Redner(in): Bernd Neumann
Datum: 16.03.2009
Untertitel: Kulturstaatsminister Bernd Neumann ging in seiner Rede anlässlich der Verleihungdes Deutsch-Italienischen Übersetzerpreises im Berliner Bode-Museum unter anderem auf die Besonderheit des Preises und die kulturelle Bedeutung des Übersetzens ein.
Anrede: Anrede,
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): http://www.bundesregierung.de/nn_914560/Content/DE/Rede/2009/03/2009-03-16-neumann-dt-ital-uebersetzerpreis,layoutVariant=Druckansicht.html
auf einer "Insel in Rom" fing alles an genauer gesagt: In einem Café auf einer Verkehrsinsel nahe der Deutschen Botschaft. Dort wurden Anfang 2005 zwischen dem Goethe-Institut Rom, der Deutschen Botschaft und meinem Haus erste Verabredungen zu dem Preis getroffen, den wir heute zum zweiten Mal verleihen. Angesichts der Fülle an deutschen Literatur- und auch Übersetzerpreisen war es durchaus erstaunlich, dass es ausgerechnet für den literarischen Transfer zwischen den beiden, über Jahrhunderte vielleicht am engsten verbundenen europäischen Kulturnationen noch keine Auszeichnung gab.
Unser Preis ist es wird sie nicht wundern, wenn ich das sage - etwas ganz besonderes. Und zwar vor allem wegen des Vergabemodus, denn er wird im jährlichen Wechsel an Übersetzerinnen und Übersetzer jeweils beider Sprachen verliehen. Auf diese Weise wird deutlich, dass Übersetzen im Idealfall ein Geben und Nehmen ist, ein Transfer in beide Richtungen und keine Einbahnstraße.
Dies erscheint mir umso wichtiger, als im kulturellen Austausch zwischen dem Norden und dem Süden, zwischen Deutschland und Italien, unser Land über weite Strecken wohl doch eher die inspirierte Seite war, Italien eher die inspirierende. Deutschland hat sich freilich, das sage ich nicht ohne gewissen Stolz, auf seine Weise revanchiert: Nirgendwo auf der ganzen Welt unterhalten wir so viele und so vielfältige kulturelle und wissenschaftliche Einrichtungen wie in Italien.
Einige davon, wie die Casa di Goethe, die Villa Massimo, das Deutsche Studienzentrum in Venedig und die Villa Romana in Florenz, werden von meinem Haus verantwortet. Ich habe sie mittlerweile alle besucht, und ich musste feststellen, dass sie hoch angesehene Botschafter deutscher Kultur in Italien sind und auch ein lebendiger Teil der Kultur vor Ort.
Auch die Übersetzer sind ja Kulturbotschafter und Kulturvermittler. Das macht den besonderen Reiz des Übersetzens aus. Über die kulturelle Bedeutung des Übersetzens ist Vieles und Kluges gesagt worden, auch und gerade von Schriftstellern. Es kann fast als Allgemeinplatz gelten, dass Übersetzungen die Grenzen einer Sprache erweitern, dass sie Weltliteratur möglich machen, indem sie die Gedankenwelt fremder Völker in die eigene Sprachwelt aufnehmen, dass sie Motoren eines kulturellen Austausches und eines kulturellen Dialoges auf Augenhöhe sind.
Auch wir Politiker sind auf Übersetzungen und Übersetzer angewiesen. Ohne sie wäre grenzüberschreitende Politik meist nicht möglich, und oftmals "machen" sie auch in einem positiven Sinne Politik, indem sie behutsam glätten, anpassen oder sagbar machen, was man in einer anderen Sprache "so" nicht sagen kann oder darf, ohne zu verärgern, verletzen oder schlicht nicht richtig verstanden zu werden. Nun ist das Übersetzen von Politikerreden doch noch etwas anderes als die Übersetzung von Romanen oder gar Gedichten. Es ist eine sensible, künstlerisch hoch anspruchsvolle Aufgabe. Die Förderung des Übersetzens als Kunst ist ein besonderes Anliegen der Bundesregierung, und zwar nicht nur mittels dieses einen, besonderen Preises, der der Kunst des Übersetzens zwischen zwei bedeutenden europäischen Kultursprachen verstärkte öffentliche Aufmerksamkeit einbringen soll.
Seit über zehn Jahren fördert der Bund den Deutschen Übersetzerfonds, der Arbeitsstipendien für literarische Übersetzungen fremdsprachiger Literatur ins Deutsche vergibt, nicht zuletzt für Übersetzungen aus dem Italienischen. Wir haben diese Förderung kontinuierlich ausgebaut und werden sie weiter ausbauen, weil sie ein adäquates kulturpolitisches Mittel sind, die Qualität der Übersetzungsarbeit langfristig auf eine breitere Basis zu stellen. Wir werden die Zuwendung für den Deutschen Übersetzerfonds schrittweise erhöhen, bereits in diesem Jahr um 50.000 Euro auf 350.000 Euro. Der Erfolg gibt uns Recht: Der Stipendiat und Übersetzer Eike Schönfeld hat auf der Leipziger Buchmesse den Preis für die beste Übersetzung aus dem Englischen erhalten und legt eine neue Ausgabe von Saul Bellow: "Humboldts Gedächtnis" vor.
Frau Dr. Albath, die Vorsitzende der deutschen Jury, wird gleich die Entscheidung der Jury begründen und Herr Wagenbach das heutige Ereignis aus der Sicht eines Verlegers würdigen. Er widmet sich seit Jahrzehnten mit großem Engagement der Vermittlung italienischer Literatur und Kultur in Deutschland. Deshalb nur noch einige Dankesworte:
Ich danke den Mitgliedern der Jury, dass sie ihre Kompetenz und ihre Sensibilität für unsere beiden Sprachen dem ambitionierten Projekt zur Verfügung gestellt und sich durch einen stattlichen Berg von Büchern gearbeitet haben; ich danke dem Auswärtigen Amt und dem Goethe-Institut für die gelungene Kooperation. Das Italienische Kulturministerium hat den Preis für das Lebenswerk übernommen eine sehr lobenswerte Geste!
Lassen Sie mich noch etwas zu diesem wunderbaren Ort sagen: Das Bode-Museum gehört zu den Staatlichen Museen zu Berlin, die ihrerseits Teil der vom Bund geförderten Stiftung Preußischer Kulturbesitz sind. Die Stiftung ist der größte und schönste Schatz der Kulturnation Deutschland, und das Bode-Museum bietet einen Rahmen, wie er angemessener nicht sein könnte. Das Blechbläserquintett des Rundfunksinfonieorchesters Berlin, das der Bund im Rahmen der "Rundfunk-Orchester und -Chöre GmbH Berlin" ( ROC ) fördert, erweitert den optischen Kunstgenuss durch einen akustischen.
Bedeutende Dichter und Schriftsteller sind bisweilen auch bedeutende Übersetzer. Einer von Ihnen, Goethe, war sich bewusst, dass jede Übersetzung unsere Sprache "gewaltig bewegt" und unsere eigene Sprache durch die fremde "erweitert und vertieft".
Ich gratuliere den heute ausgezeichneten Übersetzerinnen und Übersetzern herzlich und möchte ich Sie zugleich bitten: Wagen Sie das Abenteuer der Übersetzung und des Übersetzens auch weiterhin, und bereichern Sie mit Ihren Entdeckungen in den Landschaften der Literatur unsere eigene Sprache, unser Denken und unsere Wahrnehmung der Welt!