Redner(in): Bernd Neumann
Datum: 12.08.2011

Untertitel: In seiner Rede hob Kulturstaatsminister Bernd Neumann das Deutsche Filminstitut als eines der modernsten Filmhäuser inEuropa hervor undwies auf den außerordentlichen Beitrag Frankfurts für die kulturelle Landschaft Deutschlands hin.
Anrede: Anrede,
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): http://www.bundesregierung.de/nn_1498/Content/DE/Rede/2011/08/2011-08-12-neumann-dt-filminstitut,layoutVariant=Druckansicht.html


erst vor wenigen Wochen habe ich an der Eröffnung der Jubiläumsausstellung des Museums für Moderne Kunst teilgenommen, Frau Gaensheimer ist ja heute auch anwesend, und nun feiert hier am Main mit dem Deutschen Filmmuseum schon die nächste herausgehobene Kulturinstitution ein freudiges Ereignis! Ich habe gelesen, dass sich meine damalige Wortschöpfung vom "Frankfurt-Effekt" ja mittlerweile zum geflügelten Wort entwickelt hat, und ich stehe dazu: Ausstellungshäuser von höchstem Rang reihen sich hier in unvergleichlicher Dichte aneinander.

Heute wie damals, zu Gründungszeiten den Museumsufers, setzt Frankfurt Maßstäbe. Keine andere Stadt in Deutschland kann mit Frankfurt in Konkurrenz treten, was den prozentualen Anteil der Ausgaben für die Kultur im Haushalt angeht, der drittgrößte Posten nach Sozialem und Bildung.

Solches Engagement ist vorbildlich, gerade in diesen Zeiten, in denen immer wieder und vor allem in den Kommunen! daran gedacht wird, Haushaltslöcher durch das Sparen bei der Kultur zu stopfen. Nur: Gerade diese Ausgaben mit ihrem geringen Anteil am Gesamtetat eignen sich am allerwenigsten, um Haushalte zu sanieren!

Ich sage immer wieder gern: Kultur ist nicht das Sahnehäubchen, sondern die Hefe im Teig! Sie ist die Grundlage unseres Zusammenlebens, sie schafft Identität, sie setzt Prozesse in Gang, auf die eine weltoffene und aufgeklärte, demokratische Gesellschaft nicht verzichten kann.

Der Bund trägt dann besonders gerne zum Ausbau der kulturellen Infrastruktur bei, wenn auch vor Ort Kunst und Kultur geschätzt und hochgehalten werden auch wenn es finanziell mal enger zugeht. Das deutsche Filminstitut mit dem Deutschen Filmmuseum ist für mich so ein Glücksfall des Kulturföderalismus; so stelle ich mir kooperativen Föderalismus vor.

Es waren bei der Sanierung und dem Umbau mit Bund, Land, Kommune und zahlreichen privaten Förderern sozusagen alle Kräfte mit im Boot, die dafür sorgen, dass Deutschland eine Kulturnation ist und bleibt. Das Deutsche Filminstitut, das wir heute quasi rundum erneuert eröffnen können, wird schon seit 1955 dauerhaft durch den Bund gefördert.

Seit den Tagen der jungen Bundesrepublik wird hier an der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit dem Medium Film, seiner Vermittlung und seiner Bewahrung für das kulturelle Gedächtnis unseres Landes gearbeitet.

Mehr Museumfläche und vor allem eine brandneue Medienpädagogik machen es nun zu einem der modernsten Filmhäuser in Deutschland und ganz Europa. Das Deutsche Filminstitut, das 2006 mit dem Filmmuseum fusionierte, gehört zu den Gründungsmitgliedern des Kinematheksverbunds, zu dem unter anderen das Bundesarchiv und die Stiftung Deutsche Kinemathek gehören, die ebenfalls durch den Bund finanziert werden.

Eine besonders zu nennende Leistung des Deutschen Filminstituts ist das Filmportal. In einer europaweiten Vorreiterrolle hat das DIF hier eine frei verfügbare Datenbank geschaffen, die heute mit ihren Daten zu über 76.000 Filmen und 170.000 Personen die gesamte Filmografie unseres Landes abbildet. Das Deutsche Filminstitut mit seiner besonderen Kenntnis in Sachen Digitalisierung ist darüber hinaus im Kompetenzzentrum für die Deutsche Digitale Bibliothek, die durch mein Haus betreut wird, für den Bereich der "Bewegten Bilder" zuständig.

Die Filmarchivierung

ist ein heißes, besser "teures" Eisen, und wir stehen erst am Anfang eines medialen Umwälzungsprozesses, dessen Ausmaße wir noch gar nicht abschätzen können.

Gleichwohl hat es sich die Bundesregierung zur Aufgabe gemacht, das Filmerbe zu bewahren und es systematisch für unsere Generation und nachfolgende Generationen nutzbar zu machen mit dem Deutschen Filminstitut haben wir einen sehr sachkundigen Partner.

Meine Damen und Herren,

mit dem Deutschen Filminstitut sind zwei Personen verbunden, die ich sehr schätze. Mit der Direktorin Claudia Dillmann habe ich viele Jahre in der Jury des Deutschen Filmpreises gesessen und kenne Ihre Sachkunde wie auch ihr leidenschaftliches Engagement für den Film, insbesondere auch für den osteuropäischen Film. Das alljährliche Festival "go east" ist ein erfolgreicher Beleg dafür.

Liebe Claudia Dillmann, es ist ein Glück, Sie als Vollblut-Cineastin in der Verantwortung für dieses Haus zu wissen! Ich danke Ihnen für Ihre erfolgreiche Arbeit.

Sie, lieber Hilmar Hoffmann, haben als Bremer ohnehin schon meine Sympathie. Seit fast 25 Jahren sind Sie Verwaltungsratsvorsitzender des Deutschen Filminstituts. Nicht nur in generellen Fragen der Kultur, sondern auch in Puncto Film waren Sie ein Visionär und haben nicht nur viele Entwicklungen des DIF geprägt, sondern sich auch um die Filmpolitik in Deutschland verdient gemacht.

In Ihrer Zeit als Frankfurter Kulturdezernent haben Sie erstmals das Kino den anderen Künsten gleichgestellt, indem sie es als Aufgabe der städtischen Politik definierten, dass das Kommunale Kino und sein kulturelles Programm ebenso zu fördern seien wie Theater, Oper und Museen.

Dies, verehrter Hilmar Hoffmann, war neben vielen anderen eine herausragende Pioniertat mit weit reichenden Folgen. Sie haben das Kino auch als Bildungsstätte etabliert. Dafür und für Ihre langjährige Tätigkeit und Verbundenheit als Verwaltungsratsvorsitzender des DIF darf ich Ihnen heute meinen herzlichen Dank aussprechen.

Meine Damen und Herren,

es ist bekannt, dass ich mich seit Jahren leidenschaftlich für den Film, insbesondere den deutschen Film engagiere.

Für mich ist der Film, und zwar besonders der Kinofilm, nicht irgendein mediales Machwerk, sondern ein ästhetisches Gebilde, ein Kunstwerk. Er konserviert eine im Prinzip unendliche Anzahl von Momenten, er ist Bild-Kunst, die sich in der Zeit entfaltet. Wir alle wissen natürlich, Film ist mehr als Dokumentation. Mit dem Film können wir die Welt sinnlich erfassen. Der Film macht Ungehörtes hörbar, Ungesehenes sichtbar und diffus Gefühltes fühlbar. Das bewegte Bild ist mächtig und magisch zugleich.

Auf der Leinwand erhalten unsere Zeit und unsere alltäglichen Lebensumstände eine ganz neue, eben eine ästhetische Präsenz. Der Kinofilm, also der Film für die "Große Leinwand", weist gegenüber anderen Formaten der Wiedergabe wie dem Fernsehbildschirm besondere Qualitäten auf; er ist von größerer visueller Eindringlichkeit. Das macht die Faszination des Kinos aus.

Der Kinofilm ist und bleibt ein Kulturgut besonderer Art und das gemeinschaftliche Erleben des Films im Kino ebenso. Das Kino in der Fläche, im ländlichen Raum, ist häufig das einzige Zentrum kultureller Kommunikation, und deshalb muss es erhalten werden; und aus diesem Grund unterstützen wir ja auch insbesondere die kleinen Kinos bei der notwendigen Digitalisierung.

Ohne öffentliche Förderung ist der deutsche Film nicht lebensfähig genauso wie die Mehrzahl der Theater und Orchester nicht.

Sie alle haben die öffentliche Förderung verdient, da bin ich ganz einer Meinung mit Hilmar Hoffmann.

Meine Damen und Herren,

schon auf den ersten Blick zeigt sich, dass hinter der historischen denkmalgeschützten Fassade hier ein modernes Haus entstanden ist. Nicht nur architektonisch verbindet es Vergangenheit und Gegenwart. Auch in seiner Arbeit schlägt es eine Brücke: von den Vorläufern des Kinofilms, über die ganze Filmgeschichte bis hin zu aktuellen digitalen 3D-Filmen.

Ich wünsche dem Deutschen Filminstitut und allen seinen Mitarbeitern auch weiterhin viel Erfolg!