Redner(in): Gerhard Schröder
Datum: 25.07.2000

Anrede: Meine Damen und Herren,
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): http://archiv.bundesregierung.de/bpaexport/rede/42/14842/multi.htm


BPA-MITSCHRIFT - Redaktionelle Fassung

BK SCHRÖDER: es ist in den vergangenen Jahren international sehr viel von der "german disease", der deutschen Krankheit, die Rede gewesen. Davon redet keiner mehr, weil es der Bundesregierung gelungen ist, die Politik des Reformstaus, die zu dieser Bezeichnung geführt hat, innerhalb von zwei Jahren wirklich aufzulösen.

Ich will das Revue passieren lassen. Ich denke, wir haben die größte Steuerreform auf den Weg gebracht, die je in der Bundesrepublik auf den Weg gebracht worden ist. Bis zum Jahre 2005 werden wir den Unternehmen auf der einen Seite und den Bürgerinnen und Bürgern auf der anderen Seite 80 Milliarden DM Steuern zurückgeben, die sie sonst zu zahlen hätten.

Wir werden das, so denke ich, in einer zeitlichen Perspektive machen, die das Ziel, das Hans Eichel zum Inhalt seiner Politik gemacht hat, nämlich die öffentlichen Haushalte zu konsolidieren, nicht gefährdet.

Beides ist uns wichtig: Haushaltskonsolidierung auf der einen Seite und eine Steuerreform auf der anderen Seite, die die Nachfrage- wie die Angebotsseite im Auge hat, um nachhaltige Finanzpolitik zu machen. Ich glaube, beides ist mit dieser Steuerreform, die wir auf den Weg gebracht haben, teilweise realisiert worden.

Das Ziel ist Haushaltskonsolidierung und Entlastung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und der Unternehmen, die die Gewinne, die sie machen sollen, in Deutschland in Arbeit investieren. Das ist, wie gesagt, das Ziel, und es ist ein erfolgversprechendes Ziel.

Zweitens. Nicht zuletzt diese Politik hat dazu geführt, dass wir die Jugendarbeitslosigkeit in Deutschland wirklich zurückdrängen konnten. Wir werden es schaffen, jeder und jedem, der einen Ausbildungsplatz haben will, der ausbildungswillig und ausbildungsfähig ist, auch eine solche Chance zu eröffnen. Ich denke, das ist ein ganz wichtiges Thema, weil das auch mit Entwicklungen zusammenhängt, die wir unbedingt zurückdrängen müssen, und zwar in einer Mischung von Verschaffung von Chancen und Härte des Staates.

Ich rede über bedauerliche Vorkommnisse rechtsradikaler Umtriebe in Deutschland. Ich stimme denen zu, die sagen: Chancen verschaffen ist die eine Seite, aber mit Sozialarbeit alleine ist das nicht zu lösen. Diejenigen, die für die innere Sicherheit zuständig sind - also die Länder - , sind aufgefordert, mit aller Deutlichkeit auch wegen des Friedens im Innern, aber auch wegen des internationalen Ansehens Deutschlands mit aller Deutlichkeit Polizei und Justiz einzusetzen.

Darüber hinaus haben wir Erfolge erzielt, was die Modernisierung und die Umstrukturierung unserer Wirtschaft angeht. Die Initiative D-21 sollte nicht unterschätzt werden. Das ist der glückende Versuch - wir sind wirklich auf einem guten Weg - , Deutschland für die Wissensgesellschaft fit zu machen, den Herausforderungen der Informations- und Kommunikationstechnologien wirklich zu begegnen und dies in einer Gemeinschaft zwischen Politik auf der einen Seite und Wirtschaft auf der anderen Seite. Man nennt das wohl "public private partnership". Es ist gut so, dass das in Deutschland gelingt.

Meine Damen und Herren, wir haben etwas auf den Weg gebracht, das im Grunde 10 Jahre zu spät kommt. Das ist die Reform der Streitkräfte. Aber das lag nicht an uns. Wir werden hier Möglichkeiten der Mobilisierung von Finanzmitteln einfach durch effektivere Arbeit, aber auch durch Einbeziehung von Privaten hinbekommen. Ich denke, das ist auf einem guten Weg.

Meine Damen und Herren, wir haben ein Thema abgeschlossen, das nicht nur für mich, sondern für uns alle eine wirklich moralische Dimension hatte und vor dem andere sich immer gedrückt haben. Das ist die Entschädigung der Zwangsarbeiter.

Wir haben - auch das ist gelegentlich schon wieder in Vergessenheit geraten - eine industriepolitische Leistung hinbekommen, nämlich im Konsens mit den Energieversorgern einen zeitlich gestreckten Ausstieg aus der Atomenergie zu beschließen, weil nur das wirtschaftlich verträglich ist. Wir haben das im Konsens hinbekommen, und wir werden das auch im Konsens in die Gesetzgebung umsetzen.

Ich glaube, meine Damen und Herren, man sollte auch nicht unterschätzen, dass durch die Diskussion um das Thema, das man technisch falsch "Green-Card-Initiative" genannt hat, ein völlig verändertes Klima in Deutschland entstanden ist, was die Frage der Zuwanderung und des Umgangs mit diesem Problem angeht.

Ich glaube, es ist eine der wirklich zentralen Leistungen der Bundesregierung, dass sie es für die Zukunft unmöglich gemacht hat - davon gehe ich jedenfalls aus - , dass mit diesem Thema in Deutschland Wahlen geführt und Wahlen entschieden werden, weil man es fremdenfeindlich behandelt. Ich sage es, wie ich es meine: Ich freue mich darüber, dass der konservative Teil unserer Gesellschaft beginnt, ein rationales Verhältnis zu dieser Frage zu entwickeln und dass damit das Führen von Wahlkämpfen über diese Frage meiner Meinung nach jedenfalls nicht mehr möglich ist. Vernünftig war es nie, und gefährlich war es immer. Aber nach den Erklärungen aller ist es nicht mehr möglich, wie ich jedenfalls glaube.

Wir haben gleichzeitig die Zukunftsinvestitionen in Bildung und Forschung um 780 Millionen DM allein im Haushalt 2001 erhöht. Ich glaube, dass die Besuche und die Gegenbesuche in der Außenpolitik gezeigt haben, dass wir Deutschlands Rolle in der Welt neu definiert haben: selbstbewusst, aber ohne jegliche Überheblichkeit. Ich denke, wir haben ein Verhältnis zu Russland gefunden, das wirklich unseren Interessen entspricht, das aber auf der anderen Seite auch unserer Einbindung in das westliche Bündnis in vollem Umfang Rechnung trägt.

Wir sind dabei, diejenigen Kräfte zu ermuntern, die in anderen Regionen der Welt - ich nenne beispielsweise den Iran - einen Weg beschritten haben, der zu mehr Demokratie und zu mehr Möglichkeiten für die Freiheit der Menschen führt. Ich glaube, die Besuche, die ansonsten hier in Berlin in den letzten zwei Monaten stattgefunden haben, zeigen, dass wir, was die Außenpolitik angeht, auf einem guten Weg sind.

Das betrifft auch die Europa-Politik. Die deutsch-französische Achse, gelegentlich als stotternder Motor kritisiert, brummt ganz schön und ganz regelmäßig. Ich glaube, sie entwickelt eine Dynamik, die dazu führen wird, dass Deutschland, was die Finalität Europas, also die langfristige Perspektive, angeht, sowohl dabei ist, seine Interessen einzubringen und zu vertreten, als auch, was die kurzfristigen Entscheidungen angeht, die in Nizza getroffen werden müssen, deutlich zu machen, dass wir einen Erfolg der französischen Präsidentschaft wollen. Das heißt, wir wollen in bestimmten Fragen, die mit den Amsterdamer und Luxemburger Fragen zusammenhängen, nach vorne kommen. Wir sind dabei, uns mit den Franzosen zusammen um die Frage zu kümmern, unter welchen Bedingungen Erweiterung funktioniert. Ich schätze, wir werden darüber zu reden haben.

Das, was wir gelegentlich kritisiert sehen, ist etwas, was ich kritisiert nicht richtig verstanden habe. Wir haben die Kritik gehört, der Parlamentarismus sei dadurch bedroht, dass man gesellschaftliche Gruppen in die politischen Entscheidungen einbezieht. Ich finde, das ist eine falsche Kritik, die aus allen möglichen Gruppierungen kommt. Je mehr Menschen an den politischen Entscheidungen in Deutschland teil haben können, desto besser ist es um diese Entscheidungen bestellt, und desto mehr Legitimation verschafft sich Politik.

Eine Strategie also, die sich um die Einbindung möglichst vieler gesellschaftlicher Gruppen bemüht, ist keine Strategie, die den Parlamentarismus in Frage stellt, sondern die ihm zusätzliche Legitimation verschaffen wird und im Übrigen verschaffen soll. Insofern kann man das, was man gelegentlich als "Konsensdemokratie" kritisiert, auch genau andersherum sehen, nämlich als den Versuch, Misstrauen gegenüber Politik von oben aufzulösen und zu beweisen, dass in modernen, hochkomplizierten Gesellschaften Dialogfähigkeit eine der wirklichen Voraussetzungen für erfolgreiche Politik ist. Ich habe diese gelegentlich geäußerte Kritik aus dem parlamentarischen Raum deshalb nie verstanden. Da scheinen mir noch obrigkeitsstaatliche Vorstellungen von Politik zu herrschen, die jedenfalls nicht meine sind.

Was das Verhältnis zu den Oppositionsparteien angeht, haben wir nie den Versuch gemacht, die unterschiedlichen Rollen zu verwischen. Aber es gibt aus guten Gründen Fragen, die man immer versucht hat, in einem überparteilichen Konsens zu klären. Die Frage der Rente ist immer eine solche gewesen. Deshalb ist es nicht der Versuch gewesen, irgendjemanden in die Ecke zu drängen, wenn wir ein Angebot machen. Wir haben ein sehr weit reichendes Angebot gemacht. Ich will zu diesem Thema vielleicht ein paar konkrete Bemerkungen machen, weil es eines ist, das die nächsten Monate bestimmen wird.

Die Opposition, insbesondere die Union, ist aufgefordert und bleibt aufgefordert, sich zu beteiligen. Wir haben einen Vorschlag gemacht, der auch sehr stark auf die Erwartungen, die in dem Bereich vorherrschen, eingegangen ist. Die zentrale Frage der Rentenreform sind nicht die Details, die jetzt vorgeschoben werden, weil man nicht will oder nicht darf. Die zentrale Frage ist: Schaffen wir es, die umlagefinanzierte Rente, die wir erhalten wollen, weil sie vernünftig ist, ab 2010, 2011 durch ein dann aufgebautes und erfolgreiches Kapitaldeckungsprinzip zu ergänzen? - Das ist die zentrale Frage.

Wollen wir in Zukunft die Rente allein auf Umlagefinanzierung stützen und dann Beitragsgrößen in Kauf nehmen, die die Jungen nicht bezahlen wollen und im Übrigen nicht bezahlen können? Oder wollen wir gleichsam neben der Umlagefinanzierung eine zweite Säule aufbauen, und diese heißt eben Kapitaldeckung? Will man dies, oder will man das nicht? - An dieser Frage entscheidet sich die grundlegende Einstellung zur Rentenreform. Diese Frage muss beantwortet werden.

Wir haben gesagt: Wir wollen das. Und dabei bleibt es. Wir wollen das, weil wir es müssen, weil sonst die Rente für die Jungen nicht bezahlbar bleibt und auch in Zukunft für die Älteren nicht sicher gemacht werden kann.

Wenn man das will, muss man wissen, was für ein Finanzvolumen zur Verfügung steht. Das ist ein Finanzvolumen zusätzlich zu dem, was wir bei der Steuerreform zurückgegeben haben. Wir haben der Opposition gesagt: Unter Aufbietung aller Kräfte können wir es hinbekommen, bis 2008 19,6 Milliarden DM zu mobilisieren, um es denjenigen, die geringe oder mittlere Verdienste haben, über ein Zulagensystem oder ein Steuerpräferenzsystem zu ermöglichen, etwas aufzubauen. Wir können und werden das auch kinderfreundlich ausgestalten. Die Opposition ist aufgefordert, dies mitzumachen. Es entspricht ihren eigenen politischen Vorstellungen, die vielfach festgeschrieben worden sind.

Nun höre ich heute aus der Union, aus der CSU, da müsse noch einmal Geld draufgelegt werden. Der bayerische Ministerpräsident hat von zusätzlichen 6 Milliarden DM gesprochen. Da wird die Frage gestellt werden müssen, ob die CDU-Länderregregierungen z. B. in Sachsen, in Thüringen, im Saarland zusätzlich zu den Lasten, die sie bei der Steuerreform tragen wollten, noch weitere tragen können. Ich glaube, alle diejenigen machen erneut einen Fehler, die glauben, man könnte bei den Leistungen immer draufsatteln, die Beiträge aber klein halten und den Staat verpflichten, über die 150 Milliarden DM, die wir sowieso schon in die Rentenkasse zahlen, noch draufzuzahlen, ohne dass das Auswirkungen auf die Länderhaushalte und den Solidarpakt 2 hat.

Die Forderungen, die die Opposition in dieser Frage stellt, kann ich so lange ernst nehmen, wie jemand von der Opposition - wer auch immer - mir sagt: Ich habe mit Sachsen, Thüringen und dem Saarland gesprochen - nicht mit Hessen, Baden-Württemberg und Bayern - , also mit denen, die nicht so viel Geld in der Kasse haben, und sie sind bereit, das mit zu finanzieren.

Man muss ja wissen: Jede Forderung, die der bayerische Ministerpräsident zusätzlich erhebt, ist von der Bundesregierung dann und nur dann ernst zu nehmen, wenn er gleichzeitig sagt: Ich liefere eine Bundesratsmehrheit mit. - Diese bekommt er aber nur, wenn auch die finanzschwachen CDU-regierten Länder sagen: Wir können das zusätzlich schultern.

Können sie das, ist die Bundesregierung verhandlungsbereit. Können sie das nicht, erweisen sich diese zusätzlichen Leistungsanforderungen als ein Versuch, sich aus der Verantwortung zu stehlen. Ich habe den Eindruck, dass der eine oder andere das sowohl bei den finanzschwächeren CDU-regierten Ländern als auch in der CDU erkannt hat. Meine Bitte ist, nicht zu wiederholen, was gewesen ist. Das ist meine Bitte, weil es nicht funktionieren kann, wenn man Forderungen nach mehr Leistungen erhebt, ohne zu sagen, wie man eine solche Forderung bundesratsmehrheitsfähig machen will. Es geht hier um Steuern.

Ich denke, dass wir gleichwohl darauf bauen sollten, dass wir eine Chance haben, im Herbst auf der Basis eines Entwurfs, den der Bundesarbeitsminister vorlegen wird, zu einer vernünftigen Regelung zu kommen. Ich habe mich nie Kompromissen verschlossen. Das ist gelegentlich kritisiert worden. Aber es müssen machbare Kompromisse sein. Sie dürfen die finanzschwachen Länder, an die ich zu denken habe - unabhängig von der Frage, wie sie parteipolitisch geführt werden - , auch nicht überfordern. Wenn sie nicht machbar sind, sind das keine seriösen Forderungen, die aufgestellt werden. Das vielleicht zu dem, was wir vor uns haben. Ansonsten freue ich mich auf Ihre Fragen.

FRAGE: Herr Bundeskanzler, Herr Stoiber hat gestern die aktuellen Kosten für die Bundesbürger in Sachen Ökosteuer vorgerechnet. Er sagt, es gehe in der Gesamtbilanz um eine Höhe von 128 Milliarden DM. Können Sie das bestätigen?

BK SCHRÖDER: Ich pflege mich mit den Rechnungen von Herrn Stoiber nicht auseinander zu setzen. Sie stimmen auch nicht.

FRAGE: Herr Bundeskanzler, die CDU hat gestern gesagt, sie warte auf ein Signal in Sachen Rente, dass man zu einem Kompromiss kommen kann. Nun haben Sie immer gesagt, die 20 Milliarden DM, die Herr Eichel vor kurzem auf den Tisch gelegt hat, seien das Volumen, in dem wir uns bewegen müssten. Ist es denn so, dass die Union von Ihnen unbedingt einen Brief haben will, in dem z. B. gesagt wird, die Kinderkomponente von 30 DM könnte eine Rolle spielen, oder wir können auch über Inflationsausgleich oder Nettolohnausgleich nächstes Jahr noch einmal sprechen? Das alles ist möglich. Welchen Weg wollen Sie gehen, damit es zu einem Konsens kommt?

BK SCHRÖDER: Ich habe viele Briefe geschrieben. Wenn ich das richtig sehe, waren es zwei. Diese waren sehr präzise. Ich bin dort auf Forderungen eingegangen, die gestellt worden sind. Ich habe in meiner Antwort deutlich gemacht, dass wir bereit sind, im Rahmen des Finanzvolumens natürlich über die Familienkomponente zu reden. Das müssen aber die Fachleute tun. Das macht man doch nicht in Briefen. Da geht man in anständige Verhandlungen und redet darüber.

Das Verlangen nach Briefen ist Ausrede, weil die eine Seite nicht will und die andere Seite nicht weiß, was sie wollen darf. Das ist doch das Problem, das wir in der Opposition haben. Also ist mein Appell: Lasst euch auf das ein, was gesagt worden ist. Wir haben das Finanzvolumen genannt. Zusätzliche 19,6 Milliarden DM bis 2008 sind nicht von Pappe. Wir haben gesagt, wir sind natürlich bereit, über Kinderkomponente bei beidem zu reden: bei dem Zulagensystem wie bei dem Präferenzsystem. Aber das müssen doch die Fachleute tun. Das muss man doch nicht in Briefen machen, sonst brauchte es doch diese ganze Rentenkommission überhaupt nicht, zu der die Union am Anfang Ja gesagt hat. Darüber soll also geredet werden.

Wenn sie das Finanzvolumen ausweiten wollen, dann will ich wissen, ob deren Länder das tragen wollen und tragen können. Sonst macht es doch keinen Sinn, immer neue Leistungsanforderungen zu formulieren, aber nicht mitzuliefern, ob die eigenen finanzschwächeren Länder objektiv dazu in der Lage sind, solche geforderten Leistungen auch mit zu bezahlen. Beim Präferenzsystem sind sie immer mit 42,5 % dabei. Das muss man wissen. Offenkundig wird es immer verdrängt. Das darf man aber nicht verdrängen, wenn man seriös verhandeln will.

Deswegen meine Aufforderung: Der Rahmen ist deutlich geworden. Wer wirklich ernsthaft einen Kompromiss will, muss entweder in dem Rahmen seine Forderungen realisieren - wir sind da sehr verhandlungsbereit - , oder er muss sagen, wie er zusätzliches Geld im Bundesrat durchsetzen will. Sonst macht es doch keinen Sinn.

FRAGE: Herr Bundeskanzler, treffen Meldungen zu, nach denen Sie der Opposition noch nicht einmal das Thema "Ladenschluss" lassen wollen, sondern dass auch wochentags eine Erweiterung bis 22 Uhr geplant ist, während der Sonntag frei bleiben soll?

BK SCHRÖDER: Ich kenne diese Meldungen auch. Ich bin mit dem Thema nicht befasst. Im Übrigen werden bei mir Themen auch nicht unter dem Aspekt, den Sie genannt haben, behandelt, sondern rein nach sachlichen Erwägungen.

FRAGE: Herr Bundeskanzler, der Teil "Ausblick" fiel im Vergleich zum Teil "Bilanz" ein bisschen kurz aus. Es ging ausschließlich um die Rente, und die Rente wird im weiteren Sinne bis Ende des Jahres so oder so gelöst sein. Was haben Sie denn in den nächsten zwei Jahren vor, wenn die Rente gemacht ist? Was kommt noch an großen Reformen?

BK SCHRÖDER: Ich denke, wir haben mit der Rente eine Menge zu tun. Das ist eine große Reform, die noch nicht unter Dach und Fach ist. Wir müssen sie durch den Bundesrat bringen. Wir wollen das in diesem Jahr noch schaffen. Ich glaube, es gibt auch gute Chancen dafür, weil es die Notwendigkeit gibt, in diesem Bereich voranzukommen. Wir haben das Gesetz zu den Lebenspartnerschaften auf den Weg gebracht. Ich denke, es wird inzwischen in einer angemessenen Form behandelt. Ich sage das durchaus auch aus Respekt vor der Behandlung durch die Opposition. Auch da gibt es inzwischen Leute, die sagen - vielleicht nicht direkt, aber die generelle Linie ist so - , dass man Diskriminierung aufheben muss - und dies stimmt in der Tat - , und dass dies ein nicht unwichtiges gesellschaftspolitisches Reformwerk ist, das auf den Weg gebracht worden ist.

Ich denke, wir werden dann sowohl mit europapolitischen Fragen - denken Sie an das, was wir uns in Nizza miteinander vorgenommen haben - als auch mit der Frage zu tun haben, Deutschland für die Herausforderungen der Wissensgesellschaft fit zu machen. Man sollte auch nicht übersehen, dass es nicht ganz einfach sein wird, die unterschiedlichen Ansätze bei der wirtschaftlichen Nutzung der grünen wie der übrigen Gentechnologie unter einen Hut zu bringen. Das ist ein Thema, mit dem ich mich bereits selbst sehr auseinander setze und auseinander setzen muss, weil es nicht einmal in der Koalition, sondern in der Gesellschaft ein außerordentlich kontroverses Thema ist.

Wenn Sie in Ihrer eigenen Zeitung nachlesen, was Herr Gadamer z. B. zu der Frage geschrieben hat - Sie müssen nicht den Kopf schütteln, ich muss es ja ( lesen ) - , und was auf der anderen Seite ein Mann wie Wieacker zu der Frage sagt, dann wissen Sie, was das für eine Spannbreite ist, die Sie im Übrigen auch in der Gesellschaft wieder treffen. Wir müssen im internationalen wie im nationalen Maßstab z. B. in dieser Frage eine grundsätzliche Positionsbestimmung der Bundesregierung machen. Ich habe nicht vor, mich aus der Debatte herauszuhalten.

Wir müssen im Übrigen die unglaublich schwierige Frage der Patentierung der Entschlüsselung der Chromosomenketten regeln. Das sind also unglaublich wichtige Aufgaben in diesem wie in dem anderen Bereich, die schon dazu führen werden, dass wir uns über Arbeit, auch über die Lösung von Kontroversen, nicht werden beschweren können.

ZUSATZFRAGE: Zählt ein Einwanderungsgesetz auch zu dem, was Sie vorhaben?

BK SCHRÖDER: Wir haben diese Kommission eingesetzt. Ich finde, sie soll Arbeitsergebnisse vorlegen, und zwar ganz nach dem Muster der Bundeswehrkommission. So wenig wie wir dort gesagt haben, wir schieben das auf die lange Bank, werden wir das mit den Arbeitsergebnissen der Süssmuth-Kommission auch tun. Wir werden unmittelbar nach Vorlage dessen, was sie vorschlagen, natürlich tätig werden. Wir können doch nicht sagen: Wir haben eine hochrangige Kommission eingesetzt, die im Sommer nächsten Jahres - so sind wohl die bisherigen Planungen - Arbeitsergebnisse vorlegen wird. Dann sagen wir: Wir wissen aber noch nicht so richtig, ob sie uns passen. Dann verschieben wir die Umsetzung der Arbeitsergebnisse einmal auf das Jahr 2002 oder 2003. Das ist nicht die Art des Umgangs, den wir mit Reformdruck pflegen. Sondern unmittelbar nach Vorlage des Berichts wird an die Umsetzung der Entscheidungen gegangen - eine Bewertung der Bundesregierung natürlich vorausgesetzt und vorausgeschickt. Ob das dann in Form eines Gesetzes oder in anderen rechtlichen Formen - z. B. Verordnungen - geschieht, ist eine praktische und pragmatisch anzugehende Frage. Ich brauche Vorstellungen, Regelungen. Wie diese dann rechtlich umgesetzt werden, wird die Kommission mitliefern, wenn es gut geht. Aber ansonsten ist das Pragmatismus. Manchmal ist es sinnvoll, ein Gesetz zu machen. Manchmal ist es sinnvoll, mit Verordnungen zu reagieren, weil das schnellere Reaktionen erlaubt, wie man weiß.

Ich würde es offen lassen, ob man ein Gesetz braucht. Wir sollten keine Instrumenten-Debatte führen - die Kommission wird das hoffentlich auch nicht machen - , sondern eine inhaltliche Diskussion. Dann werden die Ergebnisse umgesetzt.

FRAGE: Herr Bundeskanzler, wie sehen Sie in Zukunft Ihr Verhältnis zur PDS? Sind Sie über die Rente hinaus verstärkt kooperationsbereit?

BK SCHRÖDER: Ich habe mit dem stellvertretenden Ministerpräsidenten von Mecklenburg-Vorpommern geredet - ich fand das übrigens gar nicht so sensationell - , wie ich mit anderen Regierungsmitgliedern im Zuge der Durchsetzung der Steuerreform auch geredet habe. Ich habe immer gesagt: Ich bin nicht an Ausgrenzung interessiert, weil das immer den Verdacht bei den Wählern heraufbeschwört, sie sollten mit ausgegrenzt werden. Ich habe gelegentlich mit Herrn Gysi geredet und auf dem Fest des Vorwärts auch mit Herrn Bisky, der mir jetzt sogar Bücher für meinen Urlaub mitgegeben hat. Er hat auch nicht versäumt, gleich zu veröffentlichen, dass er das getan hat. Das ist doch eine nette Geste.

Aber darüber hinaus arbeiten wir mit Landesregierungen, an denen sie beteiligt sind, in dem Maße, in dem das nötig ist, zusammen. Im Übrigen gibt es keinen Grund, an der Linie, die wir genannt haben - das sind in der Auseinandersetzung politische Gegner, mit denen wir achtbar und ohne Ausgrenzungsmentalität umgehen, aber sie bleiben politische Gegner - , etwas zu ändern. Das werden wir auch nicht tun.

FRAGE: Herr Bundeskanzler, noch einmal kurz zurück zur Rente: Sie haben ja nicht nur mit der Kritik aus der Opposition zu tun, sondern auch mit mindestens ebenso massiven Einwänden der Gewerkschaften. Wie wollen Sie diese Einwände in den nächsten Monaten überwinden? Nehmen Sie gelegentliche Ankündigungen ernst, Ihnen stünde, wenn Sie die Forderungen der Gewerkschaften nicht erfüllen, ein heißer Herbst bevor?

BK SCHRÖDER: Es wäre ja nicht so schlimm, wenn es ein bisschen wärmer würde als in den letzten Sommermonaten. Die Frage habe ich aber jetzt rein klimatisch beantwortet. Natürlich nehme ich Kritik aus den Gewerkschaften besonders ernst. Das kann doch gar keine Frage sein. Das sind diejenigen, mit denen uns unheimlich viel verbindet. Trotzdem muss ich darauf bestehen, dass bestimmte Fragen geklärt werden müssen, und zwar so, wie ich es gesagt habe.

Die zentrale Frage ist: Wollen wir neben der Umlagefinanzierung Kapitaldeckung aufbauen? - Mit jedem, der das nicht oder nicht vernünftig will, kann ich in der Frage nicht vernünftig arbeiten. Ich kann diskutieren, aber er kann nicht dieses wichtige Vorhaben relativieren wollen. Im Übrigen setze ich in der Diskussion darauf, was ich gelesen habe, nämlich dass die Gewerkschaften in ihrem eigenen Bereich gelegentlich weiter sind als die Debatten, die sie führen. Ich habe mit großem Interesse zur Kenntnis genommen, was offenbar im DGB an steuerunterstützten Möglichkeiten Gang und Gäbe ist, neu Kapitaldeckung aufzubauen und welche Tarifverträge auch von der IG-Metall abgeschlossen worden sind. Das scheinen mir Ansätze zu sein, wo man sagen kann: Kommt liebe Leute, lasst uns mal an einen Tisch setzen, die ganze aufgeregte öffentliche Streiterei vergessen, gucken, was ihr selber macht, wo ihr selber Verantwortung habt, und dann entscheiden wir, was für die Gesamtgesellschaft vernünftig ist. Ich rechne letztlich mit Vernunft und glaube nicht, dass sich in dieser Frage Gewerkschaften und SPD wirklich fundamental in einen Gegensatz bringen. Es wird dann über Details zu streiten sein.

Man muss ja auch Folgendes wissen: Wenn man Kapitaldeckung aufbauen will, um in Zukunft ein höheres Rentenniveau zu erhalten als das, was man bei der umlagefinanzierten Rente allein würde erhalten können, dann darf das eben nicht nur 2,5 % heißen, sondern dann muss es schon 4 % heißen. Im Übrigen muss das bis 2008 in Stufen aufgebaut sein, wie man weiß, wenn man sich mit den Riesterschen Vorstellungen beschäftigt. Ich sehe also keine Fundamentalopposition aus dem Bereich.

FRAGE: Herr Bundeskanzler, Sie hatten im Wahlkampf gesagt, Sie wollten sich an den Erfolgen am Arbeitsmarkt messen lassen. Nun hat sich die Arbeitslosigkeit verringert, aber bei weitem nicht so stark, wie das eigentlich wünschenswert wäre und wahrscheinlich auch von Ihnen angestrebt wird. Was sehen Sie als Ziel an, was Sie bis 2002 noch erreichen können? Müssen Sie nicht bei der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit noch einmal den Turbo anschalten? Bei den Lohnnebenkosten liegen Sie ja weiterhin über 40 % .

BK SCHRÖDER: Man muss sich auch einmal langsam entscheiden, was man in dieser Gesellschaft will. Als wir gesagt haben, wir nehmen das Aufkommen aus der Ökosteuer und geben das voll in die Rente, weil die Rentenbeiträge stabil bleiben, besser sinken sollen, was ja auch geschafft worden ist, sind wir kritisiert worden, weil wir das gemacht haben. Die Rentenbeiträge sind aber Lohnnebenkosten. Dann kommt die andere Seite und sagt: Na ja, ob das 23 % oder ein paar mehr Prozentpunkte Beitrag sind, ist ja nicht so entscheidend.

Für mich ist das schon entscheidend. Ich denke, mit den Maßnahmen, die wir ergriffen haben, haben wir Etliches in Richtung Senkung der Lohnnebenkosten getan. Bei der gelegentlich geäußerten Kritik in meiner eigenen Partei und von den Gewerkschaften muss ich daran erinnern. Die zentrale Antwort auf die Frage eines jeden Handwerksmeisters im Wahlkampf war: Wir senken die Lohnnebenkosten.

Jetzt haben wir es gemacht, nachhaltig gemacht und werden es weiter nachhaltig machen. Und es ist wieder nicht richtig. Man muss bei seiner Linie bleiben, und wir bleiben bei dieser Linie.

Was die Frage der Senkung der Arbeitslosigkeit angeht, muss ich Folgendes sagen: Auch da waren wir bei weit über 4 Millionen, als wir begannen. Ich habe damals gesagt: Wir wollen uns an der Senkung der Arbeitslosigkeit messen lassen. - Ich glaube, wir können es schaffen, bis zum Ende der Legislaturperiode auf unter 3,5 Millionen zu kommen. Wenn ich es richtig im Kopf habe, haben wir deutlich über 4,5 Millionen Arbeitslose gehabt, als wir begonnen haben. Aber Sie haben ja ein Archiv.

Das ist doch etwas. Von daher denke ich, dass dieser Maßstab weiter gilt, nach meiner Einschätzung weiter gelten soll. Selbst wenn ich im Übrigen versuchte, mich aus diesem Maßstab herauszuwinden, wozu bei der Entwicklung kein Anlass besteht, würde mir das nicht gelingen. Sie würden daran festhalten, und zwar völlig zu Recht. Also werden wir in der nächsten Wahlauseinandersetzung - das habe ich grafisch vor mir - ein Plakat machen. Darauf wird es zwei Kurven geben, und beide werden die Arbeitslosigkeit betreffen. Die eine Kurve ist schwarz, und die andere ist rot. Den Kurvenverlauf können Sie sich vorstellen. Das wird ganz klar die zentrale Aussage im Wahlkampf sein.

FRAGE: Herr Bundeskanzler, wenn Sie schon nicht mit Herrn Stoiber rechnen wollen, dann vielleicht mit dem Wähler.

BK SCHRÖDER: Mit dem rechne ich immer.

ZUSATZFRAGE: Was sagen Sie dem Bürger, der lernen muss, dass ein Teil der Öko-Milliarden zur Haushaltskonsolidierung nicht zur Absenkung der Lohnnebenkosten verwendet wird?

BK SCHRÖDER: Entschuldigung, ich weiß gar nicht, was Sie erzählen. Die Gelder aus der Ökosteuer gehen in die Rentenkasse. Deswegen verstehe ich diese Argumentation überhaupt nicht. Ich habe sie auch gelegentlich gelesen. Selbst wenn jemand über erhöhtes Aufkommen aus der Mehrwertsteuer reden würde - es könnte ja sein, so präzise muss man dann schon sein, auch wenn man fragt - , dann müsste er zugleich darüber reden, was er mit dem eigenen Aufkommen macht. Denn die eine oder andere Seite hat durchaus etwas davon. Was spricht denn gegen Haushaltskonsolidierung? Wer von denen, die das kritisieren, hat denn auf einmal etwas gegen Haushaltskonsolidierung? Oder wer will etwas dagegen haben?

Selbst wenn es also so wäre, dass das Aufkommen aus der Mehrwertsteuer, das zusätzlich entsteht - ich kenne gar nicht genau die Größenordnung, niemand kennt sei genau - , zur Haushaltskonsolidierung benutzt würde, haben wir gar keinen Grund, uns defensiv zu verhalten. Ich habe doch versucht deutlich zu machen, dass das, was Hans Eichel immer mit den beiden Leitplanken seiner Finanzpolitik erklärt, Haushaltskonsolidierung auf der einen Seite und Steuerpolitik auf der anderen Seite heißt.

Das muss doch in ein vernünftiges Verhältnis gebracht werden. Was soll ich eigentlich vom ökonomischen Sachverstand dieser Damen oder Herren halten, die sagen: Jetzt müsst ihr nur noch auf die Steuerseite gucken. Haushaltskonsolidierung interessiert uns überhaupt nicht mehr. Davon ist doch gar nichts zu halten, meine Damen und Herren, weil wir z. B. nicht nur aus ökonomischen Gründen im nationalen, sondern auch internationalen Maßstab gezwungen sind, mit der Haushaltskonsolidierung weiter zu machen.

Es sind doch dieselben Leute, die auch aus den Wirtschaftsverbänden schreien - Herr Henkel und solche Leute - , die immer gepredigt haben: Haushaltskonsolidierung muss unbedingt sein. - Jetzt tun wir es, und jetzt ist es wieder nicht in Ordnung. Was wir mit der Steuerreform gemacht haben, ist, einerseits eine sorgsam austarierte, gleichermaßen nachfrage- und angebotsorientierte Steuerpolitik zu machen, ohne das Konsolidierungsziel aufzugeben. Beides muss doch in ein vernünftiges Verhältnis gebracht werden. Wo ist denn da - entschuldigen Sie, wenn ich mich echauffiere - die Berechtigung der Kritik? Es gibt sie nicht. Es sei denn, man will die Worte, die man selber gesagt hat, und die Forderungen, die man selber zur Haushaltskonsolidierung hat,"aufessen", und zwar nur, um einen Vorteil in der Argumentation zu erlangen. Aber die Argumentation muss doch stimmen, und sie muss auch durchhaltbar sein. Sie ist nur durchhaltbar, wenn man beide Seiten sieht.

FRAGE: Herr Bundeskanzler, ich habe folgende Frage: Das Oberste Gericht von Athen hat für die Holocaust-Opfer entschieden. Sie haben Gelegenheit gehabt, Herrn Simitis anzurufen. Was war Inhalt des Telefongesprächs? Wie lange wollen Sie diesen Präzedenzfall der Holocaust-Opfer aus dem griechischen Raum verdrängen?

BK SCHRÖDER: Erstens pflege ich Telefongespräche, die ich mit meinen Kollegen führe, nicht zu erläutern. Das werden Sie auch verstehen. Zweitens geht es dort nicht um diese Frage, die Sie genannt haben, sondern um eine andere. Drittens halte ich das Urteil, das dort gefällt worden ist, sowie die Maßnahmen, die auf der Basis dieses Urteils ergriffen worden sind, schlicht für völkerrechtswidrig.

ZURUF: Die Menschenrechte werden bei Ihnen nicht hoch geschrieben. Menschenrechte brechen nationale Rechte.

BK SCHRÖDER: Nein, das Völkerrecht ist auch von Gerichten im nationalen Maßstab zu beachten. Das ist so.

FRAGE: Herr Bundeskanzler, haben Sie zur Halbzeit der Legislaturperiode den Eindruck, dass das Verhältnis zwischen Sozialdemokratie und den Liberalen jenseits der taktischen Debatten in der FDP enger geworden ist?

BK SCHRÖDER: "Enger" würde ich nicht sagen, aber ich glaube,"rationaler" ist der richtige Ausdruck. Ich denke, dass das auch damit zu tun hat, dass es die Führung der FDP im unterschiedlichen Tempo, was die einzelnen Mitglieder der Führung angeht, gerne sieht, wenn die einseitige Beziehung zur Union aufgebrochen wird. Ich glaube, das ist das eigentlich Interessante. Das ist eher ein Diskussionsprozess in der FDP als einer in der SPD. Denn wir haben immer formuliert: Koalitionsfragen darf man nicht mit Liebesbeziehungen verwechseln. Das sind ganz rational zu beantwortende Fragestellungen, und das war immer die Position der SPD. Aber dass ich über den Prozess der beginnenden Öffnung in der FDP nicht ärgerlich bin, können Sie - so denke ich - verstehen. Auswirkungen für eine gut funktionierende Koalition auf Bundesebene, nämlich die Koalition zwischen SPD und Grünen, hat das nicht.

FRAGE: Herr Bundeskanzler, noch einmal zu den Lohnnebenkosten. In Ihrer Fraktion hat in den letzten Tagen eine Diskussion begonnen, ob man dieses selbst gesetzte Ziel, nämlich das Ziel aus dem Koalitionsvertrag, die Lohnnebenkosten in der Summe in dieser Wahlperiode unter 40 % zu drücken, möglicherweise nicht erreiche. Teilen Sie diese Skepsis oder halten Sie unverändert an dem Ziel fest, unter diese 40 % zu kommen?

BK SCHRÖDER: Ich habe geraten, in Urlaub zu fahren und keine theoretischen Debatten zu führen.

FRAGE: Entschuldigen Sie, das beantwortet meine Frage nicht: Halten Sie an dem Ziel fest?

BK SCHRÖDER: Ich sage ja: Ich habe diesen Rat gegeben. Das Ziel ist vernünftig. In welchen Schritten man es erreichen kann, das wird man sehen. Aber bereits jetzt theoretische Debatten zu beginnen, ob man es erreichen kann, und wenn nein, wieso nicht, wenn ja, wann - das halte ich wirklich für eine abstrakte Debatte und um solche kümmere ich mich selten. Deswegen dieser gegebene Rat, die Urlaubszeit für Urlaub zu nutzen.

FRAGE: Herr Bundeskanzler, wird es denn in der zweiten Hälfte der Legislaturperiode Änderungen im Kabinett, personell oder auch in der Struktur, in der Aufgabenverteilung des Kabinetts, geben?

BK SCHRÖDER: Keine beabsichtigt.

FRAGE: Direkt anschließend: Wie sehen denn Ihre Überlegungen aus, Teile der volkswirtschaftlichen Analyse aus dem Finanzministerium wieder in das Wirtschaftsministerium zu geben?

BK SCHRÖDER: Das ist eine Diskussion, die freundschaftlich unter den beiden Fachministern stattfindet. Wenn die sich geeinigt haben, werde ich sicher keinen Grund haben, diese Einigung nicht zu akzeptieren.

FRAGE: Ich würde gerne noch eine Nachfrage zum Umgang mit den Rechtsradikalen stellen; Sie haben das vorhin sehr präzise angesprochen. Ich wüsste gerne einmal, ob es in der Bundesregierung zum einen konkretere Gedanken gibt, wie man die Härte des Staates doch deutlicher machen kann, und zum anderen, ob Sie die politisch-moralische Präsenz der Bundespolitik speziell im Osten für ausreichend halten, um ein Klima zu schaffen, das diejenigen, die solche Dinge tun, ins Unrecht setzt.

BK SCHRÖDER: Ich glaube, die Initiative, die der Bundesinnenminister begonnen hat, ist eine, die gesellschaftlichen Druck entfalten soll und entfalten kann, und zwar in die Richtung, die Sie genannt haben, Herr Meng. Ich unterstütze das ausdrücklich und bin sicher, dass sich dort Menschen aus unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen und Verhältnissen engagieren werden, um wirklich deutlich zu machen, dass dieses Land, die Mehrzahl der darin lebenden Menschen das wirklich verabscheut.

Darüber hinaus hat die Bundesregierung wenig Möglichkeiten, gesetzgeberisch zu agieren. Sie wissen, dass die Frage der inneren Sicherheit eine Frage der Länder ist, die darauf auch sehr achten, im Übrigen zu Recht. Ich denke, dass es in der Bund-Länder-Konferenz ein Schwerpunkt werden wird. Dafür wird der Bundesinnenminister schon sorgen.

Es hat den einen oder anderen gegeben, der das gelegentlich auch in seiner Rolle als staatliche Autorität - ich denke an Äußerungen aus Thüringen - zu arg relativiert hat, gar keine Frage. Das ist zu wenig ernst genommen worden. Wir werden aber - ich hoffe, zusammen mit jeder Landesregierung, egal, welcher Farbe sie ist - deutlich machen, dass das diesem Land schadet, und zwar uns, was die Friedlichkeit im Inneren angeht, aber auch was das internationale Ansehen Deutschlands angeht. Ich will auf gar keinen Fall haben, dass wir - wie schon seinerzeit bei Hoyerswerda und auch, wenn wir die Fernsehnachrichten aus Asien und Amerika sehen - mit diesem Thema konfrontiert werden. Das muss weg, das muss gerade in Deutschland weg. Das hat mit unserer Geschichte zu tun, obwohl es solche Ereignisse auch in anderen Ländern gibt, wie wir wissen. Aber wir befinden uns in einer besonders Situation, der wir Rechnung tragen müssen, aus eigenen Interessen heraus, aber auch unseres internationalen Ansehens wegen.

FRAGE: Herr Bundeskanzler, ich vermisse bisher ein bisschen den Punkt "Aufbau Ost", von dem ich glaube, dass es weiterhin Chefsache bleiben wird. Können Sie ein Wort dazu sagen, wie es bei der Förderung weitergehen soll. Der Solidarpakt 2 steht an. Glauben Sie, dass der 3. Oktober, 10. Jahrestag der Einheit, ein gutes Datum ist, zu dem man etwas mehr über die Perspektive der Angleichung im öffentlichen Dienst, der Renten etc. sagen könnte?

BK SCHRÖDER: Nein, ich glaube, was die Angleichung im öffentlichen Dienst angeht, muss man fair sein mit denen, die die Lasten zu tragen hätten. Das ist ja auch so eine interessante Geschichte. Ich höre dann aus der Opposition im Deutschen Bundestag, wir seien nicht schnell genug. Rede ich mit den Ministerpräsidenten, dann sagen die mir: Macht aber keine Verträge zu Lasten Dritter. - Sie müssen wissen: Den Bund kostet eine Angleichung 700 bis 800 Millionen. Die wären vielleicht noch aufzubringen. Die Länder kostet das 9 Milliarden. Die ruinieren die Länder, um die es geht. Das muss man wissen.

Deswegen bin ich zurückhaltend gewesen, nicht weil ich den Menschen das nicht gönnte, sondern weil ich unabhängig von der parteipolitischen Frage Rücksicht auf die Ministerpräsidenten genommen habe. Die sollten es mir gelegentlich danken; denn wir könnten eine andere Argumentation entfalten, wenn wir wollten. Wir könnten es zur Not bezahlen, aber wir tun es auch aus einem anderen Grund nicht. Der Abstand zwischen dem, was in der gewerblichen Wirtschaft ist, und dem, was im öffentlichen Dienst ist, darf nicht über die Maßen groß werden. Man kann bestimmte Abstände aushalten, aber wir müssen aufpassen, dass dieses Wachstum in der gewerblichen Wirtschaft, die ja - wenn ich vom Bausektor absehe - im Osten stärker wächst als im Westen, bestehen bleibt und unterstützt wird. Das ist ganz wichtig, denn sonst schließt sich die Schere jedenfalls noch langsamer, als wir alle es vertragen können.

Den Solidarpakt 2 - das haben wir gesagt - wird es geben. Wir wollen das - der Bundesfinanzminister hat sein Einverständnis erklärt - möglichst in dieser Legislaturperiode regeln. Aber man muss uns auch die Möglichkeit dazu lassen. Ich sage es noch einmal: Wir haben vorhin über die Forderungen aus der Union geredet, die in ihrem Steuerteil auch die Länderkassen belasten. Wie soll ich denn einen vernünftigen Solidarpakt 2 hinkriegen, wenn das Geld, das ich für den Solidarpakt brauche und auch haben will, weil ich ja Interesse daran habe, dass es mit dem Aufbau Ost gut weitergeht, mal eben mir nichts, dir nichts bei jeder Gelegenheit von der Opposition und von den süddeutschen Ministerpräsidenten ausgegeben wird?

Ich habe heute zum Beispiel mit Erschrecken eine Meldung gelesen, dass Herr Teufel gegen den Risikostrukturausgleich klagen will. Sie sollten sich einmal damit beschäftigen, was das für die Krankenkassen in Ostdeutschland bedeutet. Das ist eine reine Katastrophe, nicht, dass er klagen will. Aber da man vor Gericht und auf hoher See immer hin Gottes Hand ist, weiß man ja nie, was dabei herauskommt.

Das sind die sehr konkreten Dinge, die den Solidarpakt bedrohen, auch das, was in den süddeutschen Ländern zum Länderfinanzausgleich gedacht wird. Die Bremer haben doch völlig Recht, wenn sie darauf hinweisen, die Berliner auch. Das sind die konkreten Dinge, die den Solidarpakt 2 bedrohen. Die Bundesregierung wird viel Kraft aufwenden müssen, um diese Bedrohung, die aus sehr eigensüchtigen Motiven aus Baden-Württemberg und vor allen Dingen aus Bayern kommt, mäßig begleitet von Herrn Koch aus Hessen, um diese Bedrohung also zugunsten der ostdeutschen Länder abzuwehren. Aber da erwarten wir dann auch einmal von den ostdeutschen Ministerpräsidenten, dass sie ihre Länderinteressen nicht hinter die Interessen des CDU-Präsidiums zurückstellen. Das wird eine sehr interessante Diskussion werden, wenn es um den Solidarpakt geht, was die unterschiedlichen Interessen angeht, die jetzt schon beim Risikostrukturausgleich deutlich werden.

FRAGE: Herr Bundeskanzler, wenn die Politik Urlaub macht, was wird das Sommerthema sein?

BK SCHRÖDER: To whom it concerns. Ich weiß es wirklich nicht. Ich bin auf jede Überraschung gefasst, weil man wirklich nie weiß, wer sich wann zu welchem Thema meldet. Wir haben versucht zu tun, was wir tun konnten, um für die Koalition - ich sage das jetzt auch einmal als Parteivorsitzender - , um für die SPD eine andere Ausgangsposition zuwege zu bringen als im letzten Jahr.

Ich sage das übrigens auch deshalb so vorsichtig, weil ich sozusagen zu denen gehöre, die aus bitterer Erfahrung wissen: Der Zustand, in dem es einem relativ gut geht - verdientermaßen; Sie werden es mir gestatten, dass ich das sage - , muss nicht anhalten. Da kann es immer die üblichen Verdächtigen geben, die sich zu Wort melden. Das wird man nie ganz ausschalten können.

Meine Bitte an Sie kann ja nur sein: Schreiben Sie einfach nicht darüber. Das ist für Ihren Urlaub gut und erst recht für meinen.

FRAGE: Herr Bundeskanzler, Thema 3. Oktober. Sollte Ihr Amtsvorgänger bei dem Festakt in Dresden reden oder nicht?

BK SCHRÖDER: Es ist nicht meine Sache, das zu entscheiden. Dazu nur Folgendes: Es gibt in Deutschland, seit die Länder diese Feierlichkeiten aus Anlass des Nationalfeiertags ausrichten, eine - so glaube ich - immer durchgeführte Übung, die hieß: Es redet der Bundespräsident, es redet der Bundesratspräsident und es redet ein internationaler Gast. So ist es wohl auch diesmal. Die Frage ist allein vom Bundesratspräsidenten, also vom sächsischen Ministerpräsidenten, zu beantworten. Was immer der entscheidet - ich werde das akzeptieren. Von uns gibt es auch keine Forderungen, etwa in der Art: Wenn der spricht, dann ich auch. - Das hat es weder gegeben noch wird es das geben. Das ist eine Entscheidung, die Herr Biedenkopf in seiner Eigenschaft nicht als Parteipolitiker, sondern als Bundesratspräsident zu treffen hat. Er kann sich dabei an einer guten Übung orientieren. Ob er davon abweichen will oder nicht, ist seine Sache. Die Bundesregierung wird es sich nicht zum Thema machen.

FRAGE: Herr Bundeskanzler, noch einmal eine Frage zur Gentechnik. Sie haben gesagt, es besteht da Handlungsbedarf. Heißt das konkret, dass es noch in dieser Legislaturperiode ein so genanntes Gentechnik-Gesetz geben wird?

Zweitens. Wie sehen Sie persönlich das Verhältnis zwischen den Forderungen der Technik einerseits und der Kontrolle andererseits?

BK SCHRÖDER: Das wäre ein abendfüllendes Thema. Ob wir über die Frage der Patentierung hinaus auch andere Fragen gesetzlich regeln müssen, wird von der Diskussion abhängen, die zu führen ist. Wir sind am Anfang einer gesellschaftlichen Debatte über dieses Thema. Ich halte diese Debatte für wichtig, einfach auch, um Legitimation für diesen Bereich herzustellen, für den vernünftig geregelten Bereich herzustellen.

Ich denke, man kann gerade bei diesem Thema, sowohl was Nahrungsmittelsicherheit als auch was Eingriffe - möglicherweise - in menschliche Keimbahnen angeht, nicht mit den Kritikern einfach in der Weise umgehen, dass man sagt: Die wirtschaftlichen Interessen überwiegen alles andere. - Was wir hier wirklich leisten müssen, ist eine gesellschaftliche Debatte, die die ernsthaften Einwände der Kritiker auch wirklich in die politische Willensbildung einbezieht. Das wollen wir leisten. Frau Fischer ist auf dem Wege, das zu tun. Wie gesagt: Sinnvollerweise wird sich die gesamte Bundesregierung daran beteiligen.

Dann wird es um die spezielle Frage der Patente gehen. Wir sind mitten in einem Diskussionsprozess, in dem es letztlich um die Frage geht: Was kann, oder besser: was darf man patentieren? Geht es um die Patentierung von Anwendungsfällen oder darf man Entdeckungen patentieren? Das sind die zentralen Unterschiede in der Bewertung, die bestehen."Entdeckungen" heißt: Wissenschaftliche Erkenntnisse, die mit der Entschlüsselung der Chromosomenkette zu tun haben. Darf man bereits diese wissenschaftlichen Erkenntnisse patentieren? Oder darf man erst dann patentieren, wenn aus diesen Erkenntnissen bestimmte Medikamente oder andere Anwendungsmöglichkeiten gewonnen worden sind?

Ich muss Ihnen sagen, ich bin mit dieser Debatte nicht zu Ende. Ich bin nicht in der Lage, Ihnen hierzu eine abschließende Entscheidung zu sagen. Sie werden das vielleicht verstehen. Das ist eine wirklich hoch komplizierte Diskussion, bei der man auch von Fachleuten unterschiedlichster Couleur schlicht Rat braucht, um auch nur zu begreifen, worum es in letzter Konsequenz geht.

Ich will mich hier nicht anheischig machen, die Diskussion bereits in all ihren Verästelungen präsent zu machen, so dass abschließende Entscheidungen auch für mich noch nicht möglich sind. Aber ich wollte Ihnen deutlich machen, dass das eine der großen Fragen in der zweiten Hälfte der Legislaturperiode sein wird, weil wir natürlich ein paar Entscheidungen treffen müssen, die so oder so die Richtung bestimmen, die Deutschland nehmen wird. Dass ich eher die Chancen ergreifen möchte, die insbesondere auf dem medizinischen Sektor damit verbunden sind, das werden Sie nachvollziehen. Aber weil das so ist, muss ich mich mit der Kritik wirklich ernsthaft beschäftigen und will das auch tun.

FRAGE: Herr Bundeskanzler, Sie haben die Beziehungen zu Russland erwähnt, auch die Beziehungen, die den deutschen Interessen entsprechen. Das freut uns alle sehr zu hören. Ich bin vom russischen Fernsehen. Mir scheint es aber so zu sein, dass diese Interessen zunächst wirtschaftspolitisch sind. Wird die Bundesregierung beide Augen zumachen vor den beunruhigenden Tendenzen, was Presse- und Meinungsfreiheit in Russland angeht?

BK SCHRÖDER: Das haben wir in der Vergangenheit nicht getan und das werden wir auch in Zukunft nicht tun.

Im Übrigen ist es so, dass wirtschaftspolitische Interessen auch politische Interessen sind. Das hat sich immer erwiesen. Das hat sich auch in der Phase der Entspannungspolitik erwiesen. Offenheit und Bereitschaft, Handel und Wandel zu betreiben, hat noch immer Veränderungen in den jeweiligen Gesellschaften hervorgebracht. Insofern werden wir sowohl das eine als auch das andere tun. Das haben wir bei der Diskussion um die Tschetschenien-Frage bewiesen. Das haben wir auch bei der Diskussion um die Frage, die Herrn Gusinski anging, bewiesen. Aber, wie gesagt, wir können das auch nur im Respekt vor der Gesetzlichkeit, die es in Ihrem Land gibt, tun.

FRAGE: Herr Bundeskanzler, sind Sie und der Außenminister sich bereits einig, wann und mit welchem Ziel die Kompetenzabgrenzung zwischen den Bundesländern und der Europäischen Union stattfinden soll? Wie bewerten Sie in diesem Zusammenhang die ja schon sehr konkrete Kompetenzabgrenzung im Auswärtigen Amt zwischen dem Außenminister und dem sozialdemokratischen Staatsminister Zöpel?

BK SCHRÖDER: Zunächst zu Ihrer zweiten Frage: Die Kompetenzen zwischen einem Minister und einem Parlamentarischen Staatssekretär festzulegen, das ist Sache des Ministers und ausschließlich seine Sache. Wenn ich anfinge, mich darin einzumischen, dann würde ich einen Fehler machen, denke ich, weil es nötig ist, dass die das miteinander ausmachen, wenn man reibungslose Arbeit will. Das betrifft übrigens jedes Haus. Und ich will reibungslose Arbeit.

Was die erste Frage angeht, ist es nicht so, dass es einer Kompetenzabgrenzung zwischen Europa und den Bundesländern bedürfte. Das sehen die gelegentlich so, aber das ist ja nicht so. Was man leisten muss, ist vielmehr eine Kompetenzabgrenzung zwischen der europäischen Ebene und den Nationalstaaten. Dann kann man auf der Ebene der Nationalstaaten bestimmen, wie das vor dem Hintergrund der Verfassung weitergeht.

Ich gebe Ihnen allerdings Recht, das beides miteinander zusammenhängt. Wenn Sie zulassen, dass zu viele Kompetenzen, die bei einer nationalen Kompetenzabgrenzung entsprechend dem Grundgesetz gegeben sind, vorher weg sind, dann interessiert das die Bundesländer.

Ich glaube, wir haben ein Verfahren getroffen - darüber gibt es auch Einigkeit mit dem Bundesaußenminister - , wie man diese Frage lösen kann. Ich glaube nicht, dass sie in Nizza lösbar ist. Es wäre auch falsch, das zu versuchen. Aber ich denke, dass wir es schaffen können, dass im Fortgang dessen, was man "Bestimmung der Finalität Europas" nennt - wozu Fischer ja wirklich beachtliche Vorschläge gemacht hat - , nach Nizza eine wirklich große Regierungskonferenz stattfindet, die diese Frage - wenn die anderen left-overs von Amsterdam gelöst sind - angeht. Die werden wir machen müssen und lösen müssen, in enger Zusammenarbeit mit den Bundesländern; denn wir kennen den Artikel 23 des Grundgesetzes, der festlegt, dass die Länder bestimmte, im Bundesrat versammelte Möglichkeiten haben. Sie dürfen allerdings unsere Handlungsfähigkeit nicht in Zweifel ziehen, wie wir ihre Interessen wahren werden. Die Bundesländer wissen inzwischen, dass eine Kontroverse bei uns im Land ihnen auch nicht hilft, weil das Verständnis der anderen 14 für die besondere Ausprägung des deutschen Föderalismus begrenzt ist, sehr begrenzt, leider.

Es ist unsere Aufgabe, immer wieder darauf hinzuweisen, dass unsere Verfassung das nun einmal vorsieht. Das wird gelegentlich auch aus parteipolitischen Gründen bei einigen Ländern übersehen, aber das darf nicht übersehen werden.

FRAGE: Herr Bundeskanzler, bei Amtsantritt war im Kabinett sehr viel die Rede von Kontrolle und Koordination der internationalen Finanzmärkte. Dieses Thema erwähnen Sie nun gar nicht mehr. Ist das mit dem Austritt des ersten Finanzministers aus dem Kabinett vielleicht ad acta gelegt worden? Oder gibt es dazu noch Wünsche und Vorstellungen der Bundesregierung über die deutsche Rolle der Politiker auf diesem Gebiet?

BK SCHRÖDER: Das ist überhaupt nicht ad acta gelegt worden, im Gegenteil: Das hat in Okinawa wieder eine große Rolle gespielt. Es sind, was die Transparenz und die Einbeziehung des privaten Sektors angeht, auch Fortschritte erzielt worden. Es redet keiner mehr von Bandbreiten, was die Währung angeht. Insofern hat es da eine Veränderung gegeben. Ich glaube, es ist auch eine Veränderung in der nationalökonomischen Diskussion insgesamt. Aber das ist wohl auch das Einzige.

Nein, es war keine Erfindung des ehemaligen Bundesfinanzministers, dass man angesichts der Spekulationsgelder, die ganze Volkswirtschaften ruinieren können, die sie gelegentlich ruiniert haben oder sie an den Rand des Ruins gebracht haben, zu mehr Transparenz, zu mehr Abstimmung auf der internationalen Ebene und vor allen Dingen zu einer möglichst frühzeitigen Einbeziehung des privaten Sektors in dieser Fragestellung kommen muss. Das wird auf jeder internationalen Konferenz von Deutschland so vertreten. Dass es dazu zurückhaltendere Positionen - vor allen Dingen in Amerika, aber partiell auch in Großbritannien - gibt, das hat sich nicht geändert. Ebenso wenig hat sich die deutsche Position geändert. Spezielle Ausprägungen haben sich geändert; das würde ich zugeben. Das war auch nötig.

FRAGE: Herr Bundeskanzler, wie erklären Sie sich eigentlich die Unterschiedlichkeit Ihrer beiden Amtsjahre? Wenn man das erste Jahr mal betrachtet, so war es mehr als holprig und gipfelte im Abgang von Oskar Lafontaine. Momentan, nach Atomkonsens, doppelter Staatsbürgerschaft und Steuerreform, müssen Sie aufpassen, dass Sie nicht heilig gesprochen werden. Wie erklären Sie sich den Unterschied?

BK SCHRÖDER: Erstens. Wenn Sie meine Biografie ansehen - dazu eigne ich mich nun wirklich nicht. Zweitens wird das auch nicht passieren. Dafür werden Sie schon sorgen. Drittens. Ich meine, es ist klar: Wenn Sie einmal Revue passieren lassen, was anderen Regierungen, die begonnen haben, passiert ist, nicht nur Herrn Kohl, sondern auch - das nachzulesen ist hochinteressant - meinem verehrten Vorvorgänger Herrn Schmidt, dann werden Sie feststellen, dass dessen eigene Aussage, dass man eine Regierung besser nach anderthalb Jahren und nicht vorher und schon gar nicht nach 100 Tagen, wenn sie nach 16 Jahren einer anderen Konstellation beginnt, beurteilt, nicht ganz verkehrt ist.

Ich hätte mir das vergangene Jahr auch besser gewünscht. Sie können vielleicht verstehen, dass ich das sage. Aber es war vor dem Hintergrund dessen, was dort zu erledigen war, nicht anders zu machen. Wer das einmal ein bisschen gerecht einschätzen will, der muss eines zugeben: Wenn eine Regierung beginnt, wenn sie einen solchen Riesenapparat in den Griff bekommen muss und dann als erste Maßnahme entscheiden muss, ob sich Deutschland an einem Krieg beteiligt, also als erste Maßnahme - oder als eine der ersten - entscheiden muss, ob man die gesamte Außen- und Sicherheitspolitik in dieser Konstellation - Sie kennen ja die Beschlüsse beider Parteien, die sie vorher hatten - so fundamental ändern will / muss / soll, dann ist das schon eine Belastung - übrigens auch eine persönliche - , mit der vielleicht auch das eine oder andere zusammenhängt, was als Nicht-Professionalität erschien.

Zweitens. Natürlich war es so, dass das Abhandenkommen des ehemaligen Parteivorsitzenden nicht unproblematisch war. Das kann man doch gar nicht bestreiten. Das ist für eine Partei schwer zu verkraften, das brachte Aufregung. Ich habe doch nie etwas davon zurückzunehmen gehabt, dass er ein Parteivorsitzender war, der natürlich hohe Achtung in der Partei hatte; das ist doch gar keine Frage. Deswegen war es doch nicht so einfach, das zu verarbeiten.

Wenn Sie sich dann ansehen, dass wir über das Staatsbürgerschaftsrecht die Hessen-Wahl verloren hatten - was heute in dieser Form auch nicht mehr passieren würde, weil doch keiner mehr vor dem Hintergrund der "Blue Card", die der eingeführt hat, der das einmal angeführt hat, diese Unterschriftenaktion machen könnte - , dann werden Sie verstehen, dass das eine in kurzer Zeit ungeheuer schwierige Sache war. Hinzu kam die Präsidentschaft in der Europäischen Union, mit der beispielhaften Leistung - heute wird das auch so gesehen - , die Finanzarchitektur bis 2006 zuwege zu bringen, übrigens gar nicht so schrecklich zu Lasten Deutschlands, wenn ich mir jetzt einmal die Rückflüsse ansehe, die kommen. Das kann man ja aufarbeiten; natürlich nur, wenn man will.

Von daher denke ich, man soll nichts entschuldigen wollen, was es an Fehlentwicklungen gegeben hat. Das will ich auch wirklich nicht. Das hat es gegeben, gar keine Frage. Aber es war für den Beginn einer neuen Periode, wenn Sie so wollen - was wir hoffen - einer neuen Epoche, nach 16 Jahren Herrn Kohl auch eine ungewöhnlich schwierige Situation. Ich glaube, auch ohne die Schwierigkeiten der anderen großen Volkspartei wären wir allemal aus eigenem Verdienst wegen der Politik, die wir gemacht haben, jetzt in einer so oder so besseren Situation.

Meine Erwartung war, dass die Zäsur immer das Zukunftsprogramm sein wird, im November beschlossen. Ich bin immer davon ausgegangen, dass wir durchkommen müssen.

Der zweite Punkt ist folgender: Ich glaube, die SPD und die Koalition insgesamt versteht sich als eine die Regierung tragende Konstellation. Es ist nicht eine Vereinigung unabhängiger Sprecher, die sie im letzten Sommer gewesen ist - das ist gar keine Frage, dass das so war - , sondern es ist jetzt eine Konstellation, die weiß, dass Geschlossenheit eine Erfolgsbedingung ist, und die das auch realisiert hat. Sie hat auch die Erfahrung gemacht, dass Geschlossenheit Erfolg bringt und dass Streit das Gegenteil zeitigt. Ich glaube, das sind die Ursachen dafür.

Ich habe heute irgendwo gelesen, dass man im Amt lernt. Das ist doch richtig. Wie sollte das auch anders sein? Aber ich möchte jetzt keinen Kommentar abgeben wie mit dem Amt und dem Verstand - der war vorher schon da.

FRAGE: Herr Vorsitzender, dass der Bundeskanzler eine sehr positive Bilanz zieht, ist klar. Was sagt eigentlich der SPD-Parteivorsitzende dazu? Ist er auch so zufrieden?

BK SCHRÖDER: Ja.

FRAGE: Oder hat er gewisse Sorgen, dass die eigene Klientel bei dem Weg in die neue Mitte und bei dem Besetzen im Bewusstsein der Öffentlichkeit ursprünglich der Union, der CDU zugehöriger Themen ein Stück weit an emotionaler Bindung verliert? Sie haben das ja bei der NRW-Wahl gesehen, wo in den klassischen SPD-Bezirken massive Stimmeneinbrüche zu verzeichnen gewesen sind. Ist das ein Problem, das Sie sehen und um das Sie sich in der zweiten Hälfte etwas intensiver kümmern wollen?

BK SCHRÖDER: Der Parteivorsitzende unterstützt den Bundeskanzler. Die Partei tut das auch. Ich glaube auch nicht, dass Sie Recht haben, was die Defizite bei den Wahlen angeht, die es gegeben hat. Ich glaube, das hatte eher damit zu tun, dass denen, um die es geht, nicht ganz klar war, ob wir zu den Reformnotwendigkeiten und deren Umsetzung fähig sind oder nicht.

Die Tatsache, dass nach so schwierigen Entscheidungen, die ja auch nicht unumstritten waren, die Situation mehr als konsolidiert ist, und die Tatsache, dass wir zur Hälfte der Legislaturperiode nach allen Umfragen in etwa bei unserem ja durchaus glanzvollen Wahlergebnis von 1998 sind, was eine ganz ungewöhnliche Situation beschreibt, diese Tatsache mag Ihnen deutlich machen, dass die gelegentlich sehr oberflächlichen Erklärungen, es sei sozusagen nicht genug linke Substanz in der Politik, einfach falsch sind. Wer sich die Steuerreform ansieht, der wird, wenn er redlich ist, finden müssen - auch die Kritiker werden das finden müssen - , dass wir zum Beispiel in der Steuerpolitik die Nachfrageseite in ganz ungewöhnlicher Weise bedient haben. Und Nachfrage heißt immer Masseneinkommen. Die gelegentlich geäußerte Kritik daran ist ganz einfach nicht richtig. Von den inzwischen mehr als 80 Milliarden DM gehen ja 50 Milliarden DM in die Verstärkung der Einkommen der geringeren und der mittleren Verdiener. Bei der Rente ist es exakt genauso: Die 19,6 Milliarden DM, die Eichel zugestanden hat, werden als Zulage denen zukommen, die als Verheiratete 70.000 DM und weniger verdienen, und als steuerliche Entlastung zusätzlich denen zugute kommen, die zwischen den 70.000 DM als Verheiratete und der Beitragsbemessungsgrenze liegen, die etwa um 100.000 DM liegt.

Das sind doch alles Maßnahmen, die zeigen, dass hier mit großer sozialer Sensibilität gearbeitet worden ist. Mein Eindruck ist der, das wird zunehmend auch verstanden.

Frage: Herr Bundeskanzler, das Führungspersonal der Union ist im Moment reichlich zerzaust, was Ihnen nun nicht unbedingt die Tränen in die Augen treiben muss. Mit wem würden Sie sich denn im Jahre 2002 am liebsten auseinandersetzen? Mit wem rechnen Sie? Wer ist möglicherweise wegen Selbstverstümmelung schon vorzeitig aus dem Rennen ausgeschieden?

BK SCHRÖDER: Ich setze mich mit dem oder mit der, den oder die es gibt, auseinander. Das festzulegen ist Sache der Union; darüber will ich nicht spekulieren. Wer bis dahin - diesen Begriff will ich nicht benutzen - beschädigt, weiter beschädigt oder neu beschädigt sein wird, das kann ich nicht einschätzen. Das werden die Diskussionen zeigen. Natürlich wäre es Quatsch, wenn ich versuchte, hier vorzuspielen, dass ich nun gerade traurig über den Zustand der Union bin. Das würden Sie mir auch nicht glauben. Aber Schadenfreude ist vor dem Hintergrund dessen, was ich im letzten Jahr erlebt habe, meine Sache längst nicht mehr.

FRAGE: Herr Bundeskanzler, Sie sprachen ja davon, dass EU-Politik eine große Rolle spielen wird. Mit welchen konkreten Erwartungen fahren Sie denn nach Nizza, auch im Zusammenhang mit Österreich?

BK SCHRÖDER: Was Österreich angeht, habe ich keine konkreten Erwartungen, sondern ich warte gelassen den Bericht der Weisen ab und warte auch ab, wann er kommen wird. Ich habe da kein besonderes Interesse.

Was Nizza ansonsten angeht, glaube ich, dass es vier entscheidende Punkte gibt. Das sind die Ihnen bekannten left-overs, also die Fragen der Größe der Kommission, Stimmengewichtung und Verhältnis von Einstimmigkeit und Mehrheitsentscheidung, und zusätzlich die Frage dessen, was man "mehr Geschwindigkeit","Flexibilität" oder "verstärkte Zusammenarbeit" nennt. Das möchte ich gerne in Nizza geklärt sehen.

Dann wollen wir auch wirklich helfen, dass die französische Präsidentschaft, die ein ähnliches oder das gleiche Ziel verfolgt, erfolgreich sein wird. Deutschland wird alles tun, um der französischen Präsidentschaft zu einem Erfolg zu verhelfen. Ich habe immer gesagt: Bezogen auf die Stimmengewichtung heißt das, dass es viel weniger ein mathematisches als ein politisches Problem ist.

FRAGE: Herr Bundeskanzler, zu den Themen, mit denen man die Menschen auch tief beeindrucken kann, gehört eine Gesundheitsreform. Korrigieren Sie mich, wenn ich nicht richtig aufgepasst habe, aber der Begriff "Gesundheitsreform" ist in Ihrer Aufzählung für diese Legislaturperiode nicht mehr vorgekommen, oder?

BK SCHRÖDER: Dies deshalb, weil das bei Frau Fischer in guten Händen ist.

FRAGE: Nachfrage: Es wird in dieser Legislaturperiode noch eine richtige Gesundheitsreform geben, oder ist es zu einem Dauerzustand geworden, dass immer nur herumkuriert wird?

BK SCHRÖDER: Was soll ich Ihnen dazu sagen? Denn ich teile ja Ihre Prämisse nicht.

FRAGE: Sie haben sich heute auch mit Herrn Djukanovic getroffen, Sie haben sich in Okinawa besorgt über die Verfassungsänderung in Jugoslawien und über die Lage auf dem Balkan geäußert. Wie schätzen Sie es nach dem Gespräch ein?

BK SCHRÖDER: Genauso wie in Okinawa.

FRAGE: Sie haben in Rentenfragen noch einmal Beweglichkeit und Kompromissorientierung unterstrichen. Gilt das auch für eine mögliche vorgezogene Rückkehr zur nettolohnorientierten Rentenerhöhung und unter welchen Bedingungen?

BK SCHRÖDER: Ich glaube, dass man dort Folgendes sehen muss: Wenn man diese Forderung der Union realisierte, käme die Union mit ihrer anderen Forderung selber in Schwierigkeiten. Ich rate denen zu rechnen. Die Tatsache, dass wir für zwei Jahre - wir haben in den Wahlen des vergangenen Jahres ja erhebliche Prügel dafür bekommen - gesagt haben, wir machen Inflationsausgleich bei der Rentensteigerung - es ist ja eine Rentensteigerung gewesen, aber nur in der Höhe des Inflationsausgleichs - , haben wir doch nicht aus Daffke gemacht, sondern das haben wir gemacht, weil das Auswirkungen auf das langfristige Niveau der umlagefinanzierten Rente hat.

Jeder, der also sagt, dass wir das aufgeben müssen, der muss gleichzeitig sagen, welche Auswirkungen das auf das langfristige Niveau der umlagefinanzierten Rente hat, muss also sagen: Entweder will er andere Leistungen streichen, oder aber er nimmt in Kauf, dass die Beiträge erhöht werden. Die dritte Möglichkeit wäre die, zusätzliches Geld - etwa über die Ökosteuer - dort hineinzugeben. Aber wir wollen damit ja nicht höher.

Das ist ja das Merkwürdige bei der Union. Da muss es doch ein paar Leute geben, die sagen: Wenn ich das eine fordere, kann ich das andere nicht zugleich fordern. - Wenn sie das in dieser Form weitermachen, wird das irgendwann entdeckt. Ich glaube, es ist kurz davor, dass das entdeckt wird.

FRAGE: Herr Bundeskanzler, gehen Sie denn davon aus, dass es im parlamentarischen Verfahren bei den Nachbesserungen der Steuerreform bleibt, also bei 42 % und bei den 1,75 Milliarden DM Mittelstandsprogramm? Oder kann es sein, dass die rot-grüne Fraktion dieses Versprechen der Exekutive noch einmal nachbessert oder noch andere Wünsche hat?

BK SCHRÖDER: Nein. Ich gehe davon aus, dass das, was zugesagt worden ist, was ja die Bedingung für die Zustimmung war, erstens im Deutschen Bundestag so beschlossen wird - wir gehen mit dem Thema doch seriös um - und dass das zweitens von der Mehrheit im Bundesrat so beschlossen worden ist, die das gewollt hat. Insofern steht die Frage der Bundesratsmehrheit daher überhaupt nicht an; denn die, die dort zur Verfügung war, wird das ja - weil das ihre eigene Forderung ist - wohl beschließen.

Die für Sie - weniger für mich - interessantere Frage wird sein, ob es ein paar gibt, die 42 % und einen halben Steuersatz bei der ehemaligen Betriebsveräußerungen - aus welchen Gründen auch immer - ablehnen wollen. Aber das müssen Sie Herrn Teufel, Herrn Stoiber, Herrn Koch, Herrn Vogel und Herrn Biedenkopf fragen, nicht mich.

Dass die Mehrheit im Bundestag und im Bundesrat zu den Verabredungen, die wir getroffen haben, steht, ist für die Bundestagsmehrheit klar, weil das unsere Verabredung ist, und für die Bundesratsmehrheit müsste es klar sein, weil es ihren eigenen Erwartungen im Verfolg der Debatte um die Steuerreform entsprach. Insofern rechne ich nicht mit Schwierigkeiten.

FRAGE: Was sagen Sie zu dem Vorwurf des ehemaligen Bundesverfassungsrichters Paul Kirchhof, mit Ihrer Politik des "goldenen Zügels" würde der Föderalismus ausgehöhlt, zumal ja die in Bremen wohl zugesagte Beibehaltung der sogenannten Einwohnerveredelung dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Länderfinanzausgleich widerspricht?

BK SCHRÖDER: Erstens. Es ist nicht so, dass das dem widerspricht. Es ist natürlich sehr genau geprüft worden.

Zweitens würde ich sagen: Si tacuesses, philosophus mansisses, um es in Ostfriesisch zu formulieren. Ende: 15.17 Uhr )