Redner(in): Bernd Neumann
Datum: 31.10.2008

Untertitel: Kulturstaatsminister Bernd Neumann verabschiedete Prof. Dr. Peter-Klaus Schuster und begrüßte die Nachfolger Dr. Michael Eissenhauer und Udo Kittelmann.
Anrede: Anrede,
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): http://www.bundesregierung.de/nn_914560/Content/DE/Archiv16/Rede/2008/10/2008-10-31-rede-neumann-schuster,layoutVariant=Druckansicht.html


Welch ein Tag! Welch ein Ort! Welch ein Anlass! ", so begann Peter-Klaus Schuster im Februar dieses Jahres seine Rede anlässlich der Verabschiedung von Professor Lehmann. Auch heute: Welch ein Tag, welch ein Ereignis! Der" General " der Staatlichen Museen zu Berlin geht.

Welch ein Ort! Seine Verabschiedung auf einer Museumsbaustelle feiern kann nur eine Persönlichkeit, die mit Phantasie und Inspiration in der ist, Leerstellen in funkelnde Juwelen zu verwandeln.

Hier ist der Ort für jemanden, der Widersprüche nicht nur aushalten kann, sondern sie geradezu als Lebenselixier braucht.

Das Neue Museum, lieber Professor Schuster, ist Ihr letztes großes persönliches Werk im "Masterplan Museumsinsel", nachdem wir 2001 die Alte Nationalgalerie und 2006 das Bode-Museum einweihen konnten. Das Gebäude des Neuen Museums ist gerade in diesem Zustand der vermeintlichen Halbfertigkeit vieles, was wir heute sehen, wird tatsächlich so bleiben ein pathetischer Ort. Das Museum wird, auch nach seiner Fertigstellung, ein melancholischer und zugleich hoch intellektueller Ort bleiben, der die Wunden nicht verleugnet, die die Zeit und Geschichte ihm geschlagen haben.

Intellektualität: ja; Melancholie aber: nein, das ist nicht die Eigenschaft, mit der wir den glänzend auftretenden Peter-Klaus Schuster zuerst in Verbindung bringen würden.

Und doch: Man sucht sich nicht ohne Grund Dürers berühmten Meisterstich Melancolia als Thema einer gewichtigen Dissertation aus. Das Meisterwerk zeigt die Melancholie als Verkörperung des Intellekts, als Inspiration von Denkern und Kreativen, von Baumeistern und Künstlern, aber auch als Triebfeder von Mächtigen und Visionären. Es hat den Anschein, als kehrten Sie mit Ihrem derzeitigen großen Ausstellungsfestival "Kult des Künstlers", das zehn Einzelausstellungen in den Häusern der Staatlichen Museen zu Berlin umfasst, gewissermaßen zu Ihren eigenen Wurzeln zurück. Denn der Künstler gilt im abendländischen Denken seit der Renaissance und dem Humanismus als Inbegriff der schöpferischen Melancholie.

Wir verabschieden heute einen Generaldirektor. Sogar der Spötter Tucholsky zollte dem Amt seinen Respekt: "Es gehört wohl eine Art innerer Würde dazu, ein gusseiserner Halt im Charakter. Ich glaube, nicht jeder kann es werden. Man ist Generaldirektor, oder man ist es nicht."

Peter-Klaus Schuster ist es. Er hat den Kunststandort Berlin seit der Wende entscheidend gestaltet. 1988 wurde er Hauptkurator und stellvertretender Direktor der Nationalgalerie, neun Jahr später ihr Direktor. 1994 folgt die Berufung zum Direktor der Alten Nationalgalerie. Seit 1999, nach einem kurzen Intermezzo in Bayern, vereint er die beiden Ämter das des Direktors der Nationalgalerie und das des Generaldirektors der Staatlichen Museen zu Berlin in einer Person. Dies, so möchte ich betonen, ist nicht der Normalfall, sondern die Ausnahme.

In den letzten zwanzig Jahren hat sich die in vieler Hinsicht verletzte, geteilte Stadt Berlin in einen Ort der Hoffnung für ganz Deutschland verwandelt. Es waren in den ersten Jahren nach der Deutschen Einheit nicht nur Museen und Mitarbeiterstäbe zu fusionieren.

Nein, es ging darum, der Kulturnation Deutschland, die aus der Teilung wieder zu sich selbst finden musste, die lange verborgenen Schätze des Preußischen Kulturbesitzes zurückzugeben. Nirgendwo auf der Welt wartete eine ähnlich herkulische, aber auch imperiale Aufgabe wie die, eine so bedeutende Museumslandschaft völlig neu zu gestalten und ins 21. Jahrhundert zu führen. Eine solche Aufgabe braucht strategisches Gespür und visionäres Denken. Eine solche Aufgabe braucht aber auch den richtigen Partner.

Seite an Seite haben Klaus-Dieter Lehmann und Peter-Klaus Schuster das großartige Ensemble der Berliner Museumsinsel weiterentwickelt, auf der man wie Sie, lieber Herr Schuster, selbst sagen "den Hauch von Louvre und von British Museum" verspürt.

Sollte Ihnen beiden die Nachwelt einmal ein Denkmal errichten wollen, so kann ich es mir nur so vorstellen, wie das der Dioskuren Schiller und Goethe vor dem Deutschen Nationaltheater in Weimar.

Viel wurde in den letzten neun waren es tatsächlich nur neun? Jahren erreicht, doch ich weiß, dass Ihre Vision eines Universalmuseums der abendländischen Kultur erst dann vollendet ist, wenn die Alten Meister, wenn Caravaggio, Rubens und Dürer aus der Gemäldegalerie am Kulturforum Potsdamer in das neue Herz der Stadt, in das Umfeld der Museumsinsel, umgezogen sein werden. Ich kann Ihnen heute noch nichts Endgültiges versprechen, aber ich nehme an, dass Sie auch aus dem Ruhestand heraus nicht ruhen werden, das zarte Pflänzchen dieser Idee in den Köpfen und Herzen der Verantwortlichen weiter zu hegen und zu pflegen.

Ähnlich beharrlich hat Peter-Klaus Schuster die Idee des Sammlermuseums in Berlin vorangetrieben. Mit wahrhaft imperialer Geste hat er als "Sammler von Sammlern" Mäzene unter seine Fittiche genommen: Ohne die Sammlungen von Erich Marx und Friedrich Christian Flick im Hamburger Bahnhof, ohne die Ankäufe der Sammlungen Marzona und Berggruen, ohne zuletzt die Sammlung Scharf-Gerstenberg im Charlottenburger Stüler-Bau, die wir in diesem Jahr gemeinsam eröffnet haben, wäre Berlin um Vieles ärmer.

Joseph Joubert stellte einmal fest: "Die Natur hat zwei Arten ausgezeichneter Geister geschaffen: die einen, um schöne Gedanken und Taten hervorzubringen, die anderen, um sie zu bewundern."

Es scheint, allerdings dass Peter-Klaus Schuster diesem Diktum gleich in doppelter Hinsicht entspricht. Sie verstehen es, andere Menschen zu begeistern und in die gewünschte Richtung zu lenken. Dies gilt für die Häuser der Staatlichen Museen und der Nationalgalerie, die "PKS" mit einem gefürchteten Blick fürs Detail und dabei immer in geradezu rasendem Tempo durchmessen hat. Dies gilt aber auch für die großen Museen im Ausland, die die Staatlichen Museen zu Berlin als äußerst professionellen und verlässlichen Partner schätzen.

Der "Verein der Freunde der Nationalgalerie" unter Peter Raue war ein kongenialer Mitstreiter, der Ihnen mit "Mister MoMa" sogar einen weiteren Titel beschert hat. Sie haben uns bewiesen, dass es ist möglich ist, viele Menschen für die Kunst zu begeistern.

Peter-Klaus Schuster hat sich, bei aller Gewieftheit in Marketingfragen, bei allen zeitgemäßen Managereigenschaften eine überraschende, im besten Sinne unzeitgemäße Grandezza erhalten. Nie hat er, der gebürtige Süddeutsche, die Attitüde eines preußischen Generals angenommen. Seine öffentlichen Auftritte verliehen unserer preußisch-spröden Hauptstadt geradezu barocken Glanz: Als großer Rhetor war er stets der Schrecken aller Nachfolger auf jeder Rednerliste natürlich wegen der Eleganz seiner Beiträge, manchmal allerdings auch wegen deren Länge.

Und Sie haben, so schien es dem Außenstehenden, eine schier unbegreifliche Fähigkeit gepflegt, die sonst nur Heiligen zu eigen ist, nämlich zugleich an zwei Orten sein zu können oder sich zumindest mit Lichtgeschwindigkeit von einem Ort zum anderen fortbewegen zu können. Wie oft habe ich Einladungen zu zwei Eröffnungen der Staatlichen Museen zu Berlin am selben Abend in Händen gehalten, auf denen beide Male der Generaldirektor als Redner angekündigt wurde und er beide Male, im Abstand von kaum einer Stunde, auch wirklich sprach.

Lieber Herr Schuster,

Sie werden uns allen fehlen, auch mir, der ich unter anderem von Ihnen gelernt habe, dass das Reden über Kunst fast noch schöner sein kann als die Kunst selbst. Als Vorsitzender des Stiftungsrates der Stiftung Preußischer Kulturbesitz danke ich Ihnen im Namen aller Mitglieder herzlich für Ihre Inspiration, Ihre Worte und Ihre Taten. Die SPK verdankt PKS viel das wird nicht vergessen werden.

Ich bin mir jedoch sicher, dass Sie künftig nicht wort- und tatenlos bleiben werden und hoffe deshalb, dass es auch weiterhin manche fruchtbringenden Verbindungen zu den Staatlichen Museen zu Berlin geben wird. Auch persönlich wünsche ich Ihnen alles Gute.

2008 ist ein Jahr der Abschiede im Februar haben wir Professor Lehmann in den Ruhestand entlassen, jetzt Peter-Klaus Schuster. Aber es ist auch ein Jahr des Neubeginns.

Professor Parzinger führt die Stiftung Preußischer Kulturbesitz mit neuen Zielen in die Zukunft, von denen sicher die Konzeption des Humboldt-Forums das Bedeutendste ist. Ich begrüße heute als Nachfolger von Peter-Klaus Schuster Dr. Michael Eissenhauer als neuen Generaldirektor der Staatlichen Museen zu Berlin sowie Udo Kittelmann als Direktor der Nationalgalerie.

Lieber Herr Dr. Eissenhauer, ich freue mich, dass Sie Ihre Erfahrungen in der großen Museumslandschaft Kassel und als Präsident des Deutschen Museumsbundes nach Berlin mitbringen.

Sie sind ein Fachmann des Netzwerks, und den brauchen wir, wenn wir die einzelnen Museumsquartiere in Berlin weiterentwickeln wollen. Auch die bauliche und konzeptionelle Gestaltung des Umfelds der Museumsinsel und der Museumsinsel selbst ist eine große Zukunftsaufgabe.

Auf alle sechzehn Museen der Staatlichen Museen zu Berlin warten große Herausforderungen. Besonders gilt dies, lieber Herr Kittelmann, für die Einrichtungen, die unter dem Dach der Nationalgalerie vereint sind. Berlin macht sich auf, der Zeitgenössischen Kunst nicht nur als Galerienstandort größeren Raum einzuräumen. Es gilt nun, für die Häuser der Nationalgalerie den richtigen Weg an der Schnittstelle zwischen Kunstmarkt und Kunstmuseum zu finden und die großen Potenziale nachhaltig zu erschließen.

Ich bin sicher, dass wir mit Ihnen den Richtigen für diese ambitionierte Aufgabe gefunden haben.

Lieber Herr Dr. Eissenhauer, lieber Udo Kittelmann,

ich wünsche Ihnen für die Zukunft Ausdauer und Einfühlungsvermögen, verbunden mit Glück und Erfolg. Ich freue mich auf eine gedeihliche Zusammenarbeit bei allen großen Zukunftsaufgaben.

Danke.