Redner(in): Bernd Neumann
Datum: 12.06.2007

Untertitel: In seinem Grußwort äußerte sich Kulturstaatsminister Bernd Neumann zu aktuellen medienpolitischen Themen wie der Reform der EU-Fernsehrichtlinie, dem Jugenschutz in den elektronischen Medien und der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.
Anrede: Meine sehr verehrten Damen und Herren,
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): http://www.bundesregierung.de/nn_914560/Content/DE/Archiv16/Rede/2007/06/2007-06-12-rede-neumann-media-night,layoutVariant=Druckansicht.html


im Rahmen meines Grußwortes möchte ich einige Bemerkungen zu medienpolitisch aktuellen Themen machen.

An erster Stelle steht die Reform der EU-Fernsehrichtlinie, über die ich nach intensiven Verhandlungen Ende Mai mit unseren europäischen Partnern einen politischen Konsens erreichen konnte. Dies ist ein großer Erfolg der deutschen Ratspräsidentschaft, insbesondere wenn man bedenkt, wie weit die Positionen der 27 EU-Länder zu Beginn dieses Jahres noch auseinander lagen.

In der neuen Fernsehrichtlinie erkennt man an vielen Punkten die deutsche Handschrift.

Die neue Richtlinie "Audiovisuelle Mediendienste ohne Grenzen" umfasst künftig alle audiovisuellen Mediendienste - und zwar unabhängig von der jeweiligen Übertragungstechnik. Die Regelungen schließen herkömmliche Fernsehübertragung genauso ein wie neue fernsehähnliche Abrufdienste. Hierdurch werden faire Wettbewerbsbedingungen für all diese Angebote hergestellt. Produzenten audiovisueller Mediendienste profitieren von flexibleren und weniger detaillierten Werbevorschriften, auch wenn diese den privaten Anbietern noch nicht weit genug gehen. Dies eröffnet neue attraktive Finanzierungsmöglichkeiten und Chancen für eine vielseitige Programmproduktion.

Zuschauer und Nutzer werden durch die neue Richtlinie in ihren Rechten gestärkt. Zur Verbesserung der Verbraucherrechte gehört die klare Identifizierung der Anbieter audiovisueller Inhalte. Jeder kann in Zukunft erkennen, wer hinter einem audiovisuellen Angebot steht.

Die neue Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten dazu, den Schutz Minderjähriger zu gewährleisten und Inhalte zu verbieten, die zum Religions- oder Rassenhass aufstacheln. Dies sichert den Erhalt unseres hohen Jugendschutzniveaus. Wir haben die Möglichkeit einer Sperrverfügung, wenn wir Sendungen im Hinblick auf den Jugendschutz für unverantwortlich halten. Schließlich führt die Richtlinie eindeutige Vorschriften für die Produktplatzierung ein.

Zuschauer werden künftig über Produktplatzierungen nicht nur am Anfang und am Ende des Programms, sondern auch nach jeder Werbepause klar informiert. Also Werbung gekennzeichnet und offen und nicht versteckt. Wichtig ist, dass Kindersendungen, Nachrichtensendungen und Dokumentarsendungen davon ausgenommen sind.

Meine Damen und Herren,

ich habe nie einen Hehl daraus gemacht, dass ich mir persönlich noch striktere Regelungen gewünscht hätte. Die Mehrheiten in Europa waren leider andere. Aber Themenplatzierungen und Schleichwerbung sind und bleiben verboten. Die Mitgliedstaaten können auch in Zukunft frei entscheiden, ob und in welcher Form sie von diesen neuen Möglichkeiten Gebrauch machen wollen. Ich begrüße ausdrücklich, dass ARD und ZDF erklärt haben, freiwillig auf Produktplatzierungen verzichten zu wollen.

Die neue Richtlinie ermöglicht den audiovisuellen Medien in Europa den Sprung ins 21. Jahrhundert und stellt ihre Wettbewerbsfähigkeit sicher.

Meine Damen und Herren,

die europäische Medienpolitik spielt auch für das ebenso wichtige wie aktuelle Thema der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks eine bedeutende Rolle. Die Verhandlungen zwischen Deutschland und der Europäischen Kommission zur Einstellung des EU-Beihilfeverfahrens haben dies deutlich gezeigt. Der schließlich gefundene Kompromiss beendet einen langen Streit und bietet Rechtssicherheit für das duale Rundfunksystem in Deutschland. Durch die Auflagen der EU müssen einige Maßnahmen umgesetzt werden, die wir gerade aus Sicht der CDU immer gefordert haben.

So wird die Verwendung der Rundfunkgebühren jetzt transparenter, ihre Kontrolle verbessert. Der öffentlich-rechtliche Auftrag der Anstalten wird konkretisiert, insbesondere für Angebote im Digitalfernsehen, bei Telemedien und bei mobilen Diensten.

Meine Damen und Herren,

auf nationaler Ebene brauchen wir ein modernes und gerechtes System für die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Nicht zuletzt bei Einführung der von mir abgelehnten Rundfunkgebühren für Internet-PCs ist deutlich geworden, dass das bisherige Gebührenmodell überdacht werden muss. Es wird dabei darauf ankommen, die Lasten ausgewogen und nachvollziehbar zu verteilen und die Bürger nicht unangemessen zu belasten.

Nur eine wirklich akzeptierte, gerechte Finanzierungslösung bietet eine solide Basis für die Existenzsicherung und Weiterentwicklung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.

Vieles spricht dafür, insbesondere das System der Anknüpfung an vorhandene Empfangsgeräte in seiner bestehenden Form zu hinterfragen. Das Bundesverfassungsgericht wird im aktuellen Gebührenstreit eine Entscheidung treffen, die Grundlage für unsere weiteren Diskussionen sein muss.

Meine Damen und Herren,

es liegt mir besonders am Herzen, dass unsere Kinder die enormen Chancen nutzen, die Ihnen das Internet eröffnet und wir gleichzeitig durch einen konsequenten Jugendschutz sie vor Gefährdungen bewahren.

Mein Haus wird noch in diesem Jahr gemeinsam mit vielen wichtigen Partnern aus dem Bereich des Jugendmedienschutzes, der Medienaufsicht sowie namhaften Unternehmen wie AOL, Microsoft, SuperRTL, Telekom und anderen eine Initiative ins Leben rufen, die im Internet einen für Kinder geeigneten und sicheren Surfraum schafft. Dieses Projekt trägt den Namen "Ein Netz für Kinder" und wird aus zwei Säulen bestehen:

Die erste Säule ist die Schaffung einer Positivliste kindgerechter Internetangebote, mit deren Hilfe Eltern oder Lehrer den Surfraum von Kindern auf ein sicheres Maß begrenzen können.

Die zweite Säule ist die gezielte Förderung von Internetangeboten mit kindgerechten Inhalten; diese sind im Netz noch unzureichend vorhanden. Staatliche Förderung soll hauptsächlich kleine Privatinitiativen mit qualitativ besonders hochwertigen Angeboten unterstützen.

Das Projekt "Ein Netz für Kinder" will außerdem eine Plattform für Geschäftsbeziehungen zwischen großen Providern und kleinen Inhalteanbietern schaffen, damit diese langfristig eine strukturell und finanziell gesicherte Grundlage für Ihre Arbeit erhalten. Ich wünsche mir, dass von einer solchen Initiative wichtige Impulse ausgehen und viele neue, kreative Internetangebote für Kinder entstehen.

Meine Damen und Herren,

alle elektronischen Medienangebote sind auf eine leistungsfähige technische Infrastruktur angewiesen.

Medien- und Telekommunikationswirtschaft sind deshalb natürliche Partner, auch wenn sie durchaus unterschiedliche Interessen haben. Medienvielfalt und wirtschaftliches Wachstum im Telekommunikationssektor müssen miteinander in einen gerechten Ausgleich gebracht werden. Nationale Must-Carry-Regelungen bei der Kabelbelegung und Beschränkungen des Frequenzhandels sichern die spezifischen Belange der Medienvielfalt. An diesem bewährten Ordnungsmodell gilt es festzuhalten. Ich sehe daher mit Befremden die in der EU-Kommission erkennbaren Tendenzen, im Zuge der bevorstehenden Überarbeitung der europäischen Telekommunikationsrichtlinien auf eine reine Marktlösung setzen zu wollen.

Die Bundesregierung unterstützt deshalb nachdrücklich den im März dieses Jahres gefassten Beschluss der Ministerpräsidenten der Länder, welcher die EU-Kommission auffordert, bei der Fortentwicklung der europäischen Telekommunikationsrichtlinien auch künftig der Freiheit von Medien und Information angemessen Rechnung zu tragen.

Meine Damen und Herren,

gestatten Sie mir abschließend noch ein Wort zum deutschen Film. Ich übertreibe wohl nicht, wenn ich seine jüngste Entwicklung als Erfolgsgeschichte bezeichne. Der Anteil deutscher Filme in unseren Kinos hat eine Rekordmarke erreicht. Deutsche Filme verbuchen auch international große Erfolge - wirtschaftlich wie auch kulturell auf bedeutenden Festivals.

In den letzten 5 Jahren viermal eine Oscarnominierung in der Kategorie "bester ausländischer Film", zweimal wurde der Oscar gewonnen ( zuletzt: der Film "Das Leben der Anderen" ) . Das hatte es noch nie gegeben! Aber der Film ist nicht nur Kultur- , sondern auch Wirtschaftsgut. Er sichert vielen Zehntausenden von Filmschaffenden einen Arbeitsplatz und bringt beträchtliche Steuern ein. Hier galt es, die Zusage in unserer Koalitionsvereinbarung zu realisieren und für die Filmwirtschaft in Deutschland mit anderen Ländern vergleichbare Wettbewerbsbedingungen zu schaffen. Das ist gelungen. Auf meine Initiative hin hat die Bundesregierung beschlossen, der Filmwirtschaft in Deutschland erstmal für 3 Jahre 180 Mio. € als direkten Produktionskostenzuschuss zur Verfügung zu stellen.

Deshalb herrscht in der deutschen Filmbranche Euphorie. Man lobt die Bundesregierung und feiert den Kulturstaatsminister. Das soll in anderen Bereichen nicht durchgehend so sein: Sie können sich vorstellen, dass deshalb die Arbeit Freude macht.

Meine Damen und Herren,

ich wünsche Ihnen eine anregende und kurzweilige Media Night 2007!