Redner(in): Monika Grütters
Datum: 09. Februar 2017

Untertitel: "Alle freien Menschen sind Bürger Berlins": Mit Blick auf dieses Kennedy-Zitat begrüßte Kulturstaatsministerin Monika Grütters die Gäste zur Berlinale, "einem Fest der Kunstfreiheit". Nichts fürchteten jene, die ihre Macht dem bösen Spiel mit diffusen Ängsten verdanken, mehr als die gewaltigen Kräfte der Kunst.
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): https://www.bundesregierung.de/Content/DE/Rede/2017/02/2017-02-10-bkm-berlinale.html


Alle freien Menschen sind Bürger Berlins ": Mit Blick auf dieses Kennedy-Zitat begrüßte Kulturstaatsministerin Monika Grütters die Gäste zur Berlinale," einem Fest der Kunstfreiheit ". Nichts fürchteten jene, die ihre Macht dem bösen Spiel mit diffusen Ängsten verdanken, mehr als die gewaltigen Kräfte der Kunst.

Berlin ist die Stadt, deren Gesicht die nur langsam verblassenden Narben einer Mauer trägt, und deren Geschichte von der - Mauern überwindenden -Sehnsucht nach Freiheit erzählt. Berlin ist die Stadt, der Amerika, noch als sie in Trümmern lag, die Hoffnung auf Freiheit eingehaucht hat. Unsterblich die Worte John F. Kennedys: "Alle freien Menschen, wo immer sie leben mögen, sind Bürger Berlins, und deshalb bin ich als freier Mensch stolz darauf, sagen zu können: , Ich bin ein Berliner ' !" Seien Sie alle heute als "Berliner" willkommen, meine Damen und Herren, zu einem Fest der Kunstfreiheit, zur Berlinale 2017!

Seit es das Kino gibt, war es das Privileg der Filmkunst ( - nicht der Politik - ) , die Welt als Schauplatz, man könnte fast sagen: als Schlachtfeld großer Emotionen erscheinen zu lassen und damit zu unterhalten oder zu provozieren, zu trösten oder zu verstören, Sehnsüchte zu wecken oder Ängste. Auch "alternative Fakten" und bizarre Auftritte waren bisher vor allem im Film zuhause und nicht in den Amtsstuben einer Demokratie. Und wer hätte, als die großartige Meryl Streep hier vor einem Jahr als Berlinale-Jury-Präsidentin gefeiert wurde, im Ernst gedacht, dass sie ihren wichtigsten Einsatz bei einer Filmpreisverleihung noch vor sich hat - und dass es dabei um ein reales, politisches Schauspiel ( - und nicht um Schauspielkunst - ) gehen würde? Ich finde, man kann Meryl Streep allein schon dafür gar nicht hoch genug schätzen!

Mag die Wirklichkeit den Film im Moment auch an Wahnsinn überbieten, verehrte Damen und Herren: Wahr ist auch, dass eben jene, die ihre Macht dem bösen Spiel mit diffusen Ängsten und niederen Instinkten verdanken, ihrerseits nichts so sehr fürchten wie die gewaltigen Kräfte der Kunst: die Fähigkeit der Kunst, zu berühren, ihre Kraft, Schweigen und Tabus zu brechen, ihr Vermögen, die Sehnsucht nach einem anderen Leben, nach einer besseren Welt zu wecken, ihren Ehrgeiz, nicht Rädchen, sondern Sand im Getriebe der Politik zu sein. Im Gegensatz zu "fake news", die den Blick vernebeln, lässt Kunst uns klarer zu sehen."Kunst ist eine Lüge, die uns die Wahrheit begreifen lehrt." So hat es Pablo Picasso formuliert.

Da ist es mehr als nur ein schöner Zufall, - es ist ein Glück und eine Chance - , dass in diesem Jahr gleich fünf Filme im Hauptprogramm Künstlern gewidmet sind: Final Portrait, Return to Montauk, Beuys, Maudi und Django - … das Künstlerporträt, das heute die 67. Berlinale eröffnet."Django", die Geschichte des legendären Jazz-Gitarristen Django Reinhardt, erzählt vom Gift des Rassismus, vom Erfolg des Gipsy-Swing und vom Versuch, Kunst als Erfüllungsgehilfin der Politik zu missbrauchen. Wieder einmal zeigt die Berlinale mit einem vielversprechenden Programm politische Haltung. Dafür danke ich Dir, lieber Dieter Kosslick, und Deinem Team! Freuen wir uns auf eine Demonstration künstlerischer Vielfalt gegen populistische Einfalt, meine Damen und Herren! Freuen wir uns auf ein Fest der Kunst - auf ein Fest jener ganz besonderen Lügen, die uns die Wahrheit zu begreifen lehren.