Redner(in): Bernd Neumann
Datum: 05.03.2009

Untertitel: Im vergangenen Jahr hat die Bundesregierung den Medien- und Kommunikationsbericht 2008 vorgelegt. Jetzt hat der Bundestag über den Bericht beraten. Laut Kulturstaatsminister Bernd Neumann ist er "mehr als ein Wegweiser der Politik er ist ein einzigartiges, wissenschaftlich fundiertes Kompendium."
Anrede: Anrede,
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): http://www.bundesregierung.de/nn_914560/Content/DE/Rede/2009/03/2009-03-05-neumann-medienbericht-bundestag,layoutVariant=Druckansicht.html


seit dem Beginn der Digitalisierung in den 1990er Jahren befinden sich die Medien in einem geradezu revolutionären Veränderungsprozess. Die Mediennutzung ist für den Einzelnen und unser demokratisches Gemeinwesen von fundamentaler Bedeutung. Wir müssen deshalb über die tatsächliche Situation der Medien Bescheid wissen. Darum war es eine kluge Entscheidung des Deutschen Bundestages, die Bundesregierung dazu aufzufordern, einen Bericht über die Lage der Medien vorzulegen. Dieser Aufforderung sind wir gerne nachgekommen.

Ich füge hinzu, die Branche die dahinter steht, die Medien- und Kommunikationsbranche ist ein bedeutender Wirtschaftsfaktor, er ist perspektivischer, erfolgreicher und wichtiger, und ohne negative Schlagzeilen im Vergleich zur Automobilindustrie, über die wir ja dauernd reden und daher finde ich es angemessen das wir heute einmal über ein solches Thema reden. Mit dem Medien- und Kommunikationsbericht 2008 bringen wir zum Ausdruck Medien sind Wirtschafts- und Kulturgut zugleich. Der Bericht ist mehr als ein Wegweiser der Politik er ist ein einzigartiges, wissenschaftlich fundiertes Kompendium. Er nimmt eine medien- und ressortübergreifende Zusammenschau der gesamten technischen, wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Auswirkungen der Medienentwicklung vom Ende der 1990er Jahre bis heute vor, erklärt ihre Verbindungen und zeigt die aktuellen und künftigen medienpolitischen Instrumente der Bundesregierung auf. Dieser umfassende Ansatz unterscheidet ihn von allen früheren Medienberichten der Bundesregierung.

Erstmals ist ein Medienbericht zudem auf die in der Verfassung angelegten Grundprinzipien der Medien- und Kommunikationspolitik ausgerichtet, wie dem Schutz der Kommunikationsgrundrechte, die Förderung von Qualität der Angebote. Dazu gehört das bei einem immer unübersichtlicher werdenden Medienangebot, beim Angebot von Vielfalt die Medienanbieter selbst aber auch die Mediennutzer stärker in die Verantwortung genommen werden müssen.

Der Medien- und Kommunikationsbericht 2008 der Bundesregierung zeigt umfassend auf, wie die Digitalisierung Herstellung und Inhalte der Medienangebote, Wertschöpfungsketten, Unternehmensstrukturen und die Mediennutzung in den letzen Jahren gravierend verändert hat und aller Voraussicht nach in Zukunft weiter verändern wird. Am deutlichsten werden Wesen und Folgen der Digitalisierung am geradezu beispiellosen Siegeszug des Internets sichtbar.

Das Internet war vor nicht einmal zwanzig Jahren nur einem kleinen Kreis von Experten zugänglich und lediglich für wenige Anwendungen vorgesehen. Inzwischen ist es zu einer jedermann verfügbaren und quantitativ unerschöpflichen Informations- und Kommunikationsplattform geworden. Das Internet ist inzwischen aus dem Alltag der meisten Menschen nicht mehr wegzudenken. Wie tief es den Einzelnen und die Gesellschaft inzwischen beeinflusst, kann man mit Frank Schirrmacher auf jene Formel bringen, die er in der aktuellen Debatte über die Zukunft der Zeitung im Onlinezeitalter geprägt hat: "Zeitung und Internet sind konstitutiv für den, der ein aufgeklärtes Leben führen will." Am Beispiel des Internets lässt sich auch die praktisch bedeutsamste Folge der Digitalisierung demonstrieren.

Es ist die Konvergenz, das Zusammenwachsen von technischen Kommunikationsstrukturen, Medieninhalten, Endgeräten sowie aller Telekommunikations- und Medienbranchen. Die Grenzen der klassischen Medienbereiche Presse, Hörfunk und Fernsehen verlieren damit in weiten Bereichen ihre Bedeutung. Neue Kommunikations- und Angebotsformen entstehen, die das klassische "Sender-Empfänger-Schema" der analogen Welt überwinden. Der Nutzer wird erstmals in die Lage versetzt, selbst zum Programmgestalter und Programmanbieter zu werden und damit in Konkurrenz zu etablierten Medienunternehmen zu treten. Ebenso bilden sich bei jungen Nutzern mit den interaktiven Bildschirmspielen neue Leitmedien heraus. Sie verdrängen die überkommenen Leitmedien der Jugendlichen Tonträger, Film und Fernsehen aus dieser Rolle.

Auch die Nutzung von Zeitungen, Zeitschriften und Fernsehen nimmt insbesondere bei jungen Menschen zugunsten des Internets massiv ab. Wir befinden uns in einer Umbruchssituation, aber Internet und Konvergenz werden die klassischen Medienangebote nicht gänzlich verdrängen. Denn die klassischen Medien bedienen nach wie vor menschliche Grundbedürfnisse, die in ihrem Kern keinem Wandel unterliegen. Für Zeitungen, Zeitschriften und Bücher ist das der Wunsch nach Muße, Entschleunigung, fundierter Information und Raum für Phantasie. Für das Fernsehen ist es das Bedürfnis nach Unterhaltung und Information, die nicht vom Zuschauer selbst gesteuert werden müssen. Die Medienpolitik hat also mit den traditionellen Medien weiter zu rechnen. Deshalb muss sie dafür sorgen, dass auch diese Medien faire Entwicklungschancen haben und deshalb auch den online-Bereich, insbesondere was die Printmedien angeht, als zusätzliche Chance nützen können müssen. Das dies für den Rundfunk gilt ist selbstverständlich, aber wir brauchen uns um die Stärke des öffentlich rechtlichen Rundfunks keine Sorgen zu machen, er sorgt schon dafür, dass er auch im online-Bereich selbst gut vertreten ist.

Meine Damen und Herren,

die wachsende Zahl der Medienangebote und Kommunikationsmöglichkeiten verlangen den Menschen immer mehr Kenntnisse und Fertigkeiten ab. Dies gilt umso mehr, als der kompetente Umgang mit Technik und Inhalten von Medien und Kommunikationssystemen heute stärker als jemals zuvor Voraussetzung für die individuelle Orientierung, für gesellschaftliche Teilhabe und für beruflichen Erfolg ist. Damit wird die durchgreifende und nachhaltige Verbesserung der Medienkompetenz zu einem immer wichtigeren Thema der Medienpolitik. Sie ist zudem unabdingbar, um die in Fachkreisen viel diskutierte "digitale Spaltung" der Gesellschaft in eine Info-Elite einerseits und Modernisierungsverlierer andererseits zu vermeiden.

Die Bundesregierung hat deshalb eine Vielzahl innovativer und nachhaltiger Projekte aufgelegt, die von Printmedien bis zu Computerspielen sämtliche Medienbereiche umfassen und vielfach gemeinsam mit Partnern aus Wirtschaft und Bildungseinrichtungen durchgeführt werden. Als herausragende Beispiele zu nennen sind hier etwa die "Nationale Initiative Printmedien", das "Netz für Kinder", die Einrichtung von "Vision Kino" und das vom Bundestag initiierte Verfahren zur Benennung eines Computerspielpreises den wir erstmals Ende März diesen Jahres gemeinsam mit der Computerwirtschaft mit der Spielbranche verleihen. Ich finde ein wichtiges Signal im Hinblick auf Qualitätsanforderung für diesen Bereich.

Die Digitalisierung eröffnet einerseits enorme Chancen für die individuelle, gesellschaftliche und politische Kommunikation und Entwicklung, für die Bildung, für Wissenschaft und Wirtschaft. Andererseits ist aber auch nicht zu übersehen, dass die durch die Digitalisierung bedingten Veränderungen in allen genannten Lebensbereichen auch Risiken mit sich bringen. Ich denke da besonders an die neuen Formen jugendgefährdender Angebote, an Urheberrechtsverletzungen oder das Problem der Datensicherheit im Netz. Wenn das positive Potential der Digitalisierung für den Einzelnen und die Gesellschaft voll zur Entfaltung kommen soll, dann müssen wir diese Risiken auf ein Minimum reduzieren. Der vorliegende Medienbericht belegt mit einer Vielzahl konkreter Projekte, dass die Bundesregierung konsequent das Ziel verfolgt, die Chancen der Digitalisierung zu nutzen und Ihre Risiken soweit wie möglich zu begrenzen. Ich glaube das dies der richtige Wegweiser ist, um mit dieser Zukunftsindustrie auch weiterhin Erfolg zu haben.