Redner(in): Bernd Neumann
Datum: 18.10.2008

Untertitel: Im Rahmender Buchmesse in Frankfurtbetonte Kulturstaatsminister Bernd Neumann das besondere Engagement der DFB-Kulturstiftung und ging auf das diesjährige GastlandTürkei "als faszinierendem Mittler zwischen Orient und Okzident" ein.
Anrede: Anrede,
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): http://www.bundesregierung.de/nn_914560/Content/DE/Archiv16/Rede/2008/10/2008-10-18-rede-neumann-dfb-kulturstiftung,layoutVariant=Druckansicht.html


Es giltdas gesprochene Wort. -

ich erinnere mich noch gut an drei Termine im Jahr 2006, die ganz im Zeichen der Verbindung von Fußball und Literatur standen. Einer meiner ersten öffentlichen Auftritte im Amt des Staatsministers für Kultur und Medien führte mich in Berlin zu der Veranstaltung "Kopfballspieler", bei der renommierte Schriftstellerinnen und Schriftsteller aus aller Welt aus ihren Texten rund um den Fußball lasen. Die zweite war das Treffen mit meinem Amtskollegen Gilberto Gil auf einem brasilianischen Kulturfest im Vorfeld der WM im Haus der Kulturen der Welt. Brasilien präsentierte sich damals in Verbindung mit der WM in einem umfangreichen Kulturprogramm.

Die dritte Veranstaltung schließlich fand dann Anfang Juni 2006 in meiner Heimatstadt Bremen statt: die "Weltmeisterschaft der Literaten", eröffnete mit einem wunderbaren Lese-Abend im Schauspielhaus. Diese erstaunliche Reihe belegte eindrucksvoll die Literaturfähigkeit des Fußballs, aber auch die fußballerische Fähigkeit der Literaten. Ich freue mich sehr, dass heute mit Albert Ostermaier eine der tragenden Stützen der Autorennationalmannschaft für uns lesen wird. Albert Ostermaier ist der Torwart unter den deutschen Schriftsteller, und das Torwartspiel ist bekanntlich immer eine der Stärken des deutschen Fußballs gewesen, auch wenn es 2006 nicht ganz für den Weltmeistertitel der Literaten gereicht hat. Aber bei diesem Turnier war Herr Ostermaier ja auch verletzt.

Die genannten Veranstaltungen ( außer die mit Gil ) waren Teil des Kunst- und Kulturprogramms, das die Bundesregierung im Vorfeld der Weltmeisterschaft 2006 gefördert und gemeinsam mit dem Deutschen Fußball-Bund organisiert hat. Es ist sicher auch dem Erfolg dieser Veranstaltungen zu verdanken, dass die Kulturstiftung des Deutschen Fußballbundes gegründet wurde. Ich freue mich sehr, dass die Verantwortlichen des DFB und insbesondere Sie, Herr Dr. Zwanziger diese Steilvorlage aufgenommen haben und sich so sehr für die kulturellen Aspekte des Fußballs einsetzen.

Diese Entwicklung scheint mir nicht nur inhaltlich bemerkenswert, sondern auch in kulturpolitischer Hinsicht: In Deutschland ist es nicht selten so, dass privates, nicht-staatliches Engagement für die Kultur recht schnell in den Ruf nach öffentlicher Unterstützung mündet.

Dafür gibt es verschiedene Gründe, und selbstverständlich verteidige ich den öffentlichen Kulturauftrag vehement. Gleichwohl finde ich es überaus beachtlich, dass der DFB den umgekehrten Weg gegangen ist, und den Impuls eines vom Bund also öffentlich finanzierten Programms aufgenommen und in die private DFB-Kulturstiftung übertragen hat. Dies verdient jeden Respekt und hohe Anerkennung. Dass der DFB mit seinem Engagement auch eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe übernimmt, wird im Laufe der heutigen Diskussionen zum Thema Integration deutlich werden.

Es gibt sicherlich genug Gründe, die Buchmesse zu besuchen. Das diesjährige Gastland Türkei macht einen Besuch jedoch besonders lohnend. Die Türkei hat eine außerordentlich spannende und qualitätvolle Literaturszene und verfügt über einen Buchmarkt, der sich sehr positiv entwickelt.

Bei meinem heutigen Rundgang über die Messe konnte ich mir darüber einen guten Eindruck verschaffen. Auch unter dem Gesichtspunkt des Kulturaustauschs begrüße ich den diesjährigen Schwerpunkt der Buchmesse sehr. Spätestens seitdem Orhan Pamuk im Jahr 2006 den Literatur-Nobelpreis erhalten hat, ist türkische Literatur auch in Deutschland ein Begriff. Ich hoffe, dass es viele Übersetzungen geben wird, die uns mit der Türkei als faszinierendem Mittler zwischen Orient und Okzident weiter vertraut machen.

Auch die türkische Musikszene ist im Aufbruch und gibt starke Impulse gerade auch in die deutsche Popkultur. Davon konnte ich mich auf der Musikmesse Popkomm in Berlin überzeugen, die ich vor zehn Tagen eröffnet habe und bei der die Türkei ebenfalls das Gastland war. Und selbstverständlich ist die Türkei eine große Fußballnation!

Sie hat dies bei der Europameisterschaft im Sommer erneut unter Beweis gestellt und wird es auch heute Nachmittag demonstrieren. Ich heiße alle Gäste aus der Türkei herzlich willkommen!

Angesichts der gesellschaftlichen und politischen Dynamik in unseren beiden Staaten ist klar: Wir müssen den kulturellen Austausch pflegen und erweitern, wir müssen mehr voneinander wissen. Ich denke dabei auch an die Millionen türkischstämmiger Mitbürger. Deutschland verdankt ihnen viel, das hat die Bundeskanzlerin bei der Veranstaltung "Deutschland sagt Danke!" am 1. Oktober deutlich zum Ausdruck gebracht.

Die Populärkultur spielt eine wichtige Rolle im Kulturaustausch. Der Fußball ist im besten Sinne populäre Kultur. Er spricht alle Sprachen und schreibt wunderbare Geschichten.

Er produziert unendlich viel Erzählstoff und bestimmt so die Lebenswelt der Menschen mit am Arbeitsplatz, in den Schulen, auf den Straßen und in den Cafés. Und natürlich bleiben die Erinnerungen an einzigartige Momente und unvergessliche Spiele.

Eines dieser Spiele haben wir im Halbfinale der EM erlebt. Nicht nur die Sprache des Fußballs liefert Metaphern, auch das Spiel selbst ist voller wunderbarer Bilder: für das Zusammenspiel zwischen Mannschaft und Individuum, für Erfolg und Niederlage, für Toleranz und Fairness kurz: für das Leben selbst.

Meine Damen und Herren,

Ich bin sicher, wir können uns auf spannende und überraschende Begegnungen mit der Kultur des Gastlandes Türkei freuen.