Redner(in): Angela Merkel
Datum: 19.06.2007
Untertitel: am 19.Juni 2007 in Köln
Anrede: Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, lieber Jürgen Rüttgers, Herr Oberbürgermeister, meine Herren Intendanten, liebe Teilnehmer des 19.medienforums.nrw!
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): http://www.bundesregierung.de/nn_914560/Content/DE/Archiv16/Rede/2007/06/2007-06-19-bkin-merkel-medienforum-nrw,layoutVariant=Druckansicht.html
Ich bin heute sehr gerne hierher gekommen. Ich will nicht sagen, dass ich direkt vom Koalitionsausschuss gekommen bin, aber fast. Ich komme hierher in einer Zeit, in der Deutschland über erfreuliche Wirtschaftswachstumsraten berichten kann, in der wir uns vor allen Dingen darüber freuen können, dass mehr Menschen Arbeitsplätze haben und dass die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze wieder zunimmt.
Wir hatten gestern zu zwei Themen, die die Menschen in unserem Land bewegen, wichtige Entscheidungen zu treffen das haben wir auch geschafft, die für die Menschen in unserem Land gut sind. Auf der einen Seite wollen wir für die Älteren in unserem Land etwas tun. Wenn es uns insgesamt besser geht, soll auch die Generation etwas davon haben, die dieses Land aufgebaut hat. Deshalb werden wir bei der Pflege dafür Sorge tragen, dass auch Demenzkranke in Zukunft vernünftig gepflegt werden können, die Pflegedienste sich verbessern, die ambulante Pflege besser wird und die Schwarzarbeit bekämpft wird. Gleichzeitig werden wir sicherstellen, dass die Lohnzusatzkosten nicht steigen; das heißt, dass die Gefährdung von Arbeitsplätzen an dieser Stelle nicht stattfindet.
Wir haben uns zweitens mit der Frage auseinandergesetzt: Wie können wir auf der einen Seite sicherstellen, dass möglichst viele einen Zugang zum Arbeitsmarkt haben, und wie können wir auf der anderen Seite Lohndumping verhindern? Wir haben uns gegen gesetzliche Mindestlöhne, die flächendeckend sind, und für eine Stärkung der Tarifparteien ausgesprochen. Das halte ich für einen ganz wichtigen Schritt, weil wir sicherstellen können, dass Lohndumping nicht stattfindet.
Dieses Vertrauen in die Kräfte unserer Gesellschaft, so wie wir es gestern mit Blick auf die Tarifparteien gezeigt haben, ist auch das, was hier im Bereich der Medienpolitik stattfindet. Köln ist ein wichtiger Medienstandort. Die Tatsache, dass ich heute nach Nordrhein-Westfalen gekommen bin Herr Oberbürgermeister, besonders gerne natürlich auch nach Köln, steht dafür, dass dieser Medienstandort wichtig ist. Ein Drittel aller bundesweiten Fernsehproduktionen kommt aus Köln. Jeder zehnte Erwerbstätige arbeitet hier in der Medienbranche. Die Medienbranche ist also ein Wachstumsmarkt. Hier hat sowohl die größte öffentlich-rechtliche Sendeanstalt Europas ihren Hauptsitz als auch mit RTL der umsatzstärkste Privatsender Europas. Das heißt, hier ist das duale Rundfunksystem, wie wir es kennen, sozusagen unter einem Dach in einer Stadt untergebracht.
Wir wissen, dass die Ansiedlung mehrerer Medienunternehmen natürlich auch eine Reihe von Synergieeffekten mit sich bringt. Der Media-Park zeigt das sehr gut. Hier gibt es Ausbildung für junge Leute: die Kunsthochschule für Medien, medienwissenschaftliche Studiengänge an der Universität und die Journalistenschulen. Das heißt, die Weichen für die Medienlandschaft der Zukunft werden ganz wesentlich in Köln mit gestellt.
Diese Medienlandschaft ist in einem Umbruch. Sie werden heute noch weiter darüber diskutieren, was das im europäischen Kontext bedeutet. Ich glaube, wir sollten in Deutschland die Chancen dieser Branche nutzen im privaten und unternehmerischen Bereich genauso wie natürlich auch in der Zusammenarbeit der Staaten. Jürgen Rüttgers hat eben über die europäische Öffentlichkeit gesprochen, die wir aufbauen müssen.
Das heißt also, Aspekte der europäischen Medienpolitik sind von allergrößtem Interesse, und zwar einmal mit Blick auf den Binnenmarkt wie müssen dort die entsprechenden Regularien aussehen, die von Seiten der Europäischen Union erlassen werden? Zum anderen stellt sich auch die Frage: Wie können wir in einer zusammenwachsenden Welt den Blick über den Tellerrand unseres eigenen Landes hinaus weiten und auch das Wissen und das Fühlen mit anderen verstärken?
Ich möchte als amtierende Ratspräsidentin die Gelegenheit nutzen, den Medien in Deutschland zu danken, weil sie während unserer Präsidentschaft oft unter Inkaufnahme von nicht unbedingt maximalen Quoten dafür gesorgt haben, dass die Menschen über Europa informiert wurden. Sie haben damit einen Beitrag dazu geleistet, dass uns dieses Europa vertrauter wird und dass wir auch lernen, uns mit den Gedanken und Interessen anderer Länder auseinander zu setzen.
In dem Spannungsverhältnis von Presse- und Meinungsfreiheit einerseits und den Grenzen andererseits, die wir aus der Achtung vor bestimmten gesellschaftlichen Werten haben, sieht sich die gesamte europäische Medienpolitik natürlich immer vor die Fragen gestellt: Was muss eigentlich europäisch geregelt werden, was muss national in unserer Entscheidungskompetenz bleiben?
Wir wissen, dass durch Medien unsere gesamte Sicht auf die Welt stark geprägt wird. Deshalb hat Medienpolitik mit ihren Rahmenbedingungen natürlich außerordentliche Auswirkungen auf unsere Meinungsbildung. Ein Rahmen das darf man wohl sagen? setzt äußere Grenzen. Das heißt, es gibt auf der einen Seite Rahmenbedingungen für Medien, die rechtlich geschaffen werden müssen, und auf der anderen Seite ist es unsere strikte Aufgabe, Meinungs- und Pressefreiheit in diesem Rahmen zu ermöglichen. Schutz der Freiheit der Medien ist also nationale und europäische Aufgabe. Aber mit gebotener Behutsamkeit müssen wir natürlich auch Grenzen ziehen, wenn es um die Wahrung der Menschenwürde und den Jugendschutz geht. Dieses Spannungsfeld zeigt sich natürlich in jeder Rechtsetzung, die wir im Medienbereich durchführen.
Es gibt jetzt die Revision der Fernsehrichtlinie. Dies ist ein großer Schritt, denn diese Richtlinie wird für die künftige Entwicklung der Medien im europäischen Binnenmarkt die Grundlage schaffen. Wir haben unter der deutschen Ratspräsidentschaft eine politische Einigung erzielt. Ich glaube, es ist uns gelungen, sowohl einen hohen Standard im Bereich des Jugendschutzes zu erreichen, als auch einen hohen Standard bei der Meinungs- und Informationsvielfalt zu gewährleisten und zwar bei allen audiovisuellen Medienangeboten.
Eine riesige Rolle hat die Frage gespielt: Wie weit darf es mit dem so genannten "Product-Placement" gehen? Wir wollten es nur in Ausnahmefällen erlauben. Das hat viele Diskussionen mit sich gebracht. Ich glaube, wir können jetzt sagen ich sage es jedenfalls aus meiner Sicht so? , dass wir einen akzeptablen Kompromiss gefunden haben, der den Verbraucher durch Kennzeichnungsverpflichtungen schützt. Am Anfang und am Ende eines Programms muss die Produktplatzierung angezeigt werden. Die redaktionelle Verantwortung und Unabhängigkeit der Medienanbieter bleiben dabei weiterhin gewährleistet. In Kinderprogrammen, Nachrichtensendungen oder anderen Informationssendungen wird "Product-Placement" ausgeschlossen. Es wird gleichzeitig im Richtlinientext klar gemacht: Die bezahlte Themenplatzierung bleibt auch in Zukunft verboten. Ich glaube, dass gerade die öffentlich-rechtlichen Anstalten wenn ich mir diesen Hinweis erlauben darf hier mit gutem Beispiel vorangehen könnten, indem sie bewusst nicht von den denkbaren Ausnahmemöglichkeiten Gebrauch machen.
Unser Ziel war es auch, die quantitativen Werberegelungen auf ein Mindestmaß zu begrenzen und sie flexibler zu gestalten. Ich glaube, wir haben das erreichen können, indem wir die tägliche Werbezeitbegrenzung aufheben, die Obergrenze für Werbung von zwölf Minuten pro Stunde erhalten und die Regelung für Werbeunterbrechungen lockern. Das alles bietet auf der eine Seite den privaten Fernsehanbietern eine vernünftige und gesicherte wirtschaftliche Basis. Damit bleibt ein breites werbefinanziertes Informations- und Unterhaltungsangebot erhalten. Das ist für die Existenz des dualen Rundfunksystems wichtig. Auf der anderen Seite sieht die neue Richtlinie ebenfalls den Schutz von Kindern vor. Zum Beispiel wird Werbung für ungesunde Lebensmittel eingeschränkt. Das heißt also, wir versuchen, Werbebranche, Fernsehanbieter und Anbieter von neuen audiovisuellen Diensten gemeinsam in die Pflicht zu nehmen.
Für mich ist auch sehr wichtig, dass der Zugang von Hör- und Sehgeschädigten zu den Programmen verbessert werden soll. Meine Damen und Herren, ich halte das in jeder Form für ausgesprochen notwendig. Denn wenn wir in einer Wissensgesellschaft leben, wenn wir den Menschen Zugang zu den modernen Möglichkeiten geben wollen, dann dürfen wir Menschen mit Behinderungen davon nicht ausschließen.
Vor uns liegt die anstehende Revision der Telekommunikationsrichtlinie. Dort geht es ebenfalls um einen freien Informationsfluss. Wir wollen die Angebotsvielfalt und zugleich den freien Zugang zu qualitativ hochwertigen Angeboten sichern. Wir sind der Meinung da stimme ich Jürgen Rüttgers vollkommen zu, dass ein reiner Marktansatz nicht zielführend ist, wenn es um Rundfunkübertragungskapazitäten, einschließlich Frequenzvergabe und Frequenzhandel, geht.
Darüber gibt es immer wieder große Auseinandersetzungen, bei denen sich immer wieder die Frage stellt, was Brüssel alles regeln darf. Im Übrigen sind das Auseinandersetzungen, die auch bei den Verhandlungen, die wir im Augenblick im Zusammenhang mit dem EU-Verfassungsvertrag führen, im großen Maßstab eine Rolle spielen. Die Fragen "Wie ist die Abgrenzung der Kompetenzen? Wo endet der Binnenmarkt? Wo muss auch Eigenentscheidung möglich sein? Wie viel Freiheit braucht ein gemeinsamer Markt, um Wettbewerb zu gewährleisten?" sind die springenden Fragen, deren Beantwortung nach meiner festen Überzeugung zum Schluss auch darüber entscheiden wird, ob die Menschen Europa akzeptieren oder ob sie es nicht akzeptieren.
Wir müssen natürlich immer wieder die Frage stellen, ob eine vielfältige Mediennutzung nur in einigen Regionen in Deutschland möglich sein soll, in denen es sich betriebswirtschaftlich rentiert. Was können wir tun, damit zum Schluss nicht die Regionen Pech haben, die weniger Bevölkerung haben, die zu den ländlichen Räumen gehören und daher keinen Zugang zu modernen audiovisuellen Medien bekommen? Das heißt, Überversorgung auf der einen Seite und Unterversorgung auf der anderen Seite müssen bedacht werden.
Wir haben es beim Telekommunikationsmarkt mit einem sich rasant entwickelnden Markt zu tun. Das heißt, dem muss das überarbeitete europäische Telekommunikationsrecht Rechnung tragen, es muss zukunftsweisend sein. Aber auf der anderen Seite ist es nicht die Aufgabe derer, die Gesetze oder Richtlinien verabschieden, Technologien zu bewerten. Das heißt, der Gesetzgeber muss auf jeden Fall darauf achten, dass er Technologieneutralität ausübt und nicht bestimmte Technologien anderen voranstellt, nur weil sie gerade besser bekannt sind.
Um all das unter einen Hut zu bringen, brauchen wir natürlich ausreichende Gestaltungsspielräume für die nationale Gesetzgebung. Deshalb sagt die Bundesregierung auch: Wir halten einzelstaatliche Regelungen nach wie vor für notwendig, denn wir wollen so ein vielfältiges Angebot sichern, wie wir es gewohnt sind. Das heißt, wir werden bei den Verhandlungen immer darauf achten, dass wir unseren nationalen Gestaltungsspielraum in der Medienpolitik weiter bewahren können. Das ist auch ein Punkt, in dem Bund und Länder sehr, sehr einig sind. Ich bin auch froh darüber, dass die Europäische Kommission im April mit ihrer Entscheidung über unsere öffentlich-rechtlichen Anstalten unser duales Rundfunksystem gestärkt hat.
Meine Damen und Herren, es bleibt allerdings ein Faktor der Unsicherheit, es bleibt eine allgemeine Beobachtung: Wenn sich die Europäische Kommission mit Verhältnissen in Deutschland befasst sei es bei den Sparkassen oder sei es bei den öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten, dann beruht die Befassung meistens auf Hinweisen, die direkt aus Deutschland kommen. Wenn alle, die hier im Raum sitzen und sicherlich auch nachher wieder ein Bekenntnis zum dualen System abgeben, vielleicht manchmal die Differenzen in Deutschland austragen könnten und Brüssel nicht immer dazu benutzen würden, dort ihre eigenen Beschwerlichkeiten abzuladen, hätten wir es manchmal politisch einfacher. Lassen Sie mich das an dieser Stelle sagen. Ich sage allerdings auch: Es ist keine Spezialität der Medienbranche, sondern ein weit verbreitetes deutsches Verhalten. Andere Länder sind da zögerlicher.
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Deutschland das ist allerdings die Konsequenz dieser Auseinandersetzung gewesen ist mit europäischem Recht vereinbar. Allerdings hat uns die Kommission aufgetragen, den Programmauftrag unserer gebührenfinanzierten Sender zu konkretisieren. Damit soll ein klarerer Trennstrich zwischen Programm und wirtschaftlicher Tätigkeit außerhalb des Programmauftrags gezogen werden. Ich glaube, wir haben noch eine sehr breite Debatte darüber zu führen, worin denn nun ganz speziell die Aufgabe unserer gebührenfinanzierten Anstalten zu sehen ist. Dabei ist mir die Schwierigkeit dieser Debatte sehr wohl bewusst, denn die Gebührenfinanzierung erfordert auf der einen Seite, dass ein großer Teil der Bevölkerung, der Gebühren zahlt, auch Zugang und Interesse an den gebührenfinanzierten Angeboten hat. Auf der anderen Seite gibt es einen klaren Informationsauftrag. Das muss unter einen Hut gebracht werden.
Es reicht mit Sicherheit in einer globalisierten Welt nicht, dass wir unseren kultur- und medienpolitischen Gestaltungsspielraum nur innerhalb der Europäischen Union betrachten, denn er geht auch darüber hinaus. Der Deutsche Bundestag hat z. B. im März der Ratifizierung der UNESCO-Konvention "über den Schutz und die Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen" zugestimmt. Dieses Übereinkommen verankert das Recht der Vertragsstaaten auf eine eigenständige Kultur- und Medienpolitik. Für Deutschland sichert diese Konvention den gebührenfinanzierten öffentlich-rechtlichen Rundfunk und z. B. das ist auch ganz wichtig, obwohl es heute hier nicht im Vordergrund steht auch die Filmförderung.
Das heißt, wir wollen auf der einen Seite nicht, dass Sie Angst bekommen die Gestaltungsspielräume nicht über die Maßen regulieren, aber wir wollen auf der anderen Seite die Rahmenbedingungen durchaus so setzen, dass unsere Interessen insgesamt gewahrt sind. Es gibt im internationalen Vergleich in Deutschland ein hohes Maß an Flexibilität bei medienrechtlichen Regelungen. Das werden Sie sehen, wenn Sie das mit anderen Ländern vergleichen. Wenn wir uns anschauen, welche Freiheiten heute z. B. bei der Belegung des digitalisierten Breitbandkabels existieren, dann wird das auch sofort deutlich. Das heißt also: Ein klares Bekenntnis zu Freiheit, aber immer kombiniert mit gesellschaftlicher und staatlicher Verantwortung.
Deshalb auch ein Wort zum Jugendschutz. Wir sind der Meinung, dass der Jugendschutz in erster Linie über Selbstkontrolleinrichtungen der Unternehmen erfolgen sollte. Diese bewerten die Produkte der Mitglieder. Sie entscheiden, ob ein Angebot jugendschutzgemäß ist. Staatliche Stellen greifen bei uns nur ein, wenn sich eine Entscheidung der Selbstkontrolleinrichtungen als offensichtlich falsch erwiesen hat. Ich darf sagen: Dieses System funktioniert recht gut, obwohl es zu Beginn mit großer Skepsis begleitet wurde. Es wird auch in die neue Richtlinie für audiovisuelle Mediendienste aufgenommen, weil es in der Praxis gezeigt hat, dass es sich bewährt.
Aber ich glaube, wir sind uns alle einig, dass wir die Augen offen halten müssen, denn die technologische Entwicklung ist rasant. Kinder und Jugendliche müssen in einer geeigneten Weise in Schutz genommen werden und gleichzeitig natürlich Zugang zu Medien haben. Ich glaube, dass es deshalb nicht reicht, einfach zu sagen, dass die Eltern einen Erziehungsauftrag haben diesen haben sie, sondern neben der Weckung von Medienkompetenz bei Eltern und Kindern müssen wir auch sehen, dass dies eine Aufgabe des Staates auch im Sinne der Kultur- und Bildungshoheit ist. Ich glaube, dass Bund und Länder sich dabei gegenseitig unterstützen können.
Wir führen Schulfilmwochen in der Einrichtung "Vision Kino" durch. Es werden eine Vielzahl von
praxisgeeigneten Unterrichtsmaterialien zu aktuellen Filmen zur Verfügung gestellt. Es ist vollkommen klar, dass wir hier noch Weiteres machen können. Wir sollten nicht warten, bis der Staat etwas unternimmt, sondern jeder sollte sich überlegen, wie er Schutzmöglichkeiten einführen kann, so z. B. bei Computerspielen. Ich habe vor einigen Wochen an anderer Stelle die Idee geäußert, dass sich die Hersteller solcher Spiele z. B. zu einem "Runden Tisch der Verantwortung" zusammenfinden sollten. Vielleicht geht es auch in Köln, dass man so an die Dinge herangeht.
Wir wissen, dass die Spiele zum Teil unglaublich brutal sind. Die Auswirkungen von "Killerspielen" und "Ego-Shooter-Spielen" auf die Psyche von Kindern und Jugendlichen sind hinlänglich bekannt. Deshalb müssen wir hier wachsam sein. Auf der anderen Seite plädiere ich allerdings auch dafür, dass wir nicht immer nur die Gefahren definieren, sondern auch einmal die Chancen und Möglichkeiten ins Auge fassen, die der Zugang zum Internet heute für junge Menschen bedeutet. Das kann einen Kompetenzgewinn bedeuten, der im gesamten Leben genutzt werden kann, der Bildung vereinfachen kann. Deshalb wollen wir Internet-Angebote, die jugend- und kindgerecht sind, ganz bewusst fördern. Wir haben z. B. ein Gemeinschaftsprojekt mit der Medienindustrie und Erziehungs- und Bildungsinstitutionen und Elternverbänden. Bei dieser Initiative "Ein Netz für Kinder" geht es darum,"Positivlisten" von ausgewählten und empfehlenswerten Internetadressen zusammenzustellen. Damit sollen Räume für Kinder geschaffen werden, in denen kindgerecht gesurft werden kann und die Möglichkeiten des Internets erkannt werden können.
Ich glaube, angesichts der unglaublichen Vielfalt von Möglichkeiten wird sich die Verantwortung der Medienmacher in den kommenden Jahren verstärken. Deshalb ist es auch gut und richtig, wenn solche Medientage genutzt werden, um genau darüber zu sprechen. Die technischen Möglichkeiten werden weiter wachsen. Diesem Wachstum wollen und dürfen wir in Deutschland keine unnötigen Grenzen setzen, um an einer Zukunftstechnologie ausreichend teilzuhaben. Aber das ändert nichts daran, dass wir trotzdem aufpassen müssen, wo die Grenzen sind.
Wenn ich so viel über moderne und neue, auch noch nicht bekannte Medien spreche, für die wir jetzt schon die Rahmenrichtlinien entwickeln, ändert das nichts daran, dass klassische Medien auch weiterhin eine große Rolle spielen werden. Deshalb sollten wir bei allem, was sich um Internet, Breitbandkabel und vieles mehr rankt, nicht vergessen: Eine meinungsstarke Zeitungs- und Zeitschriftenlandschaft, die Printmedien sind ein Grundstock der Vielfalt der Medienlandschaft. Deshalb möchte ich auch in diesem Zusammenhang das Presse-Grosso erwähnen. Denn mit dem Presse-Grosso existiert ein Vertriebssystem in Deutschland, das einerseits den Verlagen Chancengleichheit sichert und andererseits den Lesern auch ein umfassendes Angebot gewährleistet.
Ich glaube, wir sind uns einig: Medien sind so etwas wie das Lebenselixier einer demokratischen Gesellschaft. Wenn man unter Bedingungen gelebt hat, in denen die Medien nicht frei berichten durften, weiß man, was einem fehlt. Ich verhehle nicht, dass man, wenn man manchmal morgens aufsteht und die Vielfalt ins Auge nimmt, denkt, man könnte auch einmal auf etwas verzichten. Aber dieses Denken muss man sich als ordentlicher Demokrat sofort wieder verbieten.
Wir wissen auch um die Wechselwirkung zwischen Politik und Medien. Wir haben deshalb alle eine ganz besondere Verantwortung. Aber eines ist klar: Medien unterhalten, vermitteln Wissen, bilden Meinung und das täglich, rund um die Uhr und weltweit. Sie sind daher notwendiger- und richtigerweise mit vielen Freiheiten ausgestattet. Mein Plädoyer an Sie, die Sie Medienmacher sind und diese Medientage nutzen, ist: Denken Sie am besten immer zuerst selber über Ihre Verantwortung nach. Dann wird die Notwendigkeit staatlicher Regulierung am geringsten sein. Schätzen Sie auch untereinander die Vielfalt. Der Wettbewerb ist hart. Aber ohne die Vielfalt wird auch die Medienwelt nicht ihre Faszination entwickeln können. Das sind hehre, wohlgesetzte Worte, aber im täglichen Leben muss natürlich immer wieder um Quoten, Aufmerksamkeit, Rentabilität und den Zugang zu technischen Möglichkeiten sehr hart gekämpft werden.
Ich finde, all die, die im Medienbereich arbeiten, arbeiten in einem unglaublich spannenden Bereich. Für uns als Politiker sind Medien notwendig und auch eine der Voraussetzungen unseres Handelns. Deshalb lassen Sie uns in all diesen Fragen gut kooperieren und richtige Lösungen im Sinne der Meinungsfreiheit und im Sinne unserer gesamtstaatlichen Verantwortung finden.
Gute Medientage, alles Gute für den Medienstandort Köln. Seien Sie stolz auf das, was Sie geschafft haben. Erhalten Sie die Vielfalt, Herr Oberbürgermeister, Herr Ministerpräsident. Alles Gute für Nordrhein-Westfalen als Land der Medien.