Redner(in): Bernd Neumann
Datum: 16.06.2009
Untertitel: Kulturstaatsminister Bernd Neumann in seiner Rede: "Die Bayreuther Festspiele sind ein Aushängeschild unser Kulturnation!"
Anrede: Anrede,
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): http://www.bundesregierung.de/nn_914560/Content/DE/Rede/2009/06/2009-06-16-neumann-bayreuth-abend,layoutVariant=Druckansicht.html
Es gilt das gesprochen Wort. -
hier, in der Vertretung des Freistaates Bayern in Berlin, den Rang der Bayreuther Festspiele lang und breit zu erklären, ist etwa so, als würde man einem Wagnerianer den Stabreim erläutern wollen. Für Bayern und Oberfranken ist der Grüne Hügel der deutsche Olymp, und seien wir ehrlich - ein bisschen ist er das auch für alle, die nicht aus Bayern und Oberfranken kommen. Für die Bundesregierung sind die Bayreuther Festspiele ein unvergleichliches Kulturereignis mit weltweiter Ausstrahlung. Deshalb kommt ihnen auch in der Kulturpolitik des Bundes ein besonderer Stellenwert zu.
Schon seit 1953 beteiligt sich der Bund an der Förderung der Festspiele. Für die damals noch junge Bundesrepublik war dies eine der ersten Entscheidungen zur finanziellen Unterstützung von Kunst und Kultur. Es war vor 60 Jahren eine weise Entscheidung der Väter und Mütter unseres Grundgesetzes, den Ländern die Kulturhoheit zu übertragen. Unsere Kulturnation ist nur deshalb so reich und vielfältig, weil wir in Deutschland unsere kulturellen Unterschiede pflegen und schätzen das muss ich in der bayerischen Landesvertretung sicher nicht eigens betonen! Doch schon damals wurde rasch deutlich, dass man den Ländern und Kommunen nicht alles allein aufbürden kann. Dies galt zuerst für den Wiederaufbau der kriegszerstörten Kulturdenkmale, schließlich auch für herausgehobene kulturelle Leuchttürme.
Die Bayreuther Festspiele sind für mich nicht nur eines der ältesten, sondern sicher auch eines der gelungensten Beispiele für die Kooperation im Kulturföderalismus. Der Freistaat Bayern, die Stadt Bayreuth und der Bezirk Oberfranken stellen gemeinsam mit dem Bund die Finanzierung der Bayreuther Festspiele auf sichere Füße. Hinzu kommt das vorbildliche bürgerschaftliche Engagement der "Gesellschaft der Freunde von Bayreuth". Der Freundeskreis hat, ganz zu Recht, auch in den Gremien der Festspiele Sitz und Stimme, denn die "Freunde" sind mehr als nur Geldgeber! Sie tragen mit erheblichen Summen immer wieder verlässlich zum Gelingen der Festspiele bei, doch eine große Leistung besteht auch darin, die Festspiele zudem mit Herz und Verstand über die Jahre konstruktiv zu begleiten. Darauf vertrauen wir auch weiterhin und dafür gebührt Ihnen ein herzlicher Dank!
Meine Damen und Herren,
erst 1989 wurde mein Amt geschaffen. Gleich danach, im Jahr 1999, wollte der damalige erste Kulturstaatsminister Naumann die "fränkische Posse" beenden und die Unterstützung für Bayreuth einstellen. Es hagelte internationale Proteste, und Naumann musste von diesem Ansinnen abrücken, eine echte Bauchlandung. Es gibt allerdings Unbelehrbare: Michael Naumann hat im vergangenen Jahr anlässlich des 10 jährigen Jubiläums des BKM in einem Interview noch einmal betont, dass man die Förderung hätte abschaffen sollen wenn nicht, Zitat: "die eigenen Genossen in Franken" ihm in den Rücken gefallen wären. Für mich bleibt es dabei: Die Bayreuther Festspiele sind ein Aushängeschild unser Kulturnation! Sie erhalten darum auch als einziges Festival im Bereich der Musik eine dauerhafte Unterstützung des Bundes. Der Bund steht auch weiterhin zu seiner Verpflichtung.
Dass die Partnerschaft funktioniert, zeigt die Erhöhung der Zuschüsse, die die Geldgeber in diesem und im kommenden Jahr gemeinsam schultern.
Berlin und Bayern schaffen gemeinsam ein Fundament, das auch in Zukunft tragen wird. Das hat Tradition! Auch wenn es die Bayern schmerzen mag: Hier in Berlin, in Preußen, wurde die Dynastie der Wagners begründet. Hier fand 1863 die Begegnung Richards mit Cosima statt, die in dem berühmten "Bekenntnis" der beiden gipfelte,"sich einzig gegenseitig anzugehören".
Der heutige Berliner Abend ist der Zukunft der Bayreuther Festspiele gewidmet. Aber ohne das Lebenswerk von Wolfgang Wagner gäbe es diese Zukunft nicht. In über fünf Jahrzehnten hat er die Festspiele, aber auch die Opernwelt insgesamt geprägt. Sein Wort von der "Werkstatt Bayreuth" steht für den erfolgreichen Neubeginn nach 1945. Seine Lebensleistung, seine Verdienste um diese einzigartige Kultureinrichtung möchte ich auch an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich würdigen.
Wir haben allen Grund zu der Annahme, dass die Bayreuther Festspiele vor einer erfolgreichen Zukunft stehen. Die öffentlichen Förderer, die "Gesellschaft der Freunde von Bayreuth" und die Familie Wagner haben sich gemeinsam für Eva Wagner-Pasquier und Katharina Wagner entschieden. Diese Entscheidung steht für Kontinuität, aber auch für einen Generationswechsel und einen Neuanfang. Liebe Katharina Wagner, seien sie nicht nur in Bayreuth, sondern auch in Berlin herzlich willkommen!
Bayreuth setzt weltweit Standards für die Auseinandersetzung mit dem Werk Richards Wagners. Dieser absolute Anspruch sollte nicht verwässert werden! Gerade in der Beschränkung auf die Musikdramen eines Komponisten liegt doch ein Gutteil der Faszination, die von den Festspielen ausgeht. Diese Faszination schließt aber eben auch die gewichtige Verpflichtung ein, auf allen Ebenen der Interpretation Maßstäbe zu setzen. Sie haben sich viel vorgenommen nicht nur im Hinblick auf die künstlerische Entwicklung, für die Sie mit Christian Thielemann einen wunderbaren Partner gefunden haben. Auch die Öffentlichkeitsarbeit soll einen ganz neuen Stellenwert bekommen. Gerne habe ich vernommen, dass Sie sich auch verstärkt für die kulturelle Bildung stark machen wollen. In diesem Jahr gibt es zum ersten Mal eine Opernaufführung für Kinder im Vorfeld der Festspiele, weiteres ist geplant. Ich möchte Sie ausdrücklich ermutigen, diesen Weg weiter zu beschreiten!
Auch mein Haus hat sich in den letzen Monaten verstärkt für die kulturelle Bildung als einem der wichtigsten Felder der gegenwärtigen Kulturpolitik eingesetzt. Vor wenigen Tagen haben wir zum ersten Mal den Preis für kulturelle Bildung in der Stiftung Genshagen verliehen. Ich bin überzeugt: kulturelle Bildung ist grundlegend für die Entwicklung unserer Gesellschaft und auch für das Schicksal unserer Kultureinrichtungen. Damit auch in 30 Jahren noch ganz normale Menschen und nicht nur eine kleine Elite bereit sind, Opern und Konzerte zu besuchen oder gar jahrelang auf eine Eintrittskarte für die Bayreuther Festspiele zu warten, ist es aus meiner Sicht unerlässlich, nicht nur mit Nachwuchskünstlern zu arbeiten, sondern sich auch ganz aktiv an Menschen zu wenden, denen der Geigenbogen nicht in die Wiege gelegt wurde. Der große Erfolg von Initiativen wie "Jedem Kind ein Instrument" im Ruhrgebiet zeigt, dass Kultur ein Bedürfnis ist, das allerdings erst geweckt werden muss.
Ich bin sicher, Sie haben auch diesen Aspekt in Ihrem neuen Konzept im Auge.