Redner(in): Monika Grütters
Datum: 26. Juli 2015

Untertitel: "Die Attraktivität der Kulturstadt Bayreuth kann mit diesem Museum zusammen mit dem Markgräflichen Opernhaus, dem Schloss Eremitage, dem Neuen Schloss und nicht zuletzt natürlich den Festspielen nur gewinnen." betonte Monika Grütters in ihrer Rede.
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): https://www.bundesregierung.de/Content/DE/Rede/2015/07/2015-07-26-gruetters-wagner-museum.html


Die Attraktivität der Kulturstadt Bayreuth kann mit diesem Museum zusammen mit dem Markgräflichen Opernhaus, dem Schloss Eremitage, dem Neuen Schloss und nicht zuletzt natürlich den Festspielen nur gewinnen." betonte Monika Grütters in ihrer Rede.

Anrede Früher oder später werden alle an Wahnfried Beteiligten an Wahnfried verrückt ". Dieser Satz aus einem ZEIT-Artikel von 2012 dürfte hier in der Gegend fast schon den Charakter einer Volksweisheit haben. Und Volksweisheiten sind dann am schönsten, wenn sie offenkundig widerlegt werden.

Das kann zwar manchmal dauern. Tatsächlich ist die Geschichte des frisch sanierten Gebäudes, das wir hier heute mit seinen Erweiterungsflächen einweihen, ein schöner Beweis für unseren gelebten kooperativen Föderalismus.

Werk und Wirkungsgeschichte Richard Wagners sind so sehr in unsere jüngere deutsche Geschichte und auch deren Abgründe verstrickt wie die kaum eines anderen Komponisten. Die Auseinandersetzung mit der Ambivalenz in Person und Werk des großen Künstlers steht stellvertretend für die Herausforderungen im Umgang mit unserer Kulturtradition.

Ich habe noch den Klang des Tristan im Ohr - wir haben das gestern ja gehört. Die emotionale Intensität des berühmten Tristan-Akkords - das ist ein Gipfel kompositorischer Emotionalität, der wohl einmalig ist.

Und der Mann, der das geschaffen hat? Was war das für ein Mensch, der wegen seiner Beteiligung an der Revolution 1848 aus Sachsen fliehen musste, der das frühkapitalistische System kritisierte und später dennoch zum Günstling eines Königs aufstieg?

Wer war dieser Mann, der mit jüdischen Künstlern und Helfern zusammenarbeitete und dennoch ein übles und folgenschweres Pamphlet über "Das Judenthum in der Musik" gleich zweimal ( 1850/1869 ) veröffentlichte, in dem er Juden die Fähigkeit absprach, sich in der Kunst "schaffend zu erweisen" ?

Wenn wir Antworten auf solche Fragen suchen, dann suchen wir sie unter anderem an dem Ort, an dem das Erbe des Künstlers bewahrt wird. Ein solch authentischer Ort sollte, ja muss die Villa Wahnfried, die frühere Wohnstätte der Familie Wagner, der heutige Sitz des Richard-Wagner-Museums und des Richard-Wagner-Nationalarchivs sein.

Das war eines der Motive für die Mitwirkung des Bundes beim Ankauf des Richard-Wagner-Archivs und der Gründung der Richard-Wagner Stiftung 1973, als es im Übrigen darum ging, das Erbe Richard Wagners im Lande zu halten und die Kulturschätze, die hier in Bayreuth verwahrt und präsentiert werden, aktiv zu machen für die kulturelle Selbstvergewisserung unseres Landes, unserer Kulturnation. So sieht Kulturgutschutz aus.

Auch der Bund hat dann 2012 für die "große Lösung" der Sanierung der Villa Wahnfried mit dem Erweiterungsbau gestimmt und den ursprünglich für die "kleine Lösung" vorgesehenen Beitrag von 500.000 Euro aus Mitteln des Konjunkturprogramms auf 3,5 Mio. Euro aufgestockt, damit der hohe Anspruch an eine zeitgemäße museale Präsentation und verantwortungsvolle wissenschaftliche und archivalische Arbeit eingelöst werden kann.

Der Impuls zur Sanierung ist aber von der Stadt Bayreuth ausgegangen. Ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich würdigen, dass die Stadt bereit war, in einer Finanzierungsvereinbarung aller Partner die Garantie für die Finanzierung etwaiger Mehrkosten zu übernehmen. Ich weiß, dass nicht Sie es waren, liebe Frau Merk-Erbe, die diese Vereinbarung unterzeichnete sondern ihr Vorgänger. Aber Sie haben immer zu dieser Verpflichtung gestanden und immer wieder Ihre Kolleginnen und Kollegen im Rat überzeugt, trotz schwieriger finanzieller Lage der Stadt diese Mehrlasten zu übernehmen. Vielen Dank dafür. Mit Projektmitteln wird auch der Bund helfen, wo er kann.

Ich wünsche Ihnen von Herzen, dass sich dieses Engagement auszahlt! Denn die Attraktivität der Kulturstadt Bayreuth kann mit diesem Museum zusammen mit dem Markgräflichen Opernhaus ( UNESCO Weltkulturerbe in Sanierung ) , dem Schloss Eremitage, dem Neuen Schloss und nicht zuletzt natürlich den Festspielen nur gewinnen. Alle diese Kulturstätten, meine Damen und Herren, sie sind das Strahlen im Gesicht Ihrer Stadt.

Der Weg bis zur heutigen Eröffnung des Richard-Wagner-Museums war nicht nur von strahlender Einigkeit geprägt. Der verantwortungsvolle Umgang mit der wechselvollen Geschichte des Hauses, mit dem Erbe Richard Wagners aber auch seiner Familie, die bis heute in den Gremien der Richard Wagner-Stiftung aktiv und engagiert ist, hat zu manchen Diskussionen und schließlich auch zu Änderungen der Planungen geführt. Das letztlich war ein guter und notwendiger Prozess.

Ich bin nun sehr neugierig, wie die neue Architektur von Volker Staab im Verbund mit den sanierten historischen Gebäuden das Versprechen einlöst, das sich der erste Besitzer dieses Grundstücks wie zur Ermunterung 1874 in die Fassade meißeln ließ: "Hier, wo mein Wähnen Frieden fand".

Für die Schöpfer großer Kulturleistungen gilt wohl: ganz haben sie weder das Genie noch das Risiko ihres zuweilen wahnsinnigen Könnens unter Kontrolle. Beides kann lange nachwirken.

Kulturpolitik aber ist für die Rahmenbedingungen zuständig, damit Neues entstehen und ein altes, so komplexes wie wertvolles Erbe bewahrt und immer wieder für das Selbstverständnis der Kulturnation aktiviert werden kann. In diesem Sinne haben wir gemeinsam nicht mehr, aber auch nicht weniger als die baulichen Voraussetzungen für eine neue Qualität der Museums- und Archivarbeit geschaffen. Die Inhalte, die neuen Ideen werden von der Einrichtung und ihren Mitarbeitern kommen müssen.

Das herauszufordern und mit zu ermöglichen, bleibt eine Aufgabe der Richard-Wagner Stiftung. Ganz sicher wird die Lebens- und Schaffensstätte dieses bedeutenden Komponisten wieder zu einem wichtigen Anziehungspunkt für die Wagner-Gemeinde, für Wissenschaftler und für ein breites Publikum!

Dazu wünsche ich Ihnen allen hier sehr viel Erfolg! Möge also hier unser aller "Wähnen" und Wünschen Frieden und Freude finden!