Redner(in): Angela Merkel
Datum: 03.09.2009
Untertitel: in Berlin
Anrede: Sehr geehrter Herr Regierender Bürgermeister, Herr Hecker, Herr Hosch, meine Damen und Herren,
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): http://www.bundesregierung.de/nn_914560/Content/DE/Rede/2009/09/2009-09-04-rede-merkel-ifa,layoutVariant=Druckansicht.html
ich bin in der Tat sehr gerne wieder hierher gekommen, weil mir die IFA Jahr für Jahr mehr ans Herz gewachsen ist und sie gerade in diesem Jahr eine große Bedeutung hat. 85Jahre und noch immer auf der Höhe der Zeit das ist etwas, was sich sehen lassen kann. Wir werden auch in diesem Jahr faszinierende Einblicke in die Welt der Unterhaltungselektronik, der Informations- und Kommunikationstechnologie, aber auch der Haushaltsgeräte bekommen. Das Spannende ich glaube, das kann ich gleich zu Beginn sagen war besonders die Zusammenlegung von Unterhaltungselektronik und Haushaltsgeräten. Ich glaube, das hat sich sehr bewährt, weil es den gesamten Prozess unserer technischen Entwicklungen sehr gut begleitet.
Die IFA ist das ist sie seit 85Jahren ein Symbol und ein Synonym für Innovation. Viele Innovationen wurden erstmals auf der Internationalen Funkausstellung gezeigt. Ein Glanzlicht war es lohnt sich immer wieder, es zu erwähnen zum Beispiel das erste Fernsehdemonstrationsgerät 1930. Der Siegeszug des Farbfernsehens begann hier. Der erste CD-Player der Welt wurde 1979 auf der IFA vorgestellt. Der Startschuss für das digitale terrestrische Fernsehen folgte 2003. So darf man wohl sagen, dass sich Neuheiten in der Unterhaltungselektronik, der Informations- und Kommunikationstechnik über die und mit der IFA immer wieder Bahn gebrochen haben.
Wir haben immer wieder erlebt, dass viele Dinge sehr schnell Eingang in den Alltag gefunden haben. Aber wir haben auch erlebt, dass manches durchaus eine Weile dauert. Das Thema, das in diesem Jahr noch einmal ganz vorne auf der Agenda steht, nämlich HDTV, ist immerhin schon vor 24Jahren zum ersten Mal auf einer IFA vorgestellt worden. Jetzt beginnt es, sich langsam in das reale Leben hinein zu bewegen. Also selbst in unserer schnelllebigen Zeit muss manches gute Ding doch Weile haben. Wir haben mit der Leichtathletik-Weltmeisterschaft schon ein Zeichen gesetzt. Und wir hoffen, dass die Programme von ARD und ZDF dann 2010, beginnend mit den Olympischen Winterspielen in Vancouver, auch flächendeckend in HDTV übertragen werden. Wir hoffen auch, dass es dann hinreichend viele Menschen geben wird, die davon profitieren können.
Nun ist das mit den neuen Übertragungsmöglichkeiten so eine Sache: Es muss irgendwie auch beim Kunden ankommen. Dazu benötigt man erst einmal zu Hause die richtigen Anlagen. Aber man benötigt auch noch die richtigen Übertragungswege. Deshalb will ich an dieser Stelle noch ein Wort darüber verlieren, dass wir als Bundesregierung ein hohes Interesse daran haben, dass sich die Breitbandverbindungen in der Bundesrepublik Deutschland möglichst schnell Bahn brechen. Das ist für eine City wie Berlin kein Problem. Aber wenn man, wie ich heute, manchmal im Schwarzwald, in der Uckermark oder in meinem Wahlkreis auf der Insel Rügen unterwegs ist, muss man aufpassen, dass der Fortschritt hierbei auch mit dem Schritt hält, was die technischen Entwicklungen mit sich bringen.
So glaube ich, dass es gut gewesen ist, dass die Politik Bund und Länder es jetzt geschafft hat, sich über die rechtlichen Voraussetzungen bei der sogenannten digitalen Dividende zu einigen. Aber wir hoffen auch, dass sich die Anbieter unter den möglichen Frequenzen die richtigen aussuchen und sich schnell an der Versteigerung beteiligen. Es dauert alles sehr, sehr lange. Das liegt nicht etwa nur an den Anbietern, sondern auch an den Regelungen von den Ausschreibungen bis sonst wohin. Es ist aber ein ganz interessanter Punkt, in Bezug darauf Deutschland natürlich modern werden kann und muss, und zwar mit einer flächendeckenden Breitbandversorgung, die sich im nächsten Jahrzehnt Schritt für Schritt qualitativ verbessern muss.
Hierbei das sage ich ganz offen stehen wir vor verschiedenen Herausforderungen. Wir haben kräftige Anbieter, die das machen können. Wir haben auf der anderen Seite das Bekenntnis zum Wettbewerb. Wir haben auch eine Europäische Kommission, die zuerst immer an den Kunden der Ist-Zeit denkt und die Preise für alle heutigen Angebote möglichst senken möchte, um gut herauszukommen, damit aber wiederum Investitionsvolumina für die möglichen Betreiber von solchen Breitbandnetzen stutzt. Das ist ein ganz spannendes Thema, weil zum ersten Mal eine flächendeckend notwendige Infrastruktur nicht vom Staat verlegt oder installiert wird. Aber wir müssen staatliche Rahmenbedingungen schaffen, damit zum Schluss alle Menschen mit dieser Infrastruktur versorgt werden. Wir sind in Deutschland nicht schlecht aufgestellt, aber auch nicht führend auf der Welt. Deshalb müssen wir uns hierbei sputen, wie natürlich auch in vielen anderen Bereichen.
Nun habe ich gehört, dass Sie möchten, dass wir in der Politik einen Zeitraum festlegen, innerhalb dessen wir komplett von analog auf digital umschalten. Damit muss ich mich noch einmal befassen, denn ich möchte nicht Millionen von Protestbriefen darüber bekommen, dass Menschen plötzlich ohne entsprechende Ton- und Bildversorgung sind. Das heißt, das muss sorgfältig geplant werden. Erst einmal muss der Schmerz über den Verlust der Glühbirne beim deutschen Volk verklungen sein, bevor wir sozusagen die nächste Wegnahmebewegung haben. Ich habe nämlich den Eindruck, die Sache mit der Glühbirne ist ungefähr so schmerzlich wie vor Jahren die mit der Postleitzahl. Wir Deutschen machen das, was wir machen, gründlich, und deshalb haben wir das erst einmal geschafft.
Damit bin ich dann auch beim Punkt der Energieeffizienz. Wie manch einer nicht einsehen will, dass die Energiesparlampen eine beträchtliche Energieeinsparung bringen, so haben manche vielleicht auch noch Schwierigkeiten, einzusehen, dass energieeffiziente Geräte sowohl im Bereich der Unterhaltungselektronik als auch des Haushalts von großer Notwendigkeit sind. Allerdings sind die Verkaufszahlen, die Sie eben genannt haben, und die Produktionszahlen doch sehr ermutigend im Hinblick darauf, dass das Kundenbewusstsein gestiegen ist und dass wahrscheinlich auch das Preis-Leistungs-Verhältnis an dieser Stelle attraktiver geworden ist. Wenn sich eine solche Entwicklung einmal Bahn gebrochen hat, dann ist das auch sehr richtig und wichtig.
Ich glaube, wir haben eine Jugend, die in ein neues Zeitalter hineinwächst und die dann auch mühelos den Kühlschrank benutzt, auf dem gleichzeitig der Fernseher, der MP3 -Player und der Computer installiert sind. Das einzige, das noch irgendwie gemacht werden muss, ist, dass der Kühlschrank aufgefüllt wird, dass jemand etwas hineinstellt. Ich vermute, dafür haben Sie noch keine 3-D-Animation, die dem Benutzer die gleiche Freude wie das reale Trinken und Essen macht. Aber die Faszination, vom Bürotisch am Arbeitsplatz aus den gesamten Haushalt regeln zu können, ist wahrscheinlich bei jedem vorhanden. Ich habe heute von der Faszination gelesen, den Braten, wenn man nach Hause kommt, schon fertig in der Röhre zu haben und auch schon die entsprechende klassische Musik eingelegt zu haben, um die notwendige künstlerische Umrahmung zu gewährleisten. Aber irgendwie müssen Sie noch eine Lösung für die Frage finden, wer denn nun den realen Braten in die Röhre hineinschiebt. Das ist noch nicht gelöst. Aber wer weiß, was die IFA in Zukunft noch leisten kann?
Meine Damen und Herren, ich bin sehr froh, dass die Vorzeichen für diese IFA ausgesprochen positiv sind. Ich glaube, diejenigen, die die IFA in diesem Jahr vorbereitet haben, waren sich nicht ganz sicher, wie stark denn die Ausstellungsflächen nun ausgebucht sein werden, in welchem Maße die Aussteller kommen werden und welche Sparprogramme aufgelegt werden. Dass wir sagen können, dass fast wieder das Niveau des Vorjahres erreicht ist, ist ein Superzeichen. Das spricht für Ihre Zuversicht, für Ihr Engagement. Wenn es stimmt, dass Wirtschaft zu 50Prozent auch Psychologie ist, dann wird diese IFA ein positives Zeichen für das sein, was uns in den nächsten Monaten und Jahren hoffentlich wieder an Aufschwung ins Haus stehen wird.
Wir haben als Bundesrepublik Deutschland in diesem Jahr einen erheblichen Wirtschaftseinbruch zu verkraften. Wir sind eine klassische Exportnation. Mit einem Minus in Höhe von fünf oder sechsProzent hat uns die internationale Finanz- und Wirtschaftskrise besonders getroffen. Umso besser ist es, dass wir sagen können: Die deutschen Kunden haben sehr besonnen reagiert dies auch, wie ich glaube, aufgrund von Maßnahmen der Politik, die Brücken gebaut hat, die die Infrastrukturverbesserung angereizt hat und die Steuern und Abgaben gesenkt hat. Das alles hat geholfen. Aber das alles hilft nicht, wenn die Menschen im Lande nicht mitmachen. Das aber ist eingetreten, und davon könne viele von Ihnen auch ein Stück weit profitieren oder haben zumindest geringere Einbrüche zu verzeichnen.
Je besser Sie Ihr Angebot hier präsentieren, umso positiver werden sicherlich auch Ihre Kunden die Entwicklung sehen. Die Faszination der Technik, die Faszination des Neuen und auch die Faszination der Bequemlichkeit, die mit diesen Innovationen verbunden ist, sollten uns helfen, einen Beitrag dazu zu leisten, dass Wachstumskräfte in unserem Land gestärkt werden. Deshalb freue ich mich, dass so viele Aussteller hier sind. Deshalb hoffe ich, dass viele Menschen von der Möglichkeit des Besuchs Gebrauch machen und sich das hier anschauen. Ich freue mich natürlich auch, dass Thomas Gottschalk wieder hier ist und sicherlich ein Publikumsmagnet sein wird.
Ich wünsche dieser IFA einen ganz besonders guten Erfolg. Sie ist eine der IFAs, die in einer Zeit stattfinden, in der die Weltwirtschaft darum ringt, wieder auf feste Beine zu kommen. Wenn die Unterhaltungs- und die Hausgeräteelektronikbranchen gemeinsam einen Beitrag dazu leisten, dass es auf der Welt vorangeht, dann wird sich die IFA noch fester in die historischen Notwendigkeiten des Kontinents und der Welt eingraben. Deshalb: Ein herzliches Willkommen an alle Aussteller, ob aus dem In- oder aus dem Ausland. Ich wünsche Ihnen zufriedene Besucher, gute Geschäfte und alles Gute. Danke, dass ich hier sein darf.