Redner(in): Bernd Neumann
Datum: 02.09.2007
Untertitel: Auf dem aus Anlass der Internationalen Funkausstellung stattfindenden Berliner Medientreff der CDU im Admiralspalast äußert sich der Staatsminister unteranderem zu den öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten und deren digitalen Programmangeboten.
Anrede: Anrede,
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): http://www.bundesregierung.de/nn_914560/Content/DE/Archiv16/Rede/2007/09/2007-09-02-rede-neumann-cdu-medientreff,layoutVariant=Druckansicht.html
ich begrüße Sie als der Verantwortliche in der Bundesregierung für Kultur und Medien herzlich zum Medientreff der Berliner CDU am Rande der Internationalen Funkausstellung. Die IFA ist ein Highlight der Berliner Medienwirtschaft und Medienszene, bei weitem aber nicht das einzige. Wohl wissend, dass in dieser Stadt noch mehr getan werden kann und muss, glaube ich doch, dass Berlin auf einem guten Wege ist. Nicht nur, dass zunehmend Hollywoodgrößen wegen der Ruhe und des guten Essens hier her ziehen, nein, es werden auch unzählige deutsche und internationale Filmproduktionen hier realisiert. Ein Thema, an dem ich ja, wie Sie wissen, nicht ganz unbeteiligt bin.
Die IFA ist nicht nur ein Highlight für Berlin, sie ist auch die bedeutendste Messe für Unterhaltungs- und Kommunikationselektronik weltweit. In ihrer über 80-jährigen Geschichte ist die IFA stets ein Spiegel der immer rasanter verlaufenden technischen Entwicklungen gewesen. Ein Meilenstein war der Start des Farbfernsehens vor 40 Jahren. Heute fragen wir uns nicht mehr, ob wir ein Programm in Farbe empfangen können, sondern eher, womit, wo und wann wir ein Programm empfangen und sehen möchten. Mit der Verbreitung von DVB-T war Berlin ein Vorreiter des digitalen terrestrischen und damit mobilen Rundfunkempfangs. Podcasting und Handy-TV das sind neben dem Fernseher, der immer mehr Funktionen in sich vereint, die Informationsmedien der Zukunft. Seit Juli sendet die von meinem Haus finanzierte Deutsche Welle ihr Handy-TV-Programm.
Neue Übertragungswege müssen auch für die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten nutzbar sein. Die verbreiteten Inhalte allerdings haben sich ausschließlich am Grundversorgungsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu orientieren. Angesichts der kürzlich von den ARD-Intendanten beschlossenen Digitalstrategie und der digitalen Pläne des ZDF ist allerdings von den Intendanten zu erwarten, dass sie die wesentlichen Vorgaben der EU auch vor ihrer Umsetzung respektieren und keine vollendeten Tatsachen schaffen. Die Online-Angebote der öffentlich-rechtlichen Sender müssen in erster Linie programmbegleitend sein, damit diese mit hohen Gebühren ausgestatteten Anstalten den Wettbewerb gegenüber privaten Anbietern nicht völlig verfälschen. Hier kann ich die Besorgnis der Zeitungsverleger verstehen. Zum Grundversorgungsauftrag gehört zum Beispiel nicht, dass man für das Internet völlig neue Angebote und Formate wie beispielsweise Telespiele und Kontaktbörsen anbietet.
Öffentlich-rechtliche Anstalten und Privatsender von Anfang an war dies ein "heißes Eisen". Ich will aber betonen: Das duale System hat sich bewährt. Die Fernsehlandschaft in Deutschland ist weltweit eine der vielfältigsten. Allerdings gibt es Entwicklungen, die uns Sorge bereiten müssen. Ich gehöre nicht zu denjenigen, die bei der Übernahme von ProSiebenSat. 1 durch die Finanzinvestoren KKR und Permira sofort den Untergang des Abendlandes befürchtet haben.
Das tue ich auch heute nicht. Allerdings drängt sich zurzeit der Eindruck auf, dass die neuen Eigentümer der Sendergruppe, vorsichtig ausgedrückt, nicht alles tun, um die landläufigen Vorurteile gegenüber Rendite orientierten Finanzinvestoren zu widerlegen. Die Kürzung von Nachrichtenangeboten ist eine autonome Entscheidung der Qualität des Gesamtprogramms ist diese Maßnahme jedoch sicherlich nicht zuträglich. Ob diese Strategie auf Dauer wirklich trägt, darüber werden die Zuschauer entscheiden. Ob bezüglich ausländischer Investoren etwas unternommen werden muss und kann, ist eine politische Entscheidung.
Klar ist für mich, dass im Medienbereich nicht so agiert werden kann, als hätte man es mit einer beliebigen Ware zu tun. Gerade dies will unser Verfassungs- und Medienrecht mit Blick auf die kulturelle und gesellschaftliche Bedeutung der Medien verhindern. Ich begrüße es daher, dass die Landesmedienanstalten ein Gutachten in Auftrag geben, das unter anderem Fragen der Medienkonzentration und der entsprechenden staatlichen Steuerungsmöglichkeiten bei Eigentümerwechseln behandeln wird. Wir werden uns mit den Ergebnissen dieser Studie und diesem Thema eingehend befassen. Ich habe mich auf der Klausurtagung der Bundesregierung mit Erfolg dafür eingesetzt, dass bei einer Novellierung des Außenwirtschaftsgesetzes im Hinblick auf mögliche Maßnahmen gegenüber ausländischen Investoren der Medienbereich in jedem Fall einbezogen wird.
Alle elektronischen Medienangebote sind auf eine leistungsfähige technische Infrastruktur angewiesen. Medien- und Telekommunikationswirtschaft sind deshalb natürliche Partner, auch wenn sie bisweilen unterschiedliche Interessen haben. Medienvielfalt, Wettbewerb und wirtschaftliches Wachstum im Telekommunikationssektor müssen in einem guten und gesunden Verhältnis zueinender stehen. Privatisierung und Deregulierung haben das Wachstum erfolgreich vorangetrieben. Gleichzeitig sichern unsere nationalen Must-Carry-Regelungen und die Beschränkungen des Frequenzhandels die Medienvielfalt.
Dieses bewährte Ordnungsmodell werden wir gegen Bestrebungen der EU-Kommission verteidigen, die offenbar im Zuge der Überarbeitung der europäischen Telekommunikationsrichtlinien auf eine reine Marktlösung setzen will. Die Bundesregierung unterstützt nachdrücklich den im März dieses Jahres gefassten Beschluss der Ministerpräsidenten der Länder. Sie fordern die EU-Kommission auf, bei der Fortentwicklung der europäischen Telekommunikationsrichtlinien auch künftig der Freiheit von Medien und Information angemessen Rechnung zu tragen. Europäisches Telekommunikationsrecht darf nationalen Regelungen und Maßnahmen zur Sicherung der Pluralität nicht entgegenstehen.
Ich bin zuversichtlich, dass wir im nationalen Schulterschluss die EU-Kommission und die anderen Mitgliedstaaten von der Richtigkeit dieses Ansatzes überzeugen können so, wie wir schon bei der Revision der Fernsehrichtlinie unter unserer Präsidentschaft in den für uns relevanten Punkten gute Verhandlungserfolge erzielt haben. Als Stichworte nenne ich flexiblere Werberegelungen, Kennzeichnung von Product Placement sowie die Stärkung des Verbraucher- und Jugendschutzes.
Wer sich verantwortlich mit der Entwicklung der Medien befasst, muss auch die Frage behandeln, wie die Medienkompetenz verbessert werden kann, auch wenn dieses Thema nicht gerade im Mittelpunkt der Funkausstellung steht. Denn wie wir die Medien nutzen, uns mit ihnen auseinandersetzen, welchen Einflüssen wir ausgesetzt sind, ist ganz entscheidend für die weitere Entwicklung unserer freiheitlichen Gesellschaft. Dabei liegt mir besonders am Herzen, dass unsere Kinder die enormen Chancen nutzen, die ihnen das Internet eröffnet. Wir werden noch in diesem Jahr gemeinsam mit vielen wichtigen Partnern aus der Wirtschaft, dem Jugendmedienschutz und der Medienaufsicht eine Initiative ins Leben rufen, die im Internet einen für Kinder geeigneten und sicheren Surfraum schafft und Initiativen mit diesem Ziel unterstützt.
Die Masse technischer Innovationen, die uns gerade auf der IFA begegnet, kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Wesentliche an den Medien ihr Inhalt ist.
Es gilt und damit möchte ich zum Schluss kommen diesen Umstand nicht aus den Augen zu verlieren. Anspruch und Kritikfähigkeit des Konsumenten sind gerade im Bereich der Medien besonders wichtig. Deshalb ist Vermittlung von Medienkompetenz eine unverzichtbare Daueraufgabe in Schule und Gesellschaft.
Ich wünsche Ihnen anregende und unterhaltsame Stunden beim Medientreff der Berliner CDU.
Vielen Dank und gute Gespräche!