehen Sie sich im Kino einmal die unendlich langen Namenslisten im Abspann an, dann können Sie ermessen, wie viele Arbeitsplätze durch die Filmwirtschaft und jeden einzelnen Film geschaffen werden. Die deutsche Filmindustrie ist nicht nur für die Kultur unverzichtbar. Sie ernährt Hunderttausende und trägt als eine unglaubliche Jobmaschine auch sehr zum wirtschaftlichen Aufschwung unseres Landes bei.

Die Preisverleihung durch die Filmakademie ist dem amerikanischen Oscar nachempfunden: von der Nominierung der Preisträger bis zum spannenden Höhepunkt, wenn die Umschläge mit den Namen geöffnet werden. Das finde ich gut. Im Übrigen brauchen wir uns vor Hollywood nicht zu verstecken. Viermal wurde in den letzten fünf Jahren ein deutscher Film für den Oscar nominiert! Zweimal hat er ihn gewonnen. Wann hat es das jemals gegeben? Also: Wer eine Lola nach Hause trägt, ist auch Oscar-verdächtig!

Ich erinnere mich noch gut an die Filmpreis-Verleihung vor einem Jahr. Damals räumte ein Film gleich sechs Lolas ab: Bester Spielfilm in Gold, beste männliche Hauptrolle, beste männliche Nebenrolle, beste Regie, bestes Szenenbild, bestes Drehbuch."Das Leben der Anderen" hieß der Streifen, der bald auch in den Kinos Furore machte, weil er eine schier unglaubliche, sehr deutsche Geschichte sehr authentisch erzählt. Sie passte in kein Klischee. Aber Florian Henckel von Donnersmarck, der die Geschichte geschrieben und inszeniert hatte, lockte zwei Millionen Zuschauer in deutsche Kinos. Und er eroberte mit seinem ersten abendfüllenden Spielfilm sogar den Oscar in Hollywood - ein fast schon wundersames Märchen und selbst vielleicht Stoff für einen Spielfilm?

Geschichten aus Deutschland, aber auch europäische, authentisch zu erzählen vielleicht ist das die Kunst, auf die es ankommt. Die Leute merken sofort, wenn ihnen etwas aufgetischt wird, das mit ihrem Leben nichts zu tun hat. Sie wollen im Kino sich selbst erkennen: Sie wollen über sich lachen und über sich weinen. Wer das schafft, der macht großes Kino. Und wer großes Kino in Deutschland macht, hat auch im Ausland Erfolg."Eine Filmindustrie kann nur dann international sein," hat Volker Schlöndorff einmal gesagt,"wenn sie sich ihrer nationalen Identität bewusst ist." Ich glaube, er hat Recht.

Ich gehe gern ins Kino. Ich habe viele junge deutsche Filme gesehen, die unglaublich komisch und witzig waren, aber nicht seicht. Schwerelos unterhaltsam, aber nicht platt. Es gab auch Filme, die mich emotional mächtig gepackt haben, weil sie alltägliche Tragödien nicht nur handwerklich perfekt, sondern auch so wahrhaftig erzählten, dass ich mich - im doppelten Wortsinn - mitgenommen fühlte.

Der deutsche Film ist auf gutem Weg. Aber er braucht Unterstützung. Deshalb habe ich den Deutschen Filmförderfonds initiiert, der nunmehr seit über vier Monaten arbeitet und schon auf viel positive Resonanz gestoßen ist. Ich bin sicher, der Fonds wird dazu beitragen, dass die Palette der Produktionen, die in den kommenden Jahren von uns ausgezeichnet werden können, genauso bunt sein wird, wie in diesem Jahr.

Ich beneide die Juroren der Filmakademie nicht: Angesichts der Vielfalt guter deutscher Filme war die Auswahl bestimmt schwer. Dank des großen Engagements der Filmakademie, die bei der Verleihung des deutschen Filmpreises nun schon zum dritten Mal mit der Bundesregierung zusammenarbeitet, ist die heutige Gala neben der Berlinale das wichtigste Filmfest in Deutschland.

Als langjähriges Mitglied der früheren Jury Deutscher Filmpreis, das damals dem neuen Verfahren zur Vergabe des Filmpreises mit ein wenig Skepsis begegnete, sage ich heute: Es hat sich insgesamt bewährt. Man kann es nicht jedem recht machen und Kritik ist immer zulässig. Dennoch: alle bisherigen Nominierungen ergeben insgesamt ein differenziertes, ausgewogenes Bild des deutschen Films. Und die breite Beteiligung der Filmschaffenden am Entscheidungsprozess verleihen den Ergebnissen zusätzliche Legitimität. Ich danke dem Präsidium unter der Leitung von Senta Berger und Günter Rohrbach, dem Vorstand unter dem Vorsitz von Stefan Arndt, und allen Mitgliedern der Filmakademie für ihren Einsatz.

Nun aber meine Damen und Herren, freuen wir uns auf einen aufregenden Abend. Ich bin selbst ganz gespannt, wer dieses Jahr eine Lola mit nach Hause nehmen darf und will mich und Sie nicht länger auf die Folter spannen. Herzlichen Dank also und viel Vergnügen.