Redner(in): Hans Martin Bury
Datum: 17.10.2000
Anrede: Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): http://archiv.bundesregierung.de/bpaexport/rede/98/21998/multi.htm
Diese Fachtagung fällt in eine Zeit des Wandels. Die stürmische Entwicklung des Internet, der Biotechnologie und der Energiewirtschaft - um nur einige Beispiele zu nennen - fordert Unternehmer und Arbeitnehmer, Wirtschaft, Gesellschaft und Politik heraus.
Die Menschen spüren, dass der Strukturwandel Chancen bietet. Sie verbinden mit Veränderung aber auch Sorgen und Ängste.
Orientierung ist daher erforderlich, vor allem aber bedarf es moderner Instrumente, mit denen wir unsere traditionellen Ziele heute und in der Zukunft realisieren können.
Die Ziele haben sich nicht verändert. Aber wir werden neue Wege beschreiten müssen, um sie zu erreichen.
Die New Economy ist Träger und Resultat des beschriebenen Strukturwandels, der uns von der Industrie- zur Wissens- und Informationsgesellschaft führt. Diesem Wandel können und dürfen wir uns nicht entziehen. Es kommt darauf an, ihn zu gestalten.
So wie Maschinenbau- , Elektrotechnik und Fahrzeugbau das vergangene Jahrhundert geprägt haben, werden die neuen Branchen die wirtschaftliche, technologische und gesellschaftliche Entwicklung dieses Jahrhunderts prägen. Neben IT werden dies - soweit das heute absehbar ist - Energiewirtschaft, Biotechnologie und Mikro- bzw. Nanotechnik sein.
Unsere Wirtschaft lebt bis heute von den Basisinnovationen des 19. Jahrhunderts - Maschinenbau, Elektrotechnik und Fahrzeugbau. Bei den Innovationen des 20. Jahrhunderts waren wir zu langsam bei der Umsetzung von Erkenntnissen und Ideen in marktfähige Produkte.
Deshalb haben in der Unterhaltungselektronik und in der Datenverarbeitung Amerikaner und Japaner die Nase vorn.
Heute, beim Zusammenwachsen von Medien, Datenverarbeitung, Informations- und Kommunikationstechnologie werden die Chancen und Märkte noch einmal neu verteilt.
Unser künftiger Rang als eine der führenden Industrie- und Exportnationen hängt davon ab, wie wir die Herausforderung beim Übergang in die Informations- und Wissensgesellschaft bewältigen. Ein wichtiger Vorteil ist die Fähigkeit, klassische Industrieprodukte wie Maschinen oder Automobile durch optimale Nutzung von Informationstechnologien in ihrer Wettbewerbsfähigkeit nachhaltig zu verbessern. Auch dies ist ein Geheimnis unserer Exporterfolge.
Und beim Start in den Zukunftsmarkt mCommerce starten wir in Europa, nicht zuletzt dank einheitlicher Standards und konsequenter Liberalisierung, aus der pole position. Auch beim Content, wie die Inhalte heute heißen, haben wir große Möglichkeiten.
Ich bin überzeugt, dass das 21. Jahrhundert das Online-Jahrhundert ist.
Schon heute ist die IT-Wirtschaft die Wachstumsbranche Nr. 1 in Deutschland.
Seit 1996 beläuft sich das jährliche Wachstum auf durchschnittlich 7 Prozent. ( Prognose für 2000: 8 Prozent ) . Der Umsatz des Informations- und Kommunikationssektors erreichte im letzten Jahr rund 205 Mrd. DM. Schon in fünf Jahren soll die Schwelle von 300 Mrd. DM übersprungen werden, womit der IuK-Sektor der größte Wirtschaftszweig in Deutschland überhaupt wäre.
Heute arbeiten hier 1,8 Millionen Menschen, bis zum Ende dieses Jahrzehnts wird ein zusätzlicher Nettoarbeitsplatzeffekt von bis zu 750.000 zusätzlichen Stellen erwartet.
Auf die Frage im Titel der heutigen Veranstaltung kann die Antwort daher nur lauten: Die New Economy ist eine Jobmaschine.
Hier entstehen zukunftsfähige Jobs, die wir dringend brauchen, um den Wegfall von Arbeitsplätzen in den alten Industrien aufzufangen.
Die Informations- und Kommunikationstechnik ist aber nicht nur ein gigantischer Wachstumsmarkt, sie wird unser Leben und insbesondere die Arbeitswelt revolutionieren.
Bundeskanzler und Bundesregierung haben sich deshalb an die Spitze der Bewegung gesetzt, um Teilhabemöglichkeiten an den Chancen der Informations- und Wissensgesellschaft zu eröffnen.
Grundlage ist das Aktionsprogramm der Bundesregierung "Innovation und Arbeitsplätze in der Informationsgesellschaft des 21. Jahrhunderts".
Für die Bundesregierung geht es darum, den Weg frei zu machen für die Nutzung der Chancen, die sich für Wachstum, Innovation und vor allem für neue Arbeitsplätze auftun. Und Leitplanken zu setzen, damit niemand bei dem rasanten Strukturwandel unter die Räder kommt.
Deutschland kann es sich nicht leisten, nur Durchschnitt zu sein in der Nutzung von Internet und Computer.
War in der Agrargesellschaft Boden und in der Industriegesellschaft Kapital der limitierende Faktor für Wachstum und Beschäftigung, so ist der Erfolgsfaktor der Zukunft der Mensch, seine kreativen Potenziale.
Wir verfügen mit Köpfen und Können über die Rohstoffe des 21. Jahrhunderts.
Durch Versäumnisse von Wirtschaft und Politik der Vergangenheit sind fehlende Fachleute für viele Unternehmen der Hemmschuh für Innovation und Wachstum.
Im Sommer 1999 haben wir uns zusammen mit Euch und der Wirtschaft im Bündnis für Arbeit, Ausbildung und Wettbewerbsfähigkeit auf eine mehrjährige Offensive zum Abbau des Fachkräftemangels in der Informationsgesellschaft verständigt.
Um den kurzfristigen Bedarf an IT-Spitzenkräften zu decken, haben Bundesregierung und die IuK-Wirtschaft darüber hinaus ein Sofortprogramm zur Deckung des IT-Fachkräftebedarfs in Deutschland vereinbart. Beitrag Bundesregierung: BA investiert 1,2 Mrd DM in zusätzliche Qualifikation, Zahl der Hochschulabsolventen verdoppeln, befristete "Greencards" für 20.000 Computerspezialisten von außerhalb Europas; Beitrag Unternehmen: In den nächsten drei Jahren steigt Anzahl der Ausbildungsplätze von 14.000 ( 1998 ) auf 60.000 ( 2003 ) )
Die "Greencard" -Verordnungen sind seit dem 1. August des Jahres in Kraft. Über 2200 Arbeitserlaubnisse wurden inzwischen erteilt. Besonders erfreulich ist, dass 80 % der neuen Arbeitsverhältnisse auf kleine und mittlere Unternehmen entfallen.
Die Bundesregierung hat mit der zügigen Verabschiedung der "Greencard" -Verordnungen ihren Beitrag zur kurzfristigen Deckung des Fachkräftebedarfs in der deutschen IT-Wirtschaft geleistet. Die Verfahren werden vollkommen unbürokratisch abgewickelt; wenn den Arbeitsämtern alle notwendigen Unterlagen vorliegen, wird die Arbeitserlaubnis innerhalb eines Tages ausgestellt.
Nun sind die Unternehmen gefordert. Sowohl was die Nutzung der "Greencard" -Chance angeht, als auch bei der Bereitstellung der zugesagten zusätzlichen Ausbildungsplätze und der Qualifizierung von Mitarbeitern
Die Nutzung des Internet ist nicht nur eine Basisqualifikation, es ist auch eine neue Kulturtechnik, in ihrer Bedeutung Lesen und Schreiben vergleichbar.
Wer nicht zu den Analphabeten der Zukunft gehören will, der muss sich mit den neuen Möglichkeiten vertraut machen. Es darf keine Spaltung der Gesellschaft in User und Loser geben.
Heute haben wir in Deutschland bereits über 20 Mio. Internetnutzer. Das ist mehr als jeder Dritte der 14 bis 69jährigen. Täglich werden es mehr. Das ist gut so. Aber nicht alle haben bisher die Möglichkeiten und die Mittel, sich das neue Medium zu erschließen.
Bundeskanzler Gerhard Schröder hat am 18. September einen Zehn-Punkte-Plan "Internet für alle" vorgestellt, ( Inhalt u. a. : Alle Schulen bis Ende 2001 ans Netz, IT-Führerschein für Arbeitslose, öffentliche Büchereien erhalten einen kostenlosen Internet-Anschluß, eGovernment - BundOnline 2005 ) .
Wir brauchen darüber hinaus als Rüstzeug ein Bildungswesen, das weit besser ist als heute. Denn es geht um mehr als technischen Zugang, es geht um die Fähigkeiten Informationen gezielt auszuwählen und zu bewerten - es geht um Medienkompetenz.
Unsere langfristigen Antworten auf die Herausforderungen heißen daher Bildung und Ausbildung, Forschung und Entwicklung.
Wir haben letzte Woche ein Zukunftsinvestitionsprogramm beschlossen, das aus den Zinsersparnissen durch UMTS-Lizenzeinnahmen gespeist wird, und zusätzliche Mittel für Infrastruktur, Bildung und Forschung zur Verfügung stellt.
Die Politik der Bundesregierung zur Förderung der Informationsgesellschaft ist Teil unserer Strategie zur Modernisierung Deutschlands.
Mit dem Zukunftsprogramm haben wir im vergangenen Jahr den negativen Trend der letzten Jahrzehnte - immer höhere Staatsverschuldung, immer höhere Belastung mit Steuern und Abgaben - gestoppt.
Mit der Haushaltssanierung und den Reformprojekten auf der einen Seite verbessern wir die Chancen für die jungen Menschen in unserer Gesellschaft - und auf der anderen Seite garantieren wir den älteren Menschen die Sicherheit, die ihnen vor dem Hintergrund ihrer Lebensleistung zukommt.
Wer die Zukunft gestalten will, muss die Anforderungen der Gegenwart meistern. Die Haushaltskonsolidierung ist die Grundlage ( Einsparungen im Bundeshaushalt bis 2004 insgesamt über 150 Mrd. DM; bis 2006 ein ausgeglichener Haushalt, ein Haushalt ohne Neuverschuldung. )
Sparen ist für uns kein Selbstzweck. Wir sparen, um unseren Staat handlungsfähig zu erhalten. Für Sozialdemokraten ist Haushaltskonsolidierung ein Gebot der sozialen Gerechtigkeit. Nur sehr Reiche können sich einen handlungsunfähigen Staat leisten.
Wir konsolidieren den Haushalt und senken die Steuern.
Die Steuerzahler werden durch die Steuerreform und das im letzten Jahr verabschiedete Steuerentlastungsgesetz um insgesamt rund 93 Mrd. DM entlastet. Arbeitnehmer, Familien sowie kleine und mittlere Unternehmen sind die Hauptgewinner. Über 60 Mrd. DM kommen privaten Haushalten zugute, um rund 23 Mrd. DM wird der Mittelstand entlastet.
Das ist Geld, das nicht im Geldbeutel bleibt.
Von der Stärkung der Kaufkraft profitieren auch Handel, Handwerk und Gewerbe und die dort Beschäftigten. Eine Politik, die soziale Gerechtigkeit und ökonomische Vernunft verbindet
Ein wichtiger Beitrag zur Modernisierung unseres Landes ist auch die Rentenreform.
Die Notwendigkeit einer umfassenden Reform der gesetzlichen Rentenversicherung ist unbestritten. ( Anpassung an die demografische Entwicklung, die Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt und die gewandelten Erwerbsbiographien ) .
Unser Ziel ist, die Rentenversicherung zukunftssicher zu machen: solidarisch und solide finanziert, aber auch Eigenverantwortung fordernd und fördernd. Die Rentenversicherung muß den jetzigen Rentnern Leistungen garantieren, die ihnen einen sorgenfreien Lebensabend ermöglichen. Anerkennung ihrer Lebensleistung. Sie muß aber auch den jetzigen Beitragszahlern und den jungen Menschen eine Perspektive für ihre eigene Zukunft bieten.
Gerechtigkeit heißt nicht zuletzt auch Generationengerechtigkeit.
Wir wollen den Beitragssatz zur Gesetzlichen Rentenversicherung dauerhaft niedrig halten. Unser Konzept sieht vor, dass der Satz mindestens bis 2020 unter 20 Prozent bleibt. Und anschließend - in der schwierigsten demographischen Phase - 22 Prozent nicht überschreiten soll.
Wir ergänzen das umlagefinanzierte System der GRV um kapitalgedeckte private und betriebliche Altersvorsorge. Wir fordern diese Eigeninitiative nicht nur, wir fördern sie auch: Bürgerinnen und Bürger mit geringen und mittleren Einkommen erhalten eine spürbare Unterstützung beim Aufbau der privaten Zusatzvorsorge.
Ledige bekommen eine jährliche Sparzulage von bis zu 300 DM, bei Verheirateten sind es 600 DM. Für jedes Kind kommen noch einmal 360 DM hinzu. Alternativ dazu kann jeder Versicherte seine Vorsorgeaufwendungen steuerlich absetzen bis zu einer Höhe von 4 % seines rentenversicherungspflichtigen Entgelts, maximal 4.000 DM bei Ledigen und 8.000 DM bei Verheirateten. Es gilt das jeweils Günstigere ( Beispiel: Verkäuferin, Teilzeitkraft, alleinerziehende Mutter mit 2 Kindern. 15.000 DM brutto p. a. , 4 % = 600 DM, 300 DM staatlicher Zuschußs 360 DM pro Kind. Von 1.320 DM Sparrate zahlt sie nur 300 DM selbst ) .
Mit der Ergänzung des Umlageverfahrens durch kapitalgedeckte Systeme der privaten und betrieblichen Altersvorsorge schaffen wir die Verbindung von Altersvorsorge, Investitionen und Wirtschaftsdynamik.
Wir schaffen endlich den Einstieg in die Realisierung der traditionellen Forderung nach Beteiligung der Arbeitnehmer am Produktivvermögen. Die Altersvorsorge soll sich nicht länger allein auf Abgaben auf Arbeit stützen. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sollen am Produktivitätsfortschritt der Wirtschaft partizipieren.
Zugleich verleihen wir dem Kapitalmarkt neue Impulse, verbessern die Finanzierungsbedingungen für Start ups, für schnell wachsende HighTech- und Dienstleistungsunternehmen und damit für neue Beschäftigungschancen. Ein über lange Jahre unterentwickelter Kapitalmarkt war eine der Ursachen für die mangelnde Beschäftigungsdynamik in Deutschland.
Der Erfolg des Neuen Marktes unterstreicht eindrucksvoll, welches Potenzial in diesem Segment steckt. Eine kürzlich veröffentlichte Studie von Roland Berger & Partner prognostiziert, dass die Zahl der Arbeitsplätze bei den am Neuen Markt notierten Unternehmen bis Ende 2002 um mehr als 100.000 auf dann über 270.000 Stellen zunehmen wird
Die New Economy stellt nicht nur Anforderungen an die Politik, sondern auch an die Gewerkschaften.
Der Faktor Mensch wird in der Informationsgesellschaft immer wichtiger. Das Kapital der IT-Unternehmen besteht nicht in erster Linie aus Immobilien oder Maschinen - ihr Kapital sind die Kreativität und Leistungsfähigkeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Wenn ich junge IT-Unternehmen besuche, dann bin ich längst nicht mehr überrascht, wenn dort Kinder rumspringen. Weil viele Unternehmen auf das berufliche Engagement von Eltern nicht verzichten können und wollen, schaffen sie das, wozu Länder und Gemeinden in Deutschland vielerorts aus Desinteresse oder ideologischer Blockade nicht bereit oder in der Lage zu sein scheinen - eine vernünftige Ganztagesbetreuung für Kinder.
Hier treffen sich Unternehmensinteresse und gesellschaftliches Engagement; ebenso wie in der Initiative D 21, die sich zum Ziel gesetzt hat, den Weg in die Informationsgesellschaft zu ebnen.
Das ist für mich ein Musterbeispiel von public private partnership, ein wichtiger Schritt auf dem Weg vom Vater Staat zum Partner Staat. Ebenso wie das Bündnis für Arbeit, Ausbildung und Wettbewerbsfähigkeit. Denn gemeinsam definieren wir Ziele und vereinbaren, wie jede Seite dazu beiträgt, diese Ziele zu erreichen. Das ist nicht weniger als ein neuer Politikstil in Zeiten der New Economy.
Doch zu einer kritischen Bestandsaufnahme gehört auch die Feststellung, dass der Anteil der Unternehmen im IT-Sektor, die nicht gewerkschaftlich organisiert sind, sehr hoch ist. Und nur 8 der 50 Unternehmen des NEMAX 50 haben einen Betriebsrat.
Dies liegt zum Teil daran, dass die Mitarbeiter der Unternehmen der New Economy auch neue Wege der Mitbestimmung gehen. Und ich fürchte, dass diese selbstbewussten Arbeitnehmer manch gut gemeinten Kinospot nicht als Werbung für die Gewerkschaftsidee sondern als Bestätigung tief sitzender Vorurteile wahrnehmen.
Denn für sie ist der Unternehmer nicht Gegner sondern Ziel. Sie gründen keinen Betriebsrat, sondern beteiligen sich an den Unternehmen und verstehen sich als Miteigentümer. Sie wollen an den Chancen partizipieren und sind bereit, dafür Risiken zu übernehmen.
Das liegt aber auch an Defiziten im bestehenden Betriebsverfassungsgesetz. Angesichts der Verschärfung des nationalen und internationalen Wettbewerbs, des beschleunigten technologischen und wirtschaftlichen Wandels der Arbeitswelt - insbesondere des Trends zum Outsourcing - ist das jetzige Betriebsverfassungsgesetz nicht mehr auf der Höhe der Zeit. Bundesregierung und Gewerkschaften sind sich deshalb einig in der Notwendigkeit, das seit 25 Jahren praktisch unveränderte Betriebsverfassungsgesetz zu modernisieren.
Ziel der Reform ist die Schaffung einer modernen und flexiblen Betriebsverfassung, die dazu beiträgt, die Erosion der betrieblichen Mitbestimmung in den Unternehmen zu stoppen.
Derzeit können Betriebsräte ihre Aufgaben als Folge der zunehmenden Umstrukturierung von Unternehmen oftmals nicht mehr erfüllen - oder es werden überhaupt keine Betriebsräte gebildet. Wir wollen praxisnahe und flexible Regelungen für maßgeschneiderte Mitbestimmungsstrukturen möglich machen.
Die Bildung von Betriebsräten soll durch die Vereinfachung des Wahlverfahrens erleichtert werden. Dies ist besonders für Klein- und Mittelbetriebe von Bedeutung, in denen die Bildung eines Betriebsrats die Ausnahme ist. Derzeit gibt es gerade mal in 4 % der Betriebe mit 5 bis 20 Beschäftigten einen Betriebsrat.
Außerdem wollen wir die Beteiligungsrechte des Betriebsrates insbesondere bei Fragen der Beschäftigungssicherung und Qualifizierung der Beschäftigten stärken. Und schließlich sollen die Arbeitsmöglichkeiten des Betriebsrates verbessert werden. Im Zeitalter der "New Economy" halten wir auch eine breite Nutzung der neuen Medien durch die Betriebsräte für erforderlich.
Auch die Gewerkschaften werden sich diesen neuen Anforderungen stellen müssen. Ihr müßt die Beschäftigten der New Economy von der Notwendigkeit einer organisierten Interessenvertretung überzeugen. Gesetzesänderungen wie die von uns angestrebte Novellierung des Betriebsverfassungsgesetzes können hier nur flankierend wirken.
Eine Eurer Antworten auf IT-Wirtschaft und New Economy wird die Gründung der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft sein. Damit ist sichergestellt, dass das Prinzip "ein Betrieb, eine Gewerkschaft" auch für die New Economy gelten wird.
Eine wichtige Antwort war die Einbeziehung von Telearbeit. Eine weitere Antwort könnte angesichts der dynamischen Entwicklung darin liegen, nicht alte Strukturen zu konservieren sondern Menschen in die Lage zu versetzen, neue Herausforderungen zu bestehen. Auch junge Unternehmen werden älter.
Die New Economy ist noch mehr als manche traditionelle Branche auf eine Gesellschaft angewiesen, in der die Menschen ihre Fähigkeiten ausbilden und nutzen können. Und in der sie teilhaben - am Haben und Sagen.
Die Gewerkschaften haben mit der angestrebten Gründung der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft die Herausforderung angenommen. Sie wollen den sozialen Dialog weiter prägen und Motor für sozialen Fortschritt bleiben.
Für den Fusionsprozeß Eurer fünf Gewerkschaften wünsche ich Euch viel Erfolg. Ihr habt jetzt die große Chance, Börsen und Banken zu beweisen, dass in Deutschland Fusionen erfolgreich verlaufen können.