Redner(in): Bernd Neumann
Datum: 25.03.2010

Untertitel: In seiner Redehob Bernd Neumann die Stärken der Berlinischen Galerie hervor und würdigte die Anschaffung des Werkes von Georg Baselitz.
Anrede: Anrede,
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): http://www.bundesregierung.de/nn_1498/Content/DE/Rede/2010/03/2010-03-25-neumann-rede-baselitz,layoutVariant=Druckansicht.html


schon bei meinem ersten offiziellem Besuch im März 2007 anlässlich der Eröffnung einer Ausstellung der Piepenbrock-Sammlung war ich von der Berlinischen Galerie begeistert. Sie bietet ein Panorama der Kunst in Berlin seit 1870 und das auf höchstem Niveau. Es ist sehr interessant zu sehen, wie eng die Kunst aus Berlin mit den internationalen Strömungen der Avantgarde verflochten war und ist. Ich will mich ja nicht mehr als unbedingt nötig in berlinische Diskussionen einmischen und eine neue Kunsthalle wäre sicher wunderbar aber meines Erachtens verfügt die Stadt hier schon über ein Kleinod gerade auch der zeitgenössischen Kunst!

Um ein solches Juwel zum Strahlen zu bringen, bedarf es jedoch einer angemessenen Ausstattung. Insbesondere ein Ankaufsetat ist unerlässlich, um nicht völlig von anderen Geldgebern abhängig zu sein. Ich kann nur empfehlen, die bestehenden Häuser zugunsten von schönen Wunschvorstellungen nicht zu vernachlässigen!

Es ist eine der besonderen Stärken der Berlinischen Galerie, dass sie nicht nur ein leerer "White Cube" ist, sondern auch eine herausragende Sammlung hat. Denn erst durch eigene Bestände wird ein Kontext hergestellt, in den sich auch neue Positionen einordnen lassen.

Sammlungen sind die Schatzkammern unserer Museen das wird oftmals angesichts spektakulärer, aber im Grunde häufig ortsfremder Sonderausstellungen vergessen, die letztendlich die Aufmerksamkeit von den eigenen Beständen abziehen. Vielleicht ist es einer der wenigen Vorteile dieser finanziell klammen Zeiten, dass die Einrichtungen sich wieder auf ihre eigenen Kollektionen besinnen. Doch ich weiß auch, dass der Ankaufsetat schon seit längerem die Achillesferse unserer Museen ist und das gilt nicht nur für die Berlinische Galerie.

Aber resignatives Hände-in-den-Schoß-legen hilft nicht weiter. Wenn das Geld knapp wird, muss man erst recht mit dem Denken anfangen.

Herr Prof. Merkert, Sie haben nicht nur gedacht, sondern auch gehandelt und die Kulturstiftung der Länder und mein Haus davon überzeugen können, dass das Baselitz-Bild "Ein moderner Maler ( Remix )" unbedingt hierher gehört. Und die Kulturstiftung der Länder hat schließlich auch die Deutsche Bahn AG als Förderer mit ins Boot holen können.

Die Berlinische Galerie besitzt ja bereits seit 1991 das Werk "Ein moderner Maler" aus dem Jahr 1966. Damit ist die Berlinische Galerie nun das einzige deutsche Museum, in dem auf Dauer ein bedeutendes Frühwerk des Malers mit einem über 40 Jahre später entstandenen Remix gezeigt werden kann. Ein absolutes Highlight herzlichen Glückwunsch!

Meine Damen und Herren,

laut der internationalen Rangliste "Kunstkompass" des Jahres 2009 ist Georg Baselitz der bedeutendste deutsche Künstler der Gegenwart. Das mag auch daran liegen, dass er sich geradezu demonstrativ nicht für den Zeitgeist interessiert hat. Weder der spontane Ausdruck eines irgendwie gearteten Lebensgefühls noch die Vermittlung von Konzepten oder die Illustration politischen Geschehens waren seine Themen. Ihm geht es immer um handwerkliche Meisterschaft, um gute Malerei oder gute Skulptur.

Lieber Herr Baselitz, Sie haben mit dem Deutsch-Sein gerungen; das war, zumindest früher, außerordentlich wenig trendgerecht. Bei der Eröffnung Ihrer Ausstellung in der Royal Academy of Arts 2007, die Sir Norman Rosenthal kuratiert hat, haben Sie gesagt: Woraus ich nicht entfliehen konnte war Deutschland und Deutscher zu sein … . Man kann sich einfach nicht und sind die Bilder noch so schön davon lossagen, auch durch Emigration nicht ".

Mit Ihren Remix-Bildern sind Sie gleichsam in eine neue Phase dieser Auseinandersetzung eingetreten. Sie reflektieren malend Ihre früheren Werke, und in der Reflexion werden sie transformiert. Das gibt auch uns die Möglichkeit, Ihr früheres Schaffen mit anderen Augen zu sehen. Die Themen bleiben dabei gleich; das ist nur selbstverständlich bei einem Künstler, der sich seiner eigenen Geschichte stets bewusst stellt.

Meine Damen und Herren, ich hoffe sehr, dass die Neuerwerbung, der Berlinischen Galerie zahlreiche, auch neue Besucher beschert und viel Interesse auf dieses besondere Haus lenkt.