Redner(in): Bernd Neumann
Datum: 19.08.2011

Untertitel: In seiner Rede zur Wiedereröffnung der Bremer Kunsthalle hob Kulturstaatsminister Bernd Neumann die Kunsthalle als kulturelles Juwel hervor und verwies auf die besondere Bedeutung des Bremer Kunstvereins. Ebenso würdigte er diehervorragende Arbeit des scheidenden Direktors Wulf Herzogenrath.
Anrede: Anrede,
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): http://www.bundesregierung.de/nn_1498/Content/DE/Rede/2011/08/2011-08-19-neumann-bremer-kunsthalle,layoutVariant=Druckansicht.html


heute ist ein wunderbarer Tag für die Kultur in Bremen die Kunsthalle öffnet nach etwas mehr als zwei Jahren Bauzeit wieder ihre Türen! Unsere Kunsthalle ist ein kulturelles Juwel, sie hat nationalen ja internationalen Rang, sie besitzt eine hochwertige Sammlung. Hier wird glänzende Arbeit geleistet. Bei denjenigen, die verlässlich und konstant zum guten Ruf unserer Stadt beitragen, steht die Kunsthalle durch ihre Bedeutung an erster Stelle.

Ich bin schon etwas stolz darauf, dass ich zweimal 1996 als Bremer Bundestagsabgeordneter und jetzt als Kulturstaatsminister bewirken konnte, dass der Bund sich an der Sanierung und Erweiterung der Kunsthalle beteiligt.

Dabei kann ich Ihnen versichern: Es ist die absolute Ausnahme, dass der Bund einen Museumsbau fördert, der nicht wie bei den Staatlichen Museen in Berlin oder der Kunst- und Ausstellungshalle in Bonn zu seinen eigenen Einrichtungen zählt. Warum also die Bremer Kunsthalle?

Der naheliegende Grund meine bremische Herkunft reicht als Erklärung nicht aus und überzeugt auch die Haushälter im Bundestag nur bedingt, die eine Summe von 10 Millionen Euro bewilligt haben. Das wirklich überzeugendste Argument für das Engagement des Bundes neben der nationalen und internationalen Bedeutung ist das einzigartige bürgerschaftliche Engagement, das diese Kunsthalle trägt.

Hier wird nicht nur in Ausnahmesituationen wie große Baumaßnahmen es sind Verantwortung übernommen, für die man erfahrungsgemäß eher Förderer findet, sondern vor allem auch für den laufenden Betrieb. Der Bremer Kunstverein als Träger mit seinen 7.000 Mitgliedern ist ein einzigartiges Beispiel für eine seit über 100 Jahren ungebrochene Tradition bürgerlichen Mäzenatentums.

Das Land Bremen zahlt weniger als die Hälfte des benötigten Geldes als Zuschuss und der Kunstverein garantiert für rund 60 % des jährlichen Etats von circa 5 Millionen Euro. Hierdurch wird der Staat entscheidend entlastet bei einer Aufgabe, die eigentlich seine wäre so wie das im Übrigen in vielen anderen Städten Deutschlands der Fall ist.

Der Erweiterungsbau konnte schließlich nur durch die herausragende Großzügigkeit von Friedrich und Peter Lürßen sowie der Karin und Uwe Hollweg-Stiftung Realität werden. Ich nutze den heutigen Tag dazu, den Mitgliedern des Kunstvereins, dem Vorstand, aber insbesondere den Familien Lürßen und Hollweg meinen allerherzlichsten Dank und meine Anerkennung auszusprechen! Sie machen sich um die Kultur in Deutschland verdient.

Meine Damen und Herren,

wir haben heute allen Grund zum Feiern auch wenn die Schätze der Sammlung noch auf der Reise sind, auf die Wulf Herzogenrath sie geschickt hat. Über 200 Kunstwerke haben während des Umbaus der Kunsthalle den Ruf Bremens in die ganze Republik hinaus getragen.

In dieser zurückliegenden Zeit habe ich als Kulturminister eine Vielzahl von Museen in Deutschland besucht; immer wieder bin ich dabei auf Leihgaben unserer Kunsthalle gestoßen, was einen Bremer natürlich mit ein wenig Stolz erfüllt.

22 Museen insgesamt waren Gastgeber darunter Schwergewichte wie die Hamburger Kunsthalle, die Liebermann-Villa in Berlin oder die Alte Pinakothek in München.

Lieber Wulf Herzogenrath,

schon 1984, als Sprecher der deutschen Kunstvereine, haben Sie mit dem Projekt "Kunstlandschaft Bundesrepublik" in 48 Kunstvereinen einen einzigartigen Ausstellungsreigen realisiert. Von 2004 bis 2006 haben Sie ein umfassendes Projekt der zu meinem Haus zählenden Kulturstiftung des Bundes zum Thema Videokunst kuratiert und damit die Aufmerksamkeit auch auf die Schwierigkeit des Erhalts dieser zeitgenössischen Kunstgattung gelenkt.

Die Lust, Kunst an Mann und Frau zu bringen, hat fast zwangsläufig zur Folge, dass Ihr beruflicher Werdegang, lieber Professor Herzogenrath, von großen Ausstellungen und große Baustellen gleichermaßen geprägt wurde.

Das gilt für Ihre Arbeit im Leitungsteam der documenta 6 und 8 wie für Ihre Tätigkeit als Hauptkustos der Nationalgalerie Berlin, für die Sie in den aufregenden Jahren nach der Wiedervereinigung unter anderem die Ausstellungshalle für zeitgenössische Kunst, den "Hamburger Bahnhof", konzipiert haben alles Projekte, die zu meinem jetzigen Verantwortungsbereich gehören.

In den 17 Jahren Ihrer Amtszeit haben Sie, lieber Herr Herzogenrath, die Bremer Kunsthalle zu dem gemacht, was sie heute ist: Das Kunst-Wunder an der Weser! Zweimal haben Sie große Umbauarbeiten auf sich genommen, und Sie haben uns in Bremen Block-Buster-Ausstellungen wie der "Blaue Reiter","Van Gogh: Felder","Monet und Camille" und "Paula in Paris" beschert, die jeweils hundertausende von Besuchern angezogen.

Diese Kunsttouristen wären ohne diese Ausstellungen kaum nach Bremen gekommen. Die Kunsthalle ist sozusagen ein Alleinstellungsmerkmal der Hansestadt, und sie ist ein hervorragendes Beispiel dafür, dass Kunst und Kultur harte Standortfaktoren sind, die nicht nur kosten, sondern auch Geld in die Stadt bringen!

Meine Damen und Herren,

mit seinem profunden Wissen über die Gegenwartskunst hat Wulf Herzogenrath die Kunsthalle darüber hinaus wieder ein Stück weit zu dem gemacht, was sie ursprünglich sein sollte: Ein Spiegel auch der zeitgenössischen Kunst.

Er knüpft damit an das überaus erfolgreiche Wirken des ersten Direktors Gustav Pauli an, der 15 Jahre die Kunsthalle leitete. Was Pauli damals ankaufte die großen Impressionisten und die damals noch verkannte Paula Modersohn-Becker, die ich selbst sehr verehre war ähnlich spektakulär wie die Installation von Nam Jun Paik, die Wulf Herzogenrath erworben hat.

Immer ist Wulf Herzogenrath der Spagat zwischen wissenschaftlicher Forschung, ansprechender Präsentation und gewieftem Management gelungen.

Meine Damen und Herren,

überall in der Kultur in Deutschland kennen die Leute, denen ich begegne, Wulf Herzogenrath; sein Name hat einen ausgezeichneten Klang.

Lieber Herr Herzogenrath,

Sie werden Ihrem Nachfolger ein gut bestelltes und sozusagen nagelneues Haus auf höchstem technischen und künstlerischen Niveau hinterlassen. Für Ihr langjähriges erfolgreiches Wirken für die Kultur in Bremen, aber auch in Deutschland danke ich Ihnen von Herzen. Der Kunsthalle Bremen wünsche ich auch in der Zukunft viel Erfolg.