Redner(in): Monika Grütters
Datum: 07. Februar 2017
Untertitel: Beleidigung, Bedrohung oder Belästigung im Internet: Cybermobbing könne jeden treffen, so Kulturstaatsministerin Grütters. "Deshalb kommt es entscheidend auf das eigene Verhalten an", betonte Grütters beim Besuch einer Schule zum Safer Internet Day. Initiativen zu Medienbildung und Medienkompetenz ließen Kinder und Jugendliche als mündige Internetprofis Mobbing-Attacken mutig begegnen.
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): https://www.bundesregierung.de/Content/DE/Rede/2017/02/2017-02-07-bkm-safer-internet-day.html
Beleidigung, Bedrohung oder Belästigung im Internet: Cybermobbing könne jeden treffen, so Kulturstaatsministerin Grütters."Deshalb kommt es entscheidend auf das eigene Verhalten an", betonte Grütters beim Besuch einer Schule zum Safer Internet Day. Initiativen zu Medienbildung und Medienkompetenz ließen Kinder und Jugendliche als mündige Internetprofis Mobbing-Attacken mutig begegnen.
Es ist Winter in Berlin - und fast täglich zeigt er sich von einer anderen Seite: Schneegestöber, Graupelschauer oder Glatteis, dazu kommen Temperaturen "um die Null". Ohne Schuhe mit festem Profil, ohne dicke Daunenjacke, Regenschirm, Handschuhe und Mütze kann ein winterlicher Ausflug schon mal zur Zitter- oder Rutschpartie werden. Gut beraten ist, wer zwischen November und März einen prüfenden Blick aus dem Fenster riskiert - nicht nur auf die Wetter-App - , um trocken, warm und sicher durch den Wintertag zu kommen.
In der digitalen Realität des World Wide Web gibt es keinen Winter - und doch sollten wir bei jedem Ausflug ins Netz einen prüfenden Blick riskieren: Gut beraten ist, wer beim Surfen, beim Posten von Fotos und Videos, aber auch beim Kommentieren und Teilen von Inhalten sorgfältig überlegt, was gefährlich - oder zumindest unangenehm - werden könnte. Was ist dabei zu beachten?
Wie kann man sich und seine persönlichen Daten schützen? Und was kann man tun, um sich auch in der digitalen Welt so sicher zu bewegen wie in der realen Welt? Darüber wollen wir heute miteinander reden, liebe Schülerinnen und Schüler! Denn auf Euer eigenes Verhalten kommt es dabei ganz entscheidend an - genauso wie draußen auf den glatten Straßen.
Das Internet scheint wie eine Welt der unbegrenzten Möglichkeiten: Es ist Schulhof, Marktplatz, Zeitungskiosk, Kino, Einkaufszentrum, Lexikon - und ich könnte diese Aufzählung noch lange fortsetzen. Besonders viel Zeit verbringt Ihr wahrscheinlich in den sozialen Netzwerken - in Whatsapp-Gruppen, auf Instagram oder Facebook, im Chat mit Freunden. Klar, das macht Spaß, das erleichtert es, mit vielen Menschen in Kontakt zu sein. Leider sind solche digitalen Treffpunkte aber auch Plattformen für Menschen, die ihre Freiheit in der Anonymität des Internets missbrauchen, die die schnellen Kontakt- und Verbreitungsmöglichkeiten ausnutzen, um andere Menschen bloßzustellen, zu beschimpfen oder zu beleidigen, zu belästigen oder gar zu bedrohen. Lügen, Hass und Hetze können sich im Internet genauso schnell verbreiten wie neue Videos zum Hashtag MannequinChallenge. Wenn wir über Beleidigung, Bedrohung und Belästigung im Internet - also von Cyber-Mobbing - sprechen, müssen wir uns auch immer wieder klar machen: Das kann jede und jeden treffen!
Der Duden definiert "cyber" als ein - ich zitiere: "Wortbildungselement mit der Bedeutung ' die von Computern erzeugte virtuelle Scheinwelt betreffend". Cyber-Mobbing allerdings beschränkt sich ganz und gar nicht auf die "virtuelle Scheinwelt". Es betrifft Euer ganz reales Leben, liebe Schülerinnen und Schüler. Und zwar stärker als beispielsweise Streit oder Spott in der Schule: Wenn jemand einen beleidigenden Spruch an eine Toilettentür schmiert, kann man den wieder abwischen - und die Zahl derer, die das Geschmier sehen, ist überschaubar. Über WhatsApp, Facebook, Instagram oder Snapchat verbreiten sich beleidigende Kommentare und peinliche Fotos dagegen rasend schnell an einen unüberschaubaren Empfängerkreis und können - wenn überhaupt - nur mit großem Aufwand wieder entfernt werden.
Nun werdet Ihr vielleicht sagen: Dagegen müsst Ihr Politiker etwas tun! Und da habt Ihr einerseits Recht, und deshalb tun wir das natürlich auch. Das Internet eröffnet zwar unbegrenzte Möglichkeiten, aber das Netz ist kein rechtsfreier Raum. Auch im Internet gibt es - ebenso wie im Zusammenleben in der analogen Wirklichkeit, wie in der Schule, am Arbeitsplatz, im Sportverein - gesetzliche Grenzen: Strafbare Meinungsäußerungen - und das sind Beleidigungen ebenso wie üble Nachrede oder Hetze - sind auch im Netz verboten und können strafrechtlich verfolgt werden. Aber andererseits wisst Ihr ja selbst, dass es im Internet noch schwieriger ist als im wirklichen Leben herauszufinden, wer ein übles Gerücht in die Welt gesetzt hat. Da nützen die besten Gesetze nichts.
Was also tun? - Ihr werdet vielleicht sagen: Dann müssen sich eben die Betreiber sozialer Netzwerke kümmern. Sie müssen gegen Beleidigungen, Hassbotschaften und andere strafbare Inhalte vorgehen, wenn sich ihre Nutzerinnen und Nutzer beschweren. Und auch damit habt Ihr einerseits Recht: Damit künftig transparent wird, was mit Beschwerden passiert und wie sie verfolgt werden, setze ich mich dafür ein, den Video-Bereich von YouTube, Facebook und Co. entsprechend auf europäischer Ebene gesetzlich zu regeln. Aber andererseits wisst Ihr ja auch, wie schnell sich Fotos, Videos und Botschaften aller Art im Netz verbreiten. Bis geklärt ist, ob eine Beschwerde berechtigt ist, kann ein Post, ein Tweet, ein Video schon hunderttausendmal geteilt und retweetet worden sein. Ihn aus dem Netz löschen zu wollen, ist ungefähr so aussichtsreich, wie einen riesigen Mückenschwarm einzufangen.
Deshalb, liebe Schülerinnen und Schüler, kommt es auf Euer eigenes Verhalten so entscheidend an. Und deshalb liegt mir Eure Medienbildung, Eure Medienkompetenz sehr am Herzen. Denn Prävention - Vorbeugen - ist immer noch der beste Schutz. Mein Haus unterstützt verschiedene Medieninitiativen, die Euch dabei helfen, Euch die Kompetenzen anzueignen, die für Eure Sicherheit im Internet unverzichtbar sind. Für die Jüngeren gibt es zum Beispiel die Initiative "Ein Netz für Kinder", die 2007 gemeinsam von Politik und Wirtschaft sowie Institutionen des Jugendmedienschutzes ins Leben gerufen wurde: "Ein Netz für Kinder" bietet Euch nicht nur kindgerechte und sichere Websites zu einer riesigen Bandbreite von Themen, sondern hilft Euch in moderierten Foren auch dabei, die verschiedenen Nutzungsmöglichkeiten sozialer Netzwerke in einem sicheren Umfeld auszuprobieren. Websites zum Mitmachen vermitteln darüber hinaus auch Kenntnisse der digitalen Technik, die Ihr nutzen könnt, um eigene Hörspiele, kurze Trickfilme, Homepages oder Podcast zu gestalten oder als Dichter, Tüftler, Maler und Bastler mit den eigenen Fähigkeiten und Ideen zu experimentieren.
Eure Medienkompetenz fördern wir auch mit der "Nationalen Initiative Printmedien" : Hier geht es darum zu lernen, wie man an verlässliche Informationen kommt - und wie wichtig Zeitungen dafür sind. Natürlich bekommt man mit ein paar Klicks im Internet Informationen zu jedem nur erdenklichen Thema. Man muss sie aber, um wirklich informiert zu sein, von Hirngespinsten, Halbwahrheiten und haltlosem Herumgemeine trennen können, und man muss sie einordnen können in größere Zusammenhänge. Dazu braucht es Journalistinnen und Journalisten, die uns beispielsweise mit ihrer Recherche helfen, einen Sachverhalt zu bewerten. Dafür wollen wir bei jungen Leuten wie Euch ein Bewusstsein schaffen.
Ein drittes Beispiel aus der Medienbildung will ich noch nennen, nämlich VISION KINO und die Schulkinowochen, die Ihr vielleicht ja selbst schon erlebt habt. Hier geht es, wie der Name schon sagt, um Filmbildung. Filmbildung heißt: die kulturelle Bedeutung des Films, den künstlerischen Wert eines Films zu verstehen. Wie die Kunst insgesamt kann, darf und soll auch die Filmkunst kritisch gegenüber gesellschaftlichen und politischen Missständen sein. Wenn sie dann auch noch unterhaltsam ist und auf diese Weise zum Nachdenken anregt, umso besser! Dazu lädt VISION KINO Kinder und Jugendliche ein.
Solche Initiativen zur Medienbildung, aber auch die Auseinandersetzung mit der digitalen Welt in der Schule und im Gespräch mit Euren Eltern, machen Euch zu mündigen Internetprofis. Ich bin überzeugt, lieber Schülerinnen und Schüler, dass Ihr auf diese Weise nicht nur notwendiges Wissen über die Medien mitbekommt. Wissen macht auch selbstbewusst. Es vermittelt Euch Selbstsicherheit und Selbstvertrauen für Eure Ausflüge ins World Wide Web - und, wie ich hoffe, auch Zivilcourage. Denn wenn auf Eurer Timeline ein Shitstorm tobt oder wenn ein Freund oder eine Freundin im Netz gemobbt wird, braucht es Mut, dagegen zu halten. Das Wichtigste aber ist, dass Ihr Euch Eurer Verantwortung im Netz bewusst seid: dass Ihr wisst, welchen Schaden ein unbedachter Post anrichten kann - für Euch selbst, aber auch für andere. IHR entscheidet, was ihr über Euch selbst und andere ins Netz stellt. In diesem Sinne sollen Initiativen und Projekte wie "klicksafe" und der "Safer Internet Day" Euch daran erinnern, wie wichtig der prüfende Blick vor jedem Schritt in der digitalen Welt ist - bevor wir einen "Post" absetzen, ein Foto oder ein Video teilen. Ich freue mich auf die interessanten Diskussionen und Beiträge heute und wünsche Euch allen einen spannenden und erkenntnisreichen Tag!