Redner(in): Angela Merkel
Datum: 04.11.2008

Untertitel: in Berlin
Anrede: Sehr geehrter Herr Hundt,meine Damen und Herren,
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): http://www.bundesregierung.de/nn_914560/Content/DE/Archiv16/Rede/2008/11/2008-11-04-merkel-bda,layoutVariant=Druckansicht.html


gerne bin ich heute wieder zu Ihnen zu diesem Arbeitgebertag gekommen, der in einer außergewöhnlich bewegten Zeit stattfindet. Herr Hundt hat eben darauf hingewiesen: In ihrem 60. Jahr befindet sich die Soziale Marktwirtschaft in einer echten Bewährungsprobe. Wir können sagen, dass Finanzwirtschaft, Politik und auch die Wirtschaft insgesamt durch die internationale Finanzkrise vor Herausforderungen gestellt wurden, für die es kein Drehbuch gibt und für die niemand von uns wirklich Erfahrungswerte herbeiziehen kann, um dann zu sagen, wie man reagieren muss. Deshalb ist von verschiedener Seite richtig festgestellt worden: Die internationale Finanzmarktkrise ist im Kern eine Vertrauenskrise, wie wir sie in diesem Wirtschaftssektor seit Jahrzehnten nicht mehr erlebt haben. Gleichzeitig gilt das muss man sich immer wieder vor Augen führen: Unsere wirtschaftlichen Grundstrukturen, gerade in der Bundesrepublik Deutschland, sind intakt. Deutschland und seine Unternehmen sind in deutlich besserer Verfassung, als das noch vor drei Jahren der Fall war. Aber der Vertrauensverlust im internationalen Finanzsektor hat ein solches Ausmaß angenommen, dass die Selbstheilungskräfte nicht ausreichen. Wir haben dabei eine neue und auch wichtige Erfahrung gemacht, nämlich dass es in dieser Situation nur eine Instanz gibt, die das fehlende Vertrauen in ausreichendem Maße ersetzen kann: Diese Instanz ist der Staat. Ich sage das deshalb so, weil auch wir als Politiker und auch ich ganz persönlich in dieser Situation gemerkt haben dass der Staat wichtig ist, weiß natürlich jeder, der politisch tätig ist: Einen solchen Moment, in dem sozusagen auch die Akteure der Wirtschaft nicht nur in Deutschland, sondern in Europa und weltweit zu uns gekommen sind und gesagt haben: "Es gibt nur diese einzige Institution", hat es bis dahin nicht gegeben. Daraus müssen wir jetzt natürlich das Richtige im Geiste der Sozialen Marktwirtschaft machen. Ich glaube, die Bundesregierung ist dieser Verantwortung gerecht geworden ich danke Herrn Hundt, dass er das heute gewürdigt hat und hat mit dem Finanzmarktstabilisierungsgesetz zu einer außergewöhnlichen Maßnahme gegriffen, die sich in ein kohärentes europäisches Vorgehen mit einem vergleichbaren Instrumentenkasten eingefügt hat. Wir haben das gemacht, weil wir unserer Aufgabe als Hüter der Ordnung der Sozialen Marktwirtschaft nachkommen wollten und auch nachgekommen sind. Als Hüter dieser Ordnung dämmen wir praktisch Exzesse der Märkte ein und schaffen Vertrauen und Voraussetzungen dafür, dass sich die Soziale Marktwirtschaft weiter entfalten kann. So wird sie dann als menschliche Marktwirtschaft wieder neu erfahrbar. Zwei Botschaften sind mir auf diesem Weg ganz wichtig. Ich glaube, man kann sie gar nicht oft genug wiederholen. Erstens: Es geht nicht darum, den selbst verschuldeten Schaden der Banken mit Steuergeldern wieder gutzumachen, sondern es geht darum, größeren Schaden für die gesamte Volkswirtschaft abzuwenden: zum Schutz der Betriebe, die auf Kredite angewiesen sind wir brauchen einen Finanzmarkt, zum Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, deren Arbeitsplätze vom Wohlergehen ihrer Betriebe abhängen, und zum Schutz der Bürgerinnen und Bürger, die ihre Ersparnisse den Finanzinstitutionen anvertraut haben. Zweitens: Der Staat will keineswegs dauerhafter Ersatzvertrauensgeber sein. Das Paket soll helfen, das Vertrauen zwischen den Marktteilnehmern wiederherzustellen. In dem Maße, wie das geschieht, wird sich der Staat aus der direkten Intervention zurückziehen. Sie dürfen es mir glauben: Wir werden das gerne tun, weil wir auch sonst immer Wichtiges zu tun haben. Damit wir wieder langfristig stabiles Vertrauen herstellen können, sind allerdings einige Lehren aus dieser Krise zu ziehen. Das heißt, es sind einige Änderungen auf den Finanzmärkten und in der Bankenkultur notwendig. Etliches kann nicht so bleiben. Da wird sich der Staat als Ordnungsgeber nicht zurückziehen, sondern wird seine Anstrengungen verstärken. Denn wir haben doch in diesen Tagen erlebt, dass die bisherige internationale Dimension der Ausgestaltung und der Ordnung der Finanzmärkte nicht ausreichend ist. Deshalb haben wir uns von der Bundesrepublik Deutschland und von der Bundesregierung her dafür eingesetzt, dass wir jetzt bei der Schaffung einer neuen Finanzmarktverfassung nicht einfach zur Tagesordnung übergehen, sondern im internationalen Rahmen Veränderungen vornehmen, die kein Staat national schaffen kann. Dazu wird es am Freitag dieser Woche einen EU-Sondergipfel zur Vorbereitung auf den Weltfinanzgipfel am 14. und 15. November in Washington geben. Dort wollen wir das ist jedenfalls meine Vorstellung ein Mandat für Verhandlungen über einen Ordnungsrahmen für eine solche Finanzmarktverfassung beschließen, in der wir mehr Transparenz einfordern, in der wir mehr Risikoabsicherung der einzelnen Produkte der Finanzinstitute einfordern und in der wir eine stärkere Stellung einer internationalen Institution erreichen. Das ist aus meiner Sicht der Internationale Währungsfonds, der als Überwachungsinstitution auch für global agierende Institute in eine neue Aufgabe hineinwachsen kann. Diese Verhandlungen dürfen nicht verschleppt werden. Sie dürfen nicht Jahre dauern, sondern sollten in Monaten abgeschlossen werden, denn ansonsten würden uns die Menschen zu Recht fragen: Was habt ihr denn im Geiste der Sozialen Marktwirtschaft aus dieser Krise gelernt? Die Lehren sind nicht national, sondern nur im internationalen Rahmen zu ziehen. Da werden wir als Deutschland sehr aktiv auftreten. Ich sage das auch im Rückblick auf die Tatsache, dass wir bereits während unserer G8 -Präsidentschaft etliche Vorschläge gemacht haben. Damals sind wir etwas lax gesprochen immer wieder abgeblitzt. Heute aber haben die Akteure ein gemeinsames Verständnis, gerade auch im europäischen Raum. Ich bin dankbar dafür, sage allerdings auch: Es muss uns in Zukunft gelingen, Krisen präventiv zu verhindern und nicht immer nur aus der Krise zu lernen. Denn vieles ist auch sehr teuer bezahlt. Nun ist es auch die Verantwortung der Unternehmensführungen und zwar unabhängig davon, ob sie in Frankfurt, London oder New York den Ton angeben, sich dem Geist der Sozialen Marktwirtschaft wieder einzuordnen. Denn das Wesen der Sozialen Marktwirtschaft ist eben auch ein am Gemeinwohl orientiertes Handeln. Wir stehen auf deutscher Seite, was die wirtschaftliche Lage anbelangt, stark da. Ich habe bereits gesagt, dass die Lage besser als vor drei Jahren ist ich glaube, diese Einschätzung wird von Ihnen auch geteilt. Daran haben viele mitgewirkt. Deshalb ist die Ausgangsbasis dafür, heute auch durch eine schwierigere Entwicklung zu kommen, im Vergleich mit anderen Industrieländern eine relativ gute. Deshalb glaube ich auch: Es kann uns gelingen, in absehbarer Zeit wieder an die ersten drei Aufschwungjahre anzuknüpfen. Wir werden im Jahr 2009 schlechte Nachrichten haben, aber wir werden auch etwas tun, damit es 2010 wieder besser werden kann und besser werden wird. Deshalb, meine Damen und Herren, wollen wir national agieren, deshalb werden wir europäisch agieren und deshalb müssen wir uns auch auf der globalen Ebene überlegen, was wir tun können. Denn gerade Deutschland als Exportnation hat national nur einen bestimmten Rahmen, in dem wir etwas tun können. Wir haben aber ein unmittelbares Interesse daran, dass die Weltwirtschaft insgesamt wieder in eine stabile Verfassung kommt. Die Bundesregierung wird deshalb auf die Konjunkturschwäche mit einem, wie ich finde, mutigen, zielgerichteten und nachhaltigen Maßnahmenpaket antworten. Wir werden es morgen im Bundeskabinett beschließen. Im Mittelpunkt dieses Pakets stehen Impulse für private und öffentliche Investitionen Maßnahmen, die Bürgern wie Unternehmen eine Brücke hin in eine Zeit bauen, in der wir wieder von einem sich selbst tragenden Aufschwung sprechen können. Ich möchte hier vier Bereiche besonders ansprechen. Erstens. Wir wollen, um die Kreditversorgung der Wirtschaft und insbesondere des Mittelstands in den kommenden Monaten zu sichern, zeitlich befristet bei der KfW ein zusätzliches Finanzierungsinstrument schaffen. Ich glaube, die Frage der Kreditsicherheit ist eine ganz wichtige. Der Bundeswirtschaftsminister hat ein Telefon eingerichtet, bei dem sich Unternehmen melden können, wenn sie keine Kredite bekommen, die sie aber dringend für ihre wirtschaftliche Entwicklung brauchen. Ich kann jeden nur bitten, von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen. Das heißt aber nicht ich weiß schon, dass Sie sich jetzt freuen, dass die Bundesregierung Kredite vergibt. Wenn wir staatlicherseits mit einem Bankensicherungspaket helfen, verfolgen wir damit vielmehr gleichzeitig auch das Ziel, dass gerade mittelständische und kleinere Unternehmen die Kredite bekommen, die sie dringend brauchen. Das heißt, eine der Auflagen wird sein, dass wir von den Kreditinstituten erwarten, dass sie weiter ihrer Aufgabe nachkommen und zusätzliche Investitionen unterstützen. Damit wir wissen das ist heutzutage manchmal gar nicht so einfach, was eigentlich vor sich geht und wie die Kopplung zwischen der Wirtschaft und der Finanzwirtschaft überhaupt funktioniert, ist eine Rückkopplung mit Informationen an uns natürlich wichtig. Denn wenn wir nicht die nötigen umfassenden Antworten bekommen, wissen wir auch nicht, wie wir die Auflagen strukturieren sollen. Deshalb wurde das gemacht. Ich halte das für eine sehr vernünftige Sache. Außerdem wird die Europäische Entwicklungsbank zusätzliche Kredite, ausgereicht auch über die KfW, bereitstellen. Zweitens. Wir wollen auch Impulse für Investitionen geben. Ich weiß, dass es diesbezüglich auch zwischen den verschiedenen Branchen immer wieder sehr kontroverse Diskussionen gibt. Ich glaube aber, es geht jetzt vor allen Dingen auch darum, klare Signale an jeden, der investieren möchte, zu geben. Deshalb werden wir eine degressive Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens zum 1. Januar 2009 auf zwei Jahre befristet einführen. Sie wissen, dass wir hier mit der Unternehmensteuerreform ein Ende herbeigeführt hatten. Angesichts der Lage wollen wir das jetzt noch einmal einführen. Wir werden die Mittel für die CO2 -Gebäudesanierung und andere Maßnahmen aufstocken. Dazu zählt zum Beispiel auch der Bereich der sozialen Infrastruktur: Schulen, Kindergärten, Sportstätten und gegebenenfalls auch Krankenhäuser. Das heißt, auch hier werden wir alles tun, um Investitionsimpulse zu setzen. Wir wollen außerdem dringliche Verkehrsinvestitionen in den Bereichen Straße, Schiene und Wasserstraße 2009 und 2010 mit einem Innovations- und Investitionsprogramm vorziehen. Drittens. Wir werden die Absetzbarkeit von Handwerkerleistungen bei Instandhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen ausweiten. Wir wollen die Verbreitung ökoeffizienter Fahrzeuge fördern ich glaube, gerade die Automobilindustrie spielt eine Schlüsselrolle und damit gleichzeitig den Anpassungsprozess der Automobilbranche erleichtern. Deshalb werden wir befristet bis zum 31. Dezember 2010 eine einjährige Kfz-Steuerbefreiung einführen, die für Fahrzeuge, die der Euro-V-Norm oder der Euro-VI-Norm entsprechen, auf zwei Jahre verlängert werden kann. Gleichzeitig werden wir dann eine Kfz-Steuer mit einer schadstoffbezogenen bzw. CO2 -bezogenen Bemessung ausarbeiten und den Steuertausch mit den Ländern voranbringen; natürlich das sage ich hier zur Beruhigung der Länder; zum Beispiel ist Herr Pinkwart hier mit einer Kompensation für die Ausfälle. Da sind wir in den Gesprächen auch schon recht gut vorangekommen. Zusätzlich wird die Automobilindustrie ganz spezifische Kredite von der europäischen Seite bekommen, sodass ich glaube, dass wir hier das, was wir in nationalem und europäischem Maßstab machen, auch in einer vernünftigen Weise durchführen. Viertens. Die Bundesregierung wird die berufsbegleitende Weiterbildung für ältere und gering qualifizierte Arbeitnehmer ausbauen. Wir werden unsere Vermittlungsbemühungen verstärken. Die Zahl der offenen Stellen ist immer noch erheblich. Hier muss mehr getan werden. Wir werden außerdem die Bezugsdauer von Kurzarbeitergeld von bisher 12 auf 18Monate verlängern. Wir tun das, um einen Impuls zu geben und zu sagen: Wir wollen Arbeitsplätze erhalten helfen, auch in der Krise. Denn das Thema des Fachkräftemangels wird auch nach der Krise wieder ein erhebliches sein. Es ist allemal besser, in der Krise einen Arbeitnehmer zu halten, als ihn nach der Krise wieder zu suchen. Dabei wollen wir die Unternehmen unterstützen. Natürlich gehört zu diesem Paket auch, dass wir das Ziel der Haushaltskonsolidierung nicht aus dem Auge verlieren. Ohne die internationale Krise hätten wir 2011 einen ausgeglichenen Haushalt vorgelegt. Aber auch mit dieser Krise bleibt das Ziel erhalten, die Haushaltskonsolidierung fortzusetzen. Ich sage an dieser Stelle: Wir wollen dieses Ziel in der nächsten Legislaturperiode erreichen. Meine Damen und Herren, was machen wir mit diesem Maßnahmenpaket? Mit diesem Maßnahmenpaket bauen wir für Bürger wie Unternehmer eine Brücke für Investitionen und Sicherung von Beschäftigung, bis der Aufschwung wieder aus eigener Kraft greift. Wir setzen in dieser Phase auf verstärkte staatliche Impulse und Anreize, aber wir haben klare Schwerpunkte: Mehr Energieeffizienz, mehr Weiterbildung, mehr Investitionen in die Zukunft. Ich glaube, damit werden wir dem Gebot der Nachhaltigkeit gerecht. Unternehmen und Bürgern eine solche Brücke zu bauen, ist etwas völlig anderes, als künstlich aufgebauschte staatliche Nachfrageprogramme in zigstelliger Milliardenhöhe aufzulegen; für diesen Weg haben wir uns ausdrücklich nicht entschieden. Entscheidend ist deshalb, dass wir das Maßnahmenpaket mit einer langfristigen Strategie zur Stärkung der Wachstums- und Innovationskräfte in Deutschland verbinden. Diese Strategie muss wahrlich nicht neu erfunden werden, denn sie ist die Strategie der Bundesregierung, die wir seit drei Jahren umsetzen und durchsetzen. Es gibt eine Umschichtung der Ressourcen hin zu Investitionen, in Zukunftsfelder und die Förderung neuer Technologien, gerade im Bereich des Klimaschutzes und der Energie. Dazu gehört genauso das Ziel, Deutschland zur Bildungsrepublik zu machen. Vor zwei Wochen haben wir mit den Ländern das Zehn-Prozent-Ziel für Bildung, Forschung und Entwicklung für 2015 festgelegt. Ich weiß, dass das weitere Umschichtungen auch in der nächsten Legislaturperiode bedeuten wird, aber es gibt keine Alternative zum Ziel einer verbesserten Bildungslandschaft in Deutschland. Das ist noch nicht ausreichend. Wir sind auf den demographischen Wandel und die internationalen Herausforderungen noch nicht ausreichend vorbereitet. Im Übrigen ist mit diesem Ziel Ausgaben in Höhe von zehnProzent des Bruttoinlandsprodukts im Jahr 2015 zum ersten Mal in diesem Bereich ein Langfristziel zwischen Bund und Ländern vereinbart worden. Ich bin der festen Überzeugung, auch wenn heute noch nicht jedes Detail geklärt ist, dass schon allein dieses Ziel eine wesentliche und wichtige Dynamik entfalten wird, wie wir es auch beim Drei-Prozent-Ziel im Forschungsbereich erlebt haben, insbesondere auch durch wachsende Forschungsausgaben im Bundesbereich. Wir haben das Themenfeld der Integration in den Mittelpunkt gestellt ein wichtiges Thema für unsere Zukunft. Es wird nämlich in den nächsten Jahren einen zunehmenden Anteil von jungen Menschen mit einem Migrationshintergrund geben. Die Bildungsergebnisse der jungen Migrantinnen und Migranten können uns absolut noch nicht zufrieden stellen. Deshalb ist es wichtig, den Nationalen Integrationsplan umzusetzen. Und ich bedanke mich bei der deutschen Wirtschaft für vielerlei Mithilfe in diesem Bereich. Zu unserer Langfriststrategie gehört auch die nachhaltige Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen. Ich erinnere an die Unternehmensteuerreform. Ich erinnere auch an die Mittelstandsentlastungsgesetze. Ich darf Ihnen mitteilen, dass wir zwar noch nicht ganz am Ziel sind, aber auf dem Weg zu einer unternehmens- und insbesondere familienunternehmensfreundlichen Erbschaftsteuerreform wichtige Schritte vorangekommen sind. Wir werden hierbei eine Verbesserung der Betriebsnachfolge beim Generationenübergang erreichen. Ich bin davon zutiefst überzeugt, wenngleich diese Aufgabe ich höre schon leises Gemurmel im Saal nicht durch die Politik so schwierig geworden ist, sondern durch ein Bundesverfassungsgerichtsurteil mit völlig neuen Bewertungsmaßstäben, die uns vor ganz neue Herausforderungen gestellt haben. Aber für uns stehen die Familienunternehmen, die zum Rückgrat unserer wirtschaftlichen Stärke in Deutschland gehören, im Mittelpunkt. Meine Damen und Herren, dazu gehört auch die Senkung der Lohnzusatzkosten. Ich bin gerade in den Raum gekommen, als Herr Hundt den Teil seiner Rede zu den Lohnzusatzkosten begonnen hat. Ich glaube, dass wir erst einmal feststellen können, dass die paritätischen Lohnzusatzkosten zu Beginn dieser Legislaturperiode bei deutlich über 40Prozent lagen und dass sie zum Ende der Legislaturperiode bei unter 40Prozent liegen werden. Zweitens können wir festhalten, dass wir mit einem für die kommenden Jahre festgelegten Beitragssatz in Höhe von 2, 8Prozent in der Arbeitslosenversicherung gerade an dieser Stelle alle denkbaren Einsparpotentiale ausgeschöpft haben. Herr Hundt, es ist nicht so, dass wir beim Arbeitslosengeld etwas aufgegeben haben, sondern so, dass wir einen unionsseitigen Beschluss vom Leipziger Parteitag, der ja gemeinhin als fortschrittlich angesehen wird, umgesetzt haben. Ich weiß, dass wir darüber unterschiedlicher Meinung sind. Ich finde nur, wir sollten jetzt schlüpfe ich einmal in die Rolle der Parteivorsitzenden schon ganz klar sagen: Die CDU und genauso die CSU haben sich immer zur "Agenda 2010" bekannt und werden das weiterhin tun. Sie haben sie in der Oppositionsrolle unterstützt und in der Regierungsrolle fortentwickelt. Das waren richtige, wichtige Schritte. Es waren nicht die letzten Reformen, aber wichtige Reformen. Dann möchte ich noch ein Wort zu den Krankenversicherungsbeiträgen verlieren. Die Krankenversicherungsbeiträge sind zwischen 2007 und 2008 ohne eine Ausweitung der Leistungen um 0, 7Prozent gestiegen. Dabei will ich darauf hinweisen, dass noch im Jahr 2007 bei der Festlegung der Beitragssätze jeder Krankenkasse immerhin die Selbstverwaltung der Krankenkassen genau dafür verantwortlich war. Es gibt jetzt in der Tat einen Anstieg der Leistungen, im Wesentlichen hervorgerufen durch einen dreizehnprozentigen Lohnanstieg der Ärzte in den Krankenhäusern. Einen solchen dreizehnprozentigen Lohnanstieg in den Krankenhäusern, der tarifvertraglich vereinbart wurde und an dem die Politik nicht mitgewirkt hat, kann man nicht einfach kompensieren, indem man dann vielleicht an anderer Stelle Pflegekräfte entlastet, sondern einen solchen Anstieg muss man in irgendeiner Weise in den Krankenhäusern berücksichtigen. Wir haben große Ärztedemonstrationen gehabt, die uns darauf hinwiesen. Die Politik ist in der Tat auch dafür verantwortlich, dass in Deutschland eine ausreichende Versorgung mit praktizierenden, freiberuflichen Ärzten erfolgen kann. Deshalb haben wir an dieser Stelle die Honorare erhöht. Wir haben sie auch im Vergleich zwischen Ost und West angepasst. Wir haben auch für unterversorgte Gebiete besondere Regelungen geschaffen, weil wir ansonsten einen Grundauftrag dieser Gesellschaft nicht mehr werden erfüllen können. Das möchte ich als Bundeskanzlerin nicht verantworten. Ich möchte, dass jeder in diesem Land eine ausreichende, vernünftige Gesundheitsvorsorge erhält. Und ich möchte auch, dass die deutschen Medizinstudenten nicht nach Norwegen, in die Schweiz und sonstwohin auf der Welt gehen, sondern gerne in Deutschland als Ärzte arbeiten können. Dazu bekenne ich mich; und das hat auch seinen Preis, meine Damen und Herren. Letzte Bemerkung zu diesem Punkt: Der von der Bundesregierung verabschiedete Beitragssatz in Höhe von 15, 5Prozent kann von jeder Krankenkasse unterboten werden und als Bonus an die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ausbezahlt werden. Es gibt wenige Kassen, die sich bis jetzt dazu bekannt haben, dass sie das tun werden. Ich hoffe, dass es noch mehr werden. Wir hoffen, dass wir dadurch mehr Wettbewerb zwischen den Kassen bekommen werden und die Versicherten stärker darauf achten, welche Kasse ihnen welche Leistungen bietet. Nur über dieses Mehr an Wettbewerb werden wir dahin kommen, dass wir mündige Versicherte haben, die ihre Auswahl für ihre medizinischen Leistungen besser treffen. Das ist das Ziel unserer Bemühungen. Meine Damen und Herren, wir haben natürlich vieles unternommen, um auch den Zusammenhalt in der Gesellschaft zu stärken dazu gehört der gesamte Bereich der Familienpolitik; auch immer wieder klar durch die Arbeitgeberverbände unterstützt. Dafür auch ein herzliches Dankeschön. Wir haben in den vergangenen Wochen unbeschadet der Finanzmarktkrise ein Entlastungspaket geschnürt, das natürlich zusätzlich zu unserem Investitionsprogramm gelten wird. Es geht um höhere Kinderfreibeträge, höheres Kindergeld, bessere Absetzbarkeit von haushaltsnahen Dienstleistungen ein Beschäftigungsfeld, von dem ich glaube, dass wir dabei noch viel aus dem "schwarzen" Bereich in die Legalität bringen müssen und die Umsetzung des Bundesverfassungsgerichtsurteils zur besseren steuerlichen Absetzbarkeit von Vorsorgeaufwendungen ab dem 1. Januar 2010. Das bedeutet eine Entlastung in Höhe von sechsMilliarden Euro im kommenden Jahr und von fast 14Milliarden Euro ab dem darauf folgenden Jahr. Ich glaube, das ist eine wichtige Botschaft, an die man neben dem, was wir morgen verabschieden werden, zusätzlich denken muss. Das zeigt: Die Bundesregierung handelt entschlossen entlang der langfristigen Schwerpunkte. Ich glaube, dass wir mit dieser Arbeit unseren Beitrag dazu leisten, all die wunderbaren Potentiale, die unser Land hat, langfristig zu stärken. Wenn wir auf Deutschland schauen, so können wir sagen: Deutschland ist das ist zumindest meine Überzeugung auf dem richtigen Weg. Wir sind auch in diesem Jahr bei den Exporten auf einem der beiden ersten Plätze. Deshalb ist es auch meine feste Überzeugung, dass wir ein Interesse an einer florierenden Weltwirtschaft haben. Deshalb werde ich mich auf dem Weltfinanzgipfel dafür einsetzen, neben der Finanzarchitektur der Zukunft vor allen Dingen auch darauf zu achten, dass wir die WTO-Verhandlungen weiter fortsetzen, dass wir freien Handel als Grundlage für weltweites Wachstum unterstützen ich weiß, dass das auch die Meinung aller Wirtschaftsverbände in Deutschland ist, und dass wir darüber nachdenken, für die Schwellenländer seitens der Weltbank und des IWF ein Stärkungs- und Investitionsprogramm aufzulegen, weil das Wachstum gerade dort nicht wegbrechen darf. Wenn wir zum Beispiel einmal daran denken, dass der deutsche Maschinen- und Anlagenbau einen Exportanteil in Höhe von 75Prozent oder mehr hat, so ist Wachstum in China, in Indien, im asiatischen Markt für uns mindestens oder genau so wichtig wie vernünftige Investitionsbedingungen bei uns zu Hause. Meine Damen und Herren, nach der Rekordarbeitslosigkeit ist Deutschland nach fast vier Jahrzehnten wieder auf dem Weg zum Abbau der Sockelarbeitslosigkeit. Es sind in den letzten drei Jahren 1, 6Millionen zusätzliche Arbeitsplätze entstanden. Mehr als 40Millionen Menschen haben in Deutschland eine Beschäftigung. Wir haben die strukturelle Haushaltslücke und die Staatsquote auf Niveaus zurückgefahren, wie es die Politik seit der Wiedervereinigung nicht mehr geschafft hat. Unsere Staatsquote liegt jetzt bei 43Prozent. Sie betrug einmal 47 oder 48Prozent. Sie sehen daran also einen deutlichen Fortschritt. Gleichzeitig hat Deutschland ich habe darüber gesprochen einen leistungsfähigen Sozialstaat. Man kann auch sagen, dass das Armutsrisiko zuletzt deutlich verringert wurde. Das heißt, man sieht auch daran, dass der Aufschwung natürlich bei den Menschen angekommen ist. Auch die Ungleichverteilung der Einkommen ist zurückgegangen. Wir haben oft sehr alte statistische Daten, an denen wir uns orientieren und die die neuere wirtschaftliche Entwicklung noch nicht wiedergeben. Ich finde es ganz wichtig, dass wir miteinander sagen: Veränderungen und Reformen lohnen sich für die Menschen und zwar nicht nur für manche, sondern für viele in diesem Land. Das alles zeigt: Deutschland ist stark. Unser Land ist stark dank der Sozialen Marktwirtschaft. Wir müssen sie dabei natürlich stets an die veränderten Bedingungen unserer Zeit anpassen. Das bedeutet in der Globalisierung, dass wir vor allem unsere Anstrengungen für einen internationalen Ordnungsrahmen verstärken müssen. Deshalb sage ich: Die Soziale Marktwirtschaft hat nie nur in Sektoren gedacht, sondern sie hat immer das Zusammenwirken aller ökonomischen Bereiche im Blick gehabt. Genau das ist auch die Aufgabe, wenn wir die internationale Dimension der Sozialen Marktwirtschaft wirklich ernst nehmen wollen. Ebenso wichtig ist mir, dass wir auch die gesellschaftspolitische Dimension der Sozialen Marktwirtschaft ernst nehmen. Soziale Marktwirtschaft ist immer mehr als reine Ökonomie, sie ist eine gesellschaftspolitische Überzeugung. Deshalb muss wieder klarer werden, dass die Soziale Marktwirtschaft eine Ordnung der Verantwortung und des Maßhaltens ist. Nur dann kann auch der Grundsatz der Leistungsgerechtigkeit glaubhaft bleiben. Wir müssen wieder mehr daran erinnern, dass es eines bestimmten kulturellen Fundaments bedarf, um dauerhaften Wohlstand und Zusammenhalt in einer Gesellschaft zu sichern. Es geht um eine Wirtschaftskultur, die bei allem berechtigten Eigenstreben letztlich von moralischen Maßstäben geprägt ist. Es geht um eine Ordnung, in der der unauflösliche Zusammenhang von Freiheit und Verantwortung gerade auch von denen vorgelebt wird, die über Macht und Einfluss verfügen, die also auch in besonderem Maße persönliche Gestaltungsfreiheit haben. Auch diesbezüglich glaube ich wieder, dass Deutschland im Kern stark ist. Wir haben bei allen Fehlentwicklungen viele sehr verantwortungsvolle Unternehmer in den Vorständen der Kapitalgesellschaften und gerade auch im Bereich der persönlich haftenden Mittelständler. Wir haben verantwortungsbewusste, engagierte Bürgerinnen und Bürger und Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Sie haben gerade in der aktuellen Finanzkrise einen klaren Kopf bewahrt und sich in einer wirklich nicht einfachen Situation sehr verantwortungsvoll verhalten. Ich finde, auch das muss man einmal sagen. Es sind die Bürger, Arbeitnehmer und Arbeitgeber dieses Landes, die mit ihrer Leistung den Löwenanteil am Aufschwung der letzten Jahre erarbeitet haben. Deshalb kann ich sagen: Auf diese Kraft können wir wirklich bauen. Deshalb will ich sagen: Bei allen Schwierigkeiten, die ich sehe, die nicht wegdiskutiert werden sollen und denen wir auch ins Auge blicken, bin ich, alles in allem, zuversichtlich. Wir werden im Zusammenwirken von Bürgern, Politik und Unternehmen auch die jetzige Herausforderung meistern und bestärkt in einen neuen Aufschwung kommen können, weil wir der Überzeugung sind, dass die Soziale Marktwirtschaft die richtige gesellschaftliche Ordnung ist. Allen, die hier in diesem Saal daran mitarbeiten und das sind Sie, die Sie Arbeitsplätze schaffen, möchte ich für diese Mitarbeit ein herzliches Dankeschön aussprechen. Auf gute, wenn auch manchmal kritische Zusammenarbeit Herr Hundt. Alles Gute. ????