Redner(in): Angela Merkel
Datum: 28.10.2008

Untertitel: am 28.Oktober 2008 in Berlin
Anrede: Sehr geehrter Herr Bundestagspräsident, lieber Norbert Lammert, sehr geehrte Exzellenzen, sehr geehrter Herr Staatsminister undsehr geehrte Vorgänger des Herrn Staatsministers, sehr geehrte und liebe Kolleginnen und Kollegen aus dem Deutschen Bundestag, meine Damen und Herren,
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): http://www.bundesregierung.de/nn_914560/Content/DE/Archiv16/Rede/2008/10/2008-10-28-merkel-10-jahre-bkm,layoutVariant=Druckansicht.html


ich bin heute sehr gerne zu diesem Jubiläumsfestakt gekommen. Zehn Jahre Beauftragter der Bundesregierung für Angelegenheiten der Kultur und Medien dieses Jubiläum bietet natürlich eine hervorragende Gelegenheit, ein Amt zu würdigen, das sich auf besondere Weise um Kunst und Kultur in unserem Land verdient gemacht hat.

Zehn Jahre sind angesichts der ins Haus stehenden Jubiläen im nächsten Jahr 60Jahre Bundesrepublik Deutschland und immerhin schon 20Jahre Mauerfall noch keine allzu stolze Zahl. Aber diese Zahl macht auch deutlich, durch welchen Prozess dieses Amt gehen musste, bevor es geschaffen werden konnte.

Wir alle werden in den täglichen Nachrichten sehr viel mit ökonomischen Problemen und mit sozialen Fragen konfrontiert. Manchmal gerät dabei in den Hintergrund, welche Bedeutung Kunst und Kultur im Zusammenhang mit unseren gesellschaftlichen Fragen haben.

Nun predigt man ja meistens in der falschen Kirche; hier brauche ich niemandem zu sagen, dass Kunst und Kultur die unerlässlichen

geistigen Grundlagen unseres Landes sind. Aber meine Anwesenheit hier soll auch deutlich machen, dass diese Unerlässlichkeit der Grundlagen unseres Landes von der gesamten Bundesregierung gesehen, getragen und unterstützt wird.

Kunst und Kultur geben uns ein Gefühl dafür, wo wir herkommen, wo wir zu Hause sind und wie sich unsere Identität zusammensetzt. Sie dokumentieren in hohem Maße

Zusammengehörigkeit und fördern den Zusammenhalt einer Gesellschaft. Das heißt also, Kultur ist das einigende Band für unser Deutschland. Deshalb sprechen wir auch nicht umsonst von der Kulturnation Deutschland.

Kulturnation Deutschland Kultur war auch das einigende Band in den Zeiten der Teilung. Sie war auch die Grundlage dafür, dass wir trotz unterschiedlicher gesellschaftlicher Verhältnisse schnell wieder zueinander gefunden haben. Kulturnation Deutschland ist auch Ausdruck einer Überzeugung, nämlich dass wir stolz sind auf die Vielfalt kultureller Einrichtungen, auf die regionalen Besonderheiten. Aber in der Summe der regionalen Besonderheiten sehen wir auch das gemeinsame Band, das mehr ist als die Summe der einzelnen Teile.

Man darf, glaube ich, sagen: Gäbe es Kunst und Kultur nicht, würde dies in letzter Konsequenz zu Barbarei, zu Unmenschlichkeit führen. Kunst und Kultur sind Ausdruck von Werten, die eine Gesellschaft vital halten allemal unsere weltoffene, demokratische Gesellschaft heute. Die Bedeutung dieser Werte ist für die Entwicklung der Persönlichkeit, für die Ausprägung unserer Sinnesorgane gar nicht hoch genug einzuschätzen.

Ich glaube, gerade in Zeiten der Globalisierung, des Zusammenwachsens unserer Welt, des Aufgefordertseins, auch mehr als die eigene Kultur zu kennen, ist es wichtig, eine eigene Kultur zu haben, die uns die Augen öffnet, die so etwas ist wie die Wurzeln für unsere Existenz, Leitplanken für die Entwicklung. Die Kenntnis der eigenen Kultur befähigt überhaupt erst dazu, andere Kulturen zu akzeptieren und wahrnehmen zu können.

Wehe dem, der glaubt, dass kulturelle Werte nicht der dauerhaften Pflege bedürften, der Diskussion, der Fortentwicklung und des Eindringens in alle Bereiche der Gesellschaft. Das ist vielleicht auch etwas, das uns in den heutigen Tagen wieder besonders beschäftigt, nämlich dass das Denken "hier die Ökonomie und dort die Kultur" ein Denken ist, das ins Unheil führt. Es bedarf ethischer Grundlagen in allen gesellschaftlichen Bereichen, die ohne das Bekenntnis zur eigenen Kultur nicht gefunden werden können und auch nicht ausgedrückt werden können.

Bund, Länder und Gemeinden wenden in Deutschland immerhin jährlich rund achtMilliarden Euro zur Förderung unserer Kultur auf. Damit wird eine einmalige Kulturlandschaft gefördert. Ich glaube, dass man sagen kann: Es gibt nur an wenigen Orten auf der Welt eine vergleichbare Zahl an Bibliotheken, Museen, Theatern und Orchestern. Wer einmal mit ausländischen Gästen zum Beispiel bei Symphonieorchestern ist weit über das Land verteilt, von Frankfurt / Oder bis München, der weiß, wovon gesprochen wird.

All das wäre nicht möglich, wenn es nicht auch ein breites privates Engagement gäbe. Auf rund 500Millionen Euro beläuft sich der Anteil der privaten Förderung durch Spenden, privatrechtliche Stiftungen und Kultursponsoring von Unternehmen. Es war richtig, dass wir in den letzten Jahren das Stiftungs- und Steuerrecht noch einmal verändert, reformiert haben nach einer Kette von Entwicklungen dieses Stiftungs- und Steuerrechts. Bundestagspräsident Norbert Lammert hat mir eben noch einmal gesagt, welche große Wirkung dieses Stiftungsrecht auf die Vielfalt unseres kulturellen Engagements hat.

Wir müssen sagen: Auch in Zeiten, die wirtschaftlich nicht einfach sind, ist staatliche Kulturförderung durch nichts zu ersetzen. Auch das haben viele in der Bundesrepublik Deutschland immer wieder deutlich gemacht.

Nun gibt es eine Unterstützung für Kunst und Kultur durch den Bund bereits seit Gründung der Bundesrepublik. Von Staatsminister Neumann ist bereits darauf hingewiesen worden: Es gab eine Kulturabteilung im Innenministerium, es gab auch andere Ressorts, die Anteile an der Kultur- und Medienförderung hatten. Ich will gar nicht referieren, was es alles in der Amtszeit des Bundeskanzlers Helmut Kohl gab, aber doch noch einmal daran erinnern, dass wir immerhin mit dem Haus der Geschichte der Bundesrepublik in Bonn, der Gründung des Deutschen Historischen Museums in Berlin und nicht zuletzt mit Mitteln in Milliardenhöhe zum Erhalt der kulturellen Substanz in den neuen Bundesländern wichtige Akzente setzen konnten.

Kulturpolitik hat also 1998 nicht bei Null begonnen. Und dennoch ist auch gerade durch die Wiedervereinigung die Dimension der Kulturpolitik noch einmal deutlich geworden. Als wir in diesem Jahr in Hamburg den Festakt zum Tag der Deutschen Einheit begangen haben interessanterweise unter dem Motto der Kulturnation, sagte Bundespräsident Horst Köhler: "Wir sind seither wieder erlebbar die eine Kulturnation, die als ganze unser Leben inspiriert."

In der Tat: Kunst und Kultur prägen einen zusammenhängenden Freiheitsraum, Kreativität, Innovation in unserem Leben. Dieser Raum, der durch die Kultur geprägt wird, ist essentiell zum Atmen im umfassenden Sinne, das heißt, als Band zwischen Tradition und Fortschritt auch essentiell für die Zukunftsfähigkeit.

Deshalb ist die Arbeit des Kulturstaatsministers für unser Gemeinwesen so wichtig. Sie begleitet die Entwicklung der geistigen Fähigkeiten, der Einstellung zu gesellschaftlicher Teilhabe, der Erinnerung, des Muts zu Neuem und der Fähigkeit zu eigenständiger Urteilskraft.

Ich glaube, gerade deshalb war es eine richtige Entscheidung des damaligen Bundeskanzlers Gerhard Schröder, der Kulturpolitik des Bundes mit einem Staatsminister im Bundeskanzleramt öffentlich ein Gesicht zu geben. Dieses öffentliche Gesicht entfaltet dann natürlich noch einmal eine neue Wirkung. Die institutionelle Anbindung hat sich bewährt. Insofern sind wir auch heute mit Bernd Neumann dieser Tradition gefolgt.

Nun ist schon geklatscht worden; ich wollte gerade allen danke sagen, die dieses Amt innehatten, die, wie Bernd Neumann es dargestellt hat, das Amt auf ihre eigene Art geprägt haben: Michael Naumann, Julian Nida-Rümelin und Christina Weiss ebenso wie natürlich Bernd Neumann.

Seit 2005 haben wir den Kulturhaushalt es ist schon angedeutet worden um fast achtProzent erhöhen können. Darin kommt auch noch einmal die Überzeugung der Großen Koalition zum Ausdruck: Kulturförderung ist keine Subvention, sondern Kulturförderung ist eine Investition in ein lebens- und auch liebenswertes Deutschland. Das ist unser Verständnis.

Wir sind uns bewusst, dass die Lebensqualität wesentlich in unserer kulturellen Vielfalt begründet ist. Der Bund hat immer wieder gezeigt, auch bei aller föderalen Struktur unseres Gemeinwesens: Berlin ist Hauptstadt, sie ist auch ein Stück Schaufenster unserer Kulturnation. Man darf, glaube ich, sagen, ohne dem Berliner Senat zu nahe zu treten: Würde der Bund für das Berliner Kulturleben nicht ebenso viel ausgeben wie der Berliner Senat, gäbe es zum Beispiel keine Museumsinsel, kein Jüdisches Museum, kein Deutsches Historisches Museum.

Natürlich ist der Bund auch dabei, wenn es um einen bedeutenden Kulturneubau Deutschlands geht, nämlich das geplante Humboldt-Forum. Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz, die Humboldt-Universität zu Berlin und die Zentral- und Landesbibliothek zu Berlin werden dieses Haus mit Leben erfüllen eine spannende Aufgabe angesichts all der schon existierenden großartigen Museen und Bauten, aber, ich denke, eine bewerkstelligbare Aufgabe.

Im Zusammenspiel zwischen Museumsinsel und Schlossbau entsteht im Herzen Berlins ein Ort, der für die verbindende Kraft der Kultur steht. Ich bin mir ganz sicher, dass gerade an diesem Platz Deutschland sich auch als weltoffene Kulturnation präsentieren wird.

Dass föderal organisierte Kunst und Kultur ein Erbe sind, auf das wir natürlich auf keinen Fall verzichten wollen, spiegelt sich auch im Amt des Beauftragten für Kultur und Medien wider. Man sollte daran denken, wie viele bedeutende Vorhaben es gibt, die ohne die Förderung des Bundes auch außerhalb Berlins in ganz Deutschland heute völlig unvorstellbar wären. Ich nenne nur einige Schlagworte: das Historische Grüne Gewölbe in Dresden, das Ozeaneum in Stralsund, das bundesweite Programm zur Bewahrung unseres Kulturerbes. Ende 2007 wurden dafür zusätzlich 400Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Diese Mittel kommen nicht nur national bedeutsamen Institutionen, wie zum Beispiel den preußischen Schlössern und Gärten, der "Klassik Stiftung Weimar" oder der Staatsoper Unter den Linden, zugute, sondern aus diesem Programm fließen auch Mittel in den Erhalt und die Rettung gefährdeter regionaler Kulturschätze in ganz Deutschland.

Wenn man weiß, mit wie viel Liebe, mit wie viel Einsatz gerade auch solche regionalen Projekte verfolgt werden, dann hat der Staatsminister für diese Aufgaben jetzt auch die Möglichkeiten, dies an einigen Beispielen deutlich zu machen. Dies leistet der Denkmalpflege der Länder natürlich deutlich Vorschub. Auch das ist ein großer Vorteil und Erfolg der Kulturpolitik. Deshalb ist es für uns insgesamt und nicht nur für die in der Hauptstadt heute so, dass wir sagen können: Das Amt und seine Möglichkeiten sind eine Bereicherung für das gesamte Kulturleben in Deutschland.

Nun war nicht immer "Friede, Freude, Eierkuchen"; Herr Neumann hat darauf zart hingewiesen. Bei der Gründung des Amtes haben die Länder durchaus mit Argusaugen darauf geschaut, was denn da nun passiert. Kulturhoheit ist etwas, das jedem, der in einem Bundesland tätig ist, natürlich nicht nur ein geläufiger, sondern auch ein heiliger Begriff ist. Aber glücklicherweise liegt das hinter uns. Die Kulturhoheit der Länder und das Amt des Staatsministers vertragen sich nicht nur, sondern, ich würde sagen, sie ergänzen sich, so dass sie die Kulturnation Deutschland viel heller und besser scheinen lassen.

Lange Zeit galten Kultur und Wirtschaft als unvereinbar. Auch diese Berührungs-ängste haben sich glücklicherweise aufgelöst. Wenn wir an den Deutschen Filmförderfonds denken, der im vergangenen Jahr ins Leben gerufen wurde, dann sehen wir: Es ist gelungen, dass die bislang ausgeschütteten Fördermittel enorme private Nachfolgeinvestitionen in Deutschland ausgelöst haben. Wir haben damit die Möglichkeiten der Filmförderung erweitert. Die Filmwirtschaft prosperiert. Deutschland ist wieder ein attraktiver Produktionsstandort für Filme, und zwar mit all dem, was auch ausländische Gäste mit sich bringt, die damit von der Kulturnation Deutschland ein völlig neues Bild gewinnen. Deshalb werden wir den Deutschen Filmförderfonds um weitere drei Jahre bis 2012 verlängern.

Ein Projekt der Gemeinsamkeit von Kultur und Wirtschaft ist auch die "Initiative Musik". Seit diesem Jahr unterstützt der Bund zum ersten Mal die Rock- , Pop- und Jazzmusik. Der musikalische Abschluss dieser Veranstaltung hier wird auch ein Ausdruck dieser Tatsache sein. Die Förderprogramme finden eine sehr gute Resonanz. Junge Bands profitieren davon. Das ist auch ein neues Markenzeichen.

Wir wissen aber natürlich: Wer den Zeitgeist prägen und die Zukunft gestalten will, darf die Wurzeln unseres heutigen Lebens und Arbeitens nicht vergessen. Das heißt, es gilt, das Bewusstsein für Vergangenes wachzuhalten. Das ist für die Bundesrepublik Deutschland von besonderer Wichtigkeit. Das dunkelste Kapitel deutscher Geschichte schrieb der Nationalsozialismus, dessen Vernichtungskriege und Menschheitsverbrechen Millionen Opfer forderten. Die Erinnerung daran wird von uns immer wachgehalten, insbesondere auch durch das Wissen um die Singularität des Holocausts und das würdevolle Gedenken an die Opfer.

Die Bundesregierung hat mit der Fortschreibung der Gedenkstättenkonzeption dieser historischen Verpflichtung Rechnung getragen. Wir wollen das Gedenken vertiefen, weil wir nur so die Zukunft gestalten können. Gerade in der Zeit, in der wir von der Epoche der Zeitzeugen nun immer mehr ohne diese in ein eigenständiges Gedenken an die Grauen des Nationalsozialismus hineingehen, ist dies von besonderer Bedeutung. Wir haben deshalb die Mittel für den Gedenkstättenbereich um 50Prozent erhöht.

Deutschland wird auch über 60Jahre nach Kriegsende seiner moralischen Verantwortung gerecht. Es steht zu dieser moralischen Verantwortung genauso wie zur Restitution von NS-Raubkunst. All unsere Bemühungen müssen und das ist ganz wichtig in den historischen Kontext eingebettet sein. Es muss immer um den Geist der Versöhnung mit unseren Nachbarn gehen. Das gilt für die Restitution von NS-Raubkunst wie auch für die Arbeit der "Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung". Die historischen Voraussetzungen für Flucht und Vertreibung während und nach dem Zweiten Weltkrieg müssen unzweideutig dargestellt werden. Viele von uns, die hier im Saal sind, haben das immer wieder gemacht. Ich sage hier noch einmal ganz deutlich: Es wird keine Verdrehung von Ursache und Wirkung geben. Das ist überhaupt die Voraussetzung für eine solche Arbeit.

Das neue Gedenkstättenkonzept schließt auch eine stärkere Aufarbeitung der SED-Diktatur in der ehemaligen DDR mit ein. Auch das halte ich für unverzichtbar genauso, dass in unsere Erinnerungskultur natürlich auch die glücklichen Momente unserer Geschichte gehören. Der friedliche Aufbruch im Herbst 1989 steht dabei an vorderster Stelle. Wenn wir nächstes Jahr miteinander 60Jahre Bundesrepublik Deutschland feiern, leben wir immerhin schon 20Jahre ohne Mauer, sind also ein Drittel dieses Wegs gemeinsam gegangen. Ich glaube, manch einem, der zum Zeitpunkt des Mauerfalls schon im Erwachsenenalter war, ist das gar nicht so bewusst. Diejenigen, die heute Abitur machen oder an den Universitäten in den ersten Semestern studieren, wissen oft gar nicht mehr, wovon wir sprechen, wenn wir von der Berliner Mauer sprechen. Selten hat man in einer so spannenden Zeit gelebt, in der sozusagen das eigene Erleben Geschichte wird und die Erinnerung daran gepflegt wird.

Kulturelle Bildung bedeutet natürlich sehr viel mehr, als sich nur an Kunstwerken erfreuen zu können. Deshalb ist der Aufgabenbereich des Staatsministers für Kultur etwa über den Schutz des kulturellen Erbes und über Erinnerungskonzepte hinaus um einen Bildungsauftrag erweitert worden.

Ein, wie ich finde, gelungenes Bildungskonzept heißt: "Jedem Kind ein Instrument". Das wird von der Kulturstiftung des Bundes, von der heute schon die Rede war, gemeinsam mit dem Land Nordrhein-Westfalen finanziert. Das große Ziel, auch mit Blick auf Essen und das Ruhrgebiet als Kulturhauptstadt Europas 2010, ist: Alle 200. 000Grundschulkinder im Ruhrgebiet sollen ein Instrument erlernen können. Das ist eine tolle Sache, die durchaus noch regional erweitert werden könnte. Ich gönne den Kindern im Ruhrgebiet alles, aber das ist durchaus erweiterbar. Damit das möglich ist, ziehen die Kulturstiftung des Bundes, Nordrhein-Westfalen, Eltern und Kommunen sowie private Spender an einem Strang. Das heißt, es ist ein großartiges Gemeinschaftsprojekt entstanden, das eine wirklich beachtliche Größenordnung angenommen hat. Es ist ein gutes Beispiel dafür, dass kulturelle Bildung wirklich eine Aufgabe für uns alle ist.

Nun gehört nicht von ungefähr zum Amt des Staatsministers auch der Bereich der Medien. Medienerziehung ist gerade im Zeitalter der digitalen Medien natürlich etwas, was uns umtreibt und wozu wir einen Beitrag leisten wollen. Im letzten Jahr haben Bundesregierung und zahlreiche Medienanbieter ein in Europa bisher einzigartiges Gemeinschaftsprojekt gestartet, nämlich "Ein Netz für Kinder fragFINN". Damit haben wir einen gesicherten Surfraum geschaffen, in dem sich Kinder und Jugendliche frei bewegen und Internet-Erfahrungen sammeln können und damit die völlig neue kulturelle Dimension, die durch das Internet entstanden ist, in einem kulturell vernünftigen Sinne nutzen können.

Wir sind allerdings auch der Meinung, dass das beste Internetangebot eine der Grundlagen kultureller Bildung nicht ersetzen kann, nämlich die Fähigkeit zum Lesen. Deshalb haben wir mit allen wichtigen Akteuren der Verlagsbranche die "Nationale Initiative Printmedien" ins Leben gerufen. Kindern und Jugendlichen soll der Zugang zur Lektüre von Zeitungen und Zeitschriften erleichtert werden. Ich glaube, dass dies von allergrößter Bedeutung ist.

Es ist dem jetzigen Staatsminister Bernd Neumann im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft gelungen, eine Einigung über die neue Richtlinie zu audiovisuellen Medien gelungen. Der Staatsminister hat sich auf der einen Seite der Wünsche und der berechtigten Forderungen der Länder zuzuwenden. Aber auf der anderen Seite spielt auch in der Europäischen Union die Frage der Medienpolitik eine zunehmend wichtige Rolle. Ich glaube, es ist uns durchaus gelungen, deutlich zu machen, dass Medien Ausdruck kultureller Entwicklung sind und kulturelle Besonderheiten in Europa nicht einfach nivelliert werden dürfen, wenn wir uns nicht wichtiger Wurzeln Europas berauben wollen. Das prägt unsere Medienpolitik im Blick auf die Europäische Union, auch wenn wir es damit nicht immer einfach haben, weil sozusagen Gleichförmigkeit aus der Sicht des Binnenmarktes heraus manchmal einfacher erscheint. Wir werden trotzdem um unsere kulturellen Besonderheiten kämpfen.

Auch die Deutsche Welle geht in Richtung unseres Wirkens nach außen. Wenn ich heute über den Staatsminister spreche, will ich nicht vergessen, dass wir auch eine auswärtige Kulturpolitik haben, die eine gute Entwicklung genommen hat. Die Deutsche Welle macht außerhalb der Grenzen von Deutschland einen Teil des Wissens über Deutschland aus. Die Zusammenarbeit mit ARD

und ZDF wurde ermöglicht. Das arabische Programm wurde ausgebaut. Es wurde also viel Sinnvolles gemacht.

Sie sehen, meine Damen und Herren, der Kulturstaatsminister hat auch zehn Jahre nach Gründung des Amtes ausreichend zu tun. Es geht um Werte, um Orientierung in unserer Zeit der Globalisierung. Es geht also schlicht und ergreifend um eine moralische Aufgabe für unser Land.

Ich möchte deshalb all denen danken, die mit ihrer Arbeit nicht immer ohne Widerstände dieses Amt geprägt haben, die dafür Sorge getragen haben, dass es mit Sicherheit auch in der nächsten Legislaturperiode gar keine Frage mehr darüber gibt, ob man einen Staatsminister für Kultur haben wird. Man könnte, wenn man diese Frage stellen würde, wahrscheinlich sogar damit rechnen, dass die Länder aufbegehren würden auch mit Hilfe von Bundestagsabgeordneten. Wenn das nach zehn Jahren erreicht ist, dann ist viel erreicht.

Herzlichen Dank, dass ich heute danken durfte. Alles Gute für dieses Amt zum Wohle der Bundesrepublik Deutschland.