Redner(in): Michael Naumann
Datum: 01.04.1999

Anrede: Anrede,
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): http://archiv.bundesregierung.de/bpaexport/rede/15/11815/multi.htm


Frage: Worin sehen Sie Ihre Aufgabe als Staatsminister für Kultur? Welche Rolle spielt dabei die Musikindustrie?

Naumann: Meine Aufgaben sehe ich darin, die kulturpolitischen Kompetenzen des Bundes zu bündeln, als Impulsgeber und Ansprechpartner für die Kulturpolitik zu wirken und mehr Transparenz für Kunst und Kultur herzustellen. Es geht mir vor allem um einen offenen Dialog zwischen Kunst und Politik. Dabei ist die Wirtschaft - auch die Musikindustrie - ein wichtiger Partner. Ein großes Aufgabenfeld liegt außerdem darin, die Rahmenbedingungen für Komponisten, Interpreten und die Musikindustrie insgesamt zu sichern und zu verbessern.

Frage: Welche Ziele haben Sie sich für Ihre Amtszeit gesetzt?

Naumann: Wesentliche Ziele sind die kulturelle Förderung der Hauptstadt Berlin, die Förderung kultureller Projekte in den neuen Ländern, die Novellierung des Stiftungsrechts, die Erhaltung der Buchpreisbindung, Novellierungen im Bereich des Medien- und Urheberrechts und die Förderung des europäischen Films. Da alle Kulturpolitik direkt oder indirekt vom Erinnern handelt, stellt auch die Förderung der Gedenkstättenarbeit in Deutschland ein wichtiges Ziel dar. Zur Zeit wird in Abstimmung mit den Ländern eine neue Gedenkstättenkonzeption erarbeitet.

Frage: Das Amt des Staatsministers für Kultur ist eine neu geschaffene Position, dessen Aufgaben bislang von anderen Ministerien wahrgenommen worden sind. Wie werden zukünftig die Aufgaben aufgeteilt, ohne daß es zu Kompetenzüberschneidungen zwischen den einzelnen Ressorts kommen wird?

Naumann: Mit dem Beauftragten der Bundesregierung für Angelegenheiten der Kultur und der Medien und seiner Ansiedlung beim Bundeskanzler hat die Koalition der Kultur in der Bundespolitik einen neuen und herausgehobenen Stellenwert eingeräumt. Dies bedeutet gleichzeitig eine Abkehr von der bisherigen Praxis, kulturelle Aufgaben des Bundes auf mehrere Bundesministerien, die überwiegend andere Ressortaufgaben wahrzunehmen haben, zu verteilen. Das betrifft insbesondere die Bereiche Film und Filmindustrie sowie die Hauptstadtkultur. Die auswärtige Kulturpolitik ist weiterhin Aufgabe des Auswärtigen Amtes. Hier gilt zwischen dem Außenminister und mir die Absprache, daß wir uns in allen wichtigen Fragen, die die Kultur betreffen, vertrauensvoll abstimmen. Gerade im Hinblick auf das zusammenwachsende Europa ist es notwendig, ein besonderes Augenmerk auf die Vielfalt der Kulturen zu legen und die kulturelle Dimension des europäischen Einigungsprozesses zu stärken. Deshalb engagiere ich mich auf europäischer Ebene für die Interessen der deutschen Kultur. Kompetenzüberschneidungen gibt es dabei nicht.

Frage: Wie sehen die ersten Reaktionen auf den Beginn Ihrer Amtszeit aus? Haben Sie den Eindruck, daß Nachholbedarf besteht?

Naumann: Es gibt einen hohen Erwartungsdruck, da der Staatsminister für Kultur und Medien eine neue Einrichtung ist. Trotz anfänglicher Bedenken im Hinblick auf den Förderalismus ist mein Amt in der Öffentlichkeit und bei den Medien überwiegend positiv aufgenommen worden. Da jedoch die Zuständigkeiten zwischen Bund und Ländern klar geregelt sind und ich die Kulturhoheit der Länder nicht nur respektiere, sondern, wo es möglich ist, sogar gestärkt sehen möchte, besteht keinerlei Konkurrenzverhältnis. Gleichwohl war es überfällig, die kulturpolitischen Kompetenzen des Bundes - wie oben dargestellt - zusammenzufassen.

Frage: Welche Mittel stellen Sie 1999 zusätzlich für kulturelle Förderungen zur Verfügung?

Naumann: Ich hoffe sehr, das Parlament wird den Plänen der Bundesregierung zustimmen, die Hauptstadt-Kulturförderung in diesem Jahr um 60 auf 120 Millionen DM zu verdoppeln. Für die Förderung kultureller Einrichtungen und Projekte in den neuen Ländern sind im Regierungshaushalt 1999 zusätzliche 120 Millionen DM vorgesehen.

Frage: Das Zurückdrängen des Musikunterrichts an den allgemeinbildenden Schulen wird oft beklagt. Welche Möglichkeiten sehen Sie, dieser Entwicklung entgegenzusteuern?

Naumann: Auch ich halte die musikalische Bildung und Erziehung unserer Kinder für sehr wichtig und beobachte den Rückgang des Musikunterrichts an den Schulen mit Sorge. Wo sich mir die Gelegenheit bietet, gebe ich dieser Sorge Ausdruck. Auf Bundesebene haben wir nur die Möglichkeit, immer wieder die Bedeutung der musischen Bildung für die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen deutlich zu machen. Doch liegt es in der Verantwortung der Länder, dem Musikunterricht seinen ihm gebührenden Stellenwert einzuräumen. Im Mittelpunkt sollte dabei die Ausbildung der Lehrer stehen, denn sie müssen den Kindern und Jugendlichen schließlich die besondere Sprache der Musik vermitteln.