Redner(in): Hans Martin Bury
Datum: 01.03.2001

Untertitel: In seiner Rede zieht StM Bury eine Zwischenbilanz der bisherigen Arbeit der Bundesregierung und skizziert die anstehenden Aufgaben.
Anrede: Sehr geehrte Frau Koppenhöfer,(Vorsitzende der Wirtschaftsjunioren Heilbronn-Franken),sehr geehrte Damen und Herren,
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): http://archiv.bundesregierung.de/bpaexport/rede/26/32826/multi.htm


als Unternehmer sind sie es gewohnt, Leistungen und Entwicklungsperspektiven in Form von Bilanzen und Prognosen darzustellen. Ich will - dieser Systematik folgend - eine Zwischenbilanz der bisherigen Arbeit der Bundesregierung ziehen und die vor uns liegenden Aufgaben skizzieren.

Unsere Eröffnungsbilanz 1998, die Abschlussbilanz unserer Vorgänger:

Rekordverschuldung, Rekordarbeitslosigkeit, Rekordbelastung von Bürgern und Unternehmen mit Steuern und Abgaben. Reformstau und Stillstand in Politik und Wirtschaft kennzeichneten die Situation. Angst vor Veränderung - die "German Disease" war Gegenstand zahlreicher Kommentare. Wir standen vor der "challenge of change".

Seitdem haben wir vieles auf den Weg gebracht. Große, notwendige Reformprojekte, mit denen wir die Herausforderungen annehmen, die seit Jahren - weitgehend im Konsens - benannt aber nicht angepackt wurden.

Dabei gibt es ein verbindendes Element, das sich wie ein roter Faden durch unsere Reformpolitik zieht: Zukunftsfähigkeit. Zukunftsfähigkeit ist für mich das verbindende innovative Element sozialdemokratischer Reformpolitik: Der Mut zu einer Politik, die Gerechtigkeit auch als Generationengerechtigkeit begreift. Und entsprechend handelt.

Manchmal, wenn ich so durch die Republik toure, denke ich für kurze Augenblicke etwas neidvoll an die Vertreter der alten Politikergeneration. Die mit dem Scheckbuch durchs Land zogen von Bargeld nicht zu reden und immer etwas mitbrachten.

Dieser alte Politikstil war lange Zeit populär, auf allen Ebenen. Bis die Menschen merkten, dass das ihr Geld ist, und dass sie es mit Zins und Zinseszins zurückzahlen müssen.

Es war anfangs nicht einfach, und es war nicht ganz sicher, ob es gelingen würde, Mehrheiten für eine Politik zu gewinnen, die Verantwortung für die Zukunft übernimmt.

Doch es ist nicht nur in erstaunlich kurzer Zeit gelungen; Zukunftsfähigkeit wurde zum Markenzeichen der Regierung Schröder.

Inzwischen spricht niemand mehr von "deutscher Krankheit". Wir haben die politische Stagnation überwunden und den Reformstau in Deutschland aufgelöst. Heute kennzeichnen Optimismus und Aufbruch die Stimmung.

Heute Vormittag hat der DIHT die Ergebnisse seiner Frühjahrsumfrage zu den konjunkturellen Erwartungen der Unternehmen veröffentlicht. Fazit: Die Unternehmen sehen die "beste Wirtschaftslage seit der Wiedervereinigung".

Der wirtschaftliche Aufschwung hat - wie jeder Erfolg - viele Väter. Eine der entscheidenden Voraussetzungen ist jedoch ohne Zweifel die Politik der Bundesregierung.

Grundlage ist unsere Finanzpolitik. Wir konsolidieren den Bundeshaushalt. Unser Ziel ist ein Haushalt ohne Neuverschuldung bis 2006. Wir wollen Geld nicht für Zinsen auf Schulden der Vergangenheit bezahlen müssen, sondern in Zukunft investieren. Statt Zinsen an Banken zu bezahlen, investieren wir ersparte Zinsen in Schulbänke, in Bildung, Forschung und Infrastruktur.

Man muss sich nur ansehen, wie wir jetzt im neuen Haushalt das Geld investieren, das wir an Zinsen sparen, weil wir konsequent Schulden abbauen: 6 Milliarden DM zusätzlich für die Bahn,

2,7 Milliarden zusätzlich für den Straßenbau,

1,8 Milliarden zusätzlich für Forschung und Entwicklung und

1,5 Milliarden DM zusätzlich für Energiesparmaßnahmen.

Davon profitiert auch Baden-Württemberg. Allein 372 Mio. DM erhält das Land aus dem Programm für den Ausbau von Umgehungsstraßen. Und mit dem Anti-Stau-Programm der Bundesregierung wird beispielsweise der sechsspurige Ausbau der A6 zwischen Mannheim und Heilbronn finanziert.

Unser Zukunftsprogramm ist eine Investition in die Zukunft Deutschlands. Wir fahren hier eine Reformdividende ein, die wir in Mobilität, in Umweltschutz, in Innovation investieren.

Zukunftsfähig ist auch unsere Steuerpolitik. Mit der deutlichen Senkung der Steuersätze und einem Entlastungsvolumen von 93 Mrd. DM haben wir, so "impulse","die größte Steuerentlastung, die je eine Bundesregierung zu Stande gebracht hat" verwirklicht und damit die Signale für Investitionen, Wachstum und Beschäftigung gesetzt.

Mit unserer Steuerreform entlasten wir Arbeitnehmer und Familien, Unternehmer und Handwerker.

Leistung lohnt sich wieder.

Mit der Unternehmensteuerreform haben wir die Investititionsbereitschaft der Unternehmen und damit ihre Wettbewerbsfähigkeit entscheidend gestärkt. Das schafft weitere Arbeitsplätze.

Die Reduzierung der Arbeitslosigkeit ist das zentrale Ziel dieser Bundesregierung.

Und wir kommen voran:

Die Arbeitslosigkeit sinkt. Im letzten Jahr, für das die Regierung Kohl von Januar bis Dezember Verantwortung trug, lag die Zahl der Arbeitslosen im Jahresdurchschnitt bei rund 4,6 Mio. Menschen. In diesem Jahr wird sie um rund 1 Mio. niedriger sein. Gleichzeitig sind 2,2 Mio. neue Jobs entstanden. Die Zahl der Beschäftigten hat mit 39 Mio. den höchsten Stand seit der Wiedervereinigung erreicht.

Haushaltskonsolidierung und Steuerreform sind wichtige Grundlagen für ein ökonomisch und sozial stabiles Deutschland. Aber um die Zukunftsfähigkeit Deutschlands zu sichern, müssen wir noch mehr tun. Notwendig ist ein anderer, ein effizienterer Umgang mit den Ressourcen. Insbesondere in den Bereichen Verkehr und Energie sind neue Weichenstellungen in Richtung Zukunftsfähigkeit dringend nötig.

Die Ölpreisschwankungen haben deutlich gemacht, dass wir zu abhängig sind. Abhängig vom Rohölpreis, von einem internationalen Kartell, von einem knappen Rohstoff, der, wenn nicht heute oder morgen, so übermorgen noch knapper und damit teurer wird.

Die Industriegesellschaft des 20. Jahrhunderts basierte auf der Ausbeutung fossiler Rohstoffe, auf der Illusion, sie stünden unbegrenzt zur Verfügung. Wir werden nicht umhin kommen, Energieeffizienz zu steigern und regenerative Quellen zu erschließen.

Die IT Entwicklung zeichnet nach meiner Überzeugung vor, welchen Weg wir auch im Energiebereich erfolgreich beschreiten können. Und gewinnen werden - wie meist - diejenigen, die voran gehen.

Wie rasant technologische Neuerungen voranschreiten, zeigt uns gerade die Informationstechnik. Der riesige Großrechner, der der NASA für die erste Mondlandung zur Verfügung stand, hatte weniger Rechenleistung als heute jedes normale Handy.

So wie wir vom Großrechner über die mittlere Datentechnik zu vernetzten PC bzw. mobilen Anwendungen kamen, werden wir von Großkraftwerkstechnologien über dezentrale Lösungen zu einem Internet von Kleinststromproduzenten bzw. Energieproduzenten kommen. Wir können diesen Markt erobern.

Er wird, neben Biotechnologie, IT und vielleicht Mikro- bzw. Nanotechnik, dieses Jahrhundert vermutlich genauso wirtschaftlich, technologisch und gesellschaftlich prägen, wie dies Maschinenbau, Elektrotechnik und Fahrzeugbau im vergangenen Jahrhundert taten.

Um einen nachaltigen, zukunftsfähigen Umgang mit Ressourcen geht es auch bei der Neuorientierung der Agrarpolitik.

Die BSE-Krise zeigt exemplarisch, dass die bisherige Agrarpolitik und Lebensmittelproduktion in Europa in eine Sackgasse geraten sind. So wie bisher kann es nicht mehr weitergehen. Eine kurze Geschichte, die ich neulich hörte, mag das unterstreichen:

Da fing ein Praktikant seine Arbeit in einem modernen deutschen Schweinemastbetrieb an. Der Landwirt zeigt ihm seinen 3000er-Stall mit automatischer Fütterung und allen Schikanen zur effizienten Mast seiner Schweine. Dann führt er ihn an einen Stall mit Auslauf und artgerechter Haltung und Fütterung und erklärt: "Das sind die 30 Schweine, die wir essen - wir hier auf dem Hof und meine Freunde."

Das Beispiel zeigt, was ich meine, wenn ich von einer Neuorientierung der Landwirtschaft spreche.

Es reicht nicht aus, bei der Aufdeckung und Bekämpfung der aufgetretenen Missstände und Krankheiten stehen zu bleiben.

Wir müssen neue Perspektiven für eine andere, verbraucherfreundliche Landwirtschaft entwickeln.

Die Chancen dafür stehen gut.

In einem Gespräch, dass ich kürzlich gemeinsam mit der Kollegin Künast und Spitzenvertretern der Landwirtschaft, der Ernährungsindustrie, des Handels, der Gewerkschaften und Verbraucherschützer geführt habe, haben alle Seiten ihren Willen für eine Neuausrichtung der Landwirtschaft unterstrichen. Die Chance, wirkliche Veränderungen herbeizuführen, ist groß. Jetzt kommt es darauf an, sie zu nutzen.

Zuallererst müssen wir das Vertrauen der Verbraucher in die Lebensmittelerzeugung wiederherstellen. Dazu brauchen wir Transparenz - von der Wiese bis zur Ladentheke. Der Verbraucher muss nachvollziehen können, woher die Nahrungsmittel stammen.

Und wir müssen neue Produktionsstandards setzen: Qualitätssiegel für umwelt- und naturschonende Produktion und eine artgerechte und flächengebundene Tierhaltung. Kurzfristig sind damit ernorme Anstrengungen und Umstrukturierungen verbunden, langfristig wird sich diese Politik für alle lohnen.

Langfristige Tragfähigkeit ist auch das Stichwort für die Modernisierung der Altersvorsorge. Die Notwendigkeit einer umfassenden Reform der gesetzlichen Rentenversicherung ist unbestritten. Das Umlageverfahren allein kann die demografische Entwicklung, die Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt und die gewandelten Erwerbsbiographien nicht aufnehmen.

Unser Ziel ist, die Rentenversicherung zukunftssicher zu machen: Solidarisch und solide finanziert, aber auch Eigenverantwortung fordernd und fördernd. Die Rentenversicherung muss den jetzigen Rentnern Leistungen garantieren, die ihnen einen sorgenfreien Lebensabend ermöglichen. Dabei geht es neben dem finanziellen Aspekt auch um die Anerkennung ihrer Lebensleistung. Sie muss aber auch den jetzigen Beitragszahlern und den jungen Menschen eine Perspektive für ihre eigene Zukunft bieten.

Gerechtigkeit heißt nicht zuletzt auch Generationengerechtigkeit.

Mit unserem Gesetzentwurf sorgen wir für einen fairen Ausgleich zwischen den Interessen der Rentner und der Beitragszahler. Unser Konzept sieht vor, dass der Beitragssatz bis 2020 unter 20 % bleibt. Und anschließend - in der schwierigsten demographischen Phase - 22 % nicht überschreiten soll.

Wir ergänzen das umlagefinanzierte System der gesetzlichen Rentenversicherung um kapitalgedeckte private und betriebliche Altersvorsorge. Damit schaffen wir die Verbindung von Altersvorsorge, Investitionen und Wirtschaftsdynamik. Die Spargelder der Versicherten werden dem Kapitalmarkt neuen Schub verleihen.

Wir fordern Eigeninitiative und wir fördern sie: Bürgerinnen und Bürger mit geringen und mittleren Einkommen erhalten eine spürbare Unterstützung beim Aufbau der privaten Zusatzvorsorge.

In der Endstufe der Reform werden wir die private Altersvorsorge mit rund 20 Milliarden DM fördern. Eine Familie mit zwei Kindern und einem Jahreseinkommen von 60.000 DM bekommt dann - wenn sie monatlich 90 DM anspart - , vom Staat 110 DM Sparförderung dazu!

Für uns bemisst sich die Qualität des Sozialstaates sich nicht an den Milliarden, die er bewegt, sondern an den Problemen, die er löst; den Teilhabemöglichkeiten, die er eröffnet. Es geht um die Effizienz und Treffsicherheit der eingesetzten Mittel. Und um das Ziel eines aktivierenden Staates - im Unterschied auch zur traditionellen Vorstellung vom starken Staat - der nicht nur Lasten für Schwächere zu schultert, sondern die Schwachen selbst stark macht.

Um Teilhabe geht es auch bei der Reform der betrieblichen Mitbestimmung. Man kann über die Ausgestaltung des Betriebsverfassungsgesetzs unterschiedlicher Ansicht sein, aber eines ist klar: Das Betriebsverfassungsgesetz ist nicht mehr zeitgemäß, es stammt aus den 70er Jahren, aus der Zeit der klassischen Industriegesellschaft. Den Anforderungen einer modernen Wissens- und Informationsgesellschaft wird es nicht mehr mehr gerecht. Angesichts der tiefgreifenden Veränderungen der Wirtschaft besteht hier Reformbedarf.

Wir haben deshalb einen Gesetzentwurf eingebracht, der die betriebliche Mitbestimmung an die Erfordernisse der modernen Berufswelt anpasst.

Wir packen die Reform des Betriebsverfassungsgesetzes an, weil wir wissen, dass gerade in Zeiten des Wandels die betriebliche Mitbestimmung ein wichtiger Faktor ist, um neue Herausforderungen zu meistern und notwendige Umbrüche in den Unternehmen sozial verträglich durchzuführen.

Deutschland hat gut ausgebildete, flexible und selbstbewusste Arbeitnehmer. Wenn es stimmt, dass das größte Kapital eines Unternehmens seine Mitarbeiter sind, dann ist es nur folgerichtig, diesen Mitarbeitern auch unter gewandelten betrieblichen Rahmenbedingungen die Teilhabe am Haben und Sagen zu sichern. Nur wenn die Menschen teilhaben können, werden sie ihre Kreativität und ihre Leistungsfähigkeit optimal für die Modernisierungsaufgaben einbringen können.

Darum geht es uns, nicht um mehr Bürokratie, sondern um mehr Demokratie.

Wir wollen, dass die Menschen optimistisch in die Zukunft blicken können, wir wollen, dass sie keine Existenzängste haben müssen. Die Menschen sollen teilhaben können, gute Bedingungen finden, ihre Fähigkeiten auszubilden, ihre Ideen zu verwirklichen.

Dazu gehört, dass Beruf und Familie kein Gegensatz sein dürfen. Wir haben deshalb einen gesetzlichen Anspruch auf Teilzeitarbeit eingeführt. Wir orientieren uns dabei an den Erfolgen unserer niederländischen Nachbarn. Alle voreiligen Kritiker kann ich nur ermuntern: Setzen Sie auf best practice statt auf worst case.

Der Erziehungsurlaub kann flexibler gehandhabt werden. Das Kindergeld haben wir deutlich erhöht. Alles wichtige Maßnahmen, die jungen Paaren die Entscheidung für Kinder erleichtern. Entscheidend ist jedoch, das es gelingt, ein flächendeckendes bedarfsorientiertes Angebot an Kinderbetreuungseinrichtungen aufzubauen.

Wir können es uns nicht leisten, vielen gut qualifizierten Frauen den Zugang zur Erwerbsarbeit zu erschweren, weil sie sich noch immer viel zu oft zwischen Familie und Berufstätigkeit entscheiden müssen. Kinderhorte und Ganztagesschulen sind ein Gebot der Chancengerechtigkeit. Für Kinder und Eltern. Für Frauen und Männer.

Wenn ich in jungen Internet-Unternehmen bin, wundere ich mich schon lange nicht mehr, dass dort Kinder spielen. Kluge Unternehmerinnen und Unternehmer bieten ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Kinderbetreuungsmöglichkeiten und innovative Arbeitszeitmodelle.

Wenn von Zukunftsfähigkeit die Rede ist, müssen Bildung und Ausbildung in den Mittelpunkt der Diskussion gerückt werden. War in der Agrargesellschaft Boden, in der Industriegesellschaft Kapital der limitierende Faktor für Wachstum und Beschäftigung, so ist der Erfolgsfaktor der Zukunft der Mensch, seine kreativen Potenziale. Wir verfügen mit Köpfen und Können über die Rohstoffe des 21. Jahrhunderts.

In der Informations- und Wissensgesellschaft wird die Qualifikation vor dem Faktor Kapital die Ressource sein, auf die sich Erfolg gründet; individueller Erfolg und der Erfolg einer Volkswirtschaft, eines Landes.

Doch die Rohstoffe Wissen und Qualifikation sind, anders als fruchtbare Felder oder ergiebige Kohleflöze nicht ortsgebunden.

Bildung und Ausbildung sind deshalb entscheidende Faktoren für die Zukunftsfähigkeit unseres Landes. Investitionen in diesem Bereich sind der wohl wichtigste Beitrag, Wettbewerbsfähigkeit zu sichern.

Welchen Stellenwert Bildung bei uns einnimmt, zeigt sich schon daran, dass wir seit Regierungsantritt den Etat des Bundesministeriums für Bildung und Forschung - trotz unserer Sparpolitik - kontinuierlich erhöhen. In den Bereichen, in denen der Bund bildungspolitische Verantwortung trägt, geht es voran. Wir investieren in unsere Hochschulen und machen sie wieder zukunftsfähig.

Die Mittel für Hochschulbau haben wir auf insgesamt 2,15 Mrd. DM erhöht. Wir starten mit zusätzlichen 275 Mio. DM die "Zukunftsinitiative Hochschule". Damit fördern wir u. a. das virtuelle Studium und steigern die Attraktivität unserer Hochschulen für die besten Köpfe im In- und Ausland.

Wir verbessern aber nicht nur die Qualität der Bildung, wir geben auch mehr Menschen die Möglichkeit davon zu profitieren. Zum 1. April haben wir die BAföG-Reform auf den Weg gebracht.

Jährlich werden wir mehr als eine Mrd. DM zusätzlich hier investieren. ( Gegenüber 1998 verdoppeln sich die Ausgaben fast ) . Über 80.000 junge Menschen werden so zusätzlich einen BAföG-Anspruch erhalten. Und wir erleichtern die Förderung von Auslandssemestern, weil wir wollen, dass mehr junge Leute einen Teil Ihres Studiums im Ausland verbringen.

Und wir wollen auch, dass Menschen aus anderen Ländern nach Deutschland kommen, um hier ihre Ideen zu verwirklichen und damit zusätzliche Arbeitsplätze zu schaffen. Mit der Greencard haben wir einen ersten Schritt gemacht. Aber die Greencard ist mehr als nur die schnelle und flexible Lösung eines Problems, das aus Versäumnissen von Wirtschaft und Politik in der Vergangenheit resultiert. Diese Initiative hat zu einer Öffnung, einer Internationalisierung beigetragen, zu der es in einer globalisierten Wirtschaft keine Alternative gibt. Dabei geht es zum Einen darum, dringend benötigte Fachkräfte kurzfristig zu gewinnen. Es geht jedoch vor allem darum, internationale Netzwerke zu knüpfen.

Wir brauchen in Deutschland wieder ein Bildungswesen, das weit besser ist als heute. Ein Bildungswesen, das sich auch einem internationalen Wettbewerb mit Erfolg stellen kann.

Wichtige Teile der Eliten in Südostasien und Lateinamerika haben in Deutschland studiert. Das heißt, sie kennen unser Land, schätzen unsere Kultur, beherrschen unsere Sprache und pflegen gerne den Kontakt. Wir müssen wieder dahin kommen, dass Deutschland für die Begabten, die Kreativen das attraktivste Ziel ist.

Eine Politik der Abschottung und der Mobilisierung von Ressentiments gegen eine vernünftig gesteuerte Zuwanderung bedroht konkret Menschen in diesem Land und behindert Wachstum und Beschäftigung.

Über die Green Card-Regelung sind inzwischen über 5.500 ausländische Spezialisten zu uns gekommen. Diesen Ansatz werden wir weiterverfolgen und auf andere Branchen ausdehnen. Gleichzeitig müssen wir aber auch für entsprechende Ausbildung und Qualifizierung in Deutschland sorgen. Beides tun wir.

Wir haben im Bündnis für Arbeit vereinbart, die Zahl der IT-Ausbildungsplätze massiv zu erhöhen und wesentlich mehr in Qualifizierung zu investieren. Erste Erfolge sind sichtbar: Gab es 1998 13.000 Ausbildungsplätze - wurde diese Zahl in zwei Jahren auf 40.000 verdreifacht - und sie soll noch weiter steigen auf 60.000. Der Bund investiert zudem massiv in Weiterbildung. Über 40.000 Menschen haben davon bereits profitiert. Wir wollen Deutschland fit für das Informationszeitalter machen - wir wollen, dass wir hier international zur Spitze gehören. Wir wollen die Chancen nutzen, die hier liegen. Und wir wollen, dass alle Menschen daran teilhaben können.

Dazu gehört, den Zugang zu den neuen Medien zu verbreiten. Dies fängt in der Schule an, wir wollen alle Schulen mit Computern und Internetanschlüssen ausstatten. Und wir tun das mit unseren Partnern in der Wirtschaft.

Die Nutzung des Internet ist für mich nicht weniger als eine neue Kulturtechnik, in ihrer Bedeutung Lesen und Schreiben vergleichbar. Wer nicht zu den Analphabeten der Zukunft gehören will, der muss sich mit den neuen Möglichkeiten vertraut machen.

Sorge bereiten mir da weniger die Schüler. Die bringen zur Zeit ihren Lehrern bei, wie man sich im world wide web bewegt.

Sorge bereitet mir die Generation der Führungskräfte in Wirtschaft, Politik und zum Teil auch im Bildungswesen, von denen viele glauben, sie kämen noch einmal davon.

Den Weg in die Wissens- und Informationsgesellschaft zu ebnen ist das Anliegen der Initiative D 21. D 21 ist für mich ein Musterbeispiel für public private partnership. Zu lange wurde dieser Begriff in Deutschland verkürzt für die private Finanzierung öffentlicher Aufgaben gebraucht.

Uns geht es um mehr. Es geht um die gemeinsame Definition von Zielen und die Vereinbarung konkreter Umsetzungsschritte. Das ist nicht weniger als der Weg vom Vater Staat zum Partner Staat. Der neue Politikstil in Zeiten der New Economy.

Als Unternehmer müssen Sie nicht nur die aktuelle Marktsituation im Blick haben, sondern immer auch auf mittel- und langfristige Perspektiven für Ihren Betrieb achten. Gleiches gilt für eine zukunftsfähige Politik. Wir müssen die Aufgaben der Gegenwart meistern und die Weichen für die Zukunft stellen.

Ich lade Sie ein, gemeinsam die vor uns liegenden Herausforderungen anzupacken und für ein ökonomisch, ökologisch und sozial zukunftsfähiges Deutschland zu arbeiten.