Redner(in): Angela Merkel
Datum: 07.09.2007
Anrede: Sehr geehrter Herr Präsident Herker, lieber Dieter Althaus, lieber Kollege Seehofer, liebe Kollegen aus dem Deutschen Bundestag, Landesminister, Kommunalpolitiker, Oberbürgermeister, meine Damen und Herren,
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): http://www.bundesregierung.de/nn_914560/Content/DE/Archiv16/Rede/2007/09/2007-09-07-rede-bk-buga,layoutVariant=Druckansicht.html
vor allem auch diejenigen, die auf die Siegerehrung warten und schon ein bisschen Stimmung in unsere Veranstaltung hier bringen! Man braucht es nicht durch die Blume zu sagen, sondern man kann es direkt aussprechen: Diese Bundesgartenschau ist wunderschön. Sie vereint die klassische Bundesgartenschau mit der wirklich absolut ansprechenden Umgestaltung der Landschaft um Ronneburg. Als ich als Bundesumweltministerin im Jahre1996 dort war, sah das Ganze noch anders aus. Heute haben wir es geschafft. Das ist der Kraft und dem Einsatz vieler aus Ronneburg und Umgebung zu verdanken, auch vieler, die neue Methoden eingesetzt haben, um diese Landschaftssanierung hinzubekommen. Heute können wir uns eine Landschaft anschauen, die ihre alte Natürlichkeit zum großen Teil wiedergefunden hat, eine Landschaft, in der sich die Menschen wieder gefahrlos bewegen können, spazieren gehen können, wandern können, eine Landschaft, die Harmonie zwischen Mensch und Natur zeigt. Diese Harmonie ist ja über Jahrzehnte, so würde ich sagen, in einer in Europa einmaligen Art und Weise verletzt worden. Die Bundesregierung hat seit 1991 für die Beseitigung der Schäden über 6MilliardenEuro zur Verfügung gestellt. Das ist eine riesige Summe. Ich sage das nicht, weil ich darüber irgendwie Klage führen will. Vielmehr will ich nur zum Ausdruck bringen, dass die Akzente so gesetzt worden sind, dass dramatische Umweltschäden rückgängig gemacht werden das ist ja beim Aufbau aller neuen Bundesländer beherzigt worden und Mensch und Natur wieder in einer Einheit leben können. Auch das gehört zu der Erfolgsgeschichte der Deutschen Einheit. Vor diesem Hintergrund kann man sagen, dass diese Bundesgartenschau so etwas wie ein Symbol des Zukunftswillens einer ganzen Region ist und auch das sage ich angesichts der vielen Besucherinnen und Besucher des Zukunftswillens eines ganzen Landes, das sich gemeinsam auf den Weg gemacht hat, solidarisch alte Schäden wieder zu beheben. Dadurch entstehen in dieser Region hier Freizeit- und Erholungsräume. Sie stärken diese Region wirtschaftlich. Ich war beeindruckt, als Dieter Althaus mir heute sagen konnte: Es gab bereits 1Million Besucher das ist eine tolle Sache, die Thüringen in ganz Deutschland bekannter machen. Man hat heute auch gesehen: Trotz des zwar gartenfreundlichen, aber nicht unbedingt menschenfreundlichen Wetters sind schon wieder viele Menschen unterwegs, um sich das hier anzuschauen. Meine Damen und Herren, wenn wir über die Bundesgartenschau und über Gartenbau sprechen, dann sprechen wir natürlich auch über Blumen Präsident Herker hat eben schon darauf hingewiesen, Blumen, die uns das ganze Leben lang begleiten, durch fröhliche und durch traurige Tage. Die Gärtnerei zählt zu den beliebtesten Freizeitbeschäftigungen der Deutschen. Rund 4Millionen Kleingärtner, Hausbesitzer und Gartenfreunde gestalten in unserem Lande ihre Gärten als Naturräume, als Ruheräume, als Spielplätze für die Kinder, als Orte der Geselligkeit und Erholung. Deshalb ist der Gartenbau ein wichtiger Wirtschaftszweig. Im Zusammenhang mit der Vorbereitung habe ich gesehen, dass dieser Wirtschaftszweig etwa 16 % der Wertschöpfung der gesamten landwirtschaftlichen Tätigkeit ausmacht. Der Umsatz der gesamten Branche ist mittlerweile auf rund 25MilliardenEuro gestiegen. Da mir die Schnittstelle zwischen ländlichen Räumen und Städten auch persönlich ganz besonders am Herzen liegt weil ich denke, dass Menschen, egal, wo sie wohnen, eine Begegnung mit der Natur, eine Verbindung zur Natur brauchen, messe ich dem Gartenbau auch eine ganz wichtige gesellschaftliche Bedeutung zu, die weit über das individuelle Interesse hinausgeht. Mit der Natur ist es ja ein bisschen so wie mit der Freiheit: Wenn man sie nicht hat, vermisst man sie, wenn man sie im Überfluss hat, wird man manchmal geneigt sein, sie nicht so sehr zu schätzen. Da ich gerade von einer Reise nach China zurückgekommen bin, kann ich sagen: Wenn Natur fehlt, dann hat man doch sehr, sehr viel verloren. Wenn wir uns vor Augen führen, dass in Shanghai jetzt ganz mühevoll im Nachhinein Parks angelegt werden, um den Menschen auch ein Stück Lebensgefühl und Bodenhaftung zu geben, dann können wir stolz darauf sein, dass diese Verbindung von Natur und Wohnen in Deutschland doch in sehr viel stärkerem Maße vorhanden ist. Sie haben ein Problem angesprochen, das mich seit meiner Zeit als Bundesumweltministerin sehr stark umtreibt: Deutschland hat im Umweltschutz vieles geschafft, aber wir haben es nicht geschafft, das Wirtschaftswachstum vom Flächenverbrauch zu entkoppeln. In den 70er Jahren haben wir es geschafft, unseren Energieverbrauch vom Wirtschaftswachstum zu entkoppeln. Unsere Wirtschaft kann also wachsen, ohne immer mehr Energie zu verbrauchen. Aber wir haben es noch nicht geschafft, den Flächenverbrauch zu stoppen. Das ist für ein so dicht besiedeltes Land wie Deutschland ein Problem. Ich bin Ihnen dankbar, dass Sie darauf hingewiesen haben. Meine Damen und Herren, jeder Bundesbürger gibt inzwischen pro Jahr im Durchschnitt 105Euro für Blumen und Zierpflanzen aus. Das zeigt, dass dies ein Konsumfaktor ist, und das zeigt natürlich auch, dass Ihre Entwicklung mit der wirtschaftlichen Situation der Bürgerinnen und Bürger im Lande aufs Engste verknüpft ist. Ich glaube, gerade Sie merken, wann wir wieder etwas günstigere Perspektiven haben und wann dies nicht der Fall ist. Deshalb liegt uns als Bundesregierung natürlich am Herzen, dass wir die Grundlagen des Aufschwungs, den wir jetzt haben, stärken und dass wir dafür Sorge tragen, dass an diesem Aufschwung auch alle teilhaben können. Die Arbeitsmarktdaten sind bekanntlich erfreulicher geworden. Natürlich ist es etwas Gutes, dass es 1Million Arbeitslose weniger und über 600.000 neue sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse gibt. Ich sage aber auch ganz bewusst mit Blick auf Gera, Ronneburg und andere Regionen, in denen Arbeitslosigkeit noch ein Riesenproblem ist: Wir dürfen uns nicht irgendwie darauf ausruhen, denn 3,7 oder 3, 8Millionen Arbeitslose sind immer noch zu viele. Die Zahlen der vergangenen Jahre zeigen uns einfach nur, dass es sich lohnt, weiterzumachen, die Veränderungen so zu gestalten, dass noch mehr Menschen eine Chance haben, wieder Arbeit zu finden und damit ihr Leben besser gestalten zu können. Wir wissen, dass unser wirtschaftlicher Wohlstand auch angesichts der Wettbewerbssituation weltweit ganz wesentlich von unserer Innovationskraft abhängt. Vor diesem Hintergrund bin ich sehr erfreut, dass der Gartenbau ganz vorn mit dabei ist. Die rege Teilnahme an dem Wettbewerb um die Verleihung des "Deutschen Innovationspreises Gartenbau" hat dies gezeigt. Da ist ja heute auch schon durch unseren Bundesminister einiges geschehen. Wir werden die Früchte unserer Anstrengungen aber nur ernten können Sie, Herr Präsident Herker, haben in Ihrer Ansprache darauf hingewiesen, wenn der Wettbewerb fair gestaltet ist. Deshalb haben wir gesagt: Wir brauchen in einer Zeit der Globalisierung akzeptierte ökologische, aber auch soziale Standards, und zwar möglichst weltweit und allemal in Europa. Ich kenne die Sorgen, die Sie mit Blick auf die Energiekosten haben gerade im Unterglasbau, wo energieintensiv gewirtschaftet wird. Ich weiß, dass es trotz aller modernen Verfahren bei verzerrten Wettbewerbssituationen in Europa schwierig ist, sich zu behaupten. Aber ich kann Ihnen versichern, dass Horst Seehofer als zuständiger Minister alles daransetzt, und dabei auch die Unterstützung der Kollegen im Kabinett hat, Ihrer Branche einen fairen Weg aufzuzeigen. Wir haben ein umfassendes Klimaschutzprogramm verabschiedet, das eng an die Energieerzeugung gekoppelt ist. Wir sollten gerade auch mit Ihrem Verband, Herr Präsident Herker, in engem Kontakt bleiben und darüber reden, wie wir im Bereich von Kraft-Wärme-Kopplung, bei modernen Biogasanlagen und vielem anderen mehr die richtigen Wege finden, die für die Wirtschaft und für die Arbeitsplätze und gleichzeitig für unser Klima gut sind. Natürlich darf das Thema Saisonarbeitskräfte nicht unerwähnt bleiben. Sie wissen, dass wir uns als Bundesregierung natürlich darum sorgen müssen, wie wir vor allem inländische Arbeitskräfte wieder in Arbeit bringen können. Aber wir akzeptieren auch, dass allein mit ihnen im Bereich der Saisonarbeit der Branchenbedarf wohl nicht zu decken ist. Nur müssen wir aber auch zusehen, dass wir ausländische Arbeitskräfte überhaupt für Deutschland interessieren. Darüber gibt es intensive Gespräche. Ich jedenfalls sage: Wir wollen natürlich sicherstellen, dass Gartenbau bei uns weiterhin eine Chance hat. Wir haben ja nichts davon, wenn wir zum Schluss Produkte einkaufen, die von sonst irgendwoher kommen, aber unsere Menschen keine Arbeit haben. Ob eine Branche eine Zukunftsperspektive hat oder nicht, kann man abstrakt beschreiben. Aber man fühlt es vor allem bei der Frage: Wie ist es mit denen, die diesen Beruf überhaupt ergreifen wollen? In der Landwirtschaft gibt es glücklicherweise sehr positive Tendenzen, es gibt sie auch beim Gartenbau. Zum Jahreswechsel haben sich immerhin 18. 000Jugendliche in einer gartenbaulichen Ausbildung befunden. Das waren 1, 3Prozent mehr als im Vorjahr. Glückwunsch und Dank all denen, die sich dafür entschieden haben, einem jungen Menschen eine Chance zu geben. Aber auch herzlichen Dank den jungen Leuten, die sich für einen Beruf entschieden haben, der sicherlich viel Freude macht. Zu den 18. 000Jugendlichen in einer gartenbaulichen Ausbildung kommen noch 9. 500Studierende für Gartenbau und Landespflege. Es gibt also ein breites Interesse. Wir wollen alles daransetzen, dass auch angesichts der Veränderungen in der Altersstruktur, die wir erleben weil die Menschen glücklicherweise älter werden, der Anteil der jungen Menschen aber geringer wird, die jungen Menschen, die in den letzten Jahren keinen Ausbildungsplatz bekommen haben, in der besseren wirtschaftlichen Situation jetzt diese Chance noch eröffnet bekommen. Meine Damen und Herren, wir werden gleich die Siegerinnen und Sieger im Berufswettbewerb für junge Gärtnerinnen und Gärtner 2007 auszeichnen können. Das Motto war: "Grüne Berufe sind voller Leben" man spürt das schon, wenn man den Lautstärkepegel hier wahrnimmt,"mit uns wächst die Zukunft". Ich glaube, jetzt schon sagen zu dürfen, dass angesichts der Leistungen, die freiwillig und mit hoher Beteiligungsrate in diesem Wettbewerb gezeigt wurden, Folgendes ganz klar ist: Sie gehören zu den Besten Ihres Fachs, Sie haben auch Spaß an der Arbeit. Sie bringen etwas ein, haben gute Ideen. Das hilft ja allen, die sich auf diesem Wege befinden. Deshalb freue ich mich, dass ich anlässlich dieses Gartenbautages gleich auch bei der Ehrung der Siegerinnen und Sieger dabei sein und aus vollem Herzen sagen kann: Diese BUGA ist mit ihren vielen Besucherinnen und Besuchern eine wundervolle Sache. Der Gartenbau in Deutschland hat eine Zukunft sowohl hinsichtlich beruflicher Perspektiven, als auch hinsichtlich der jungen Menschen, die sich diesem Beruf widmen wollen. Herzlichen Dank, dass ich dabei sein darf.