Redner(in): Michael Naumann
Datum: 31.03.1999

Anrede: Anrede,
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): http://archiv.bundesregierung.de/bpaexport/rede/08/11808/multi.htm


Frage: As federal Minister of culture, what are your priorities to promote culture and cultural affairs in your country?

Naumann: Meine Aufgaben bestehen darin, die kulturpolitischen Kompetenzen des Bundes zu bündeln, als Impulsgeber und Ansprechpartner für die Kulturpolitik zu wirken und mehr Transparenz für die Bundesausgaben im Bereich Kunst und Kultur herzustellen. Wesentliche Ziele meiner Politik sind die kulturelle Förderung der Hauptstadt Berlin und der neuen Ländern, die Förderung des deutschen Films im Rahmen europäischer und internationaler Kooperation, die Erhaltung der Buchpreisbindung sowie - in enger Zusammenarbeit mit anderen Ministerien - Novellierungen im Stiftungs- , Medien- und Urheberrecht. Da alle Kulturpolitik direkt oder indirekt vom Erinnern handelt, stellt auch die Gedenkstättenarbeit in Deutschland einen Aufgabenschwerpunkt dar. Zur Zeit wird in Abstimmung mit den Ländern eine neue Gedenkstättenkonzeption erarbeitet.

Ein Projekt, das mir besonders am Herzen liegt, ist die Gründung einer Stiftung "Künstler und Autoren im Exil" in Zusammenarbeit mit dem PEN und "Writers in Prison", zur Unterstützung politisch verfolgter Autoren, Maler, Komponisten und Regisseure.

Frage: Considering German specifities do you think that the experiments worked out in other European countries ( such the U. K. , Italy, France, Belgium, Portugal... ) could also prove useful in your country and to what extent?

Naumann: Ich bin sehr interessiert an einem Austausch von Erfahrungen mit meinen europäischen Kollegen und sehe darin eine wichtige Voraussetzung für gegenseitiges Verständnis. Gerade jetzt, da Europa politisch, sozial und ökonomisch immer mehr zusammenwächst, ist es notwendig, die kulturelle Dimension des Einigungsprozesses zu stärken. Die Mittlerfunktion des Europarates und der Europäischen Union hat dabei einen hohen Stellenwert.

Frage: What should the European Union do to promote culture and what role should the European Union play?

Naumann: Europa muß mehr sein als eine Wirtschafts- und Währungsunion. Deshalb ist es auch notwendig, die kulturelle Dimension der europäischen Integration immer wieder zu unterstreichen. Folgerichtig ist ein Kulturartikel in den EG-Vertrag aufgenommen worden, durch den die Gemeinschaft mit einschlägigen Kompetenzen ausgestattet wird. Dabei handelt es sich nicht um die Definition einer einheitlichen EU-Kulturpolitik, sondern vielmehr um einen Beitrag zur Entfaltung der Kulturen der Mitgliedstaaten. Auch nach dem Inkrafttreten des Amsterdamer Vertrages verbleiben die Zuständigkeiten für die Kulturpolitik bei den Mitgliedstaaten, ihren Ländern, Regionen und Kommunen.

Wie bereits erwähnt ist die Aufrechterhaltung der grenzüberschreitenden Buchpreisbindung ein wichtiges Ziel. Der Rat hat einstimmig den zuständigen EU-Kommissar für Wettbewerbsfragen gebeten, dem EG-Vertrag entsprechend neben wirtschaftlichen Kriterien auch kulturelle Aspekte zu berücksichtigen. Ich bin zuversichtlich, daß so eine einvernehmliche Lösung gefunden wird, die dem Doppelcharakter des Buches als Kultur- und Wirtschaftsgut gerecht wird und sicherstellt, daß die grenzüberschreitende Buchpreisbindung in Europa grundsätzlich erhalten bleibt. Entsprechende Verhandlungen finden derzeit zwischen der Kommission und den beteiligten Buchhandelsverbänden statt.

Schließlich hat die Europäische Kommission einen Bericht zur "Berücksichtigung kultureller Aspekte in anderen Gemeinschaftspolitiken" angekündigt. Dieser Bericht wird Aufschluß darüber geben, welchen Stellenwert die Kultur in der Politik der EU tatsächlich einnimmt - z. B. bei den Strukturfonds der Gemeinschaft. Der Kulturministerrat könnte daraus gegebenenfalls Schlußfolgerungen ziehen für eine stärker kulturbezogene Nutzung strukturpolitischer Förderinstrumente. Vor dem Hintergrund der Neuordnung der Strukturfonds ist dies von besonderer Aktualität.