Redner(in): Monika Grütters
Datum: 13. September 2015

Untertitel: "Über eine Million Denkmäler gibt es in Deutschland", stellte Grütters fest. Dieses kulturelle Erbe zu bewahren, sei eine große gesamtstaatliche Verantwortung. Dafür stelle der Bund erhebliche Mittel bereit. Zugleich sei das bürgerschaftliche Engagement von unschätzbarem Wert für den Denkmalschutz.
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): https://www.bundesregierung.de/Content/DE/Rede/2015/09/2015-09-13-gruetters-tag-des-offenen-denkmals.html


Über eine Million Denkmäler gibt es in Deutschland ", stellte Grütters fest. Dieses kulturelle Erbe zu bewahren, sei eine große gesamtstaatliche Verantwortung. Dafür stelle der Bund erhebliche Mittel bereit. Zugleich sei das bürgerschaftliche Engagement von unschätzbarem Wert für den Denkmalschutz. Segensvolle Fußstapfen" - so hat August Hermann Francke, der Gründer der Franckeschen Stiftungen, seine Schrift genannt, in der er von der Verwirklichung seines Lebenswerks berichtet. Zu den "segensvollen Fußstapfen", denen man in Halle folgen kann, gehört heute das - auch aus Mitteln meines Hauses unterstützte - großartige Ensemble frühmoderner Sozial- und Bildungsarchitektur der Franckeschen Stiftungen.

Auch viele weitere imposante Baudenkmäler unterschiedlichster Epochen machen Halle zu einer würdigen Gastgeberin der bundesweiten Eröffnung des Tages des offenen Denkmals, nicht zuletzt auch die Stätten der Salzarbeiter im "Thale zu Halle" : sie erzählen über "Handwerk, Technik, Industrie" - so das Motto des Denkmaltages 2015 - als Teil unserer Kultur.

Hier wie an anderen Orten des Landes sind uns die repräsentativen künstlerischen ebenso wie die technischen Baudenkmäler heute als kulturelles Erbe anvertraut. Über eine Million Denkmäler gibt es in Deutschland - eine ungeheure Zahl und eine große gesamtstaatliche Verantwortung! Erhebliche Bundesmittel aus Denkmalschutzprogrammen und zur Förderung kultureller Leuchtturm-Einrichtungen helfen, unser nationales kulturelles Erbe für künftige Generationen zu bewahren. Auch die Stätten der Industriekultur aus den letzten Jahrhunderten sind architektonisch bemerkenswert und prägen das Gesicht vieler Städte und Regionen in Deutschland. Sie geben oftmals als weithin sichtbare Landmarken kulturelles Zeugnis von der industriellen Hochphase des 19. und 20. Jahrhunderts. Auch "Handwerk, Technik und Industrie" verdienen darum in der Denkmalpflege unsere besondere Aufmerksamkeit!

All diese Denkmäler zu erhalten, würde die finanzielle und organisatorische Leistungsfähigkeit des Staates jedoch überfordern. Deshalb ist das bürgerschaftliche Engagement für den Denkmalschutz und die Denkmalpflege von so unschätzbarem Wert. Unglaublich viele Menschen in Deutschland übernehmen aus persönlicher Begeisterung und Liebhaberei heraus Verantwortung. Es gibt kaum einen Bereich in der Kultur, in dem dieses Bürger-Engagement so groß und so offensichtlich ist. Denkmäler sind populär: Oft sind es gerade die Immobilien, historische Bauten, die bürgerschaftliches Engagement mobilisieren. Das Engagement von Menschen, die vor Ort alte Gebräuche pflegen und "ihre" Denkmäler durch verantwortungsvolle Nutzung dauerhaft erhalten, begeistert mich immer wieder.

Ihr Einsatz, meine Damen und Herren, lohnt sich nicht nur wegen der Freude, die damit verbunden ist - die haben Sie sicher auch und gerade hier alle schon einmal verspürt, wenn Sie sich die Zeit genommen haben, Ihre Kulturschätze und die Ergebnisse Ihrer gemeinsamen Anstrengungen anzuschauen. Der Deutschen Stiftung Denkmalschutz danke ich, dass sie in bewährter Weise den diesjährigen Tag des offenen Denkmals bundesweit organisiert hat. Er verspricht - wie immer - anregend, überraschend und lehrreich zu sein.

Ein lebendiges Kulturleben ist für Städte und Regionen oft ein großer Ansporn:

Dies sind zum einen wirtschaftliche Vorteile. Die staatliche Unterstützung denkmalpflegerischer Maßnahmen durch den Bund und die Länder zieht in nennenswertem Umfang Folgeinvestitionen nach sich. Sie stärkt dadurch in der Region das Handwerk und mittelständische Unternehmen - wir gehen hier von einem Faktor von mindestens 2 bis 3 aus. Die Bundesregierung wird daher auch weiterhin deutliche Akzente beim Denkmalschutz setzen.

Kulturdenkmäler machen aber vor allem unser kulturelles Gedächtnis sichtbar. Sie spiegeln unsere Identität und unsere Heimat. Sie sind die Stimme einer Region im Konzert der Kulturlandschaften und Länder. Sie führen aber auch unterschiedliche Einflüsse und Perspektiven auf die Welt zusammen - und wirken damit dann wieder über die Region hinaus.

Eine Besinnung auf die kulturellen und historischen Wurzeln des Kontinents als Kern unserer Identität ist Voraussetzung für das Gelingen des "europäischen Projekts". Deshalb wollen wir 2018 auf EU-Ebene ein ganzes Jahr dem Thema "Kulturelles Erbe" widmen. Gerade in dieser Woche hat das Europäische Parlament unsere Idee ausdrücklich aufgegriffen und empfiehlt, das Europäische Jahr des Kulturerbes 2018 auszurufen, damit auch künftige Generationen stärker für die Werte des europäischen Kulturerbes und für dessen Schutz sensibilisiert werden können. Während des Europäischen Jahres des kulturellen Erbes werden das bauliche Erbe und darunter immer auch die Industriedenkmäler ein Ausgangspunkt für Bildungs- und Vermittlungsarbeit und für Integration sein. Unsere Denkmäler sind der sichtbarste Ausdruck unserer gemeinsamen europäischen Kulturgeschichte - und zugleich tagtäglicher Begleiter auf unseren Wegen in den Fußstapfen unserer Vorgänger.

Der Tag des offenen Denkmals ist so etwas wie das prächtige Schaufenster unserer vielfältigen Bau- und Kulturgeschichte. Er lädt zu Streifzügen durch die Vielfalt unseres Landes ein und fördert das Bewusstsein für die Bedeutung unseres kulturellen Erbes. Auf den Spuren der Franckeschen "segensvollen Fußstapfen", die in Halle so zahlreich erhalten geblieben sind, wünsche ich allen Besucherinnen und Besuchern anregende Wegstrecken am Tag des offenen Denkmals 2015! Die Wege gehen müssen wir freilich noch selbst, wie schon der berühmteste Sohn Halles, Georg Friedrich Händel wusste: "Man muss lernen, was zu lernen ist, und dann seinen eigenen Weg gehen."