Redner(in): Bernd Neumann
Datum: 21.11.2007

Untertitel: In seinem Eröffnungsstatement unterstreichtStaatsminister Bernd Neumann die Bedeutung derkulturellen Bildung. Informationen zu der Tagung finden sich auch in der Pressemitteilung vom gleichen Tag.
Anrede: Anrede,
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): http://www.bundesregierung.de/nn_914560/Content/DE/Archiv16/Rede/2007/11/2007-11-21-rede-neumann-tagung-kulturelle-bildung,layoutVariant=Druckansicht.html


herzlich willkommen im Jüdischen Museum Berlin, bei dem wir heute zu Gast sein dürfen, und das uns bei der Organisation der Veranstaltung sehr unterstützt hat. Mein Dank geht daher an Professor Blumenthal und Doktor Klopsch mit Ihren Mitarbeitern, denen wir den wunderbaren Rahmen für unsere Arbeitstagung zu verdanken haben. Das Jüdische Museum ist nicht nur wegen der faszinierenden Architektur dieses Glashofes bestens für unsere Tagung geeignet, sondern auch deshalb, weil es ein großer Vorreiter im Bereich der kulturellen Bildung ist.

Meine Damen und Herren,

das umfangreiche Angebot an Theater, klassischen Konzerten, Ausstellungen und Literatur in Deutschland darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich weite Teile der Bevölkerung davon nicht angesprochen fühlen. Teils fehlt es an Interesse, teils am richtigen Zugang. Fest steht aber, dass die Zukunft unserer Gesellschaft untrennbar mit der Frage nach kultureller Bildung - insbesondere junger Menschen - verbunden ist. Hier geht es um das Publikum und um die Künstler von heute und von morgen. Darum ist mir die heutige Tagung ein zentrales Anliegen. Denn kulturelle Bildung ist ein Feld, das sowohl für die individuelle Entwicklung jedes Einzelnen wie auch für die Zukunft unserer Gesellschaft von grundlegender Bedeutung ist.

Ein lebendiger Zugang zur Kultur bildet eine wesentliche Grundlage des gesellschaftlichen Zusammenlebens. Kultur stiftet die Werte, die eine Gesellschaft zusammenhalten und lebenswert machen. Defizite im Bereich "Kulturelle Bildung" werfen dementsprechend

kritische

Fragen nach der eigenen Standortbestimmung, dem Selbstwertgefühl und der Selbstbestimmung künftiger Generationen auf. Besonders in Zeiten globaler Wanderungsbewegungen wird kulturelle Bildung mehr denn je zu einer Schlüsselkompetenz. Sie führt Menschen zusammen und ist das Integrationsinstrument schlechthin.

Es gilt also, Menschen stärker an Kunst und Kultur heranzuführen, sie für Musik verschiedener Genres zu interessieren und für das Verständnis von Kunst, für Museen und Theater das notwendige Hintergrundwissen zu vermitteln. Kurz gesagt, mehr Menschen das kulturelle Erbe Deutschlands als einer europäisch gewachsenen Kulturnation zu erschließen und es damit zu bewahren. Das geht natürlich nicht von heute auf morgen. Wenn wir hier etwas bewegen wollen, brauchen wir Beharrlichkeit und langen Atem. Im Fokus sollten dabei junge Menschen stehen.

Das bedeutet zwingend, neue Wege der adressatengerechten

Ansprache zu beschreiten. Oder anders gesagt: Unsere kulturellen Schätze müssen

besser und aktiver vermittelt werden. Gerade die Kulturschaffenden sollten ein eigenes Interesse daran haben, kulturelle Bildung auf breiter Ebene zu fördern. Ihre Zukunft hängt langfristig davon ab, ob dies gelingt, oder ob kulturelle Angebote künftig nur noch von kleinen Eliten wahrgenommen werden.

Natürlich weiß ich, dass kulturelle Bildung in Deutschland in erster Linie Aufgabe der Länder und Gemeinden ist. Daran wird sich auch nichts ändern. Der Bund empfindet aber hier auch nationale Verantwortung, denn es geht um die geistige Verfassung der Kulturnation Deutschland. Viele der vom Bund geförderten Einrichtungen und viele von ihm finanzierten bzw. mitfinanzierten Projekte widmen sich der kulturellen Bildung. Kulturelle Bildung hat im Übrigen auch mit der Aneignung von Kompetenzen im Bereich der elektronischen Medien zu tun wie auch mit unserer Erinnerungskultur. Es geht darum, die Rahmenbedingungen für kulturelle Bildung in Deutschland insgesamt zu verbessern. Das kann nur gemeinsam mit den Ländern und Kommunen gelingen. Die heutige Arbeitstagung soll keine "Eintagsfliege" sein, sondern eine Auftaktveranstaltung, die neue Aktivitäten nach sich zieht.

Es gibt bundesweit bereits zahlreiche gute Ansätze und Modelle, wie junge Menschen an Kunst und Kultur herangeführt werden. In den Kultureinrichtungen passiert viel in diesem Bereich. Wir betreten also kein Neuland. Eine Bestandsaufnahme gibt uns aber die Chance, Defizite besser zu erkennen und gute Projekte bekannter zu machen. Angesichts der großen gesellschaftlichen Umwälzungen geht es darum, neue Wege der kulturellen Bildung und Vermittlung zu finden. Einzelne Einrichtungen allein sind hierbei oft überfordert. Sie schaffen es leichter, wenn sie eingebunden sind in ein Netzwerk, das sie stützt und ihnen Anregungen gibt.

Wenn wir nachhaltige Verbesserungen erzielen wollen, müssen wir mehr voneinander wissen: Von den Plänen, den Erfolgen, aber auch von den Problemen. Wir brauchen systematische Ansätze und wir müssen unsere Kräfte bündeln. Natürlich müssen auch die Gespräche mit den Verantwortlichen aus den Ländern und Kommunen intensiviert werden denn sie sind diejenigen, die die meisten Erfahrungen auf diesem Gebiet haben und auch die Verantwortung in der Breite tragen. Der Bund kann in keiner Weise die Verantwortung von Kommunen und Ländern ersetzen und will dies auch nicht. Er kann nur modellhaft und beispielgebend in den von ihm geförderten Einrichtungen tätig sein und quasi ein Fundament liefern, auf dem aufgebaut werden kann. Wir möchten dazu beitragen, neue Wege zu beschreiten und der kulturellen Bildung einen zusätzlichen Schub zu geben. Dazu gehört auch die Zielsetzung, die Integration von Menschen, die bislang nicht zur üblichen Klientel kultureller Veranstaltungen zählen, zu forcieren.

Bei der kulturellen Vermittlungsarbeit für Kinder und Jugendliche fördert mein Haus etliche Projekte, von denen ich nur drei kurz skizzieren möchte.

Vielen von Ihnen dürfte die Initiative "Jedem Kind ein Instrument" bekannt sein, das die Kulturstiftung des Bundes von 2007 bis 2010 mit 10 MillionenEuro fördert. Alle 200.000 Schülerinnen und Schüler der Grundschulen im Ruhrgebiet bekommen die Möglichkeit, ein Instrument ihrer Wahl zu erhalten und zu erlernen.

Lesen ist die wichtigste Kulturtechnik. Es ist bedrückend zu beobachten, wie die Lesefähigkeit und die Fertigkeit bei Jugendlichen zurückgeht. Dort setzt das "Nationale Netzwerk Zeitungen und Zeitschriften in der Demokratie" an.

Mein Haus koordiniert den informellen Verbund aller bundesweit aktiven Verbände und Organisationen im Bereich Zeitungen und Zeitschriften.

Einen sicheren Internetraum für Kinder zu schaffen und die Informationsflut zugunsten anspruchsvoller Angebote gezielt einzudämmen, ist das Ziel der Initiative "Ein Netz für Kinder".

Sie wurde Anfang 2007 von meinem Haus in Zusammenarbeit dem Jugendministerium, den Ländern, zahlreichen staatlichen und gesellschaftlichen Gruppen sowie Unternehmen und Verbänden der Telekommunikations- und Medienwelt die ins Leben gerufen. Dieses Projekt wird der Öffentlichkeit in der kommenden Woche im Bundeskanzleramt im Beisein der Bundeskanzlerin vorgestellt.

Meine Damen und Herren,

wir sind sehr interessiert daran, welche Empfehlungen sich nach dieser Arbeitstagung für mein Haus ableiten lassen. Sie werden sie später auf der Website des BKM nachlesen können. Diese Vorschläge werden wir anschließend gemeinsam mit den Empfehlungen der Enqu

te-Kommission Kultur des Deutschen Bundestages zu dieser Thematik prüfen, die im kommenden Monat der Öffentlichkeit vorgestellt werden sollen.

Bei dieser Gelegenheit möchte ich Sie auch auf die Initiativen und Projekte hinweisen, die dankenswerterweise hier an Infotischen vorgestellt werden. Neben JEKI von der Kulturstiftung des Bundes erfahren Sie auch etwas über KiKuMa, ein von der Ursula Lübbe-Stiftung ins Leben gerufenes Kindermagazin für Kinder und Erwachsene, das Anfang dieses Monats erstmals erschienen ist und in einer Auflage von 1,3 Mio. Tageszeitungen beigelegt wurde. Gern habe ich das Ehrenamt als Vorsitzender des Herausgeberbeirates von KiKuMa angenommen, und natürlich bin ich gespannt, wie erfolgreich sich diese Initiative entwickeln wird.

Marc Schneider von der Lübbe-Stiftung stellt übrigens nicht nur KiKuMa, sondern auch den Kulturbotschafter "Paul" vor, den die Lübbe-Stiftung gemeinsam mit der Stiftung Preußischer Kulturbesitz entwickelt hat und der Kindern und Jugendlichen die Welt der Kunst und Kultur zielgruppengerecht näher bringen und vermitteln soll.

Meine Damen und Herren,

Kunst braucht Vermittler, und die kulturelle Bildung braucht unser aller Unterstützung. Ich freue mich, dass heute so viele Vertreter aus verschiedenen Bereichen der Kulturarbeit anwesend sind. Ich wünsche ich Tagung viel Erfolg und hoffe auf gute Impulse für eine kreative und professionelle kulturelle Bildungsarbeit!