Redner(in): Bernd Neumann
Datum: 03.11.2008

Untertitel: In seiner Redeanlässlich des Empfangs des Evangelischen Arbeitskreises der CDU/CSU zur EKD-Herbstsynode in Bremen würdigte Kulturstaatsminister Bernd Neumann das kulturelle Engagement der Kirchen.
Anrede: Anrede,
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): http://www.bundesregierung.de/nn_914560/Content/DE/Archiv16/Rede/2008/11/2008-11-03-rede-neumann-ekd,layoutVariant=Druckansicht.html


herzlich heiße ich die Teilnehmer der EKD-Herbstsynode und des Evangelischen Arbeitskreises der CDU / CSU zu später Stunde hier in Bremen willkommen. Sie haben sich ein wichtiges Thema vorgenommen:

Klimawandel und Klimaschutz und alle damit zusammenhängenden Fragen betreffen direkt die Bewahrung der Schöpfung, die ein zentrales Anliegen unseres christlichen Glaubens ist. Ich bin dankbar, dass die evangelischen Kirchen Deutschlands hier Positionen formulieren, die ein starkes Gewicht in unserer gesellschaftlichen Debatte haben werden.

Die Kirchen haben nach wie vor eine wichtige Leitfunktion in unserer Gesellschaft. Als Kulturstaatsminister beeindruckt mich natürlich besonders das kulturelle Engagement der Kirchen. Insgesamt geben die öffentlichen Hände in Deutschland etwa rd. 8,1 Mrd. Euro jährlich für Kultur aus. 87 % kommen ungefähr hälftig von den Ländern und Kommunen, etwa 13 % Bund. Private Förderer und Sponsoren bringen noch einmal 500 Mio. Euro auf.

Im Kirchengutachten von 2005, das das "Institut für kulturelle Infrastruktur Sachsen" im Auftrag der Enquete Kommission des Deutschen Bundestages "Kultur in Deutschland" erstellt hat, wird errechnet, dass beide Kirchen in Deutschland jährlich 3,5 bis 4,8 Mrd. Euroaufbringen soviel also wie die Länder oder Kommunen. Damit werden sie zu zentralen kulturpolitischen Akteuren. Ich gebe zu, ich war überrascht, als ich zum ersten Mal von diesen Zahlen hörte und auch in kirchlichen Kreisen haben diese Zahlen Erstaunen ausgelöst, wenn ich sie bei Gelegenheit angeführt habe.

Ich bin der Sache auf den Grund gegangen: Die einzelnen Erhebungen weisen zwar aufgrund der fehlenden kulturbezogenen Zentralstatistik der Kirchen eine gewisse Unschärfe auf, sie sind aber deswegen noch nicht unglaubhaft. Die gewonnenen Zahlen beruhen auf exakten statistischen Erhebungen über die Ausgaben in den verschiedenen Bereichen, von denen ich nur beispielsweise die kulturelle Bildung und den Denkmalschutz nennen möchte.

Das Institut hat unter Zugrundelegung eines bestimmten Kulturbegriffs den kulturellen Anteil an den Gesamtaufwendungen für kirchliche Aufgaben extrahiert. Das heißt, dass bei den Bauaufgaben nur der Denkmalschutz herangezogen, bei der Jugendbildung nur der Kulturanteil herausgerechnet wurde. Dabei hat das "Institut für kulturelle Infrastruktur" Minimalwerte geschätzt, so dass man von eher konservativen Hochrechnungen sprechen darf.

Sehe ich mir auch das kulturelle Leben hier in Bremen an, dann bin ich überzeugt, dass es die Kultur in unserer Gesellschaft empfindlich treffen würde, wenn die Kirchen sich aus ihrem kulturellen Engagement zurückzögen. Das betrifft nicht nur so grundlegende Bereiche wie die Kirchenmusik und die Chorarbeit, sondern auch innovative Projekte wie die Kulturkirche St. Stephani, die die Bremische Evangelische Kirche im Hinblick auf den Kirchentag 2009 als ambitioniertes Vorhaben gewagt hat. Die Besonderheit ist: St. Stephani ist Kirche und Kulturort zugleich und damit schon nach etwas über einem Jahr ihres Bestehens ein Anziehungspunkt auch für ein eher kirchenfernes Publikum und eine kulturelle Heimat für diejenigen, deren Glaube viele Dimensionen hat.

Die kulturprägende Kraft des Protestantismus in Deutschland ist für mich der Grund gewesen, Mitglied im Kuratorium zur Vorbereitung des Reformationsjubiläums zu werden.

Bei der 4. Sitzung des Kuratoriums am 30. September 2008 haben wir über eine Beteiligung meines Hauses an den Kosten der Hauptausstellung zum Reformationsjubiläum gesprochen. Ich kann hier noch nichts versprechen, aber ich denke, dass das Vorhaben auf einem guten Weg ist. Mein Haus ist über die weiteren Entwicklungen gut informiert, da wir auch im Lenkungsausschuss einen Sitz haben. Seit dem Jahre 2006 ist außerdem eine Geschäftsstelle für das Reformationsjubiläum bei der Stiftung Luthergedenkstätten in Wittenberg / Eisleben eingerichtet worden, die vom Bund mit jährlich über 800.000 Euro gefördert werden.

Dazu kommen noch 5,5 Mio. Euro für die Neukonzeption der Dauerausstellung Stiftung Luthergedenkstätten sowie Renovierung der Lutherhalle und des Lutherhauses. Weitere Stätten des Protestantismus wie die Wartburg-Stiftung erhalten jährlich 248.000 Euro. Auch in den Erhalt von evangelischen Kirchen, insbesondere auch in den neuen Ländern, sind viele Millionen Euro geflossen.

Sie, lieber Bischof Huber, haben sich immer für ein vertieftes Verständnis von Kultur und Kirche eingesetzt. Mich haben Ihre Antworten auf die Frage, was Leitlinien für christliche Orientierung und kirchliches Handeln in einer Welt kultureller Pluralität sein könnten, sehr beeindruckt. Ich teile voll und ganz Ihren Ansatz, zuerst einmal "das eigene Erbe ernst zu nehmen", denn nur aus der "Beheimatung im Eigenen", wie Sie so schön formulierten, kann der Respekt vor dem Fremden resultieren. Sodann ist es nötig, sich in der Auseinandersetzung mit den kulturellen Formen und Inhalten der eigenen Gegenwart um eine erneute Inkulturation des christlichen Glaubens zu bemühen. Auch sollten Ihrer Ansicht nach, die Kirchen "Räume der Begegnung" mit den Künsten sein. Es gehöre zu den Aufgaben der Kirche,"den Künsten eine Muse zu sein".

Ich danke Ihnen, sehr geehrter Bischof Huber, auch für Ihr politisches Engagement, das jedoch immer der christlichen Verkündigung und der protestantischen Ethik verbunden ist. Wir haben das Glück, dass Sie noch bis Ende 2009 an der Spitze der evangelischen Kirchen in Deutschland stehen und die von ihnen eingeleiteten Reformen begleiten werden.