Redner(in): Angela Merkel
Datum: 09.05.2007

Untertitel: am 9. Mai 2007 in Bochum
Anrede: Sehr geehrte Frau Präsidentin des Landtages, liebe Regina van Dinter, sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin Scholz, meine Damen und Herren,
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): http://www.bundesregierung.de/nn_914560/Content/DE/Archiv16/Rede/2007/05/2007-05-09-merkel-sparkassentag,layoutVariant=Druckansicht.html


ich freue mich, heute hier als Bundeskanzlerin, aber auch, wie Herr Haasis es schon gesagt hat, als EU-Ratspräsidentin zu Ihnen zu sprechen. Heute, am 9. Mai, ist Europa-Tag. Heute vor 57

Jahren trat der französische Außenminister Robert Schuman mit der Vision eines geeinten Europa an die Öffentlichkeit.

Wir haben im März den 50. Jahrestag der Unterzeichnung der Römischen Verträge in Berlin, in einer nunmehr wieder vereinten Stadt, gefeiert.

Kaum ein Jahr später, nachdem Schuman vor die Öffentlichkeit trat, wurde in Paris bereits die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl ins Leben gerufen. Damit nahm der wirtschaftliche Aufschwung in den 50er Jahren in Deutschland, aber auch in Europa seinen Lauf; besonders auch im Ruhrgebiet und hier in Bochum. Ich glaube, wir können gerade auch hier im Ruhrgebiet sehen, was seitdem passiert ist, was sich verändert hat und was dieses Europa mit dieser, ich würde sagen, einmaligen Entscheidung, Ressourcen nicht mehr gegeneinander zu verwenden, sondern Kohle und Stahl miteinander zu nutzen, geschafft hat. Die beteiligten Länder leben seitdem in Frieden und haben sich Wohlstand erarbeiten können. Schuman hat damals bereits gesagt, dass die Gemeinschaft dazu dient

ich zitiere,"zur Hebung des Lebensstandards und zur Förderung der Werke des Friedens beizutragen." Heute ist das für uns fast selbstverständlich.

Frieden, Freiheit, Demokratie. Gerade bei jungen Menschen merken wir, wie selbstverständlich auch die Reisefreiheit geworden ist, ebenso der Binnenmarkt und der Euro als gemeinsame Währung. Dennoch dürfen wir natürlich die Herausforderungen, die Probleme, vor denen wir stehen, auf gar keinen Fall vergessen. Wir müssen uns auch immer wieder fragen: Haben wir für dieses Europa eigentlich schon die richtige Grundlage? Das war auch der Grund dafür, dass wir am 25. März mit unserer "Berliner Erklärung" das Bekenntnis abgelegt haben, dass wir die Europäische Union bis zu den Wahlen zum Europäischen Parlament 2009 auf eine erneuerte gemeinsame Grundlage stellen wollen.

Wir sind heute 27

Mitgliedsstaaten. Die Verträge von Nizza reichen nicht mehr aus. Viele Menschen in Europa fragen sich auch: Kümmert sich Europa um das Richtige? Können wir mit unseren Traditionen, die in diesem Europa gewachsen sind, unsere Stärken überhaupt einbringen? Da sind wir dann auch schon ganz dicht bei dem, was Sie bei den Sparkassen bewegt, und zwar zu Recht.

In den Referenden über den Verfassungsvertrag in den Niederlanden und Frankreich sind ja auch die Ängste der Bevölkerung sichtbar geworden. Ein Teil des Verfassungsvertrages ist in der Diskussion aber immer ein Stück weit in den Hintergrund getreten, der mir aber sehr wichtig ist, nämlich dass wir mit ihm auch eine viel stärkere regionale Mitbestimmung und Verankerung haben werden. Zum ersten Mal wird die Eigenständigkeit der Regionen benannt, die kommunale Selbstverwaltung auf europäischer Ebene anerkannt. Ich glaube, das ist auch Teil des Verständnisses, das wir in Europa brauchen, wenn wir für die Rechte, die Möglichkeiten und die Einzigartigkeit der Sparkassen werben. Wer Regionen nicht anerkennt, wer kommunale Selbstverwaltung nicht anerkennt, wer Unterschiedlichkeiten nicht anerkennt, wer Traditionen zu nivellieren versucht, der ist eben nicht, so wie Sie es schreiben, menschlich nahe beim Menschen, sondern entfernt sich von ihm. Und das darf nicht unser Europa sein

dafür kämpfen wir.

Wir haben uns deshalb auch aus Überzeugung für die wirtschaftliche und gesellschaftliche Bedeutung und damit auch für den Bezeichnungsschutz der Sparkassen eingesetzt. Das Vertragsverletzungsverfahren zu dem Ihnen gut bekannten §

40 des Kreditwesengesetzes wurde eingestellt. Aber ich will das

und deshalb habe ich auch die Gesamtbedeutung deutlich gemacht

nicht auf irgendeinen formalen Rechtsstreit herunterbrechen, sondern ich glaube, wir müssen dafür werben, diese Unterschiedlichkeit in Europa auch als eine Selbstverständlichkeit zu verankern. Die Kunden können nunmehr wirklich darauf vertrauen, dass das Prinzip gilt

ich hatte es mir schon aufgeschrieben, bevor Sie es genannt haben "Wo Sparkasse draufsteht, ist auch Sparkasse drin." Und das soll auch so bleiben. Dafür müssen Sie arbeiten und dafür werden wir arbeiten.

Ich habe es auch im vergangenen Jahr gesagt, ich sage es wieder: Die Sparkassen haben natürlich trotzdem die Herausforderungen des Binnenmarktes angenommen. Denn auch Sie spüren und wissen: Die Finanzmärkte rücken enger zusammen. Deshalb werden wir uns auch weiter für die notwendige Harmonisierung in der Europäischen Union einsetzen, die für die Menschen das Leben mit den Kreditinstituten auch leichter macht.

So sind wir froh, dass während unserer Ratspräsidentschaft eine Einigung über die Zahlungsdienst-Richtlinie und die Beteiligungs-Richtlinie erzielt werden konnte. Denn ein einheitlicher Euro-Zahlungsraum muss auch gelebt werden können. Deshalb arbeitet die Kreditwirtschaft mit Hochdruck an der Entwicklung der sog. SEPA-Zahlungsinstrumente, also etwa der europäischen Lastschrift. Als Kanzlerin, aber auch als Kundin ermutige ich Sie, nicht nachzulassen, das alles schnell umzusetzen. Wer dabei schnell ist, wird die Herzen der Menschen erobern und damit auch die Kunden von morgen. Dieses Europa ist nicht mehr allein national begrenzt. Also, gehen Sie zügig vor und helfen Sie uns, auch grenzüberschreitend im Zahlungsverkehrsraum klarzukommen. Das ist eine gute Erfahrung, die wir da machen können.

Meine Damen und Herren, wir wollen auch mit der Beteiligungs-Richtlinie dafür sorgen, dass Fusionen und Übernahmen im Finanzsektor europaweit nach einheitlichen und fairen Verfahren geprüft und genehmigt werden. Auch das, wie Sie wissen, ist ein weites Feld nicht nur im Bereich der Finanzwirtschaft. Wir bekennen uns zu einem europäischen Binnenmarkt. Aber wenn es darum geht, in bestimmten Bereichen auch Übernahmen zu gestalten, dann ist die Frage, was gut für uns ist, immer noch eine, die uns viel umtreibt. Deshalb muss unsere Politik im europäischen Raum stattfinden. Deshalb müssen sich hier auch deutsche Unternehmen ihre Chancen sichern. Aber wir wissen auch: An den europäischen Grenzen enden die Finanzmärkte nicht. Deshalb muss es auch darüber hinausgehen. Deshalb setzt sich die Bundesregierung intensiv dafür ein, im Rahmen unseres G8 -Vorsitzes auch in den internationalen Finanzmärkten

der Bundesfinanzminister tut das auch in ganz besonderer Weise

vernünftige transparente Instrumente zu verankern und dort Transparenz zu verlangen, wo sie uns nicht ausreichend zu sein scheint.

Letztendlich ist die Frage, mit wie viel Gewinn ich rechnen kann und welches Risiko ich dafür eingehe, eine der entscheidenden Fragen, die jeden, von der Sparkasse bis zu den privaten Banken, natürlich umtreibt und die letztlich auch die Konditionen formt. Ich sage immer wieder, Globalisierung muss von den Menschen als menschlich erlebt werden können. Und dafür müssen die Menschen den Eindruck haben, dass sie der Mensch gestaltet und dass sie nicht von irgendwelchen imaginären Kräften herkommt, auf die man keinen Einfluss hat. Deshalb müssen alle Finanzinstrumente auch soweit transparent sein, dass die Risiken, die zu tragen sind, auch von der Gemeinschaft getragen werden können.

Wir wissen: Marktwirtschaftliches Tun ohne Risiko geht nicht. Aber unkalkulierbare Risiken, die anschließend große Herausforderungen für die Demokratien zeigen, sind auch nicht vernünftig. Und deshalb bemühen wir uns, bei neuen Finanzinstrumenten auch mehr Transparenz zu verankern. Das werden wir auch im G8 -Prozess in diesem Jahr noch weiter tun. Ich glaube, das ist auch für Sie, die Vertreter der Sparkassen, von größerer Bedeutung, als man vielleicht auf den ersten Blick denkt, weil letztendlich alle in einem Finanzraum arbeiten und die Maßstäbe natürlich gemeinsam gesetzt werden.

Wir haben uns im Rahmen unserer EU-Präsidentschaft dafür eingesetzt, dass wir im transatlantischen Wirtschaftsraum enger zusammenarbeiten. Das ist keine Konkurrenz zu der Frage des weltweiten Handels nach der Doha-Runde, sondern eine Ergänzung in all den Bereichen, die nichts mit Zöllen zu tun haben, nämlich mit Standards. Ich habe es mir bei unserem Treffen in der vergangenen Woche in Washington auch nicht nehmen lassen, auf eine für uns etwas deprimierende Erfahrung hinzuweisen. Denn das Suchen nach gemeinsamen Standards hat ja im Rahmen von Basel

II über Jahre stattgefunden. Ordentlich, wie wir Europäer sind, haben wir das längst in einer Richtlinie verankert, die Kreditinstitute arbeiten natürlich dementsprechend, der Mittelstand hat seine Aufregungen schon hinter sich, während man jenseits des Atlantiks doch ein bisschen zögerlicher bei der Umsetzung ist. Ich darf Ihnen mitteilen, man hat mir Hoffnung gemacht, dass noch nicht aller Tage Ende ist. Und ich sage auch, ich werde das Thema immer wieder vorbringen. Ich finde schon, wenn wir international über bestimmte Dinge verhandeln, ist es auch wünschenswert, dass wir sie dann zum Schluss auch gemeinsam implementieren, weil wir nur so zu gemeinsamen Wirtschaftsräumen kommen.

Ich glaube, es lohnt sich, die Anstrengung einer engeren Harmonisierung im transatlantischen Wirtschaftsverhältnis zu unternehmen. Wir, die EU und die USA, wickeln rund 40

Prozent des weltweiten Handels miteinander ab. Wir sind über Investitionen in Höhe von 1,5

Billionen Euro miteinander verbunden. Und wir glauben, dass wir zum Beispiel durch die Anerkennung der gegenseitigen Rechnungslegungsvorschriften erhebliche Wachstumspotenziale freisetzen können und gleichzeitig in verschiedenen Sektoren

seien es etwa gleiche Standards bei Bio-Kraftstoffen, die gleichen Regeln für Auto-Crash-Tests oder Zulassungsmechanismen für Medikamente, die zwischen Europa und den Vereinigten Staaten von Amerika vergleichbar sind, Milliarden über Milliarden Euro einsparen und diese für Innovation und für Kreativität in unseren Ländern verwenden könnten. Ich glaube, das ist etwas, dem wir uns widmen sollten.

Wenn ich das sage, dann sage ich das auch ganz besonders mit Blick auf den Mittelstand. Denn gerade der Mittelstand hat eben nicht auch die große personelle Kraft dazu, mit allen unterschiedlichen Standards und Regelungen überall auf der Welt klarzukommen. Aber je mehr Harmonisierung und je mehr Gemeinsamkeiten wir hier haben, umso einfacher wird es auch dem Mittelstand gemacht, seine Chancen in der globalisierten Welt zu suchen und zu finden.

Ich glaube, über die Frage, wie menschlich wir die Globalisierung gestalten können, entscheidet auch die Frage, welche Chance haben mittelständische Unternehmen, in dieser globalisierten Welt dem Wettbewerb standzuhalten. Da Deutschlands Wirtschaft traditionell von mittelständischen Unternehmen, Familienunternehmen, Personengesellschaften geprägt wird, müssen wir alles tun, um genau diesen Unternehmen den Weg in die Globalisierung zu ermöglichen. Dabei spielen die Sparkassen natürlich eine herausragende Rolle.

Die Exportquote des Mittelstandes hat sich ebenso wie seine Auslandsinvestition erheblich erhöht. Natürlich sind die EU-Länder und hier insbesondere die neuen mittel- und osteuropäischen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union bevorzugte Zielländer. Ich wünsche mir

und ich weiß, dass Sie hier vieles unternehmen dass Sie gerade auch der mittelständischen Wirtschaft bei ihrem Auslandsengagement den Weg zeigen, ihr helfen, sie unterstützen. Für die Sparkassenfinanzgruppe, die ja zusammengenommen mit 50 Millionen Kunden und immerhin einer Bilanzsumme von stolzen zweieinhalb Billionen Euro die größte Bank der Welt darstellt, sollte das eine gute Herausforderung sein.

Nehmen Sie sie einfach an.

Sie scheinen es ja selber nicht zu glauben. Also, ein bisschen Selbstbewusstsein bitte. Größe kennt ja verschiedene Ausprägungen.

Das tun Sie bzw. darum bitte ich Sie auch in einer Zeit, in der wir ja ein Wirtschaftswachstum haben, das uns alle erfreut, was sicherlich auch bei Ihnen spürbar ist. Es war mit 2,7

Prozent im Jahre 2006 so hoch wie seit sechs

Jahren nicht mehr.

Wir haben erlebt, dass die Wirtschaft im vergangenen Jahr 600.000 neue Arbeitsplätze geschaffen hat. Der allergrößte Teil, das ist die eigentlich erfreuliche Botschaft, entfällt auf sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze, was sich natürlich auch in der Finanzlage unserer sozialen Sicherungssysteme bemerkbar macht. Wir haben jetzt seit langem wieder weniger als vier Millionen Arbeitslose

über 800.000 weniger als im Vorjahr.

Ich glaube, das sind ermutigende Signale; ermutigend, weil sie zeigen, dass sich Veränderungen lohnen. Diese Veränderungen hat nun wirklich nicht nur die Politik vorgenommen, sondern diese Veränderungen sind zum Teil in der Wirtschaft selbst durchgesetzt worden, und zwar von Arbeitgebern und Arbeitnehmern gemeinsam zum Teil auch unter Verzicht auf Lohnerhöhungen, zum Teil auch mit schmerzlichen Erfahrungen. Es sind vor allem die mittelständischen Unternehmen, die schnell mehr Arbeitsmöglichkeiten schaffen. Auch das ist ganz wichtig zu erwähnen. Es wird zwar offen über die großen Unternehmen gesprochen, es sind aber eigentlich die vielen mittelständischen, die uns diese sehr erfreulichen Zahlen gebracht haben. Die Politik hat seit einigen Jahren durch Reformanstrengungen dazu beigetragen. Ich will nun die Rolle dieser Bundesregierung nicht überstrapazieren. Aber wir haben zu Beginn unserer Arbeit natürlich auch vor sehr schwierigen Entscheidungen gestanden: Die Notwendigkeit zur Haushaltskonsolidierung und gleichzeitig der Gedanke, wie wir durch Reformieren und Investieren die Wirtschaft beleben können.

Mit der Kombination gerade von Maßnahmen, die auch dem Mittelstand geholfen haben, und einem Sparkurs und einer für die Bevölkerung nicht einfachen Erhöhung der Mehrwertsteuer haben wir, wie ich glaube, einen Mix gefunden, zu dem viele Theoretiker gesagt haben, dass er ganz schwierig umzusetzen sein wird, bei dem wir jetzt aber durch eine gewisse Standhaftigkeit erlebt haben, dass es vielleicht doch gar nicht so unklug war, darauf zu setzen. Vor Sparkassenvertretern darf man sagen

ich sage das jetzt als theoretische Physikerin: Ein bisschen Pragmatismus ist manchmal auch hilfreich und Theorie alleine längst nicht immer.

Meine Damen und Herren, das will ich dann auch mit einer Bitte verbinden. Ich weiß ja, Basel

II ist wichtig und gut und richtig, und ich weiß auch, dass man Kriterien haben muss, nach denen man etwas entscheidet. Aber ich weiß auch, dass, wenn ich vor Ihnen, den Vertretern der Sparkasse, spreche, es immer so bleiben wird, dass eine gewisse Kenntnis des eigenen Kundenkreises und eine gewisse Fähigkeit der menschlichen Einschätzung vielleicht auch im 21. Jahrhundert eine gewisse Bedeutung behalten. Das ist und das darf Ihr Markenzeichen bleiben; ich sage sogar, es sollte Ihr Markenzeichen bleiben.

Wir haben viele politische Maßnahmen, weil wir in der Bundesregierung eben um die Bedeutung des Mittelstandes wissen, auch gerade auf die speziellen Belange der mittelständischen Unternehmen ausgerichtet. In Deutschland werden 80

Prozent der Lehrlinge im Mittelstand ausgebildet, 70

Prozent aller Arbeitnehmer sind dort beschäftigt. Neue Arbeitsplätze werden zu 70Prozent von neu gegründeten Unternehmen und Kleinbetrieben mit weniger als 50Beschäftigten geschaffen.

Sie als Finanziers des Mittelstandes und wir als diejenigen, die um dessen Bedeutung wissen, wollen das gemeinsam auch voranbringen. Wir sollten nicht vergessen, dass nach Analysen der Bundesbank die langfristige Kreditvergabe in den schwierigen Jahren 2002 bis 2004 immerhin bei den Sparkassen um 6Prozent ausgeweitet wurde, während sie bei den privaten Großbanken in dieser Phase abgenommen hat. Ich glaube, Sie können heute stolz darauf sein, dass wir wieder Wirtschaftswachstum haben. Kundenbindung bedeutet langfristige Prozesse. Dabei gilt wie überall im Leben: Wenn man in schwierigen Zeiten zusammenhält, wirkt sich das in guten Zeiten besonders aus.

Sie stehen drei von vier mittelständischen Unternehmen mit umfassender Beratung, Service und Krediten zur Seite. Natürlich sind wir sehr dankbar dafür, dass Sie an vielen Stellen auch gesellschaftliche Aufgaben übernehmen. Das gemeinnützige Engagement formt und gestaltet an vielen Stellen auch die Einzigartigkeit der verschiedenen kommunalen Regionen und das ist auch sehr wichtig. Sie haben im Jahr 2005 Forschungs- , Wirtschafts- und Wissenschaftsförderung mit über 20

Millionen Euro unterstützt. Auch deshalb werden wir in Zukunft am dreigliedrigen deutschen Bankensystem festhalten. Wir haben sicherlich immer wieder darüber Diskussionen. Aber ich sage das hier mit Bedacht ich bitte Sie dann allerdings auch, Ihre Identität niemals zu verleugnen, damit wir nicht so oft Mühe haben.

Wir versuchen, durch unsere politischen Maßnahmen die mittelständischen Unternehmen zu begleiten. Dazu gehören zwei Mittelstandsentlastungsgesetze und ein Unterfangen, das für Deutschland neu ist, nämlich der Bürokratieabbau. Wir haben hierzu das Modell von den Niederländern übernommen. Die Kosten, die aus Statistik- und Berichtspflichten entstehen, um 25 Prozent zu reduzieren, haben wir uns im Übrigen nicht nur national vorgenommen, sondern bis 2012 auch für die gesamte Europäische Union. Das ist natürlich auch wichtig. Denn wenn schon die Richtlinien, die aus Brüssel kommen, falsch gestaltet sind, kann man in Deutschland auch nichts mehr einsparen. Das heißt, Bürokratieabbau muss Hand in Hand gehen.

Bis Ende 2006 haben die Bundesministerien über 10. 000Informationspflichten für die Wirtschaft aus Bundes- und EU-Recht ermittelt. Jetzt werden die Kostenbelastungen errechnet. Und ich danke ganz herzlich dafür, dass sich eine Vielzahl von Unternehmen auch aus der Kreditwirtschaft dazu bereit erklärt hat, uns bei dieser Kostenermittlung zu helfen.

Es gibt natürlich eine gewisse Ambivalenz. Manche Berichts- und Statistikpflichten stellen ja durchaus auch einen Schutz oder eine Sicherheit dar. Manchmal besteht die Angst, wenn man alles abschaffen würde, dass man dann fast im rechtsfreien Raum leben würde, dass Missbrauch möglicher wäre. Aber es geht nicht immer um die Abschaffung, sondern es geht zum Teil auch um eine Vereinheitlichung, es geht um die richtige Methode, um vernünftige Formen, wie man Pflichten erfüllt, um vernünftige Zeitabstände. Deshalb bitte ich Sie einfach: Lassen Sie uns auch wissen, wo Sie betroffen sind. Das gelingt natürlich am besten, wenn wir miteinander in engem Kontakt sind.

Wir haben gerade in der aktuellen politischen Diskussion die Unternehmensteuerreform. Sie wird zum 1. Januar 2008 in Kraft treten. Wir werden die Steuerbelastung einschließlich Gewerbesteuer von heute durchschnittlich 39Prozent auf unter 30Prozent des Gewinns senken können. Ich weiß, dass davon viele mittelständische Unternehmen nicht direkt betroffen sind einige ja, andere weniger. Durch die unterschiedliche Steuerstruktur bei Personengesellschaften und Körperschaften ist in Deutschland eine rechtsformneutrale Behandlung aller Unternehmen ein ziemlich schwieriges Unterfangen. Aber ich glaube, wir haben es jetzt doch geschafft, auf der einen Seite an Investoren das Signal zu geben, dass Deutschland im Mittelfeld der internationalen steuerlichen Belastung liegt, und auf der anderen Seite gerade auch Personengesellschaften durch die Thesaurierungsbegünstigung die Möglichkeit zu geben, verstärkt Investitionen tätigen zu können und damit auch ein Signal gerade an Familienunternehmen zu senden.

Die Details werden zurzeit diskutiert. Wenn Sie alle Beschwerden und Einwände zusammennehmen, fragt man sich manchmal: Kann man das überhaupt schaffen? Ich sage: Wir werden es schaffen. Wir hören trotzdem zu, weil uns die Steuerfachleute natürlich auch auf bestimmte Wirkungen hinweisen können. Aber ich sage natürlich auch: Jedes Steuerrecht hat immer die Eigenschaft, dass sich die zuständigen Berater nach einer Einarbeitungsphase auch in den Möglichkeiten der Nutzung eines neuen Steuerrechts zugunsten des jeweiligen Kunden gut auskennen. Eine Änderung des Steuerrechts bringt immer auch eine Veränderung des Umgangs mit dem Steuerrecht mit sich. Das muss man erst einmal als gegeben voraussetzen. Je ehrlicher wir miteinander in dieser Beratung sind, umso besser wird das Ergebnis sein. Denn Sie werden auch verstehen, in einem Jahr, in dem wir immerhin die Mehrwertsteuer um dreiProzent erhöht haben, ist eine Gesamtentlastung der Unternehmen um fünfMilliarden Euro auch etwas, worüber im politischen Raum diskutiert wird. Wir stehen dazu, wir wollen das, wir glauben, dass Deutschland ein attraktiver Investitionsstandort sein soll und dass deutsche Unternehmen keine oder möglichst wenige Anreize haben sollten, ihre Steuern woanders zu zahlen. Aber das alles muss auch in eine vernünftige Balance kommen. Und da sind wir jetzt in den entscheidenden Beratungen. Viele haben daran mitgearbeitet. Und es wird etwas Vernünftiges werden.

Wir haben auch das Ziel, die Erbschaftsteuer zu reformieren. Passend zu unseren Reformvorstellungen, demnach zum Schluss keine Erbschaftsteuer mehr gezahlt werden muss, wenn das Kapital über zehn Jahre im Unternehmen verbleibt, kam das Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Das hat uns nun wieder durchaus vor intellektuell anspruchsvolle Aufgaben gestellt. Denn es ist natürlich vollkommen klar, dass eine Änderung im Erbschaftsteuerrecht nicht ganz einfach vorzunehmen ist. Deshalb sage ich aber ganz eindeutig: Wir halten an der Erbschaftsteuer fest. Wir werden die Maßgaben des Bundesverfassungsgerichts umsetzen. Wir wollen die Entlastung der mittelständischen Betriebe von der Erbschaftsteuer und wir haben den festen Willen, dies rückwirkend zum 1. Januar2007 in Kraft zu setzen

so, wie wir es versprochen haben. Aber dies gehört zu den anspruchsvolleren politischen Aufgaben. Und ich sage an dieser Stelle, es ist gut, dass wir in einer großen Koalition zusammenarbeiten, weil sich hier einfach auch die Länder, um deren Steuern es ja auch geht, sehr intensiv austauschen.

Wir werden parallel zur Unternehmensteuerreform auch ein Gesetz mit Verbesserungen für wagniskapitalfinanzierte innovative Unternehmen einbringen. Auch das Förderung von Forschungstätigkeiten und Wagniskapital ist ganz wichtig in der Kombination mit der Unternehmensteuerreform, so dass wir dann ein Paket haben, mit dem wir sagen können: Das macht Deutschland insgesamt attraktiver. Das fügt sich ein in unsere Philosophie, womit wir unseren Wohlstand erhalten können: Wir können unseren Wohlstand in Deutschland nur erhalten, wenn wir auf die Kreativität, auf die Innovationskraft der Menschen in unserem Lande setzen. Und deshalb müssen wir, so wie es unser Bundespräsident gesagt hat, um so viel besser sein, wie wir teurer sind.

Deshalb haben wir ein Sechs-Milliarden-Euro-Programm für Wachstum und Innovation aufgelegt. Wir haben das Ziel, dreiProzent des Bruttoinlandsprodukts für Forschung und Entwicklung in unserem Land auszugeben. Interessanterweise ist mit wachsendem Bruttoinlandsprodukt natürlich auch der Anteil von drei Prozent entsprechend größer. Das heißt, auch die staatlichen Anteile wachsen an dieser Stelle. Wir freuen uns im Augenblick natürlich über die steuerlichen Entwicklungen. Aber ich sage auch das, was wir bereits am Beginn dieser Bundesregierung gesagt haben: Der Sanierungskurs, die Konsolidierung der Haushalte ist eine der herausragenden Zukunftsaufgaben. Das werden wir auch nicht vergessen, denn die Lösung dieser Aufgabe ist ein Beitrag für zukünftige Generationen.

Meine Damen und Herren, ich möchte mich bei Ihnen dafür bedanken, dass Sie zur Ausbildung einen Beitrag leisten. Junge Menschen sind der Schatz unseres Landes. Und diese jungen Menschen sollen und müssen einen Ausbildungsplatz bekommen. Ich finde es gut, dass jetzt das Gespräch zwischen den Ländern, die ja die Schulpolitik zu verantworten haben, und den Ausbildungsbetrieben und der Bundesagentur intensiviert wird. Denn wir können es uns in den nächsten Jahren nicht mehr leisten wir hätten es früher auch schon nicht gekonnt, aber in den nächsten Jahren ganz bestimmt nicht mehr, dass wir viele junge Menschen haben, die zehn Jahre zur Schule gehen, aber, wie anschließend festgestellt wird, für einen Ausbildungsberuf nicht ausreichend vorbereitet sind. Darüber muss man ganz offen sprechen.

Ich bin sehr dankbar dafür, dass von Jürgen Rüttgers hier in Nordrhein-Westfalen ein Integrationsminister eingesetzt wurde. Gerade ausländische Jugendliche haben bei der Ausbildung keine gleichen Chancen. Voraussetzung dafür ist wir haben gestern im Rahmen unseres Bundesintegrationsplanes ein Treffen mit jungen Migrantinnen und Migranten gehabt; das haben die jungen Leute alle selber gesagt, dass man die Sprache einigermaßen beherrscht, damit man den Lehrer versteht und am kulturellen Leben in diesem Lande teilhaben kann, und dass das inzwischen auch ausgesprochen wird. Und gleichzeitig muss gesagt werden, dass Migrantinnen und Migranten unser Land bereichern können, aber wir alle auch ein paar Pflichten zu erfüllen haben. Das alles muss in einer Balance sein, die, wie ich glaube, unserem Lande sehr, sehr gut tut.

Sie in den Sparkassen bieten eine Vielzahl von Ausbildungsplätzen an. Dort, wo noch mehr Spielraum ist, ermutige ich Sie, ihn zu nutzen. Wir wissen, Arbeitslosigkeit im späteren Verlauf des Lebens ist unglaublich eng mit der Frage der Qualifizierung verknüpft. Wir arbeiten innerhalb der Bundesregierung ja auch sehr eng zwischen den Ressorts zusammen, um den Ausbildungspakt so zu gestalten, dass uns möglichst niemand verloren geht. Wir haben noch eine Vielzahl von jungen Menschen, die schon über mehrere Jahre in Qualifizierungs- und Ausbildungsmaßnahmen sind. In einigen Jahren wird der Run auf junge Menschen und Ausbildungsplätze stark zunehmen. Deshalb nehmen Sie es auch als Ihre gesellschaftliche Verantwortung. Sie tun es heute schon, aber ich möchte Sie da einfach auch noch einmal ermutigen, das auch weiter zu betreiben.

Meine Damen und Herren, Mittelstand, Zukunft, Engagement für junge Leute, Freude an der Unterschiedlichkeit unserer Länder, unserer Kommunen, unserer Regionen, das Eingehen auf spezifische Wünsche, Möglichkeiten, Fragen, Herausforderungen das ist das, was Ihr Markenzeichen ist, was Ihr Markenzeichen bleiben soll. Deshalb bin ich heute gerne bei Ihnen, deshalb verspreche ich Ihnen, dass wir weiter konstruktiv und sehr pragmatisch zusammenarbeiten werden. Deshalb wünsche ich Ihnen allen Erfolg und deshalb lassen Sie uns, Herr Präsident, weiter in Kontakt bleiben, auch falls es irgendwo hakt. Aber Sie halten ja ohnehin auch nicht mit Ihren Problemen hinterm Berg. Das zeichnet die Sparkassen auch aus, das weiß man vom Oberbürgermeister, über den Landrat bis zum Bundeskanzler.

Bleiben Sie den Menschen und unserem Land verbunden. Ein herzliches Dankeschön für Ihre Arbeit.